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Die Sache mit dem Geldschmuggel

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Die Sache mit dem Geldschmuggel

(oder: Geld im Arsch)

In diesem sogenannten Paradies gab es natürlich auch nichts umsonst. Um an Land gut essen und sonstige Vergnügungen haben zu wollen, brauchte man natürlich auch Geld.

Aber in dieser Zeit herrschten in Indonesien unstabile, politische Verhältnisse.

Die Kommunisten und das Militär versuchten die Regierung zu stürzen. So war auch in Indonesien überall auf den Straßen Militär und Polizei präsent. Uns störte das weniger, solange wir uns frei bewegen durften. Allerdings gab es ein Problem. Das war das Geld. Wir durften nur 300 Rupiah mit an Land nehmen, und das wurde vom Zoll am Hafenausgang auch streng kontrolliert. Das heißt wir wurden richtig gefilzt. Bis auf die Unterhosen mussten wir uns manchmal ausziehen.

Mit 300 Rupiah konnte man essen gehen und etwas trinken. Doch wie „Hein Seemann“ so ist, braucht er auch etwas für das Herz. Und das kostete mehr. Für eine Hafenliegezeit von 5 - 8 Tagen, die uns bevorstanden, benötigten wir einige Tausend Rupiah. Wir wollten also mit 3 bis 4 Tausend Rupiah an Land gehen. Umgerechnet waren das ca. 40 - 50 DM. Durch den Zigarettenverkauf in Singapur und damit verbundenen Umtausch, war das dann noch günstiger.

Doch das Schmuggeln war nicht einfach und sehr abenteuerlich. Einige präparierten ihre Schuhe, andere bauten sich Verstecke in der Kleidung, aber da es sehr warm in Indonesien war, trug man oft nur T-shirt und dünne kurze Hosen oder Jeans. Also wohin mit den vielen Geldscheinen?

So nutzten wir eine Schmuggeltechnik, die schon außergewöhnlich war. Man nahm das Bündel Geldscheine, rollte es ganz fest zusammen, steckte es in ein Kondom, trug schön dick Creme darauf und dann... ab in den Hintern.

So kam man locker durch die strenge Kontrolle, wo man sich manchmal auch ganz ausziehen musste. Dieses Versteck flog nie auf. Auffallend war vielleicht unser Gang, der an den Gang von John Wayne erinnerte. Na ja, Seeleute laufen ja auch etwas seltsam, wenn sie lange auf See waren... sagt man.

Endlich dann in der „Stammkneipe“, gab man das gesamte Geld der „Freundin“ oder der „Mamma Sun“ (Puffmutter), die es für die Liegezeit für uns verwaltete. Und das klappte, denn die Mädels profitierten davon nicht unerheblich.

Bevor wir das Geld übergeben konnten, musste es erst mal aus dem „Versteck“ geholt werden. Dieser Akt war auch nicht immer einfach. Die sogenannten Toiletten bestanden aus einem Plumpsklo hinter Bastmatten. Und da standen wir nun breitbeinig, mit herunter gelassenen Hosen und fummelten die Kondome aus dem „Versteck“. Manchmal riss ein Kondom am Ansatz und dann ging das Fummeln richtig los. Die Reste mussten dann einzeln aus dem Hintern gezogen werden.

Später dann bei der Übergabe, führte das Mädel die Geldscheine an die Nase, roch daran, lächelte verschmitzt und sagte: „I know / Ich weiß“.

Wir wurden dann jeden Abend wie die Fürsten mit einer Rikscha abgeholt, fuhren dann erst mal mit unseren Mädels an den Strand, in eine kleine Bambushütte, die so eine Art Restaurant für Einheimische war, um anständig zu essen.

Da gab es Nasi Goreng oder Bami Goreng, das sind Ris - oder Nudelgerichte mit Huhn, Ei, Fisch, Schwein usw. gemischt, oder auch Gottok Goreng, das waren Froschschenkel mit Reis. Es schmeckte „bagus“, soll heißen: gut. Alles wurde auf Palmenblättern serviert und meist mit den Fingern gegessen. Das Essen war sehr scharf, aber mit Bier wurde das Brennen im Gaumen gelöscht.

