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Die verschiedenen Arten von PCOS

Jedes PCO-Syndrom ist anders. In der Schulmedizin gibt es jedoch nur diesen einen Begriff. Als ich erfuhr, dass ich eigentlich nicht in das »typische Muster« von PCOS reinpasse, überlegte ich, warum ich es dann überhaupt habe. Gehen wir nach den typischen Begleiterscheinungen, müsste jede Frau mit PCOS an einer Insulinresistenz und Übergewicht leiden. Ich war jedoch mein Leben lang immer eher untergewichtig, sehr schmal, aber gesund. Eine Insulinresistenz hatte ich auch nicht. Wieso habe ich dann also das PCO-Syndrom entwickelt?

Jedes PCOS ist anders.

Bei meiner Recherche stellte ich fest, dass es tatsächlich verschiedene Formen von PCOS gibt.9 In meiner Arbeit als Gesundheitscoach bestätigt sich das. Dementsprechend gibt es unterschiedliche Aspekte, die priorisiert werden müssen, und es ist wichtig, die verschiedenen Arten des PCO-Syndroms zu betrachten. Das kann uns einen wichtigen Einblick geben, warum unser Körper PCOS entwickeln konnte, und wir können unseren Lebens- und Ernährungsstil besser anpassen.

Je nach Quelle unterscheidet man unterschiedlich viele Typen von PCOS. Ich möchte dir die vier wesentlichen Typen vorstellen, wobei es durchaus Mischformen geben kann.

Typ 1: PCOS mit Insulinresistenz

Dies ist der »Standardtyp«. Die Mehrzahl der PCOS-Patientinnen (rund 70 Prozent) sollen in diese Kategorie fallen10 und die Verbindung zum bereits genannten Metabolischen Syndrom ist hier besonders groß. Da eine Insulinresistenz beim PCO-Syndrom so häufig vorkommt, sollte nach der PCOS-Diagnose immer ein Insulintest beim Endokrinologen oder Diabetologen gemacht werden. Sollte dies nicht vom Arzt aus passieren, frage danach.

Oft werden aus dem Blutbild die Werte von Blutzucker und Insulin genommen und in ein bestimmtes Verhältnis gesetzt (HOMA-Index). Das kann einen ersten Hinweis darauf geben, ob eine Insulinresistenz vorliegen könnte. Jedoch fallen hier nicht so eindeutige Blutwerte unters Radar. Am aussagekräftigsten ist ein oraler Glukosetoleranztest: Hierbei werden Blutzucker und Insulin jeweils am Morgen nüchtern und zwei Stunden nach dem Trinken einer Zuckerlösung gemessen. Das gibt eine eindeutige Aussage darüber, wie gut dein Körper auf Glukose reagiert und ob sie schnell abgebaut wird. Bei dieser Variante des Insulintests kann man auch eher sehen, ob du vielleicht noch keine Insulinresistenz hast, aber hart an der Grenze bzw. im oberen Spektrum des Referenzbereiches bist. Das kann ebenfalls wichtig sein.

Es ist wahrscheinlicher, dass PCOS-Typ 1 übergewichtig ist, aber auch normalgewichtige Frauen können eine Insulinresistenz aufweisen. Sie kann zur Gewichtszunahme führen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes steigern. Daher ist es so wichtig, dass eine Insulinresistenz abgeklärt wird. Im Fall von PCOS kann ein erhöhter Insulinwert im Blut das Signal an die Ovarien sein, vermehrt Testosteron (anstatt Östrogen) zu produzieren. Außerdem soll Insulin die Hirnanhangdrüse veranlassen mehr LH auszuschütten,11 was wiederum einen Androgenausstoß stimulieren soll.

Die Sache mit dem Gewicht

Normalgewicht bedeutet nicht, dass eine Insulinresistenz oder -sensibilität ausgeschlossen werden kann. Häufig lehnen Ärzte einen Test auf Insulinresistenz aus diesem Grund ab, weil man »nicht ins typische Muster« fallen würde. Aber auch die Zellen normalgewichtiger Frauen können weniger sensibel auf Insulin reagieren. Frage gezielt nach diesem Test, damit eine Insulinresistenz ganz sicher ausgeschlossen werden kann.

