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3.3.3 Unterrichtsgestaltung und Methoden

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Eine mitteilungsbezogene, kommunikative Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts sowie eine hohe mündliche Orientierung werden von den Lernenden positiv bewertet (vgl. Bittner 2003:348). Die Probanden in der Studie von Kallenbach (1996:185) gaben jedoch an, mehr idiomatische Ausdrücke und Redewendungen sowie Füllwörter, die auf authentische Kommunikationssituationen im Ausland vorbereiten, zu vermissen. Wird das freie Sprechen im Unterricht zu wenig oder nicht hinreichend gefördert, sinkt das Interesse der SchülerInnen am Französischunterricht (vgl. Düwell 1979:105). Umso alarmierender sind insofern die Ergebnisse von Bittner über die anhaltende Vernachlässigung der Mündlichkeit in der Unterrichtspraxis. So gab mehr als ein Drittel der befragten SchülerInnen an, dass Diskussionen und freies Sprechen seltener als einmal in der Woche Unterrichtsgegenstand seien (vgl. Bittner 2003:348). Vieles deutet also darauf hin, dass die in der DESI-Videostudie von Klieme et al. (2006) belegten geringen Sprechzeiten der Lernenden im Englischunterricht1 auch für den Unterricht der zweiten Fremdsprachen anzunehmen sind. Damit wird der Unterricht dem Wunsch der Lernenden nach mehr Aktivitäten zur Förderung des Sprechens nicht gerecht:

Mehrere der älteren Schülerinnen und Schüler bemängelten, dass Sprachspielerisches, szenisches Spiel, und Rollenspiele zu wenig Raum fänden. Ihnen würden zu selten anreizstarke Sprechimpulse und Gelegenheiten zum Sprechenüben in der Zielsprache geboten, hieß es sinngemäß. Die Siebt- und Achtklässler forderten ‚endlich sprechen zu lernen‘. (Sambanis 2009:10)

Mehr als zwanzig Jahre nach Erscheinen der Arbeit von Düwell scheint sich in Bezug auf die Mündlichkeit insofern wenig geändert zu haben. Möglicherweise wird diese Vernachlässigung in der Sekundarstufe II jedoch ein Stück weit aufgehoben, zieht man die Studie von Beckmann hinzu. Hier gaben die OberstufenschülerInnen an, dass die wahrgenommene Priorität im Fremdsprachenunterricht beim Sprechen und Schreiben liege. Dies entspricht zumindest in Teilen den Wünschen der Lernenden, deren bevorzugte Kompetenzbereiche im Bereich des Sprechens und Hörverstehens liegen (vgl. Beckmann 2016:316). Nach Aussagen der SchülerInnen bildet das Hörverstehen den Kompetenzbereich, der im Fremdsprachenunterricht am wenigsten Berücksichtigung findet (vgl. ebd.: 238ff.).

Die Vernachlässigung der Mündlichkeit im Französischunterricht geschieht häufig zugunsten von Grammatikvermittlung (vgl. Bleyhl 1999:252ff.; Reinfried & Kosch 2003:24; Küster 2007:215), wobei diese bei SchülerInnen eher unbeliebt ist (vgl. Piepho 1976:123; Düwell 1979:105; Kallenbach 1996:198). Die Dominanz der Grammatikarbeit im erlebten Unterricht steht der Relevanz, die SchülerInnen diesem Lerngegenstand zuordnen, diametral gegenüber (vgl. Küster 2007:220). Ein Drittel der Lernenden, die das Fach Französisch abwählen, weil sie es als zu schwer empfinden, führen dies auf Schwierigkeiten im grammatischen Bereich zurück (vgl. Bittner 2003:349f.). Auch in der Studie von Freudenstein wirkt sich ein zu hoher Stellenwert von Grammatik im Unterricht negativ auf die Motivation zum Weiterlernen aus (vgl. Freudenstein 1997:104). Dabei ist den SchülerInnen bewusst, dass aufgrund der Progression im Bereich Grammatik schnell Wissenslücken entstehen und Zusammenhänge verloren gehen können (vgl. Kallenbach 1996:199). Ein anderes Bild zeigt sich hingegen für den Bereich des Wortschatzlernens. Während sich zu viel Grammatik im Fremdsprachenunterricht negativ auf das Wahlverhalten auszuwirken scheint, gilt für Wortschatzarbeit eher das Gegenteil. Findet diese im Unterricht eine große Berücksichtigung, zeigen sich positive Effekte auf die Bereitschaft, die Fremdsprache fortzuführen (vgl. Bittner 2003:345).