Wir lebten wie die Maden im Speck, denn für die Indonesierinnen waren wir sehr, sehr reich. Und unsere Mädels genossen mit uns das süße Leben. Man muss sich vorstellen, was das für Verhältnisse waren. Ein Hafenarbeiter verdiente am Tag ca. 80 Rupiah und wir hatten mehrere Tausend. Hafenarbeiter zählten zu den gut verdienenden Indonesiern.

Zu den weiteren Köstlichkeiten Indonesiens gehörten auch gebratenes Fleisch vom Schwein, Rind oder auch anderen Tieren, wie z. B. Katze. Immer sehr scharf, aber sehr köstlich. Für mich war das ja neu, und ich probierte alles aus, auch die Katze. Das habe ich aber erst hinterher erfahren, dass ich gerade eine Katze gegessen hatte. Geschmeckt hat das, aber etwas komisch war mir schon dabei, denn ich liebte doch die Haustiere, wie Hunde und Katzen. Als Kind bin ich damit aufgewachsen. Es waren meine Kuscheltiere, und nun futtere ich die einfach auf. Beim nächsten Mal würde ich vorher fragen, was man mir da für ein „beef anbietet.

Also die Zeit in Djakarta war für uns Seeleute schon optimal. Ich ahnte nun, warum so viele Kollegen von Indonesien schwärmten. Für wenig Geld gab es während der langen Liegezeiten viel zu erleben.

Soweit es möglich war, nahmen wir freie Tage, um auch über Nacht an Land, bei unseren Frauen zu sein. Die Mädels waren für uns ausgehungerte Maaten wie geschaffen. Sie verwöhnten uns, wo sie nur konnten. Die waren wie kleine Katzen, ständig schnurrten sie um uns herum.

Sie waren nur sehr klein, und wir dachten manchmal, das seien noch Kinder. Aber die asiatischen Menschen, besonders die Thais und Indonesier, sind so klein.

Es sah schon komisch aus, wenn so ein deutscher 2-Meter-Seemann mit einer 1,50 Meter kleinen Indonesierin spazieren ging.

Dass das Militär und somit auch die Korruption das Land beherrschte, bekamen wir manchmal sehr brutal zu spüren.

Zum Beispiel so: Nachts ging plötzlich, wenn wir bei unseren Mädels im Campus (so wurden die kleinen Kneipensiedlungen genannt) schliefen, mit einem Krachen die dünne Tür auf, und im Raum stand ein Soldat von der dort berüchtigten Elitetruppe, der sogenannten KKO, die als besonders brutal galt.

Der sprach laut fordernd mit dem Mädchen, das Gewehr im Anschlag und ging erst, nachdem er Geld bekommen hatte. Es hieß, die Mädels dürften nachts keine Seeleute beherbergen, sonst würde eine Verhaftung drohen. Also kauften sie sich frei. Okay, Geld war genug da, und wir hatten dann unsere Ruhe. Später kannten wir das Spiel und hatten dann nicht mehr so viel Angst. Die Mädchen taten uns schon leid, denn sie erzählten uns, dass sie manchmal grundlos verhaftet, dann misshandelt und vergewaltigt wurden. Schon aus diesem Grund waren wir sehr großzügig mit unseren kleinen „Freundinnen“ und ließen immer mehr Geld bei ihnen, als nötig gewesen wäre.

Ich habe einmal gesehen, wie ein paar von diesen Elitesoldaten an der Pier einen Hafenarbeiter zusammengeschlagen haben. Der hatte wohl geklaut und musste einen schweren Sack die Pier entlang tragen. Manchmal brach er zusammen, dann bekam er mit den Gewehrkolben Hiebe und wurde weitergetrieben. Grausam war das. Wir standen dann an der Reeling und haben die Soldaten ausgebuht.

Wie alles im Leben, hat jedes Ding auch zwei Seiten. So auch das Paradies in Indonesien. Das Liebesleben war nicht ganz ungefährlich, denn nach wenigen Tagen fing es bei manch Seemannszipfelchen an zu tropfen und zu brennen.

Die Gonokokken meldeten eine Gonorrhöe an, die in Indonesien sehr verbreitet war. Also hatte man einen handfesten Tripper.