Frauen, die an diesem PCOS-Typ leiden, werden vermehrt auf Kohlenhydrate (besonders raffinierten Zucker) achten müssen und können sehr stark von einer Ernährungsumstellung profitieren. Andere Ursachen für das PCOS sollten aber nicht ausgeschlossen werden. Der ganze Körper ist vernetzt, und es ist nachgewiesen, dass auch dieser Typ ein erhöhtes Stresslevel aufweist und von Stressminderung profitiert. Auch sollen Rauchen, Schlafmangel, Alkohol, ein Magnesiummangel und Umweltgifte eine Insulinresistenz begünstigen.

Typ 2: PCOS aufgrund stiller Entzündungen

Für gewöhnlich sieht und merkt man eine Entzündung. Der Körper reagiert auf schädliche Reize mit Rötung, Schwellung, Schmerz und/oder Erhöhung der Temperatur im entzündeten Bereich. Es ist ein toller Schutzmechanismus des Immunsystems und notwendig, um zu heilen. Bei stillen Entzündungen (auch chronische Entzündungen genannt) merkt man fast gar nichts. Doch ist das Immunsystem dauerhaft aktiviert, schadet uns das. Es ist, als hätten wir eine akute Entzündung, nur ständig auf einem sehr niedrigen Niveau. So, als wären wir dauerhaft krank, aber nur ein bisschen. Es tut nicht wirklich weh, und wir können wie gehabt durchs Leben gehen, weil es uns nicht wirklich »umhaut«. Aus diesem Grund nimmt man die Ernsthaftigkeit kaum wahr, weil im Prinzip irgendwie alles »okay, aber auch nicht richtig gut« ist. Auf Dauer schaden diese stillen Entzündungen: Der Stoffwechsel läuft auf Sparflamme, Insulin- und Fettstoffwechsel können sich verändern, wir können ohne sichtbaren Grund zunehmen, hormonelle Dysbalancen werden gefördert und viele Volkskrankheiten begünstigt. Die Prozesse laufen aber nur im »subklinischen Bereich« ab und sind somit kaum nachweisbar.

Es gibt viele mögliche Ursachen für stille Entzündungen im Körper und damit die konstante Aktivierung des Immunsystems. Hier ein paar Beispiele:

• eine Ernährung mit viel Weißmehl und Zucker

• Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien

• ein Ungleichgewicht der Darmflora bis hin zum durchlässigen Darm (Leaky Gut)

• Umweltgifte, wie beispielsweise Pestizide

• Erkrankungen im Mund

Je mehr Auslöser zusammenwirken, desto mehr wird sich das im Körper auswirken, die Entzündungsneigung erhöhen und die natürliche Entgiftung stören.

Falls du PCOS und keine Insulinresistenz hast, könnte es sein, dass du in diese Kategorie von Typ 2 fällst. Es kommt aber sehr häufig vor, dass Frauen mit Insulinresistenz ebenfalls stille Entzündungen vorweisen. Hier kommt es zu Überschneidungen, weshalb der Ratschlag, bei Insulinresistenz auf Kohlenhydrate zu verzichten, meist nicht ausreicht und noch mehr Maßnahmen ergriffen werden sollten.

Eventuell hast du neben den typischen PCOS-Symptomen noch andere Beschwerden, die auf stille Entzündungen hinweisen könnten:

• Verdauungsprobleme

• Lebensmittelunverträglichkeiten

• Kopfschmerzen

• Hauterkrankungen (wie Ekzeme oder Schuppenflechte)

• Autoimmunerkrankungen (wie Hashimoto-Thyreoiditis)

• Gelenkschmerzen

Das muss aber nicht unbedingt der Fall sein bzw. nehmen wir diese Symptome manchmal kaum wahr oder stellen ihr Dasein nicht infrage.

Doch laut der Heilpraktikerin Lara Briden bringen Entzündungsprozesse unsere hormonelle Kommunikation durcheinander.12 So soll es Hormonrezeptoren blockieren und den Stoffwechsel von Östrogen negativ beeinflussen, sodass der Eisprung ausfällt und somit die Progesteronproduktion.

