Читать книгу Der Prinz und das Mädchen - Junia Swan - Страница 10

Оглавление

Prinz Aren strich mit dem Zeigefinger über sein rechtes Auge und nickte erleichtert, als er sich im Spiegel betrachtete. Die Schwellung war in den letzten Tagen deutlich zurückgegangen und seine Zeit auf dem Landsitz neigte sich somit dem Ende entgegen. Obwohl es ihm an nichts fehlte, vermisste er die Fallstricke und Intrigen, denen er sich am königlichen Hof täglich stellen musste. Noch vor Ablauf einer Woche würde er endlich nach Massada zurückkehren.

Mit einem Seufzen trat er auf den Balkon vor seinen Gemächern und tauchte ins warme Sonnenlicht ein, in dem die tanzenden Staubkörner golden schimmerten. Doch er nahm diese Schönheit nicht wahr und durchschnitt den hauchzarten Vorhang achtlos mit seinem Leib. Vor der steinernen Balustrade hielt er an, stützte sich darauf ab und blickte in den Garten hinab. Der lag verlassen vor ihm, nur der Wind bewegte hin und wieder halbherzig die glitzernden Blätter hellgrüner Farne. Plötzlich lenkte eine verstohlene Bewegung seine Aufmerksamkeit auf sich und er schirmte die Augen mit einer Hand ab, um besser sehen zu können.

Eine junge Frau, deren weiches, schwarzes Haar wie ein Schleier über ihren Rücken fiel, huschte abseits des Weges direkt auf ihn zu. Er wich etwas zurück, damit sie ihn nicht bemerkte und beobachtete, wie sie sich mehrmals verstohlen umsah. Unter einer Palme, an einer vom Garten aus uneinsichtigen Stelle, hielt sie an und stellte einen kleinen Käfig ab, den er bis jetzt übersehen hatte. Wieder sah sie sich unbehaglich um und Aren runzelte die Stirn. Was hatte sie nur vor? Da sank sie in die Knie und öffnete die Käfigtüre. Ihre Lippen bewegten sich und er nahm an, dass sie flüsterte. Erheitert beobachtete er, wie sie den Finger ins Innere steckte, dabei entging ihm ihre Anmut nicht. Sie war eine Augenweide und er würde am Abend nach ihr schicken lassen.

Schritte hinter ihm, veranlassten ihn dazu, kurz über die Schulter zu blicken. Tarek kam auf ihn zu und hielt neben ihm an.

„Hoheit, ich bringe Neuigkeiten.“

Der Prinz wandte sich wieder dem Schauspiel unter seinem Balkon zu und sah, dass die Frau damit beschäftigt war, den verängstigten Vogel davon zu überzeugen, den Käfig zu verlassen. Der drückte sich in eine Ecke, doch als sie ihre Hand nicht zurückzog, begann er wild zu flattern.

„Die müssen einen Augenblick warten.“

Er deutete auf das Mädchen und Tarek folgte dieser stummen Aufforderung. Er lüpfte die Augenbrauen, als er es ebenfalls entdeckte.

„Wer ist sie?“, begehrte der Prinz zu erfahren.

Sein Berater beugte sich weiter vor, um das Objekt der Begierde seines Herren genauer in Augenschein zu nehmen. „Die Nachtigall, mein Prinz. Keine Frau für Euch.“

Überrascht riss Aren die Augen auf. „Du scherzt! Das kann sie unmöglich sein!“

„Sie ist es, mein Freund, daran besteht kein Zweifel.“

Aren seufzte. „Schade, ich hätte sie heute gerne näher kennengelernt.“

„Es gibt andere Mädchen, die Euren Appetit stillen werden. Doch sie ... ist weniger wert als eine Sklavin. Lasst Euch von ihrem betörenden Schein nicht trügen. Obwohl sie wie Gold schimmert, bleibt sie dennoch immer ein Stück Dreck aus der Gosse. Vergesst das nicht.“

Der Prinz musterte sie ein letztes Mal. „Danke für diese eindringlichen Worte“, meinte er ironisch und stieß sich ab.

