Читать книгу Sterne, die begehrt man nicht - Juli van Bohm - Страница 9
Eine ungewöhnliche Abmachung
ОглавлениеSofort spürte Emily eine Veränderung in Connor Learys Verhalten. Warum schaute er sie plötzlich so seltsam distanziert an? Ihre Unsicherheit überkam sie von neuem. Ob ihr ein Fehler unterlaufen war? Sie hatten sich doch angeregt unterhalten. Vielleicht hatte sie eine unbedachte Bemerkung gemacht, die ihn verärgert hatte? Fieberhaft suchte sie nach einem Grund für seinen unübersehbaren Stimmungswandel. Es war wirklich nicht leicht, sich ein Bild von Connor Leary zu machen. Keine Frage, er war zweifelsohne ein interessanter Mann. Interessant, aber launisch, wie es schien. Plötzlich war sein Blick erschreckend ablehnend und kalt. Seine Worte hatten schroff geklungen. Augenblicklich stand eine schier unüberwindbare Mauer zwischen ihnen. Wie konnte ein Mensch sich nur so schnell verändern? Gerade war er offen und zugänglich gewesen, jetzt hatte sie Angst, er würde sie gleich vor die Tür setzen. Sie musste retten, was noch zu retten war, das spürte Emily intuitiv. Leary warf ungeduldig einen Blick auf seine Armbanduhr und erhob sich.
„Ich hoffe, Sie haben jetzt, was Sie brauchen und halten sich an unsere Vereinbarung. Es ist schon spät.“
Emily fühlte sich, als sei ihr ein Glas kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet worden. Sie hatte noch so viele Fragen an Leary, doch für ihn schien das Interview an dieser Stelle beendet zu sein. Langsam suchte sie ihre Sachen zusammen. Eines war klar, sie musste Zeit gewinnen. Doch wie? Plötzlich schoss ihr eine irrwitzige Idee durch den Kopf. Entschlossen warf sie ihr Haar zurück und nahm all ihren Mut zusammen. Was hatte sie schon zu verlieren?
„Wenn ich etwas Falsches gesagt habe, dann tut es mir unendlich leid, Mr. Leary. Es ist mein erstes Interview dieser Art.“, sie zögerte einen Moment und überlegte, ob es überhaupt Sinn machte, mit offenen Karten zu spielen. Kurzerhand entschied sie sich dafür, denn auch er hatte ihr seine verletzliche Seite gezeigt.
„Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Dieses Interview ist für mich die große Chance, mich in meinem Beruf zu beweisen. Deshalb ist es unendlich wichtig für mich. Können wir unser Gespräch nicht zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen, wenn es jetzt schlecht passt? Ich würde wirklich gerne mehr über Sie erfahren. Und damit meine ich nicht nur den Schauspieler, sondern vor allem den Menschen Connor Leary.“ Emily traute sich kaum, ihn anzuschauen. Seine braunen Augen musterten sie kritisch, als könne er mit seinem Blick zu ergründen, inwieweit er ihr trauen konnte. Ihr stieg eine heiße Röte ins Gesicht. Vermutlich war es ein Fehler gewesen, ihm diesen Vorschlag zu unterbreiten. Schließlich war er ein vielbeschäftigter Mann und hatte bestimmt kein Interesse, einer unqualifizierten Reporterin weitere kostbare Zeit zu opfern. Sie musste zugeben, dass sie Corinnes Erwartungen nicht hatte erfüllen können. Das Schweigen im Raum lastete schwer auf ihr. Scheu blickte sie erneut zu Leary hinüber, der nachdenklich an seiner Unterlippe nagte. Was mochte er jetzt von ihr denken? Emily fühlte sich furchtbar und unterdrückte nur mühsam die aufsteigenden Tränen. Sie hatte mit ihrer unprofessionellen Arbeitsweise nicht nur sich selbst, sondern auch die Francine blamiert.
Als Connor ihren verzagten Blick bemerkte, huschte ein kurzes Lächeln über sein Gesicht, das auf wundersame Weise Emilys Bedenken im Nu zerstreute.
