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Erstes Kapitel

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Der Sturm. — Ein ver­irr­ter Scho­ner. — Vier Kna­ben auf dem Ver­deck des »Sloug­hi«. — Das Fock­se­gel in Stücken. — Im In­nern der Yacht. — Der hal­b­er­stick­te Schiffs­jun­ge. — Land in Sicht durch den Mor­gen­ne­bel. — Die Klip­pen­bank.

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In der Nacht des 9. März 1860 be­schränk­ten die mit dem Mee­re fast zu­sam­men­flie­ßen­den Wol­ken die Seh­wei­te bis auf we­ni­ge Fa­den­län­gen.

Auf dem em­pör­ten Was­ser, des­sen Wo­gen, fah­le Lich­ter wer­fend, ein­her­stürm­ten, flog ein leich­tes Fahr­zeug fast se­gel­los da­hin.

Es war eine Yacht von hun­dert Ton­nen — ein Scho­ner, mit wel­chem Na­men man in Eng­land und Ame­ri­ka sol­che Go­elet­ten1 be­zeich­net.

Die­ser Scho­ner führ­te den Na­men »Sloug­hi«; doch ver­ge­bens hät­te man den­sel­ben am Ach­ter des Fahr­zeugs zu le­sen ge­sucht, da die be­tref­fen­de Ta­fel­plan­ke durch ir­gend­ei­nen Zu­fall — durch An­prall der Wo­gen oder Kol­li­si­on — un­ter der Re­ling zum größ­ten Teil ab­ge­sprengt war.

Es war jetzt um elf Uhr nachts. Un­ter den Brei­ten, wo sich das Schiff be­fand, sind die Näch­te zu An­fang des März noch kurz. Das ers­te Ta­ges­grau­en war etwa ge­gen fünf Uhr mor­gens zu er­war­ten. Doch ver­min­der­ten sich da­mit, dass die Son­ne den Wel­traum er­leuch­te­te, die Ge­fah­ren, wel­che den »Sloug­hi« be­droh­ten? Blieb das ge­brech­li­che Fahr­zeug nicht noch im­mer der Gna­de der un­ge­heu­ren Wo­gen an­heim­ge­ge­ben? Un­zwei­fel­haft; nur die Be­sänf­ti­gung der hoh­len See, das Ab­flau­en des wü­ten­den Stur­mes konn­te das­sel­be vor dem ent­setz­lichs­ten Schiff­bruch be­wah­ren, vor dem auf of­fe­nem Mee­re, fern von je­dem Land, auf dem die Über­le­ben­den viel­leicht hät­ten Ret­tung fin­den kön­nen.

Auf dem Hin­ter­teil des »Sloug­hi« stan­den drei Kna­ben, der eine im Al­ter von vier­zehn, die bei­den an­de­ren in dem von drei­zehn Jah­ren, und au­ßer­dem ein zwölf­jäh­ri­ger Schiffs­jun­ge von Ne­ger­el­tern, am Steu­er­rad. Hier ver­ei­nig­ten sie ihre Kräf­te, um den seit­wärts an­stür­men­den Wel­len, wel­che die Yacht quer­zu­le­gen droh­ten, Wi­der­stand zu leis­ten. Es war ein har­tes Stück Ar­beit, denn das trotz ih­res Ent­ge­gen­stem­mens sich dre­hen­de Rad schi­en sie je­den Au­gen­blick über die Schanz­klei­dung schleu­dern zu kön­nen. Kurz vor Mit­ter­nacht brach auch ein­mal eine sol­che Was­ser­mas­se über die Sei­te der Yacht her­ein, dass es ein Wun­der zu nen­nen war, als das Steu­er der­sel­ben noch glück­lich stand­hielt.

Die Kna­ben wur­den zwar von dem Sto­ße um­ge­wor­fen, konn­ten sich aber so­fort wie­der er­he­ben.

»Ge­horcht es noch dem Steu­er, Bri­ant?« frag­te ei­ner der­sel­ben.

»Ja, Gor­don«, ant­wor­te­te Bri­ant, der sei­nen Platz schon wie­der ein­ge­nom­men und of­fen­bar die ge­wohn­te Kalt­blü­tig­keit be­wahrt hat­te.

Da­rauf wand­te er sich an den Drit­ten.

»Fest­hal­ten, Do­ni­phan«, rief er, »und auf kei­nen Fall den Mut ver­lie­ren …! Es gilt, au­ßer uns auch noch an­de­re zu ret­ten!«

Die­se Wor­te wur­den eng­lisch ge­spro­chen, doch ver­riet der Ton­fall bei Bri­ant die fran­zö­si­sche Ab­kunft.

Die­ser kehr­te sich nach­her nach dem Schiffs­jun­gen um.

»Du bist doch nicht ver­letzt, Moko?«

»Nein, Herr Bri­ant«, er­klär­te der Ge­frag­te. »Doch las­sen Sie uns dar­auf ach­ten, die Yacht ge­ra­de ge­gen die Wel­len zu hal­ten, sonst lau­fen wir Ge­fahr, ver­senkt zu wer­den!«

Eben wur­de die Kap­pen­tür der nach dem Sa­lon des Scho­ners hin­ab­füh­ren­den Trep­pe has­tig ge­öff­net.