Dann galt bei uns der Spruch: „Die Gonokokke sitzt und lauscht, wie der Urin vorüberrauscht.“

Mit Kondom war das „Liebe machen“ undenkbar, und die Mädels wollten das auch nicht, denn viele wollten auch Kinder von uns haben. Sie protestierten und sagten ganz klar: „Give me baby“, und „My Pussy no kaputt, me every day by doctor for Controll.“

Das war auch schon in der Karibik so. Irgendwie waren die Mädchen verrückt nach Babys von uns Deutschen. Besonders wenn sie blond waren und blaue Augen hatten. Und so tat Hein Seemann (wie immer), mit eisernem Gesicht seine Pflicht.

Durch die Gonokokken-Invasion hatte der 3. Offizier alle Hände voll zu tun, denn er war auch unser Doc an Bord und musste die Penizillinspritzen ansetzen. Immer im Nord-Ostquadrant des Hinterns, d. h. Pobacke oben rechts. Das tat manchmal richtig weh, denn der „Doc“ hatte Spaß, uns die Dinger mit voller Wucht in den Hintern zu hauen. Immer mit dem Spruch: „Wer liebt muss leiden!“

Auch ich habe Bekanntschaft mit den „Pferdespritzen“ machen müssen. Das hieß, im nächsten Hafen war erst mal Pause mit der Liebe. Etwa drei Tage nach einer Liebesnacht brannte und tropfte es auch bei mir. Nach drei Tagen war der Bazillus durch das Penizillin getötet und mit der Hoffnung, das nächste Mal geht alles klar, gingen wir wieder in den Campus, in die typischen Bambushütten, die auch sehr hellhörig waren. Wir konnten uns nachts von Hütte zu Hütte unterhalten und über die Qualitäten unserer Mädels fachsimpeln.

Gewaschen wurde sich morgens an der Regentonne. Das war immer ein lustiges Zusammentreffen mit den Kumpels und unseren Mädchen. Dabei trugen wir auch die landesüblichen Sarons, ein Wickelrock aus Seide. Oft gingen wir damit auch durch den Ort und fanden uns sehr lustig. Waren auch sehr praktisch die Dinger, da wir darunter nichts an hatten und wegen der Wärme auch schön luftig waren. Manche Seelords rauchten auch Marihuana, das dort leicht von den Mädchen zu bekommen war. Ich hatte allerdings nie das Verlangen, solch ein Zeug zu rauchen, obwohl das sehr gut roch und angeblich eine angenehme Wirkung haben sollte. Einmal habe ich Marihuana probiert, aber ich wartete vergebens auf den Kick. So hielt ich mich lieber an meine Lucky Strikes und an die alkoholischen Getränke des jeweiligen Landes. Das war schon Teufelszeug genug.

Das Leben auf der „DÜSSELDORF“ war schon gut zu ertragen, denn die Mannschaft war okay, die Menschen an Land waren trotz der politischen Situation sehr freundlich. Auch die Fahrt durch die Inselwelt, vorbei an Bali, Sumatra, Borneo und Java war sehr interessant.

Man kam ja ganz dicht an vielen kleinen und großen Inseln vorbei und musste dabei immer auf die vielen kleinen Fischerboote aufpassen. Das waren meist nur kleine Ruderboote mit Außenbordmotor, besetzt mit ein oder zwei Mann. Manche hatten eine Kerosinlampe, aber viele sparten am Licht und waren somit sehr gefährdet. Gerade nachts war das sehr heikel, und ich glaube, einmal haben wir ein Boot gerammt und vermutlich auch versenkt, weil es erst im letzten Moment gesehen wurde. Der Wachoffizier tat aber so, als ob alles klar gelaufen war. Er sagte mir, ich stand da am Ruder, das Boot wäre am Schiffsrumpf entlang gerutscht. Ich machte mir schon Gedanken, ob das stimmte oder ob wir den armen Fischer versenkt hatten. Da waren so viele Boote auf dem Wasser und eine Menge Frachter unterwegs. Da ist bestimmt schon mal manch kleines, unbeleuchtetes Boot versenkt worden. Ein Fischer wird dort im Meer nicht lange überlebt haben, denn auch dort wimmelte es von Haien.

