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Wie Humor funktioniert

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Wissen Sie, dass ein Kind etwa 200-mal am Tag lacht, ein Erwachsener dagegen nur noch ungefähr 15-mal am Tag? Das ist doch traurig, oder? Dabei ist Lachen gesund – psychisch und physisch. Lachen, also die Reaktion auf eine humorvolle Aktion, heilt alte und neue Wunden und die Blessuren des Alltags. Vermeintliche Blamagen und Schwächen erscheinen in einem heiteren Licht. Der humorvolle Mensch ist sogar geneigt, sich selbst zu verzeihen. Wäre es da nicht schön, wenn wir alle nicht nur wieder mehr lachen, sondern auch unsere Mitmenschen zum Lachen bringen würden? Oder wenigstens zum Lächeln und Schmunzeln? Wenn wir nicht nur den Blick auf das Negative richten würden? Stellen Sie sich Abendnachrichten vor, die nur Positives berichten! Und eine tolerante Gesellschaft sieht lächelnd zu und nickt – ich weiß, das ist eine Vision. Aber ich gebe mir alle Mühe, sie wahr werden zu lassen. Sie müssen natürlich mitmachen!

Der Humor unterscheidet uns vom Tier. Das Lachen nicht. Wir teilen es mit einigen Menschenaffen. Probieren Sie es aus: Kitzeln Sie mal einen Orang-Utan oder einen Bonobo, beide werden ähnlich wie wir kichern. Der Delfin »Flipper« dagegen hat garantiert nicht gelacht. Erstens hatten er und seine Leidensgenossen viel zu viel Stress bei den Dreharbeiten. Und zweitens können Delfine gar nicht lachen. Sie sehen nur so aus.

Lachen wirkt befreiend und deeskalierend. Wer lacht, streitet nicht und führt keine Kriege. Lachen ist ansteckend. Und gemeinsames Lachen schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Daran sind die Spiegelneuronen in unserem Gehirn schuld. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir mit anderen Menschen mitfühlen, mittrauern und mitlachen.

Lachen macht glücklich, denn beim Lachen werden Glückshormone ausgeschüttet. Genau genommen macht Lachen nicht nur glücklich, sondern auch noch schlank. Denn während Sie lachen, essen Sie nichts (das geht ja nicht gleichzeitig), aber Sie verbrauchen Kalorien. Je mehr und je heftiger Sie lachen, desto mehr Kalorien verbrauchen Sie. Und Sie sind dabei auch noch glücklich. Zeigen Sie mir mal die Diät, bei der das klappt!

Wie aber funktioniert nun Humor tatsächlich? Wir wissen natürlich alle, dass es unterschiedliche Arten von Humor gibt. Es gibt den Humor Aristophanes’, eines altgriechischen wunderbaren Komödienschreibers. Es gibt den Humor Molières, Shakespeares, Arthur Schnitzlers, Erich Kästners, Kurt Tucholskys. Es gibt Heinz Erhardt und Loriot, Dieter Hildebrandt, Bastian Pastewka, Kaya Yanar, Dieter Nuhr, Bülent Ceylan und Florian Schröder, Oliver Pocher, Mario Barth, Volker Pispers, Georg Schramm, Barbara Schöneberger, Anke Engelke und Oliver Pocher, Mario Barth, Ingo Appelt und Cindy von Marzahn. Dieter Bohlen hat ebenfalls Humor (behauptet er). Diese Auswahl hat (fast) nichts mit meinen Vorlieben oder Abneigungen zu tun. Sie ist natürlich auch nicht vollständig. Es geht darum, die Unterschiede deutlich zu machen. Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt, wie bei allen Dingen in der Welt, auch beim Humor zwei Seiten. Die dunkle Seite ist höhnisch, spöttisch, sarkastisch und zynisch. Wir alle sind vermutlich schon einmal Opfer einer solchen Attacke geworden. Das kann sehr schmerzhaft sein. Und das ist auch der Sinn und Zweck. Diese Form des Humors ist bewertend, denunzierend, trennend, negativ. Sie ist für mein Anliegen, für die wertschätzende Kommunikation, komplett ungeeignet. Ich mag den denunzierenden Humor einiger Comedians, der immer mehr in Mode zu kommen scheint, überhaupt nicht.