»Bri­ant …! Bri­ant!« rief ein Kind von neun Jah­ren. »Was ist denn ge­sche­hen?«

»Nichts, Iver­son, gar nichts«, er­wi­der­te Bri­ant. »Geh mit Dole wie­der hin­un­ter, aber recht schnell!«

»Ach, wir fürch­ten uns so sehr!« ließ sich das zwei­te, noch et­was jün­ge­re Kind ver­neh­men.

»Und die an­de­ren?« frag­te Do­ni­phan.

»Die an­de­ren auch!« ver­si­cher­te Dole.

»Nun geht nur alle hin­un­ter«, er­mahn­te Bri­ant. »Schließt euch fest ein, sucht eure La­ger­stät­ten auf und macht die Au­gen zu, dann wer­det ihr kei­ne Furcht mehr spü­ren. Ge­fahr ist nicht vor­han­den.«

»Ach­tung …! Wie­der eine große Wel­le!« rief Moko.

Ein ge­wal­ti­ger An­prall er­schüt­ter­te das Hin­ter­teil der Yacht. Dies­mal schlug die See glück­li­cher­wei­se nicht über, denn wenn das Was­ser in grö­ße­rer Men­ge durch die Trep­pen­tür ge­drun­gen wäre, hät­te sich die noch wei­ter be­las­te­te Yacht bei dem star­ken See­gang schwer­lich wie­der auf­rich­ten kön­nen.

»Macht doch, dass ihr hin­ein­kommt!« rief Gor­don. »Hin­un­ter, oder ihr be­komm­t’s mit mir zu tun!«

»Geht, geht hin­un­ter, ihr Klei­nen!« setz­te Bri­ant in freund­li­che­rem Ton hin­zu.

Die bei­den Köp­fe ver­schwan­den ge­ra­de in dem Au­gen­blick, wo ein an­de­rer am Trep­pen­aus­gang er­schei­nen­der Kna­be frag­te:

»Du be­darfst un­ser nicht, Bri­ant?«

»Nein, Bax­ter«, ant­wor­te­te die­ser. »Du magst mit Cross, Webb, Ser­vice und Wil­cox bei den Klei­nen blei­ben. Wir vier sind uns ge­nug.«

Bax­ter schloss wie­der sorg­fäl­tig die Tür.

»Die an­de­ren fürch­te­ten sich auch!« hat­te Dole ge­sagt.

Aber be­fan­den sich denn aus­schließ­lich Kin­der auf die­sem vom Or­kan ver­schla­ge­nen Scho­ner? — Ja, nichts als Kin­der. — Und wie vie­le wa­ren es? — Fünf­zehn, un­ter Ein­rech­nung Gor­d­ons, Bri­ants, Do­ni­phans und des Schiffs­jun­gen. — Durch wel­che Zu­fäl­lig­kei­ten die­se al­lein mit ih­rem Schiff ab­ge­se­gelt wa­ren, wer­den wir spä­ter er­fah­ren.

Und auf der Yacht be­fand sich kein er­wach­se­ner Mann? Kein Ka­pi­tän, um die­se zu füh­ren? Kein See­mann zur Be­die­nung des Se­gel­wer­kes und der Ta­ke­la­ge?2 Kein Steu­er­mann, um bei die­sem Sturm das Steu­er zu hand­ha­ben? — Nein, kein ein­zi­ger!

Eben­so hät­te kei­ne le­ben­de See­le an Bord ge­nau an­ge­ben kön­nen, an wel­chem Ort auf dem Ozean der »Sloug­hi« sich be­fin­de … Wel­cher Ozean war es über­haupt …? Der aus­ge­dehn­tes­te von al­len, das Stil­le Welt­meer, das sich über 140 Län­gen­gra­de von der Land­mas­se Aus­tra­li­ens und den Küs­ten Neu­see­lands bis zur Küs­te von Süd­ame­ri­ka er­streckt.

Was moch­te hier vor­ge­gan­gen sein? War die Be­sat­zung des Scho­ners durch einen Un­fall ver­un­gückt? Hat­ten ma­lai­ische See­räu­ber sie ent­führt und an Bord die jun­gen Pas­sa­gie­re, de­ren äl­tes­ter kaum vier­zehn Jah­re zähl­te, ih­rem Schick­sal über­las­sen? Eine Yacht von hun­dert Ton­nen er­for­dert min­des­tens einen Ka­pi­tän, einen Ober­steu­er­mann3 und fünf bis sechs Leu­te, und von die­sem zur Füh­rung des Schif­fes un­ent­behr­li­chen Per­so­nal war ein Schiffs­jun­ge al­lein üb­rig …! Wo­her end­lich kam die­ser Scho­ner, aus wel­chem aus­tra­li­schen Ge­biet oder wel­chem ozea­ni­schen Archi­pel? — Und wo­hin war er be­stimmt? Auf die­se Fra­gen, wel­che je­der Schif­fer ge­stellt hät­te, wenn ihm der »Sloug­hi« in die­sen ein­sa­men Mee­res­tei­len be­geg­net wäre, wür­den die Kin­der wohl ha­ben Ant­wort ge­ben kön­nen; es war je­doch we­der ein Se­gel in Sicht noch ei­ner je­ner trans­at­lan­ti­schen Damp­fer, de­ren Rei­se­rou­ten sich auf den Mee­ren Ozea­ni­ens kreu­zen; eben­so­we­nig ei­nes der un­ter Se­gel oder Dampf lau­fen­den Kauf­fahr­tei­schif­fe, wel­che Eu­ro­pa, wie Ame­ri­ka, zu Hun­der­ten nach den Hä­fen des Gro­ßen Ozeans ent­sen­det. Doch hät­te auch ei­nes je­ner mäch­ti­gen Fahr­zeu­ge, durch sei­ne Dampf­ma­schi­ne oder sei­ne große Be­se­ge­lung ge­gen den Sturm an­kämp­fend, sich in die­ser Ge­gend ge­zeigt, so wür­de es doch nicht in der Lage ge­we­sen sein, der von der rol­len­den See gleich ei­nem Spiel­ball um­her­ge­wor­fe­nen Yacht Hil­fe zu leis­ten.

