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ÜBERTRAGUNG: ICH SEHE ÜBERALL MEINE ELTERN

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Wir kennen diese Szene aus Filmen: Er und sie liegen knutschend im Bett, es könnte sich Sex anbahnen und plötzlich funken die Eltern dazwischen. Die Angebetete sagt etwas und auf einmal verwandelt sie sich in seine Mutter, weil ihn die Formulierung oder der Tonfall unwillkürlich an Mama erinnert. Wenn so etwas passiert, sprechen wir in der Psychologie von Übertragung. »Alte« aus der Kindheit und Jugend stammende Gefühle und Erwartungen werden auf gegenwärtige Beziehungen übertragen. Wir empfinden Gefühle, die nichts mit der Gegenwart zu tun haben, und reagieren, als hätten wir Papa oder Mama vor uns. Unbewusst vollziehen wir einen Trugschluss: Sie gestikuliert wie Mutti, also wird sie sich auch so verhalten. Das Unbewusste verkoppelt assoziativ zwei Eindrücke, die nichts miteinander zu tun haben. Angenommen meine Kollegin fuchtelt mit dem Zeigefinger herum. Genau wie damals meine Mutter kurz vor der Standpauke. Mein Unbewusstes reagiert unmittelbar auf diese Geste: Ich werde klein und fühle mich abgewertet. Vielleicht gehe ich der Kollegin zukünftig aus dem Weg. Ich lebe dann mit ihr in einer Übertragungsbeziehung, die nichts mit realen Fakten zu tun hat. Ich hege für sie Gefühle, die eigentlich meiner Mutter gelten. Die Kollegin hat, wenn sie mit dem Zeigefinger gestikuliert, keinesfalls die Absicht, mich abzuwerten. Das kann ich aber nicht sehen, weil ich sie durch die Augen eines Kindes, das gleich von seiner Mutter ausgeschimpft wird, wahrnehme. Solche Übertragungen passieren oft. Wenn jemand spricht wie mein Vater, unterstelle ich ihm, dass er ihm auch sonst ähnelt. Dabei geschieht der anderen Person oft Unrecht.Vor allem wenn ich ihr durch die Übertragung keine Vorschusslorbeeren gebe, sondern sie skeptisch oder ängstlich beäuge. Kennst du das von dir? Dann probiere mit der nächsten Übung die Projektion aufzulösen.

ÜBUNG: ÜBERTRAGUNG ZURÜCKNEHMEN

Du beendest die Übertragung, indem du die Ähnlichkeit zwischen der Person und deiner Mutter beziehungsweise deinem Vater erkennst. Dann löst du die Elternübertragung auf. Du nimmst das Bildnis deiner Mutter oder deines Vaters wieder zu dir und vergegenwärtigst dir, dass der andere NICHT deine Mutter / dein Vater ist. Die Person wird dadurch von der Übertragung befreit.

 Schließe für einen Augenblick die Augen und überlege: Welches Merkmal der Person weckt die Erinnerung an einen Elternteil?

 Vielleicht stellst du fest, dass vor deinem inneren Auge dein Vater / deine Mutter und die aktuelle Person, zum Beispiel die Kollegin, übereinander liegen. Als wäre die Kollegin transparent und dahinter erschiene die Mutter. Dann lass bitte in der Vorstellung deine Kollegin aus dem Schatten deiner Mutter heraustreten. Ziehe beide Bilder auseinander.

 Sage der anderen Person in Gedanken: »Du erinnerst mich zwar an meine Mutter, aber du bist nicht meine Mutter. Du bist meine Kollegin und ein einzigartiger Mensch.«

Lass dich überraschen, wie du dich fühlst, wenn du ihn oder sie das nächste Mal triffst.

Finde die Liebe, die dir als Kind gefehlt hat

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