„Möchten Sie nur mehr über mich wissen, weil Ihr Job das von Ihnen verlangt oder interessiert es Sie wirklich?“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, egal, was soll‘s? Sie haben nichts falsch gemacht. Heute ist einfach nicht mein bester Tag. Der Jetlag macht mich fertig und mein Manager stresst mich mit der Samstagabendshow, an der ich teilnehmen muss. Grundsätzlich spricht nichts gegen ein zweites Meeting, wenn der Terminplan es zulässt. Wann hätten Sie denn Zeit?“
„Ich richte mich selbstverständlich nach Ihnen“, Emily suchte mit zittrigen Händen nach ihrem Kalender. „Vielleicht passt es am Sonntag?“
Leary ging in Gedanken seine Termine durch. Er zuckte mit den Schultern. „Ich denke, das lässt sich einrichten.“
Emily nickte erfreut. Das lief besser als erwartet. „Soll ich wieder ins Hotel kommen?“
Sie sah ihn an, wie er in seinen verwaschenen Jeans und dem schlabbrigen T-Shirt vor ihr stand und spürte ein ungewohntes Flattern in ihrem Magen. Sie wollte keinesfalls den Eindruck hinterlassen, sich in die Reihe niveauloser Enthüllungsjournalisten einzureihen, die er so verachtete. Warum war es ihr nur so wichtig, dass er ihr vertraute?
Leary unterbrach ihre Gedanken. „Natürlich können wir uns wieder hier treffen, aber ich gebe zu, dass ich diesem protzigen Hotelcharme gerne entfliehen würde. Was halten Sie davon, wenn ich Sie zu Hause besuche? Dann können wir uns ungestört unterhalten und ich komme in den seltenen Genuss, ein bisschen Normalität genießen zu dürfen.“
Der unerwartete Vorschlag überraschte und beunruhigte Emily gleichermaßen. Unmöglich! Zu ihr in die kleine Wohnung mit den Kindern, die keine Sekunde ruhig waren. Von wegen ‚ungestört‘. Krampfhaft suchte sie nach einem plausiblen Grund, seinen Vorschlag abzulehnen. Doch spontan fiel ihr keine glaubhafte Ausrede ein, und Connor wartete auf eine Antwort. Er konnte ja nicht ahnen, was ihm bei ihr zu Hause blühen würde.
Sie hörte, dass er sich leise räusperte. „Ist das okay? Oder ist Ihnen mein Vorschlag unangenehm? Dann suchen wir eine andere Lösung. Vielleicht kennen Sie ein nettes Café?“
Konnte der Mann Gedanken lesen? Ihr wurde bewusst, wie lange sie geschwiegen hatte.
„Nein, nein, das passt hervorragend“, log sie, wobei sie nicht verhindern konnte, dass ihr erneut eine verräterische Röte den Hals emporkroch. „Aber es ginge erst abends ab 20 Uhr.“ Sie hoffte inständig, dass Jessie und Tobias um diese Uhrzeit bereits schlafen würden.
„Das passt mir gut“, Leary lächelte sie unbefangen an. „Dann habe ich bestimmt keinen Termin. Wenn Sie mir noch Ihre Adresse geben würden.“
Er suchte nach Stift und Papier, während sie ihm die Straße nannte. Emily stopfte fahrig ihren Kalender in die Tasche und stieß dabei auf die Kamera. Ein heißer Schreck durchfuhr sie. Sie hatte vergessen, ihn nach dem Foto zu fragen. Jetzt war es bestimmt zu spät, Leary darum zu bitten. Sein Blick auf die Uhr hatte deutlich gezeigt, dass er unter Zeitdruck stand und das Treffen beenden wollte. Sie beschloss, auf das Foto zu verzichten. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, ihn jetzt noch zu verärgern.
Doch auch dieses Mal war ihm Emilys kurzes Zögern offenbar nicht entgangen.
„Ist noch irgendetwas unklar?“, er taxierte sie interessiert.
„Unklar nicht“, Emily stockte kurz.
„Aber?“ Er stand so dicht vor ihr, dass sie den frischen Duft seines Aftershaves wahrnehmen konnte, das sie an Zedernholz, Moos und einen Hauch Bitterorange erinnerte. Emily schluckte nervös. Dann gab sie sich einen Ruck. „Es ist mir extrem unangenehm, aber ich sollte Sie noch um eine Aufnahme bitten.“ Sie deutete auf die Spiegelreflexkamera, die schwer in ihrer Hand wog. „Vorhin habe ich das völlig vergessen, und jetzt haben Sie offensichtlich keine Zeit mehr, nicht wahr?“
Sie erwartete, dass er ablehnen würde, doch zu ihrer Überraschung hob er nur die Hände, um sich zu ergeben. „Ich vermute, ich habe keine Chance bei so viel weiblichem Charme“, kapitulierte er. „Dann machen wir halt schnell ein Foto, wenn Sie dann glücklich sind.“ Seine Mundwinkel zuckten verdächtig, als er Emilys bangen Blick sah. „Wo soll ich mich denn postieren?“, er schaute sich suchend um. Emily begutachtete die Suite. Dieses vornehme Ambiente passte nun wirklich gar nicht zu seiner saloppen Erscheinung.