In­zwi­schen wach­ten Bri­ant und sei­ne Ge­fähr­ten so gut sie konn­ten dar­über, dass der Scho­ner nicht nach der einen oder der an­de­ren Sei­te ab­ge­drängt wur­de.

»Was tun wir nun …?« frag­te da Do­ni­phan.

»Al­les, was uns mit Got­tes Hil­fe mög­lich sein wird, uns zu ret­ten«, ant­wor­te­te Bri­ant.

In der Tat ver­dop­pel­te der Sturm jetzt sei­ne Ge­walt. Der Wind weh­te »fu­der­wei­se«, wie die (fran­zö­si­schen) See­leu­te zu sa­gen pfle­gen, und wie­der­holt schi­en es, als müs­se der »Sloug­hi« bei dem schau­er­li­chen Un­wet­ter in Trüm­mer ge­hen. Seit achtund­vier­zig Stun­den re­de­los,4 der Groß­mast vier Fuß über den Deck­bal­ken ab­ge­bro­chen, hat­te man kein Schön­fahr­se­gel his­sen kön­nen, um das Schiff si­che­rer zu re­gie­ren. Der nur sei­ner Ober­bram­stan­ge be­raub­te Fock­mast stand zwar vor­läu­fig noch fest, doch war jede Mi­nu­te zu be­fürch­ten, dass er, wenn die Wan­ten (Schiffs­lei­tern) des­sel­ben ris­sen, sich auf das Deck her­ab­sen­ken wür­de. Vorn flat­ter­ten und klatsch­ten die Fet­zen des klei­nen Klü­ver­se­gels so laut wie der Knall ei­ner Feu­er­waf­fe. Als ein­zi­ges Se­gel­werk war nur das Fock­se­gel üb­rig, wel­ches aber eben­falls zu zer­rei­ßen droh­te, da die Kna­ben nicht Kraft ge­nug hat­ten, durch ein ein­ge­zo­ge­nes Reff sei­ne Ober­flä­che zu ver­klei­nern. Kam es auch noch dazu, so konn­te der Scho­ner nicht mehr im Strich des Win­des ge­hal­ten wer­den; die Wo­gen roll­ten dann von der Sei­te her über ihn her­ein, brach­ten ihn zum Ken­tern und zum Sin­ken, und da­mit ver­schwan­den sei­ne Pas­sa­gie­re im schau­er­li­chen Ab­grund.

Und bis­her war nach der of­fe­nen See zu kei­ne In­sel ent­deckt wor­den, kei­ne Li­nie fes­ten Lan­des im Os­ten auf­ge­taucht! Sich mit ei­nem Schiff auf den Strand zu set­zen, ist ein ent­setz­li­ches Ret­tungs­mit­tel, und doch wür­den die­se Kin­der es we­ni­ger ge­fürch­tet ha­ben als das Wü­ten des gren­zen­lo­sen Mee­res. Je­des be­lie­bi­ge Ufer hät­ten sie trotz et­wai­ger Un­tie­fen, Klip­pen, trotz des dar­auf stür­men­den Wo­gen­schwal­les und der Bran­dung, wel­che un­auf­hör­lich ge­gen die Fels­mau­ern don­nert, als win­ken­de Ret­tung be­grüßt, als fes­tes Land un­ter den Fü­ßen an­stel­le des Ozeans, der sie je­den Au­gen­blick zu ver­schlin­gen droh­te.

Auch nach ei­nem Lich­te, auf das sie hät­ten zu­steu­ern kön­nen, späh­ten sie ver­ge­bens …

Kein freund­li­cher Schein durch­drang das tie­fe Dun­kel der Nacht.

»Der Fock­mast ist ge­bro­chen!« rief Do­ni­phan.

»Nein; nur das Se­gel­tuch hat sich von den Saum­tau­en los­ge­ris­sen«, er­klär­te der Schiffs­jun­ge.