Nebeneinander kehrten sie ins Innere zurück.

„Nun lass hören, welche Nachrichten überbringst du mir?“

Aren ließ sich auf eines der Sofas fallen und deutete seinem Cousin, sich ebenfalls zu setzen. Doch dieser schüttelte den Kopf, woraufhin der Prinz gleichgültig mit den Achseln zuckte.

„Es handelt sich um beunruhigende Neuigkeiten. Mir kam zu Ohren, dass Victor ein Komplott schmiedet, um Eure Position zu schwächen.“

„Das ist nicht neu. Er war mir gegenüber schon immer feindselig eingestellt.“

„Das stimmt. Doch was er plant, nimmt besorgniserregende Formen an. Wir müssen ihn dringend überführen und danach vor Gericht stellen.“

Aren verschränkte die Arme vor der Brust. „So sprich! Welch schändliche Intrige spinnt er denn nun?“

„Es betrifft die zukünftige Prinzessin.“

Der Prinz löste die Arme und setzte sich aufrecht hin. Verständnislosigkeit spiegelte sich in seinen Gesichtszügen. „Meine Gemahlin? Bis jetzt habe ich keine gewählt.“

„Was wahrlich ein Vorteil ist. Denn auf sie hat Victor es abgesehen. Noch bevor sie Euch einen Erben geschenkt hat, will er sie ermorden.“

Wie von einer Tarantel gestochen, sprang der Prinz auf. „Das ist unmöglich! So weit würde er nicht gehen! Einen solchen Verrat würde er nicht wagen!“

„Victor behauptete gegenüber meiner Quelle, dass der Tod einer einzigen Prinzessin dem Niedergang eines kompletten Volkes vorzuziehen sei. Er hat keinerlei Vertrauen in Eure Fähigkeiten, Hoheit. Er kennt das Gesetz, welches besagt, dass der Erbprinz innerhalb von zwei Jahren einen Nachkommen vorweisen muss. Wenn man die Brautwerbung einrechnet, könntet Ihr nach dem Tod Eurer ersten Frau diese Frist niemals einhalten, was bedeutet, dass Ihr von der Thronfolge ausgeschlossen wärt.“

Aren schnappte entsetzt nach Luft. „Das ist ein kühner Plan! Doch riskiert er dabei sein eigenes Leben.“

„Oh, er wird es so einfädeln, dass ihn keine Beweise belasten werden. Außer, wir kommen ihm zuvor und darin besteht unsere einzige Chance.“

Aren trat ans Fenster und blickte nachdenklich hinaus. Die Schönheit der Natur, die sich vor ihm erstreckte, nahm er nicht wahr.

„Wie sollten wir? Er wird uns seine Pläne nicht verraten.“

„Das ist mir bewusst.“ Tarek atmete tief durch. „Deswegen ist es unerlässlich, dass wir ihn auf frischer Tat ertappen. Wir müssen ihn überführen, wenn er der Prinzessen das Leben nimmt. Ihr wisst, dass im Fall ihres gewaltsamen Todes, Eure Frist erlöschen und erst wieder mit Eurer erneuten Hochzeit in Kraft treten würde.“

Entgeistert klammerte sich der Prinz ans Fensterbrett, während der Vorschlag seines Beraters in ihm widerhallte. Das klang alles andere als erfreulich.

„Habe ich recht verstanden und du schlägst vor, eine Prinzessin zu opfern und in Kauf zu nehmen, sie unter Umständen nicht retten zu können?“

Tarek nickte ernst. „Es ist der einzige Weg.“

„Das ist unverantwortlich. So etwas kann ich nicht tun.“

Kurz war es still, nur das Zwitschern der Vögel, die in den Baumkronen schwangen, bewiesen, dass die Zeit nicht stillstand. Der Prinz ballte seine Hände und lockerte diese wieder, als ihm bewusst wurde, dass er alles verlieren würde. Den Thron und die damit einhergehende Macht. Seinen Einfluss, seine Würde, seine Ehre. Victor wollte ihn öffentlich demütigen. Aber eine Prinzessin hinterrücks ihrem Schicksal überlassen?