„Wollen wir auf die Dachterrasse gehen? Dort gibt es besseres Licht und einen interessanteren Hintergrund“, schlug sie vor.
„Meinetwegen. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich ein Shooting vermeiden“, gestand er. „Es war gestern recht spät und der Jetlag sorgt auch nicht für optische Frische. Ich wirke vielleicht ein bisschen abgewrackt. Passend zu meinem Seelenzustand vermutlich.“ Er schaute kritisch an sich hinunter. „Vielleicht sollte ich das T-Shirt gegen ein anderes Oberteil tauschen, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Was meinen Sie? Leo lyncht mich, wenn ich mich so ablichten lasse.“
Emily betrachtete ihn prüfend. „Soll ich ehrlich oder lieber taktvoll sein?“
Connor grinste breit. „Ich habe schon verstanden.“ Er zog sich sein T-Shirt über den Kopf, warf es achtlos aufs Sofa und stand mit bloßem Oberkörper im Raum. Emily blickte unruhig umher. Ihr war die Situation unangenehm. Corinne, ja, Corinne hätte ihre Freude daran gehabt, seinen muskulösen, durchtrainierten Körper zu betrachten, der auf unzählige Stunden im Gym schließen ließ. Aber sie machte ein halb nackter, fremder Mann in ihrer Nähe verlegen. Glücklicherweise schien er Emilys Nervosität nicht zu bemerken. Unbefangen schlenderte er zu seinem Schrank im angrenzenden Schlafzimmer und kramte nach einem passenden Kleidungsstück. Diverse Hemden landeten auf dem Bett, ehe er zufrieden aufstöhnte. „Das müsste gehen?“ Connor zog einen leichten, schwarzen Pulli heraus und streifte ihn über.
„Besser?“ Er warf ihr einen fragenden Blick zu.
„Viel besser.“ Sie nickte zustimmend. „Dann können wir jetzt anfangen, wenn Sie fertig sind.“
Emily betrat die Terrasse und stieß einen entzückten Laut aus.
„Ist das schön hier!“ Bewundernd genoss sie die Aussicht über Düsseldorf. Sie spürte, wie Leary sich neben sie an die Brüstung lehnte und ihren Blicken folgte.
„Sie lieben Ihre Stadt, nicht wahr?“
„Ja“, Emily nickte, „ich lebe gerne hier. Ich habe nie das Bedürfnis verspürt, irgendwo anders zu sein. Können Sie das verstehen?“
„Ich muss gestehen, nicht wirklich. Mich hat es immer in die Ferne getrieben. Zwar brauche ich einen Ort, an den ich zurückkehren kann, um zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken, aber nach einer Weile verspüre ich den Drang, wieder aufzubrechen.“
„Sie haben sicher bereits sehr viele faszinierende Städte gesehen?“ Sie wandte sich ihm zu.
„Düsseldorf erscheint Ihnen vermutlich provinziell dagegen?“
Verneinend schüttelte Connor den Kopf. „Wie könnte ich mir ein Urteil erlauben, wenn ich noch nichts von dieser Stadt gesehen habe – außer dem Flughafen und diesem Hotelzimmer?“ Er rieb sich nachdenklich die Nase. „Vielleicht finde ich Zeit, Ihre Stadt zu erkunden, dann werde ich Ihnen sagen, was ich denke.“ Er grinste sie an. „Apropos Zeit“, erneut blickte er auf die Uhr. „Es ist schon spät, wir sollten schnell mit dem Fotografieren beginnen, meinen Sie nicht auch?“
„Aber ja“, Emily nickte verwirrt. Sie hatte bei ihrer Unterhaltung völlig vergessen, dass dies ein Arbeitstermin war. Zu selbstverständlich schien ihr mittlerweile seine Nähe zu sein.