»Wir müs­sen uns des­sel­ben ent­le­di­gen«, mein­te Bri­ant. »Gor­don, bleib du mit Do­ni­phan am Rad, und du, Moko, hilfst mir!«

Wenn Moko als Schiffs­jun­ge ei­ni­ge nau­ti­sche Kennt­nis­se be­sit­zen muss­te, so gin­gen die­se auch Bri­ant nicht voll­stän­dig ab. Da er auf sei­ner Fahrt von Eu­ro­pa nach Ozea­ni­en den At­lan­ti­schen und den Stil­len Ozean durch­schifft, hat­te er sich mit der Füh­rung ei­nes Schif­fes ei­ni­ger­ma­ßen ver­traut ge­macht. Das er­klärt es, wes­halb die an­de­ren Kna­ben, wel­che da­von gar nichts ver­stan­den, Moko und ihm die Sor­ge, den Scho­ner zu füh­ren, hat­ten über­las­sen müs­sen.

In ei­nem Au­gen­blick wa­ren Bri­ant und der Schiffs­jun­ge un­er­schro­cken nach dem Vor­der­teil der Yacht ge­eilt. Um de­ren Dre­hung zu ver­hü­ten, muss­ten sie die­sel­be von dem Fock­se­gel be­frei­en, des­sen un­te­rer Teil eine Art Ta­sche bil­de­te und durch Ab­fan­gen des Win­des den Scho­ner so be­denk­lich nach seit­wärts neig­te, dass die­ser fast die Wel­len­käm­me be­rühr­te. Kam es aber erst so­weit, so konn­te die­ser sich nicht wie­der auf­rich­ten, wenn nicht der Fock­mast nach Spren­gung sei­ner me­tal­le­nen Put­tings ge­kappt wur­de; wie hät­ten Kin­der das in­des aus­füh­ren kön­nen?

Briant und Moko zeigten bemerkenswertes Geschick.

Un­ter die­sen schwie­ri­gen Um­stän­den be­wie­sen Bri­ant und Moko eine wirk­lich er­staun­li­che Ge­schick­lich­keit. In der Ab­sicht, an Lein­wand so viel wie mög­lich zu be­hal­ten, um den »Sloug­hi« wäh­rend der Dau­er des Stur­mes vor dem Win­de zu er­hal­ten, be­müh­ten sie sich — und zwar mit Er­folg — das His­stau der Rah zu lö­sen, wel­che sich nun bis auf vier bis fünf Fuß über dem Deck her­ab­senk­te. Nach Lost­ren­nung ein­zel­ner Fet­zen des Fock­se­gels mit­tels Mes­ser, wur­den des­sen un­te­re Ecken durch ei­ni­ge Hilfs­bras­sen an den Pflö­cken der Schanz­klei­dung be­fes­tigt, wo­bei die zwei mu­ti­gen Kna­ben frei­lich zwan­zig­mal in Ge­fahr ka­men, von Sturz­seen weg­ge­spült zu wer­den.

Un­ter die­ser bis aufs äu­ßers­te ver­min­der­ten Se­gel­flä­che konn­te dem Scho­ner we­nigs­tens die Rich­tung ge­si­chert wer­den, die er jetzt schon lan­ge Zeit ein­hielt. Schon der Druck des Win­des an sei­nem Rumpf al­lein ge­nüg­te üb­ri­gens, ihn mit der Schnel­lig­keit ei­nes Tor­pe­do­boo­tes da­hin­zu­ja­gen. Das war von Wich­tig­keit, weil es dar­auf an­kam, schnel­ler als die nachrol­len­den Wo­gen fort­zu­trei­ben, um von zu schwe­ren Sturz­seen über Back­bord frei zu blei­ben.

Nach Durch­füh­rung ih­rer Auf­ga­be kehr­ten Bri­ant und Moko wie­der zu Gor­don und Do­ni­phan zu­rück, um die­se beim Steu­ern zu un­ter­stüt­zen.

Eben jetzt öff­ne­te sich die Tür der Trep­pen­kap­pe zum zwei­ten Mal. Ein Kind steck­te den Kopf her­aus. Es war Jac­ques, der um drei Jah­re jün­ge­re Bru­der Bri­ants.

»Was willst du, Jac­ques?« frag­te ihn sein Bru­der.

»Komm! Komm schnell!« er­wi­der­te Jac­ques. »Im Sa­lon steht Was­ser!«

»Ist das mög­lich?« rief Bri­ant er­schreckt.

Ei­len­den Schrit­tes lief er nach der Kap­pe und sprang die Trep­pe hin­un­ter.

Den Sa­lon er­leuch­te­te nur ganz not­dürf­tig eine Hän­ge­lam­pe, wel­che bei dem Stamp­fen des Schif­fes hef­tig schwank­te. Beim Schein der­sel­ben er­blick­te man etwa zehn Kin­der auf den Pols­ter­bän­ken oder den La­ger­stät­ten des »Sloug­hi«. Die kleins­ten der­sel­ben — und es wa­ren sol­che von acht bis neun Jah­ren dar­un­ter — hat­ten sich in ih­rer To­des­angst dicht an­ein­an­der­ge­drängt.