Eine monotone, stereotype Unterrichtsgestaltung, d.h. immer wiederkehrende Abläufe und Methoden im Fremdsprachenunterricht sind wesentliche Aspekte, die von SchülerInnen beklagt werden (vgl. Fichten 1993:130f.; Kallenbach 1996:180). Hier decken sich also die Ergebnisse mit denen der zuvor beschriebenen fächerunabhängigen Studien. Monotonie in der Methode wird – neben nicht ansprechenden Themen – als häufigste Ursache für sinkendes Interesse und fehlende Motivation im Französischunterricht angegeben (vgl. Düwell 1979:100), sodass der Französischunterricht am Ende der Sekundarstufe I zahlreiche Lernende verliert. Doch scheint dies insbesondere für den Französischunterricht zu gelten, denn SchülerInnen nehmen in Bezug auf die methodische Gestaltung auch Unterschiede zwischen den zu erlernenden Fremdsprachen wahr. Für das Fach Spanisch als dritte Fremdsprache wird die höhere Lernökonomie und ‑effizienz bei der Unterrichtsgestaltung sehr positiv bewertet. Der Unterricht folge einer schnelleren Progression, sei systematischer und das Vorwissen der Lernenden werde viel stärker mit in den Unterricht einbezogen (vgl. Kallenbach 1996:222f.). Mehr als die Hälfte der befragten Zehntklässler (53 %) bevorzugen Englisch gegenüber dem Französischunterricht und begründen ihre Entscheidung neben dem eigenen fortgeschrittenen Lernniveau und den interessanteren Themen damit, dass er methodisch besser und abwechslungsreicher sei und man eher folgen könne (vgl. Düwell 1979:145).

Doch wenngleich der Englischunterricht in der Wahrnehmung der Lernenden häufig positiver abschneidet als das Fach Französisch, scheinen auch hier aktivierende Methoden eines kommunikations- und handlungsorientierten Fremdsprachenunterrichts vernachlässigt zu werden. So deckt sich die Unterrichtswahrnehmung der Lernenden weitgehend mit den Unterrichtsbeobachtungen und ‑analysen von Zydatis:

In den meisten Gymnasialklassen zeichnet sich der Englischunterricht über große Strecken der Unterrichtszeit durch ein erhebliches Maß an Variationsarmut aus. Der Unterrichtsalltag wird im Wesentlichen vom Skript des lehrergesteuerten, „erarbeitenden“ Unterrichtsgesprächs (nach dem kleinschrittigen „PING-PONG“-Modell der Lehrer/Schüler-Interaktion) oder vom ebenfalls lehrergeleiteten Skript der „gelenkten“ induktiven Regelfindung einer stark formgebundenen Grammatikarbeit geprägt (nach dem Dreischritt: Präsentation von Beispielsätzen, Erarbeitung einer Regel, Einüben der Struktur). In beiden Vorgehensweisen dominieren im Prinzip der anfängliche Frontalunterricht und eine sich daran anschließende Einzel- oder Stillarbeit. (Zydatis 2007:392f.)

Als besonders eintönig beurteilen die Lernenden im Fremdsprachenunterricht Lehrbucharbeit und grammatische Übungen, die als stupide und nervig empfunden werden (vgl. Kallenbach 1996:185). In der Studie von Küster (2007:216) stimmen weniger als 5 % der Befragten der Aussage, das Lehrwerk wirke modern und ansprechend, völlig zu. Nur 9 % bewerten die Übungen im Lehrwerk als vielfältig. Dies bestätigt auch die Pilotstudie von Börner (2000) an der Uni Hamburg, bei denen Fremdsprachenstudierenden zwei bzw. drei Aufgaben in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch und Spanisch zur Bearbeitung vorgelegt wurden. Diese zeigt hinsichtlich der Lösungshaltung, dass Grammatikaufgaben formal, schematisch und mechanisch gelöst und als nicht sehr lernförderlich empfunden werden: „Zweifellos gehen viele Lerner in hohem Maße strategisch an das Üben heran, aber es sind Strategien des formalen Lösens, weniger des inhaltlichen Verarbeitens oder des Verstehens grammatischer Regularitäten.“ (Börner 2000:335) Angestrebt wird folglich nicht Verarbeitungstiefe, sondern Verarbeitungsökonomie (vgl. ebd.: 334). Vor diesem Hintergrund überrascht auch nicht, dass SchülerInnen sprachenübergreifend und unabhängig von ihrer Einstellung gegenüber dem Fremdsprachenlernen mehr kognitivierende Unterrichtsverfahren, d.h. eine stärkere Bewusstmachung sprachlicher Strukturen sowie regelmäßiges und strukturiertes Üben vermissen (vgl. Hermann-Brennecke & Candelier 1993:243f.).

Fremdsprachenunterricht aus Schülersicht

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