Suchend schaute sie sich nach einem geeigneten Platz für die Aufnahmen um. Connor Leary mit den Dächern von Düsseldorf im Hintergrund. Es würde ein großartiges Fotomotiv sein. Emily war in ihrem Element und dirigierte ihn in die richtige Position. Sie warf einen Blick durchs Objektiv.
„So wäre es gut, glaube ich.“
„Okay“, Connor lehnte sich lässig gegen die Brüstung und lächelte routiniert in die Kamera. Er war augenblicklich der Mann, den die Frauen auf der Leinwand so liebten. Emily hatte er zuvor jedoch besser gefallen, allerdings wusste sie selbst nicht, warum. Schnell drückte sie auf den Auslöser und machte eine ganze Reihe von Aufnahmen – sicherheitshalber. Sie war keine geübte Fotografin, und ihr war klar, dass unter diesen Bedingungen ein künstlerisch wertvolles Foto eher unwahrscheinlich sein würde. Aber was ihr an Professionalität fehlte, glich Connor souverän aus. Er wusste genau, wie er sich perfekt vor der Linse bewegen musste. Schließlich ließ Emily die Kamera sinken. „Alles in Ordnung, wir sind fertig, denke ich.“
„Sind Sie ganz sicher?“ Leary schlenderte zu ihr hinüber, bis er unmittelbar vor ihr stand.
„Er hat goldene Pünktchen auf der Iris“, schoss es Emily durch den Kopf. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Es erinnerte sie an Galaxie-Explosionen, in deren überwältigendem Anblick man sich verlieren konnte. Fasziniert starrte sie ihn an und vergaß für einen kurzen Moment, wo sie sich befand.
„Dann sind jetzt ja alle Wünsche erfüllt, nehme ich an?“, seine Worte holten sie zurück in die Wirklichkeit.
„Ja, danke“, hauchte Emily, während sie bemüht war, sich von diesen Augen loszureißen. Leise räusperte sie sich, ehe sie auf das Display der Kamera wies. „Möchten Sie einen Blick auf die Bilder werfen?“
„Nicht nötig, ich bin diesbezüglich relativ relaxed.“ Er grinste und nahm sachte ihren Arm. „Es tut mir sehr leid, aber ich muss Sie jetzt wirklich verabschieden. Der nächste Termin wartet nämlich bereits auf mich. Ich habe die große Freude, mit meinem Manager meinen Auftritt in der Samstagabendshow zu besprechen.“ Er warf einen genervten Blick auf sein iPhone. „Wie es scheint, hat Leo schon mehrmals versucht, mich anzurufen. Vermutlich befürchtet er, dass ich Sie mit Haut und Haaren verspeist habe.“ Offensichtlich schien ihn diese Vorstellung zu erheitern. Er reichte ihr die Hand. „Wir sehen uns dann am Sonntagabend bei Ihnen. Ich freue mich. Sehr sogar.“
Leise schnappte die Tür seiner Suite hinter Emily ins Schloss. Einen Moment verharrte sie, ehe sie sich langsam in Bewegung setzte. Sie war wie in Trance. Der Termin war ganz anders verlaufen als erwartet. Sie würde Connor Leary wiedersehen! Entgegen aller Vernunft klopfte ihr Herz bei dieser Vorstellung heftig. Beinahe hätte Emily vergessen, den Fahrstuhl im Erdgeschoss zu verlassen, derart versunken war sie in ihre Gedanken. Was für eine absurde Situation! Sie kam sich vor wie ein schmachtender Teenie beim Auftritt einer Boygroup. Auf keinen Fall durfte sie derart pubertäre Gefühle zulassen. Und doch hatte sie eine ganz spezielle Verbindung zu diesem Mann gespürt, dem sie heute zum ersten Mal begegnet war. Emily schüttelte unwillig den Kopf, um sich von ihren Empfindungen zu befreien. Eilig verließ sie das Hotel durch die gigantische Drehtür und war erleichtert, frische Luft einatmen zu können. Ihre aufgewühlten Gefühle irritierten sie. Seit Toms Tod hatten andere Männer sie nicht mehr interessiert. Sie war emotional mit ihm gestorben. Und nun brachte ausgerechnet ein Filmstar sie derart aus der Fassung – unglaublich! Als sie in ihren Käfer stieg, hatte Emily sich soweit beruhigt, dass sie über sich selbst schmunzeln konnte. Jetzt ab in die Redaktion. Sie musste Corinne Bericht erstatten. Die würde staunen!