»Es ist kei­ne Ge­fahr vor­han­den!« rief ih­nen Bri­ant, der sie zu­nächst be­ru­hi­gen woll­te, zu. »Wir sind ja da! Fürch­tet euch nicht!«

Da­rauf mit ei­ner Si­gnal­la­ter­ne den Fuß­bo­den des Sa­lons ab­leuch­tend, muss­te er sich über­zeu­gen, dass eine ge­wis­se Men­ge Was­ser in der Yacht von ei­nem Bord zum an­de­ren hin und wie­der flu­te­te.

Jetzt galt es fest­zu­stel­len, wo­her die­ses Was­ser kam und ob es wohl gar durch einen Sprung in der Sei­ten­wand ein­ge­drun­gen war.

Vor dem Sa­lon be­fand sich das große Zim­mer und wei­ter­hin der Spei­se­saal, dann die Woh­nung und dar­über das Wach­haus der Mann­schaft.

Briant durchsuchte alle diese Räumlichkeiten.

Bri­ant durch­such­te alle die­se Räum­lich­kei­ten und er­kann­te, dass das Was­ser we­der ober- noch un­ter­halb der Schwimm­li­nie ein­ge­drun­gen sein kön­ne. Das­sel­be war viel­mehr nur durch das Auf­bäu­men des Vor­ders­te­vens hier­her­ge­schleu­dert wor­den und rühr­te von Spritz­seen her, wel­che, über das Vor­der­teil schla­gend, teil­wei­se durch die zur Mann­schafts­woh­nung füh­ren­de Trep­pen­kap­pe Ein­gang nach dem In­nern ge­fun­den hat­ten. Von die­ser Sei­te droh­te also kei­ne ei­gent­li­che Ge­fahr.

Bri­ant be­ru­hig­te sei­ne Lei­dens­ge­fähr­ten, als er wie­der durch den Sa­lon kam, und nahm auch selbst mit größ­ter Zu­ver­sicht sei­nen Platz am Steu­er­rad wie­der ein. Der sehr so­li­de ge­bau­te und erst un­längst frisch ge­kup­fer­te Scho­ner zog kein Was­ser und ver­sprach auch dem An­prall der Wo­gen Wi­der­stand zu leis­ten.

Es war jetzt ein Uhr nachts, und wäh­rend schwe­re Wol­ken die Dun­kel­heit noch ver­schlim­mer­ten, ent­fes­sel­te sich der Or­kan zur schlimms­ten Wut. Die Yacht flog da­hin, als wäre sie völ­lig in Was­ser ein­ge­taucht. Scharf drang dann und wann der Schrei ei­nes Sturm­vo­gels durch die Luft. Von de­ren Er­schei­nen konn­te man je­doch kei­nes­wegs auf die Nähe ei­nes Lan­des schlie­ßen, denn man be­geg­net den­sel­ben oft meh­re­re hun­dert See­mei­len von der nächs­ten Küs­te. Üb­ri­gens au­ßer­stan­de, ge­gen den Sturm auf­zu­kom­men, folg­ten die Vö­gel die­sem viel­mehr eben­so wie der Scho­ner, des­sen Schnel­lig­keit kei­ne mensch­li­che Kraft zu hem­men ver­mocht hät­te.

Eine Stun­de spä­ter hör­te man an Bord wie­der et­was zer­rei­ßen. Der Rest des Fock­se­gels war in Stücke ge­gan­gen und die Lein­wand­fet­zen flat­ter­ten gleich rie­si­gen Mö­wen durch die Luft.

»Nun ha­ben wir kein Se­gel mehr«, rief Do­ni­phan, »und ein an­de­res zu set­zen ist ganz un­mög­lich.«

»Tut nichts!« ant­wor­te­te Bri­ant. »Ver­lass dich dar­auf, dass wir doch noch eben­so schnell vor­wärts kom­men.«

»Eine schö­ne Ant­wort!« er­wi­der­te Do­ni­phan. »Wenn das dei­ne Art und Wei­se zu ma­nö­vrie­ren ist …«

»Ach­tung auf die Wel­len von rück­wärts!« un­ter­brach ihn Moko. »Fest­ge­hal­ten oder wir wer­den weg­ge­schwemmt …«

Er hat­te den Satz kaum be­en­det, als meh­re­re Ton­nen Was­ser über das Back­bord her­ein­stürz­ten. Bri­ant, Do­ni­phan und Gor­don wur­den ge­gen die Trep­pen­kap­pe ge­schleu­dert, wo sie sich zum Glück noch an­klam­mern konn­ten. Der Schiffs­jun­ge da­ge­gen war ver­schwun­den mit der Was­ser­mas­se, wel­che sich in bro­deln­dem Schwall von hin­ten nach vor­ne über den »Sloug­hi« er­goss und da­bei einen Teil des Mast­wer­kes, die bei­den Boo­te und die Jol­le — ob­wohl die­se ganz her­ein­ge­holt wa­ren — so­wie meh­re­re Schiffs­bal­ken und das Kom­pass­häus­chen mit fort­riss. Da je­doch gleich­zei­tig die Schanz­klei­dung stre­cken­wei­se zer­stört war, konn­te das Was­ser schnell wie­der ab­flie­ßen, was die Yacht vor dem Un­ter­gan­ge durch die­se un­ge­heu­re Über­las­tung be­wahr­te.

»Moko …! Moko!« rief Bri­ant, so­bald er wie­der ein Wort spre­chen konn­te.