„Ich habe überlegt, einen Köder auszulegen“, durchbrach Tarek die Stille und neue Hoffnung entzündete sich im Erbprinzen. „Bestehend aus einer Person, deren Leben derart wertlos ist, dass es nichts bedeutet, wenn sie stirbt.“

Innere Kälte ließ Aren frösteln. Das klang niederträchtig. „Schwebt dir eine spezielle Frau vor?“

Tareks Lippen verzogen sich zu einem überlegenen Lächeln. „Wie es der Zufall will, ja.“ Er machte eine lässige Bewegung mit dem Kinn in Richtung Garten.

„Die Nachtigall?“, wollte Aren unbehaglich wissen und das zustimmende Nicken seines Beraters traf ihn wie eine Faust in den Magen.

„Ganz genau. Wir werden ihr erklären, dass sie für eine Weile Eure Prinzessin spielen muss und dafür königlich bezahlt wird. Danach erhält sie ein Haus, weitab von Massada. Wir verraten ihr allerdings nicht, dass sie dieses voraussichtlich nie zu Gesicht bekommen wird.“

Aren fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und ignorierte das ungute Gefühl, welches sich angesichts des hinterhältigen Plans in ihm ausbreitete.

„Und wenn einer ihrer Freier sie erkennt?“ Dies war ein unkalkulierbares Risiko. Ob sein Gegenüber darüber schon nachgedacht hatte?

„Sie wird ihr Antlitz in der Öffentlichkeit verhüllen. Abgesehen davon ist es fast ausgeschlossen, dass sie auf Menschen ihres ehemaligen Umfelds trifft.“

Der Prinz strich sich übers Gesicht und massierte dann mit Daumen und Zeigefinger seine Stirn. Ihm war bewusst, dass er mit einer derart heimtückischen Handlung eine unsichtbare Grenze überschritt. Andererseits war er seinem Königreich verpflichtet. Das Wohl seines Volkes stand an erster Stelle. Diese Tatsache erlaubte jegliches Vorgehen und verwandelte eine Schandtat in einen Akt der Nächstenliebe und Aufopferung. Ja, wenn er das Leben dieser Frau opferte, zeigte es seine überschwängliche Liebe zu Paishalom und adelte ihn als den rechtmäßigen Regenten. So war das. Genaugenommen wäre er nicht der erste, der sich unlauterer Mittel bediente, um an die Macht zu kommen und sie zu bewahren. Er musste dem Schwert, welches auf sein Herz zielte, die Kraft rauben, es umlenken und wenn möglich in die Brust seines Feindes bohren.

„Wir haben keine andere Wahl, oder?“, wollte er unbehaglich, doch von seinen Überlegungen bereits getröstet, wissen.

„Nein. Ich habe ausführlich darüber nachgedacht.“

„In Ordnung, dann sprich mit ihr und leite alles, was nötig ist, in die Wege.“

Jeden Tag einen Vogel. Rana lächelte und schloss die Tür des leeren Käfigs. Sie lebte seit drei Wochen hier in diesem Paradies, was bedeutete, dass mittlerweile achtzehn Kanarienvögel ihre neuerworbene Freiheit genossen. Im Laufe der ersten Tage war sie damit beschäftigt gewesen, die neue Situation zu erfassen, und als ihr bewusst geworden war, dass sie für immer hierbleiben durfte, hatte sie begonnen, Pläne zu schmieden. Irgendjemand würde sich finden, dem sie zu einem besseren Leben verhelfen konnte. Das kleine Federvieh war ihr sofort in den Sinn gekommen. Es gab so viele von ihnen, dass ihre Rettungsaktion kaum auffallen würde.