In den folgenden Kapiteln werde ich darauf eingehen, wie du diese stillen Entzündungsprozesse im Körper durch die Ernährung minimieren kannst. Häufig müssen Zucker, Milchprodukte und Weizen gemieden werden. Aber auch andere Lebensmittel können Probleme bereiten. Das ist meist sehr individuell. So sind es bei mir Zucker, Milch, Gluten, Eier, Tomate und ein paar Nusssorten. Wie du selbst und kostenfrei testen kannst, ob du auf bestimmte Lebensmittel reagierst, erkläre ich dir später.

Da stille Entzündungen recht häufig vorkommen, gehe ich in diesem Buch im Allgemeinen auf dieses Problem ein, indem ich dir zeige, was eine antientzündliche Ernährung bedeutet. Ein entzündungshemmender Lebensstil ist immer von Vorteil. Das bedeutet, dass Rauchen, Alkohol, zu viel ebenso wie zu wenig Bewegung, Schlafmangel und entzündungsfördernde Lebensmittel gemieden werden sollten.

Typ 3: Nebenniereninduziertes PCOS

Eine weitere Art von PCOS, die allerdings im Vergleich zu den anderen eher selten vorkommt, ist das nebenniereninduzierte PCO-Syndrom. Bei dieser Variante werden häufig erhöhte Werte von DHEA-Sulfat (DHEAS) gefunden, wobei andere Androgene, wie Testosteron und Androstendion, meist im normalen Bereich liegen. Wie du später genauer erfahren wirst, wird DHEAS zu 100 Prozent in den Nebennieren produziert. Wir müssen dabei wissen, dass auch bei anderen Frauen mit dem PCO-Syndrom das Hormon DHEAS erhöht sein kann, doch sind dann oft auch andere Androgene miterhöht.

Bei erhöhten DHEAS-Werten müssen vom Arzt auch immer andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, die dieses Hormon erhöhen könnten (beispielsweise erhöhtes Prolaktin oder nichtklassisches Adrenogenitales Syndrom).

Dieser PCOS-Typ muss unbedingt seinen Stresslevel senken – und das auf allen Ebenen, auf denen Stress entstehen kann. Ernährung ist ein Teilaspekt. Aus eigener Erfahrung als Coach kann ich behaupten, dass besonders dieser Typ häufig an einem Zuviel an Sport »leidet«. Nicht selten sind oder waren diese Frauen sehr sportlich unterwegs (Leichtathletik in der Jugend, Crossfit-Training oder High Intensity Interval Training an mehreren Tagen in der Woche). Besonders für diese Frauen ist der typische Ratschlag »Kohlenhydratverzicht beim PCO-Syndrom« fatal und kann sie noch mehr in Stress versetzen. Im Kapitel über Kohlenhydrate schreibe ich ausführlich darüber.

Typ 4: Post-Pill PCOS

Häufiger als gedacht kommt es zu vorschnellen PCOS-Diagnosen nach Absetzen der Antibabypille. Die Pille ist dafür bekannt, dass sie im Körper einiges durcheinanderbringen kann. Es gibt Pillen mit unterschiedlichen Hormonersatzstoffen und Zusammensetzungen. Manche wirken androgen, andere eher antiandrogen. Je nachdem, wie früh du mit der Pilleneinnahme begonnen, wie lange du sie insgesamt genommen und welche Art der Pille du eingenommen hast, kann die Auswirkung unterschiedlich ausfallen.