»Ist er etwa ins Meer ge­schleu­dert wor­den?« frag­te Do­ni­phan.

»Nein; doch man sieht und hört nichts von ihm«, er­klär­te Gor­don, der sich über die Re­ling hin­aus­ge­beugt hat­te.

»Wir müs­sen ihn ret­ten — ihm eine Ret­tungs­bo­je oder Stri­cke zu­wer­fen!« ant­wor­te­te Bri­ant.

Und mit lau­ter Stim­me, wel­che wäh­rend ei­ni­ger ru­hi­ge­rer Se­kun­den kräf­tig wi­der­hall­te, rief er noch ein­mal:

»Moko …! Moko.«

»Hier­her …! Zu Hil­fe!« er­klang die Ant­wort des klei­nen Ne­gers.

»Er liegt nicht im Meer«, sag­te Gor­don. »Sei­ne Stim­me kommt vom Vor­der­teil des Scho­ners her.«

»Ich wer­de ihn ret­ten!« rief Bri­ant.

So­fort tas­te­te er sich über das Deck hin un­ter ste­ter Vor­sicht, den Blö­cken und Rol­len aus­zu­wei­chen, wel­che lose an den her­ab­ge­las­se­nen Ra­hen5 hin­gen, und sich fest­klam­mernd, um bei den Be­we­gun­gen des Schif­fes auf dem schlüpf­ri­gen Ver­deck nicht um­ge­wor­fen zu wer­den.

Noch ein­mal hör­te er die Stim­me des Jun­gen, dann war al­les still.

Mit größ­ter An­stren­gung war es Bri­ant ge­lun­gen, die Trep­pen­kap­pe des Volks­lo­gis zu er­rei­chen.

Er rief laut …

Kei­ne Ant­wort.

War Moko etwa durch eine neue hef­ti­ge Schiffs­be­we­gung über Bord ge­schleu­dert wor­den, nach­dem er den letz­ten Schrei aus­ge­sto­ßen? In die­sem Fall muss­te der un­glück­li­che Bur­sche schon weit von ih­nen, weit hin­ter dem Win­de trei­ben, denn die Wel­len­be­we­gung konn­te ihn nicht mit glei­cher Schnel­lig­keit wie der Sturm den Scho­ner mit fort­ge­tra­gen ha­ben; dann war er ver­lo­ren …

Nein; eben drang wie­der ein schwa­cher Hil­fe­ruf bis zu Bri­ant, der nach dem Gang­spill6 eil­te, in des­sen Fuß das Ende des Bugs­priets ein­ge­las­sen war. Hier fand er einen sich um­her­win­den­den Kör­per.

Der Schiffs­jun­ge war es, halb ein­ge­klemmt zwi­schen die an der Spit­ze zu­sam­men­lau­fen­de Schanz­klei­dung. Ein His­stau, das er mit al­ler Kraft von sich ab­zu­drän­gen such­te, schnür­te ihm den Hals zu. Erst zu­rück­ge­hal­ten durch die­ses His­stau, als die ge­wal­ti­ge Woge ihn weg­spül­te, war er jetzt nahe dar­an, durch das­sel­be er­würgt zu wer­den.

Bri­ant riss sein Mes­ser her­aus, und nicht ohne Mühe ge­lang es ihm, das Hanftau, wel­ches den Schiffs­jun­gen fest­hielt, zu durch­schnei­den.

Moko wur­de nach dem Hin­ter­teil zu­rück­ge­führt.

»Dan­ke, Herr Bri­ant, dan­ke!« sag­te er, so­bald er die Spra­che wie­der­er­langt hat­te.

Dann nahm er sei­nen Platz am Steu­er­rad wie­der ein, und alle vier ban­den sich fest, um ge­gen die Was­ser­ber­ge, wel­che sich hin­ter dem »Sloug­hi« auf­türm­ten, ge­si­chert zu sein.

Ent­ge­gen der An­nah­me Bri­ants hat­te sich die Ge­schwin­dig­keit der Yacht doch et­was ver­min­dert, seit­dem vom Fock­se­gel gar nichts mehr üb­rig war — und dar­in lag eine neue Ge­fahr. Die jetzt schnel­ler als jene lau­fen­den Wel­len­ber­ge konn­ten über das Hin­ter­teil her­ein­bre­chen und sie mit Was­ser an­fül­len. Doch war da­ge­gen nichts zu tun und je­den­falls an das Auf­his­sen ei­nes Se­gels gar nicht zu den­ken.

Auf der süd­li­chen Halb­ku­gel der Erde ent­spricht der März dem Mo­nat Sep­tem­ber auf der nörd­li­chen, und die Näch­te sind noch nicht zu lang. Da es jetzt um die vier­te Mor­gen­stun­de war, konn­te es nicht mehr lan­ge wäh­ren, bis der Ho­ri­zont im Os­ten, also in der Rich­tung, nach der der »Sloug­hi« ge­trie­ben wur­de, sich auf­hel­len muss­te. Vi­el­leicht nahm die Ge­walt des Stur­mes mit an­bre­chen­dem Tage et­was ab. Vi­el­leicht kam auch ein Land in Sicht und das Los die­ser Kin­der­ge­sell­schaft ent­schied sich bin­nen we­ni­gen Mi­nu­ten. Wir wer­den das er­fah­ren, wenn das Mor­gen­rot erst die Tie­fen des Him­mels färbt.

