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3. Beppo, der Clown

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Frau Wilbert ließ ihre Tochter gewähren und verlangte auch keine Erklärung für die verschmutzten Sachen, was ihr gar nicht ähnlichsah.

Als Tarja hörte, wie ihr Vater nach Hause kam und sie zum Essen gerufen wurde, blieb sie auf dem Bett liegen. Wieder und wieder schaute sie sich die Fotos an, die sie mit ihrem Smartphone von Pluto gemacht hatte. Danach die Aufnahmen in ihrem Fotoalbum, das sie von vorn nach hinten durchblätterte. Dann noch einmal, diesmal von hinten nach vorn. Manche Bilder – wie das, als Pluto quer über ihrem Bauch liegend eingedöst war, während sie selbst schlief – brachten sie zum Lächeln. Dann fiel ihr ein, dass es keine weiteren Fotos geben würde, und erneut rannen Tränen über ihre Wangen.

Es klopfte.

»Herein«, sagte Tarja trübsinnig.

Papa steckte den Kopf durch den Spalt. »Darf ich?«

Tarja nickte stumm. Er setzte sich zu ihr aufs Bett und räusperte sich.

»Es tut mir sehr leid, dass der Tierarzt Pluto nicht helfen konnte«, sagte er schließlich.

»Wenn ihr früher hingegangen wärt …«, begann Tarja, aber Papa schüttelte müde den Kopf.

»Ach, Tarja.« Ihr Vater seufzte. »Ein paar Tage hätten keinen Unterschied gemacht. Mama sagt, der Arzt war erstaunt, dass Pluto nicht viel früher Symptome gezeigt hat. Es ging einfach zu schnell. Niemand trägt Schuld daran. So schwer es uns fällt – wir müssen uns damit abfinden und uns mit dem Gedanken trösten, dass er sich nicht lange quälen musste und vorher ein richtig schönes Leben hatte. Immerhin ist er fünfzehn Jahre alt geworden. Das ist kein schlechtes Alter für eine Katze.«

»Wirklich alt aber auch nicht«, rief Tarja. »Und ich finde es unfair, dass Mama allein bestimmt hat, was gemacht wird.«

Clemens Wilbert legte einen Arm um seine Tochter. »Mama und ich haben Pluto doch auch gerngehabt. Und Mama wollte uns zusätzlichen Kummer ersparen.« Er seufzte erneut. »Ehrlich gesagt bin ich ganz froh darüber. Ich weiß genau, wie das ist, ein Haustier zu verlieren.«

»Ja?« Tarja schluckte die Tränen hinunter.

»Als Kind hatte ich einen Hund. Da war ich ein bisschen älter als du, dreizehn oder vierzehn. Eigentlich gehörte er Oma Petra und Opa Gregor, aber das spielt keine Rolle. Er war ein Collie und sah fast aus wie Lassie, hieß aber Beppo.«

»Beppo, der Clown.« Gegen ihren Willen musste Tarja grinsen. Sie erinnerte sich an eine Zeichnung von Clown Beppo in einem ihrer alten Kinderbücher, und prompt stellte sie sich einen Collie mit roter Pappnase vor.

»Stimmt, ein Clown war er. Wir hatten viel Spaß miteinander. Ganze Wochenenden haben wir im Wald hinter dem Haus verbracht. Bis er von einem Fuchs gebissen wurde.« Papa verzog das Gesicht. »Tollwut. Der Fuchs war infiziert. Beppo ist gerade mal sechs geworden. Der Veterinärdienst kam und erschoss ihn auf unserem Hof. Dort, wo Opa ihn angeleint hatte. Anders wären sie nicht an ihn rangekommen, zu gefährlich. Ich habe es vom Fenster aus beobachtet. Das Bild hatte ich noch jahrelang im Kopf.« Er tippte sich an die Schläfe. »Ich konnte von Glück sagen, mich nicht bei Beppo angesteckt zu haben. Oder jemand anderes aus der Familie. Wir mussten alle vorsorglich geimpft werden, sogar mehrfach. Ich kann deine Trauer also gut nachvollziehen. Aber wenn du es hättest mit ansehen müssen, wäre es noch schmerzhafter gewesen. Es braucht Zeit, aber nach und nach vergeht das Gefühl.«

»Ist gut, Papa«, sagte Tarja, aber nichts war gut. Im Augenblick gab es keinen Trost für sie. »Ich möchte jetzt schlafen.«

Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Gute Nacht, Tarja. Schlaf die Traurigkeit weg. Morgen sieht die Welt schon ein klein wenig besser aus.«


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