Die helle Seite des Humors kann als Anekdote erscheinen, als Satire, als Parodie, als Sketch oder Witz, ironisch oder einfach als sympathisch-scherzender Small Talk. Diese Art des Humors ist befreiend, konfliktlösend, sozial, bewusstseinserweiternd und entspannend. Sie ist aber durchaus nicht harmlos! Denn Humor verfolgt immer einen Zweck, den Zweck der Veränderung. Deshalb beinhaltet die helle Seite des Humors auch die Provokation und die paradoxe Intervention. Das ist per se nichts Schlechtes, aber es kommt immer darauf an, was man erreichen will. Eine Klientin erzählte mir in der letzten Woche ein gelungenes Beispiel einer Provokation. Vorab: Ich hatte ihr, wie fast allen meinen Klienten, eine rote Clownsnase geschenkt, die sie nun immer bei sich trägt. Sie ist Geschäftsführerin einer Unternehmensberatung und als solche viel unterwegs. Eines Tages überholte sie mit dem uralten Golf ihrer Mutter mehrere Lastwagen. Hinter ihr brauste wild lichthupend ein BMW heran. Er fuhr so dicht auf, dass sie es wirklich mit der Angst zu tun bekam. Allerdings waren ihre Möglichkeiten zur Gegenwehr äußerst beschränkt. Sie setzte sich also besagte rote Nase auf, wechselte auf die rechte Seite und schaute stoisch, ohne jede Gemütsbewegung den vorbeifahrenden Drängler an. Der war, nach ihren Aussagen, zuerst komplett fassungslos und dann ziemlich sauer. Er fühlte sich in seiner Männlichkeit und Dominanz völlig veräppelt. Und das sollte er auch! Vielleicht drängelt er jetzt eine Weile nicht mehr. Mann kann ja nie wissen, wo die nächste rote Nase lauert.

Paradoxe Interventionen kommen aus dem Umfeld der Psychologie und Psychotherapie. Sie haben dort großen Erfolg, wo sich Menschen mit einer Veränderung schwertun, obwohl sie sie wünschen.

Kurz gesagt, wenn für eine Veränderung ein neues Verhalten notwendig ist, so wird das alte Verhaltensmuster als das einzig Wahre verschrieben, sogar in stärkerer Dosis: Machen Sie weiter so! Aber nehmen Sie noch viel mehr davon!

Noch ein Beispiel aus meinem Coaching-Alltag: Ein Klient kam zu mir, um seine Vortragstechniken zu verbessern. Ein kluger Kopf mit hoher Eloquenz. Leider mit schrecklicher Angst vor öffentlichen Reden. Diese Angst haben übrigens ganz viele Menschen und meistens ist sie unbegründet und irrational. Aber äußerst präsent und sehr unangenehm. Alle meine Überzeugungsversuche und Ermutigungen waren für die Katz. Die Angst war größer. Da half nur noch eine paradoxe Intervention. Als mein Klient das nächste Mal beim Coaching mit seiner Rede begann, schlüpfte ich in seine Ängste und verlieh ihnen zitternd und lamentierend Wort und Gestalt: »Nee, was habe ich denn da gesagt? Das ist doch kompletter Quatsch. Oh, jetzt hat einer gemerkt, dass ich überhaupt keine Ahnung vom Thema habe. Ich kann nichts. Ich weiß nichts. Ich bin nichts. Ich will hier weg.« Und so weiter und so weiter. Mein Klient musste so lachen, dass er seine Befürchtungen vergaß und seine Rede von Anfang bis Ende hielt. Erst kichernd, dann grinsend und dann lächelnd in Erinnerung an alle seine Ängste, die wir Egon, Waldemar und Diederich nannten. Was ihn, als er die Rede dann tatsächlich vor Publikum halten musste, ausgesprochen sympathisch auf seine Zuhörer wirken ließ. Er dachte einfach an Egon, Waldemar und Diederich.

Paradoxe Interventionen sind in Familien, Beziehungen und Unternehmen wirksam. Überall dort, wo die Angst vor Veränderung die gewünschte Veränderung verhindert. Humor verändert also die eigene Wahrnehmung von sich und der Welt. Denn mit Humor wächst zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört. Kinder entdecken oft Zusammenhänge in ihrer Welt, über die wir lachen, weil sie uns unlogisch anmuten. Für Kinder sind sie das allerdings nicht.