Jede Frau reagiert anders auf die Einnahme der Pille. Da die Pille die körpereigene Hormonproduktion unterbindet (im nächsten Abschnitt mehr dazu), kann dein Organismus nach dem Absetzen erst mal völlig überfordert sein. Wenn du die Pille für einen sehr langen Zeitraum genommen hast, hat dein Körper für genau diesen Zeitraum keine eigenen Geschlechtshormone hergestellt. Wenn du auch noch im jungen Alter mit der Pilleneinnahme begonnen hast (dreizehn oder vierzehn Jahre sind keine Seltenheit) hat sich dein Körper vermutlich in der Produktion der Geschlechtshormone nie richtig einstellen können. Beginnt man zum Beispiel mit der Einnahme der Pille, bevor sich die Gebärmutter richtig ausbilden konnte, hört sie während der Einnahme der Pille einfach auf zu wachsen. So kann es bei erwachsenen Frauen mit »präpubertären Uteri« kommen. Nach Absetzen der Pille wird das meist innerhalb von sechs bis zwölf Monaten »nachgeholt«, der Uterus wächst wieder und reift aus.13


Genauso kann es nach Absetzen der Pille durchaus sein, dass der Körper bzw. die Hormondrüsen – nach Jahren im Dornröschenschlaf – nicht genau wissen, was sie jetzt überhaupt machen sollen. Die Hormondrüsen haben oft Anlaufschwierigkeiten, um die richtigen Hormone in der adäquaten Menge zu produzieren. Das kann auch dazu führen, dass nach Absetzen der Pille vorübergehend die Androgene, also die männlichen Hormone, »überschießen« und den klinischen Normbereich übersteigen. Ebenso ist es absolut keine Seltenheit, dass aufgrund der Anlaufschwierigkeiten in der Hormonproduktion kein Eisprung stattfindet und somit keine oder eine sehr unregelmäßige Regelblutung. Das hat zur Folge, dass kleine, nicht entwickelte Eifollikel in den Eierstöcken zurückbleiben – die typischen »Zysten« des PCO-Syndroms. Dennoch muss es nicht zwangsläufig PCOS sein, sondern ein Zeichen, dass der Körper noch etwas durcheinander ist. Es ist ein vorübergehender Zustand nach Absetzen der Pille, der sich mit der Zeit wieder geben würde. Hier ist es wichtig, dass die Diagnose nicht zu vorschnell getroffen wird. Es kann durchaus sechs bis zwölf Monate dauern, bis sich die Hormone und die Periode normalisieren. Ich selbst hatte erst knapp zwei Jahre nach Absetzen der Pille wieder einen sehr regelmäßigen Zyklus.

Hier ist es wichtig, dem Körper etwas Zeit zu geben und ihn bei der Entgiftung der Hormonersatzstoffe zu unterstützen. Auch dafür ist mein Ernährungskonzept perfekt für dich. Da die Pille den Darm und die Leber negativ beeinflusst und sogar eine Insulinresistenz begünstigen soll,14 ist es wichtig, dass du deinen Körper mit der richtigen Ernährung unterstützt.

Wenn du allerdings bereits vor Einnahme der Pille PCOS diagnostiziert bekommen hast, trifft dieser Typ sehr wahrscheinlich nicht auf dich zu, und du findest dich in den vorigen Typen wieder. Allerdings ist auch diese Aussage schwierig, da viele so frühzeitig mit der Pilleneinnahme beginnen. Oft kann man sich dann nicht erinnern, wie der Zyklus vorher ablief, und es ist auch durchaus normal, dass der Zyklus zu Beginn der Pubertät verlängert und unregelmäßig ist – schließlich muss sich der Körper erst mal einfuchsen. In jedem Fall sollte die Diagnose nicht zu früh nach Absetzen der Pille fallen (und schon gar nicht während der Einnahme).

Fazit

Es gibt nicht »die eine Form« vom PCO-Syndrom. Unsere genetische Vorbelastung und unser Lebensstil fallen beide ins Gewicht, wenn es um die Frage der Entstehung vom Polyzystischen Ovarialsyndrom geht. Leider werden diese Faktoren selten von Ärzten angesprochen, und es wird vorschnell zur Einnahme von Hormonpräparaten wie der Antibabypille geraten. Oft wird den Frauen die Pille als alleinige Lösung angepriesen. Die Pille löst allerdings nicht die Hauptursachen, die wir hier angesprochen haben, sondern kaschiert lediglich die Symptome. Eine Heilung des Syndroms durch die Pille können wir nicht erwarten. Wir müssen das Problem an der Wurzel packen.

Leben mit dem PCO-Syndrom

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