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Auch Connor war überrascht von dem ungewöhnlichen Treffen, das ganz anders verlaufen war als jedes andere Interview, das er bislang gegeben hatte. Noch immer war er sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Einerseits ärgerte er sich, dass er sich geschickt von dieser Journalistin hatte einwickeln lassen, andererseits war es ihm in ihrer Gesellschaft erstmals seit langer Zeit gelungen, sich nicht völlig zu verschließen. Sie war ihm wie eine Freundin erschienen. Dabei hatte sie, das war ihm schmerzlich bewusst, nur ihren Job gemacht – den allerdings verdammt gut. Er fragte sich, warum Emily ihm ein zweites Treffen vorgeschlagen hatte? Sie hätte den Entwurf problemlos mailen und freigeben lassen können. Eigentlich gab es nichts mehr zu besprechen. Seiner Meinung nach hatte sie genug Informationen von ihm erhalten. Vielleicht war es ihm wieder einmal nicht gelungen, seine Skepsis der Presse gegenüber zu verbergen und sie wollte ihn in Sicherheit wiegen? Ob das Interview tatsächlich eine so große Bedeutung für sie hatte? Er war sich sicher, dass die Chefredaktion der Francine keine Anfängerin zu ihm geschickt hatte. Andererseits – besonders routiniert hatte sie wirklich nicht auf ihn gewirkt.
Connor ließ die vergangene Stunde gedanklich Revue passieren. Auf eine seltsame Weise, die er sich nicht erklären konnte, fühlte er sich zu Emily Simon hingezogen. Am Sonntagabend würde er sie also in ihrer Wohnung besuchen, fernab vom steifen Ambiente des Hotels und Leo Holmes‘ wachsamen Augen. Er grinste zufrieden. Endlich hatte er die Gelegenheit, zumindest für einen Abend ein bisschen Normalität zu erleben. Auch wenn sein unstetes Leben für ihn wie eine Droge war, die er immer wieder aufs Neue brauchte, sehnte er sich ab und an nach einem ruhigen Zuhause, in dem jemand auf ihn wartete. Wie früher, als Hannah und er noch ein Paar gewesen waren. Lange bevor sie sich entfremdet und schließlich getrennt hatten. Connor versuchte, die unliebsamen Gedanken zu verdrängen. Vorbei war vorbei! Er musste von vorne anfangen. Am besten gleich heute, das war ihm nach dem Gespräch mit Emily Simon bewusst geworden. Aus einem ihm unerklärlichen Grund freute er sich sogar darauf, sie wiederzusehen. Er trat ans Fenster und blickte hinaus über die Dächer der Stadt, als es erneut klopfte. Ob sie etwas vergessen hatte? Zerstreut genug schien sie jedenfalls zu sein. Aber es war lediglich Holmes, der wieder einmal ungefragt eintrat.
„Und? Ist alles planmäßig verlaufen?“, mit prüfendem Blick taxierte er Connor, als könne er an dessen Mimik ablesen, ob das befürchtete Fiasko eingetreten oder ausgeblieben sei.
„Ja sicher, du kannst völlig beruhigt sein. Es war okay.“
„Wirklich?“ Holmes entging nicht, dass Leary in sich gekehrt wirkte. „‚Okay‘ ist eine ziemlich nichtssagende Formulierung.“
Connor seufzte genervt.
„Du kannst mir glauben, Leo, es ist alles glattgelaufen.“
„Schön, dann hast du jetzt sicherlich Zeit und Lust, mit mir deinen Auftritt in der Abendshow morgen durchzusprechen.“
Connor zuckte gleichgültig die Achseln. „Lust eher weniger, aber wenn es unbedingt sein muss, stehe ich zur Verfügung.“
„In der Tat, es muss sein“, versicherte Holmes unbeirrt.
„Na schön, dann leg los.“ Connor gab sich geschlagen und ließ sich auf das riesige Sofa fallen. Holmes ging ihm in letzter Zeit immer öfter mit seinem fordernden Eifer auf die Nerven. Aber Connor wusste, dass er seine Pflichten erfüllen musste. Und dazu gehörte nun einmal die Besprechung des morgigen Auftritts. Nur am Sonntagabend würde er sich auf keinen noch so dringenden Termin einlassen. Dieser Abend gehörte ausschließlich einer reizenden Journalistin mit grünen Augen.