Читать книгу Blutgrätsche - Jürgen Neff - Страница 14
Menopause
Оглавление»Das werde ich den Benzelers nie und nimmer sagen!«, blaffe ich und lasse den Motor aufheulen. Im Leben nicht! Kann machen, wer will. Ich nicht!
»Verändert die Sachlage nochmals«, bemerkt Schröter auf dem Beifahrersitz.
Als ob ich das nicht selbst wüsste. Schwanger verändert einfach alles!
Der Kopf dreht sich. Too much information. Meine Welt wankt. Nicht, dass ich das nicht kenne. Sie geriet die letzten Jahre bei der Kripo des Öfteren aus dem Gleichgewicht, aber nicht so grundsätzlich. Diesmal schwankt mehr, viel mehr. Mein komplettes, eh schon fragiles Seelengefängnis wird in Gänze durchgeschüttelt.
»Zumindest macht es meine Theorie wahrscheinlicher«, meint mein Partner.
»Ja, ja. Eine Beziehungstat. Geschenkt.« Bin trotzdem nicht davon überzeugt.
Wir sind auf dem Weg in die Ulmer Hauptzentrale, um dort zwei SKB-Beamte zu treffen. »Szenekundige Zivil-Beamte«, die verdeckt im Fußballbereich agieren. Der Fatzke bestand darauf, dass wir mit ihnen sprechen. Ob das Erkenntnisse bringt, kann ich nicht einschätzen. Als ich noch bei den Schwestern war, gab es die ebenso wenig wie das Fanprojekt oder die Sozialpädagogen. Aber ich muss dem Fatzke beipflichten: Die Beamten könnten zumindest eine Ahnung davon haben, was abläuft. Vermutlich schmeckt es mir nur nicht, weil es von ihm kommt und eine dienstliche Anordnung war.
»Schnittig.«
»Was?«
»Du hast einen schnittigen Fahrstil heute.«
»Passt dir was nicht?«
»Ich sag’s nur.«
»So fahr ich immer.«
»Nina. Manchmal bist du echt anstrengend.«
Absurd. Es macht mich wütend, dass ich immer so wütend werde. Bin. Eigentlich bin ich es, permanent. Zumindest fühlt es sich so an. Und das macht mich dann oft zusätzlich wütend, wenn ich mir das klarmache.
»Sie war also schwanger.«
»Warum hör ich nur überall schwanger?«, frage ich und verschalte mich. »Weil ich so zielstrebig auf die Menopause zudrifte?« Ich haue den Gang mit Gewalt rein. Schröter verzieht das Gesicht und lacht. »Manchmal denke ich: Ich stecke schon mittendrin.«
»Ich auch.«
»Schröter. Du bist ein Kerl und 35.«
»Ich meine: Ich denke manchmal auch, dass du schon mittendrin steckst.«
»Alter! Vorsichtig!«
Diese Scheiße hat also nicht nur ein Leben gekostet, sondern zwei. Cat trug einen kleinen Menschen in sich. Ob der Mörder das wusste? Wie hat er sie dann angesehen, danach? Mir wird übel.
»Hat die Analyse ihres Notebooks eigentlich etwas ergeben?«
Schröter schüttelt den Kopf. Bisher keine Auffälligkeiten, erklärt er mir. »Ihrem Unternehmen ging es nicht besonders gut.«
»Was heißt: nicht besonders gut?«, blaffe ich ihn an.
»Schulden. 60.000.«
»Pffff.«
»Da ging ein relativ hoher Betrag vom Konto ab. Bar abgehoben. Immer am 15. des Monats. Nicht ersichtlich, was sie damit machte.«
»Und?«
»Es gab vor einigen Jahren Ermittlungen wegen Schutzgeldforderungen von Rockerbanden.«
Ich blicke ungläubig zu ihm. »Bei Copy-Shops?«
»Egal was für Läden. Sieh auf die Straße, Nina!«
Ich halte das wirklich für äußert unwahrscheinlich. Außerdem kann ich gerade eh keinen klaren Gedanken fassen. Zu präsent und hässlich ist das alles.
Wütend haue ich den Gang ins Getriebe. Der Motor heult auf. Schröter auch, aber nur innerlich. Mehr getraut er sich nicht. Zumutung. Das Ganze ist eine einzige Zumutung. Katrin, das Stadion, ihre Eltern. Alles!
Und was geschieht? Ich schlage um mich. Wie ich es eigentlich immer tue. Auch ich bin eine Zumutung. Behindert. Ich bin einfach behindert. Seit damals.
»Nachher fahre ich«, meint Schröter.
»Vergiss es.«
Böser Tonfall. Nina! Der Psycho-Onkel sagt, ich sei verletzt. Meine Seele sei »verletzt«. Und deshalb sei ich oft so verletzend. Das tröstet natürlich keinen einzigen meiner Mitmenschen.
»Warum hast du eigentlich keine Kinder?«
»Schnauze, Schröter.«
Manche haben es aber auch nicht anders verdient.