Ge­gen vier­ein­halb Uhr glitt ein schwa­cher Licht­schein bis zum Ze­nit em­por. Un­glück­li­cher­wei­se be­schränk­te der Dunst in der Luft den Ge­sichts­kreis auf kaum eine Vier­tel­mei­le. Man fühl­te es fast, dass die Wol­ken mit un­ge­heu­rer Schnel­lig­keit da­hin­eil­ten. Der Or­kan hat­te nichts an Kraft ver­lo­ren, und weit hin­aus ver­schwand das Meer un­ter dem Schaum der sich über­stür­zen­den Wo­gen­käm­me. Kam der Scho­ner in ho­ri­zon­ta­le Lage mit die­sen, so wäre er, der jetzt ein­mal auf dem Schei­tel ei­ner Wel­le tanz­te und dann in das Tal der­sel­ben hin­un­ter­ge­stürzt wur­de, wohl zwan­zig­mal ge­ken­tert.

Die vier Kna­ben be­trach­te­ten un­ver­wandt das Cha­os der durch­ein­an­der wir­beln­den Flu­ten. Sie ahn­ten wohl, dass ihre Lage, wenn das Meer sich nicht bald be­ru­hig­te, eine ver­zwei­fel­te wer­den muss­te. Nim­mer­mehr hät­te der »Sloug­hi« noch wei­te­re vier­und­zwan­zig Stun­den dem An­prall der Wo­gen, wel­che zu­letzt doch die Trep­pen­kap­pen weg­rei­ßen muss­ten, Wi­der­stand leis­ten kön­nen.

Da er­tön­te aufs neue Mo­kos Stim­me:

»Land!« rief er ju­belnd. »Land!«

Durch einen Ne­bel­spalt glaub­te der Schiffs­jun­ge vor ih­nen im Os­ten die Um­ris­se ei­ner Küs­te er­kannt zu ha­ben. Täusch­te er sich nicht? Es ist oft gar so schwer, die schwa­chen Li­ni­en ei­nes Lan­des zu un­ter­schei­den, wenn von fern ge­se­hen die Wol­ken­schich­ten un­mit­tel­bar dar­auf la­gern.

»Ein Land.« … hat­te Bri­ant geant­wor­tet.

»Ja«, ver­si­cher­te Moko, »… ein Land … dort im Os­ten!«

Er wies da­bei nach ei­nem Punkt am Ho­ri­zont, den jetzt schon wie­der wal­len­de Ne­bel­mas­sen ver­hüll­ten.

»Bist du dei­ner Sa­che si­cher …?« frag­te Do­ni­phan.

»Ja …! Ja …! Ganz si­cher«, be­haup­te­te der klei­ne Ne­ger. »Wenn der Ne­bel wie­der ein­mal zer­reißt, so seht nur scharf dort­hin, et­was nach rechts vom Fock­mast … da … Ach­tung … da un­ten …!«

Die sich eben öff­nen­den Ne­bel­mas­sen lös­ten sich all­mäh­lich von der Mee­res­flä­che, um nach hö­he­ren Zo­nen auf­zu­stei­gen. Ei­ni­ge Au­gen­bli­cke spä­ter war der Ozean auf die Stre­cke von meh­re­ren See­mei­len vor der Yacht klar zu über­se­hen.

»Ja … Land …! Das ist Land …!« rief Bri­ant.

»Und ein sehr nied­ri­ges Land!« setz­te Gor­don hin­zu, der die ge­mel­de­te Küs­te schär­fer ins Auge ge­fasst hat­te.

Jetzt konn­te kein Zwei­fel mehr auf­kom­men. Auf ei­ner brei­ten Stre­cke des Ho­ri­zon­tes zeich­ne­te sich Land, ein Kon­ti­nent oder eine In­sel, in deut­li­cher Li­nie ab. Das­sel­be moch­te fünf bis sechs See­mei­len von hier ent­fernt sein. Bei der Rich­tung, der er folg­te und aus der ab­zu­wei­chen der Sturm ihm gar nicht er­laub­te, muss­te der »Sloug­hi« bin­nen ei­ner Stun­de un­be­dingt auf das­sel­be ge­wor­fen wer­den. Da­bei war frei­lich zu be­fürch­ten, dass er zer­trüm­mert wur­de, vor­züg­lich wenn ihn Klip­pen auf­hiel­ten, be­vor er den ei­gent­li­chen Strand er­reich­te.

Hieran dach­ten die Kna­ben je­doch gar nicht. In dem Lan­de, wel­ches so un­er­war­tet sich ih­ren Bli­cken dar­bot, sa­hen sie nur das Heil, die win­ken­de Ret­tung.