»Wenn ich Milch warm machen will, muss ich dann die Kuh auf die Herdplatte stellen?«

Der Lehrer erklärt im Chemieunterricht: »Im Jahre 1771 hat der schwedische Chemiker Scheele den Sauerstoff entdeckt.«

Michael fragt überrascht: »Was haben die Menschen denn vorher geatmet?«

Eine Mutter fragt ihr Kind: »Wo hast du denn dein Zeugnis?«

Das Kind antwortet: »Das habe ich Petra mitgegeben. Sie will damit ihre Eltern erschrecken!«

Humor verändert die Wahrnehmung von sich und der Welt.


Uns Erwachsenen geht im Laufe des Lebens die eher unschuldige Betrachtung der Welt verloren. Und das hat folgende Gründe: Als Kinder sind wir noch ohne Wissen über gesellschaftliche Normen und Zwänge. Wir wollen Aufmerksamkeit und sofortige Bedürfnisbefriedigung. Und wir entwickeln sehr direkte Strategien, um das zu erreichen, was wir wollen. Mütter, deren Kids sich regelmäßig an Supermarktkassen schreiend auf den Boden werfen, um den Lolli doch noch zu bekommen, können ein Lied davon singen. Irgendwann werden wir erwachsen. Spätestens dann haben wir gelernt, dass diese Art der Bedürfnisbefriedigung unter Erwachsenen nicht wohlgelitten ist. Wir lernen, dass die gesellschaftlichen Normen sofortige Bedürfnisbefriedigung sanktionieren. Nun lassen wir es nicht etwa, nein, wir fangen es nur geschickter an. Denn wir haben erkannt, dass wir das, was wir wollen, am besten durch Anpassung erreichen. Wir zeigen nicht mehr offen unsere Wünsche und Bedürfnisse, sondern lernen uns zu schützen, unser Inneres vor der Welt zu verstecken und unsere natürliche Fantasie, Kreativität, Individualität, unseren Witz und Humor tief in uns zu vergraben. Denn diese Eigenschaften gelten immer noch als anarchisch, ungehorsam und disziplinlos. Und das zu Recht! Denn jemand mit Fantasie und Humor ist nicht so einfach zu kontrollieren. Menschen mit Humor haben tatsächlich etwas Schräges. Ich weiß, wovon ich rede. Dass Humor allerdings die Leistungsfähigkeit minimiere, ist eine gezielte Lüge. Ganz im Gegenteil, humorvolle Menschen sind ausgesprochen leistungsfähig, sie haben Fantasie, sind kreativ und haben Spaß an ihrer Leistung.

In der Schule, in der Ausbildung, privat und beruflich versucht man also, uns diese Eigenschaften auszutreiben. Bei einigen gelingt das. Was schade ist, weil es die Entwicklung so dringend benötigter menschlicher Potenziale für unsere Gesellschaft verhindert.

Wenn Erwachsene ihren Humor wiederentdecken und wiedererwecken, dann ist das ein bewusster, ein intelligenter Akt. Er sieht dort Zusammenhänge, wo der angepasste Mensch sich nicht mehr traut, sie zu sehen. Der Erwachsene verbindet die Kinderstrategie, die kindliche Neugier mit seinen erwachsenen Fähigkeiten: Beobachtungsgabe, Intelligenz, Sprachwitz, Erfahrung, Wissen. So sieht er Humorvolles. So entsteht Humor.

Das Fach »Humor« sollte in der Schule gelehrt werden; das wäre für uns alle gut.

Was passiert, wenn der Humor sich noch im Tiefschlaf befindet, zeigt ein Beispiel aus meinem Beruf als Unternehmenskabarettistin: Eines Tages hatte das Management eines Krankenhauses folgende Anfrage. Sie hätten in einem sehr langen Veränderungsprozess ihre Ziele neu definiert und bäten mich, als Kabarettistin diese Ziele auf einer Veranstaltung zu präsentieren. Auf meine Frage, um welche Ziele es sich handele, antworteten sie, das Pflegepersonal hätte beschlossen, ab sofort freundlich und mitfühlend mit seinen Patienten umzugehen. Ehrlich! Das ist schon zwei, drei Jahre her, aber ich könnte mich immer noch schlapp lachen.

Menschen mit Humor sind intelligent. Die geistige Leistungsfähigkeit steigert sich. Und das nicht nur, wenn man humorvoll agiert, sondern auch, wenn man Humorvolles rezipiert, also empfängt. Es setzt zuerst das Verstehen von Zusammenhängen voraus. Dann die Fähigkeit zur Empathie, also die Fähigkeit mitzufühlen. Und, last but not least, die Fähigkeit, das Nichtzusammenpassen bestimmter Zusammenhänge, also Inkongruenzen und Unlogik, zu begreifen. Ganz schön hohe Anforderungen, oder?