Das Klima war schon sehr knackig, soll heißen, es herrschte eine „Bullenhitze“ in Indonesien. Es war oft sehr heiß und feucht. Auf See war das gerade noch auszuhalten, da der Fahrtwind uns etwas Erfrischung verschaffte. Aber in den Häfen, wo wir ja auch arbeiten mussten, war das schon verdammt hart. Besonders nach einer Nacht mit Alkohol und den unersättlichen Mädels. Dann brummte der Schädel, und die Sonne kannte kein Erbarmen, aber auch nicht unsere Vorgesetzten, denn „krank machen“ war an Bord unmöglich. Man konnte versuchen, beim Bootsmann einen guten Job zu bekommen, wie z. B. Raumwache gehen. Da musste man im Laderaum, während der Lade- oder Löscharbeiten auf die Hafenarbeiter aufpassen, damit sie nicht klauen. Es wurden oft die Kartons geöffnet und der Inhalt geklaut. Das gab dann immer Ärger mit den Empfängern.

Wenn man so einen guten Job hatte, war der Tag gelaufen. Natürlich haben wir da nie richtig aufgepasst. Wir suchten uns eine schöne Ecke im Schatten, auf einer Kiste oder einem Sack, und postierten uns so, dass man uns von oben nicht sehen konnte, und es dauerte nicht lange, schliefen wir selig ein. Zur Freude der Arbeiter, die dann weiter in Ruhe klauen konnten. War uns auch egal, denn die Nächte waren nun mal hart.

Auch in den anderen Häfen, wie z. B. in Surabaya auf Java, Balikpapan auf Borneo oder Makassar auf Celebes hatten wir immer den gleichen Spaß.

Kulturelle Angebote gab es nicht, und so genossen wir an Land das Baden, Essen und die zwischenmenschlichen Beziehungen.

Wer noch genug Geld hatte, kaufte sich die berühmten Bali-Figuren. Das waren kunstvoll geschnitzte Figuren aus Edelholz.

In Europa konnte man diese Figuren für gutes Geld verkaufen. In Hamburg-St.-Pauli, gab es zum Beispiel so einen Hafenbasar, wo die Seeleute ihre Mitbringsel gegen gutes Geld anboten. Einige trieben einen regelrechten Handel damit. Ich war damals nicht so geschäftstüchtig und kaufte mir nur eine kleine Figur, die ich meinen Eltern mitbrachte. Es gab Holzfiguren, die über einen Meter groß waren, alles Handarbeit.

Das Problem war, diese Holzschnitzereien ohne Schaden nach Europa zu bringen. Es kam oft vor, dass sich das Holz, bedingt durch die Witterungseinflüsse, spaltete. Dann war die Figur wertlos. So wickelten die Experten ihre Souveniers in dicke Decken ein und deponierten sie im Maschinenraum, damit die Kälte in Europa das Holz nicht beschädigen konnte.

Ich machte auf der „DÜSSELDORF“ zwei Reisen nach Indonesien und hatte eine wunderbare Zeit als Jungmann.

Auf der letzten Reise bin ich allerdings richtig krank gewesen. Es bestand der Verdacht auf Malaria, denn ich hatte starkes Fieber. Das ging etwa eine Woche so. Ich wurde separat in eine extra Kammer, dem Hospital, untergebracht. Der Dritte behandelte mich mit Tabletten und Spritzen, und es war die Rede davon, wenn das Fieber nicht weggeht, müsse ich an Land in ein Krankenhaus gebracht werden, man müsse mich in so einem Buschkrankenhaus zurücklassen. Das wäre es gewesen. Aber Gott sei Dank, nach einer Woche ging das Fieber weg, und mir ging es langsam wieder besser. Ich weiß bis heute nicht, was das war. Moskitos waren da unten eine große Plage, aber auch die hygienischen Verhältnisse an Land waren nicht ungefährlich und hätten Ursache meiner Erkrankung sein können.

Wir bekamen auch ständig diese kleinen gelben Chinin-Tabletten, die gegen Malaria vorbeugen sollten.



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