In die­sem Au­gen­blick be­gann der Wind wie­der stär­ker zu we­hen. Wie eine Fe­der da­von­ge­tra­gen, stürm­te der »Sloug­hi« auf die Küs­te zu, wel­che sich scharf wie ein Tin­ten­strich vom weiß­li­chen Grund des Him­mels ab­hob. Hin­ter dem Strand er­hob sich näm­lich ein hö­he­res Ufer­land, das aber nicht mehr als hun­dert­fünf­zig bis zwei­hun­dert Fuß auf­stei­gen moch­te. Vor ihm dehn­te sich ein gelb­li­cher Strand aus, zur Rech­ten ein­ge­rahmt von ab­ge­run­de­ten Mas­sen, wel­che ei­nem Wald im In­nern an­zu­ge­hö­ren schie­nen.

Oh, wenn der »Sloug­hi« die­ses san­di­ge Vor­land er­rei­chen konn­te, ohne auf eine Klip­pen­rei­he zu sto­ßen, wenn die Mün­dung ei­nes Flus­ses ihm Zuf­lucht bot — dann, ja dann konn­ten sei­ne jun­gen Pas­sa­gie­re noch heil und ge­sund da­von­kom­men!

Wäh­rend Do­ni­phan, Gor­don und Moko am Steu­er blie­ben, hat­te Bri­ant sich nach dem Vor­der­deck be­ge­ben und be­trach­te­te das sich sicht­lich nä­hern­de Land; so schnell schos­sen sie da­hin. Ver­ge­bens such­te er aber eine Stel­le, wo die Yacht hät­te un­ter güns­ti­gen Be­din­gun­gen an­lau­fen kön­nen. Hier zeig­te sich we­der die Mün­dung ei­nes Flus­ses oder Ba­ches, noch selbst ein flach ins Meer ab­fal­len­der san­di­ger Strand, auf dem man mit ei­nem Sto­ße fest­fah­ren konn­te. Vor dem Strand hin näm­lich streck­te sich eine Rei­he von Klip­pen, de­ren schwärz­li­che Häup­ter bei den auf und ab schwan­ken­den Wo­gen auf­tauch­ten und wie­der ver­schwan­den und an wel­chen das Was­ser fort­wäh­rend schäu­mend bran­de­te. Hier muss­te der »Sloug­hi« beim ers­ten Stoß in Stücke ge­hen.

Bri­ant sag­te sich da, dass es bes­ser sei, im Au­gen­blick der Stran­dung alle sei­ne Ka­me­ra­den auf dem Deck zu ha­ben. Er öff­ne­te also die Tür der Kap­pe und rief hin­un­ter:

»Alle, alle her­auf!«

So­fort kam ein Hund her­aus­ge­sprun­gen und ihm folg­ten zehn Kin­der, die sich nach dem Hin­ter­teil der Yacht dräng­ten. Die kleins­ten stie­ßen beim An­blick der ber­ge­ho­hen Wel­len ein ent­setz­li­ches Angst­ge­schrei aus.

Kurz vor sechs Uhr mor­gens war der »Sloug­hi« bis an den Rand des Klip­pen­gür­tels her­an­ge­kom­men.

»Jetzt fest­hal­ten!« rief Bri­ant. »Tüch­tig fest­hal­ten!«

Die Klei­der halb ab­ge­legt, hielt er sich be­reit, de­nen zu Hil­fe zu sprin­gen, wel­che der Wo­gen­schlag etwa fort­riss, denn si­cher­lich wur­de die Yacht über die Klip­pen hin­ge­wälzt.

Da mach­te sich ein ers­ter Stoß fühl­bar. Der »Sloug­hi« stampf­te mit sei­nem Hin­ter­teil auf einen Fel­sen, aber trotz der ge­wal­ti­gen Er­schüt­te­rung des gan­zen Schiffs­rump­fes drang doch kein Was­ser durch des­sen Plan­ken­wand.

Von ei­ner zwei­ten Wel­le ge­ho­ben, wur­de er ge­gen fünf­zig Fuß wei­ter ge­tra­gen, dies­mal ohne die Klip­pen zu strei­fen, wel­che an un­zäh­li­gen Stel­len em­por­starr­ten. End­lich blieb er, nach Back­bord ge­neigt, in­mit­ten der ko­chen­den Bran­dung lie­gen.

Wenn auch nicht im of­fe­nen Meer, so be­fand er sich doch noch eine Vier­tel­mei­le vom Strand ent­fernt.

1 Scho­ner-Se­gel­schiff mit zwei Mas­ten, von de­nen der hin­te­re hö­her als der vor­de­re ist. <<<

2 Die Ta­ke­la­ge ei­nes Schif­fes um­fasst al­les für die Be­mas­tung so­wie die Be­se­ge­lung er­for­der­li­che Tau­werk nebst Be­fes­ti­gun­gen. <<<

3 Der ers­te Steu­er­mann auf großen Se­gel­schif­fen, in der Ma­ri­ne ein Deck­of­fi­zier. <<<

4 macht­los <<<

5 waa­ge­rech­te Stan­gen am Mast, an de­nen die Se­gel be­fes­tigt sind <<<

6 Spill mit senk­rech­ter Wel­le, in des­sen Kopf Spei­chen ein­ge­setzt wer­den, die von den Ma­tro­sen im Rund­gang her­um­ge­dreht wer­den, um (An­ker)ket­ten auf- und ab­zu­win­den <<<

Zwei Jahre Ferien

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