Die junge Frau richtete sich auf, sah sich ein letztes Mal um und huschte zu ihrem Pavillon zurück. Morgen wollte sie den nächsten Vogel aus einem der großen Käfige stehlen und später befreien. Doch bis dahin hatte sie ein nervtötendes Tagesprogramm zu bewältigen. Bald würde Zan Merizadi Rana abholen und in die grundlegenden Regeln der Etikette einweisen. Während dieser Unterrichtsstunden lernte sie, welche Worte nicht ausgesprochen werden durften und wie sie sich im Fall, dass sie dem Prinzen begegnete, zu benehmen hatte. So war es ihr strengstens untersagt, ihn anzusehen oder ihn gar anzusprechen. Es war ihr verboten, sich seinen Befehlen zu widersetzen und ihn zu berühren. Da die junge Frau nicht damit rechnete, ihm jemals zu begegnen – dafür gab es keinen Grund – nickte sie unterwürfig, vergaß die Instruktionen jedoch schon im nächsten Moment. Zan Merizadis Unmut darüber, sich ständig wiederholen zu müssen, stand dieser deutlich ins Gesicht geschrieben. Doch Rana tat ihren Tadel leichtfertig ab und zuckte mit den Achseln.

Summend stellte sie den leeren Käfig auf seinen Platz neben dem Fenster, als die Tür geöffnet wurde und eine der Sklavinnen eintrat. An das plötzliche Auftauchen irgendwelcher Personen in ihrem Zimmer hatte sich Rana nach wie vor nicht gewöhnt. Dieses unangekündigte Eindringen in ihre Privatsphäre nervte sie. Unwillig zog sie die Augenbrauen zusammen, sodass sich eine steile Falte auf ihrer Stirn bildete.

„Der königliche Berater des Prinzen wünscht, dich zu sehen. Folge mir, ich begleite dich zu ihm.“

Der königliche Berater des Prinzen? Ob er jener Mann war, dem sie einst geholfen hatte? Wollte er sich nun persönlich bei ihr bedanken? Ihr Puls beschleunigte sich. Oder würde er ihr mitteilen, dass sie doch in ihr altes Leben zurückkehren musste? Die Falte auf ihrer Stirn glättete sich und Rana nickte mit trockenem Hals. Das Schlucken fiel ihr mit einem Mal immens schwer. Schweigend folgte sie der Dienerin durch den Garten und in den hinteren Teil des Palastes, in dem sie sich bis jetzt nie aufgehalten hatte. Die prunkvollen Räume waren noch edler eingerichtet, als jene, durch die sie einst gekommen war. Die gesellschaftliche Stellung des Besitzers dieses Hauses atmete aus den Teppichen und jedem mit künstlerischen Intarsien verzierten Möbelstück, den fein geschliffenen Glasskulpturen und dem goldüberzogenen Stuck. All das schüchterte Rana zusätzlich ein. Es schien ihr, eine Ewigkeit vergangen zu sein, bis die Dienerin eine Tür öffnete und ihr deutete, einzutreten. Zögernd kam sie der Aufforderung nach und sah sich schnell um, bevor sie in einen tiefen Knicks sank und den Boden vor sich fixierte. Am anderen Ende des Raumes hatte sie einen Mann entdeckt, dessen großer Körper sich als dunkler Umriss vor den hohen, geschwungenen Terrassentüren abzeichnete. Da das Licht von außen auf ihn fiel, war es ihr nicht gelungen, ihn zu erkennen. Sie hörte Schritte, die näherkamen und versteifte sich. Hoffentlich war er ihr wohlgesonnen und verlangte nicht, dass sie ...

„Da bist du ja“, stellte er kühl fest und Rana erkannte seine Stimme.

Es war derselbe Mann, der sie aus ihrem Elend fort und hierher gebracht hatte. Sie war ihm zu großem Dank verpflichtet. Bevor er ihr gestattete, sich aufzurichten, schnellte sie in die Höhe und suchte seinen Blick.

„Ich habe nicht zu träumen gewagt, Euch jemals wiederzusehen“, sprudelte es aus ihr heraus. „Deswegen bin ich froh, jetzt die Gelegenheit zu haben, Euch danken zu können. Ihr habt mich hierher gebracht und ich ...“

Seine Augenbrauen waren bei ihrem Ausbruch nach oben geschossen, schnell hob er abwehrend eine Hand und sie verstummte.

