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3.2.3.4. Kolonialmissionen
ОглавлениеEin Phänomen des späten 19. Jahrhunderts waren die Kolonialmissionen. Wie den deutschen Kolonialbestrebungen insgesamt, so war auch den daran anknüpfenden Missionsgesellschaften kein allzu großer Erfolg beschieden. Mit ihr erlebte der Typus der herrschaftsnahen Missionsgesellschaft eine Renaissance, sie gerieten durch ihre enge Verbindung zur Politik geradezu zur Karikatur einer solchen.147
Alle Missionsgesellschaften kamen in den Kolonien in Berührung mit der kolonialen Obrigkeit und Gesellschaft sowie deren weit reichender Problematik, schon bevor das Deutsche Reich 1884 aktiv in die Kolonial-Politik eintrat.148 Die Mehrheit in den Missionsgesellschaften war hinsichtlich einer engeren Zusammenarbeit zwischen Mission und den Kolonialbehörden zurückhaltend, da die durch die koloniale Expansion ausgelösten Probleme wahrgenommen wurden. Der deutsche Kolonialismus war allerdings eine Realität, die man auch in Missionskreisen explizit auf die eine oder andere Weise zur Kenntnis nehmen musste. Eine aktive Minderheit sprach sich dafür aus, dass man die aus der Situation entstehenden Möglichkeiten nutzen sollte. 1887 wurde in Bayern die Evangelisch-lutherische Missionsgesellschaft für Ostafrika gegründet, die sich fünf Jahre später mit der Leipziger Mission vereinigte.
Die Deutsch-ostafrikanische Evangelische Missionsgesellschaft, gegründet 1886, war in den ersten Jahren eine Art Appendix der Deutsch-ostafrikanischen Kolonialgesellschaft. Die Ausrichtung der Missionsgesellschaft war in den ersten Jahren jedoch so diffus, dass nicht klar war, welche Ziele sie verfolgte.149 Erst als 1890 Friedrich von Bodelschwingh in das Führungsgremium der Gesellschaft eintrat, setzte eine neue Entwicklung ein. Er wandelte sie in eine diakonische Mission um und bewahrte sie so vor der Auflösung. Innere und äußere Mission gingen eine enge Verbindung ein. Diakone, Diakonissen und Theologen, in den Betheler Anstalten ausgebildet, standen für die Mission zur Verfügung. 1906 wurde der Sitz der Gesellschaft nach Bethel verlegt und 1920 der Name in Bethel-Mission geändert. Das Kapitel der deutschen Kolonialmission |63| war damit abgeschlossen.150 Das Modell der Kolonialmission als Teil des kolonialen Projektes musste als gescheitert angesehen werden.