»Was ist der Unterschied zwischen Ignoranz und Apathie?«

»Weiß ich nicht und es ist mir auch egal.«

Humor bewegt sich immer zwischen Lachen und Weinen, Wahrheit und Schmerz, Weisheit und Mitgefühl, Individuum und Welt, Gewinnen und Verlieren, Streben und Scheitern. Nichts Menschliches ist ihm fremd. Es gibt übrigens nur sehr wenige Götter der Antike, die Humor hatten. Der androgyne Gott Dionysos gehörte dazu, bevor man ihn zum Gott des Weins und des Theaters banalisierte. Danach war er nur noch betrunken. Und Betrunkene haben oft große Schwierigkeiten, einen Witz zu verstehen.

Themen, die die Menschen stark bewegen, haben ein hohes Humorpotenzial, wie etwa das ewige Beziehungsthema, Sex oder das Altern.

Es klingelt an der Tür. Jopi Heesters, der nicht mehr gut sieht, erkennt nur einen Schatten und fragt: »Wer sind Sie?

Zu wem wollen Sie?« Der Schatten antwortet: »Ich bin der Tod.«

Jopi ruft in die Wohnung: »Simone! Besuch für dich!«

Das Lachen über Dinge, die man fürchtet, befreit. Schon deswegen ist der Humor als Konzept heutzutage so notwendig. Wir leben in einer Zeit, in der eine Krise die anderen ablöst. Furcht würde lähmen, aber das Lachen schafft Distanz und genügend Kreativität, um zu neuen Lösungen zu gelangen.

Humor ist individuell.


Und weshalb empfinden wir etwas als komisch? Humor ist abhängig von der Realität und der Biografie desjenigen, der etwas Humorvolles tut, oder desjenigen, der etwas Humorvolles empfängt. Nicht jeder empfindet das Gleiche als komisch. Humor ist individuell.

Eins aber gilt für alle Spielarten: Humor lebt immer von der Fallhöhe, das heißt, Erwartungen wird auf die eine oder andere Art nicht entsprochen. Sie können zum Beispiel überhöht, übertrieben, untertrieben, gekreuzt, konterkariert, karikiert, verzerrt, banalisiert, lächerlich, ver-rückt werden. So funktioniert zum Beispiel die Komik von Hape Kerkeling. Er karikiert das Normale bis ins Kenntliche. Und so funktioniert die Komik des Gagaisten Helge »Katzenklo« Schneider, der banalste Realität anarchisch überhöht.

Zu guter Letzt, bevor wir uns dem angewandten Humor im Privatleben, der Karriere und in Unternehmen widmen, möchte ich Sie bitten, sich mit den folgenden Fragen zu beschäftigen. Sie werden Ihnen Aufschluss über Ihr eigenes momentanes Humorpotenzial geben.

Haben Sie in der letzten Woche mindestens zweimal über sich selbst gelacht?

Finden Sie an sich mehrere Charakterzüge oder Ticks oder Macken liebenswert komisch?

Mögen Sie sich auch mit den meisten Ihrer Schwächen?

Können Sie in Erinnerung an Scheitern und Blamagen über sich selbst lachen?

Sehen Sie in Ihrem Alltag viele komische Situationen?

Können Sie über die Schwächen und Macken Ihrer Mitmenschen liebevoll lachen?

Macht es Ihnen etwas aus, wenn man über Sie lacht?

Sind Sie neugierig auf Menschen?

Finden Sie das, was in unserer Welt geschieht, manchmal komisch oder sogar tragikomisch?

Glauben Sie trotz aller Gegenbeweise an das Gute im Menschen?

Und? Nein, ich will es gar nicht wissen. Das ist Ihre Privatsache. Allerdings sollten Sie sich, bevor sich Ihr Leben für immer humorvoll ändert, um die Grundausstattung kümmern. Und die besteht aus einer roten Clownsnase.

Bitte kaufen Sie sich ein paar Eier im Eierkarton. Was Sie mit den Eiern machen, interessiert mich nicht. Aus dem Karton aber schneiden Sie ein »Töpfchen« heraus und malen es rot an. Befestigen Sie an beiden Enden einen Hutgummi, den Sie Ihrer Kopfgröße angepasst haben. Gratulation! Nun haben Sie schon einmal das passende Outfit für alle komischen Lebenslagen.

PS: Sie können natürlich auch einfach eine rote Clownsnase kaufen.

Erfolg lacht!

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