„Man berichtete mir, Zan Merizadi würde dich in Etikette unterrichten?“, stellte er streng fest und Rana krampfte die Finger ineinander.

„Das tut sie.“

„Erfolglos, wie mir scheint.“

„Nein!“, wehrte Rana die Anschuldigung inbrünstig ab, es lag ihr viel daran, ihre Lehrerin zu verteidigen. „Es ist nicht ihre Schuld, sondern Eure! Jedenfalls seid Ihr nicht der Prinz und deswegen ...“

Der Ausdruck, mit dem er sie angesichts ihrer Rechtfertigung betrachtete, war wenig schmeichelhaft – er zweifelte offensichtlich an ihrer Zurechnungsfähigkeit. Er machte einen drohenden Schritt auf sie zu.

„Ich bin der engste Berater des Prinzregenten, deswegen gebührt mir jeglicher Respekt“, knurrte er und kalte Wut schwang in seinen Worten. „Auf die Knie mit dir!“

Entsetzt erbleichte Rana und sie sank zitternd zu Boden und senkte demütig den Kopf.

„So ist es besser“, stellte er kühl fest. „Und jetzt erhebe dich!“

Mühsam kam sie wieder auf die Beine, wagte nicht, den mächtigen Mann anzusehen.

„Ich habe dich rufen lassen, um dich davon in Kenntnis zu setzen, dass du erwählt worden bist, dem Prinzen zu helfen“, fuhr der königliche Berater ungerührt fort und Ranas Kopf schnellte in die Höhe.

„Dem Prinzen? Ich?“

„Schweig!“, herrschte er sie an und Rana zuckte zusammen. „Merke dir, erst zu sprechen, wenn es dir gestattet ist!“

„Verzeiht.“ Die junge Frau kämpfte mit den Tränen und ihr wurde bewusst, dass sie diesen Mann zutiefst hasste, obwohl sie ihm eigentlich dankbar sein müsste. Doch er hatte damals gewusst, dass sie zur Sommerresidenz gebracht wurde, und sie trotzdem in der peinigenden Angst davor, ins Gefängnis geworfen zu werden, schmoren lassen. Der königliche Berater war hart und böse, wie sie in dem Augenblick erkannte. Schnell senkte sie ihr Antlitz und biss mit den Zähnen auf ihre Unterlippe.

„Aufgrund diverser Umstände, die dich nicht weiter zu interessieren haben, wirst du für einige Monate eine Scheinehe mit Seiner Hoheit eingehen. Nach Ablauf dieser Zeit erhältst du als Entschädigung ein kleines Anwesen mit Dienstboten und allem, was dein Herz begehrt.“

Rana befürchtete, sich verhört zu haben, doch sie schluckte ihre bohrenden Fragen hinunter. Hatte sie recht verstanden und man verlangte von ihr, den Prinzen zu heiraten? Den Prinzen! Das war vollkommen abwegig. Sie hatte gewiss etwas falsch aufgefasst.

„Du wirst an seiner Seite als Prinzessin diverse Veranstaltungen besuchen und den Eindruck erwecken, ihm in überschwänglicher Liebe zugetan zu sein.“

Die junge Frau schüttelte ungläubig den Kopf. Erwache! Erwache! Erwache! Sie schlug sich mit einer Hand auf die Stirn, blinzelte, nur um zu erkennen, dass sie nach wie vor in dieser surrealen Welt gefangen war.

„Aber warum? Warum ich?“, stieß sie verwirrt aus.

„Hörst du nicht zu?“, brauste er zornig auf. „Die Hintergründe gehen dich nichts an! Und, wie gesagt, ist es nur für kurze Zeit.“

Rana sah zögernd auf. Er starrte sie finster an, war nur mehr wenige Meter von ihr entfernt. Etwas Unheimliches strömte von ihm aus – die Ahnung einer Bedrohung, die sie nicht einzuordnen vermochte.

„Du wirst alles mit Seiner Hoheit teilen, außer dem Bett.“

Das ergab einfach keinen Sinn und Rana biss sich auf die Zunge, um zu verhindern, dass sie ihrem Gegenüber widersprach und ihn darauf hinwies, welche Widersinnigkeit er von sich gab.

„Der Prinz kennt deine Vergangenheit und es ist unter seiner Würde, sich zu einer Frau zu legen, die schon von vielen Männern besessen wurde. Trotzdem wird er dich rufen lassen, um den äußeren Anschein einer normalen Ehe zu erwecken.“

Die Art, wie er ihre Lebensumstände schilderte, kränkte sie. Doch sie musste zugeben, dass er Recht hatte. Es war eines Prinzen unwürdig, sich einer Hure zu bedienen. Betroffen wandte sie den Kopf ab und fixierte ein filigranes Mobile aus glitzernden Glastropfen, welche das Licht wie Diamanten brachen.

„Hast du das verstanden?“

„Ja“, flüsterte sie.

„Dir bleibt ein Monat für die Vorbereitungen. Vermagst du dir die Regeln der Etikette bis dahin einzuprägen?“

„Ja“, versprach sie und erwiderte seinen Blick.

Er sah sie zweifelnd an. Sekunden verstrichen und sein Gesichtsausdruck veränderte sich von unnahbar zu lauernd. Dann teilte ein überraschtes Lächeln seinen harten Mund, als wäre ihm ein überaus erfreulicher Gedanke gekommen. Verwirrt stellte sie fest, dass er sein Antlitz neigte und seine Augen langsam über ihren Körper wandern ließ. Ihr Magen verkrampfte sich und sie presste hilflos die Arme an ihre Seiten.

„Ist dir bewusst, dass du eine der wenigen Frauen bist, die der Prinz niemals besitzen wird?“

Rana schluckte unbehaglich, seine Miene verriet aufsteigende Lust. Übelkeit brannte in ihren Eingeweiden.

„Und dass du somit zu jenen Frauen zählst, die ich mir unterwerfen werde, weil du ihm verwehrt bist?“

Erschrocken riss sie die Augen auf und wich instinktiv vor ihm zurück. Doch wie ein Raubtier auf der Jagd nach seiner Beute, strebte er zielgerichtet auf sie zu.

„Das könnt Ihr nicht tun“, keuchte sie erstickt. „Das wäre unrecht!“

„Oh, du spielst die Unschuld?“, lachte er. „Aber zu spät. Ich weiß, wer du bist und was du für mich sein kannst. Ein Triumph, ein kleiner zwar, dennoch ein winziger Sieg. Eine Befriedigung, dass Prinz Aren ein Mal verwehrt ist, was ich bekomme!“

Er streckte eine Hand nach ihr aus. Mit einem Satz sprang sie zur Seite. Wieder lachte er und setzte sich erneut in Bewegung. Er war flink und schneller, als sie es war. Schon hatte er sie gepackt und an sich gezogen. Rana atmete heftig, gefesselt von seinen kräftigen Armen.

„Ich rate dir, ihm nie von unserem kleinen Intermezzo zu erzählen“, raunte er ihr ins Ohr und drehte sie zu sich um.

Ranas Lippen bebten. Die Überraschung an einem Ort, an dem sie sich in Sicherheit gewogen hatte, auf diese Art überfallen zu werden, beraubte sie jeglicher Kraft und sie schloss die Augen, als sich sein harter Mund auf ihren drückte. Es dauerte lange, bis es ihr endlich gelang, sich tief in ihr Innerstes zurückzuziehen, wie sie es sonst immer zu tun pflegte. Sie schluckte die Tränen und den Schmerz hinunter und drängte die schrecklichen Erinnerungen weit zurück, nachdem sie in ihre Gemächer geflohen war. Nie wieder wollte sie daran denken, wie sie der Berater des Prinzen überwältigt hatte.

Der Prinz und das Mädchen

Подняться наверх