Читать книгу Der Prinz und das Mädchen - Junia Swan - Страница 8
ОглавлениеRana zog das Tuch um ihren Kopf fester und verhüllte ihr Gesicht, bevor sie angespannt um die Ecke lugte. Die Gasse erstreckte sich ruhig und dunkel vor ihr, einzig ihr gehetzter Atem durchbrach die vorherrschende Stille. Ihre Handflächen waren feucht, wie immer, wenn sie sich um diese Zeit im Freien aufhielt, denn es war Frauen verboten, nach Einbruch der Nacht das Haus zu verlassen. Sollte man sie schnappen, erwartete sie eine schreckliche Strafe, vermutlich sogar das Gefängnis. Aber sie hatte keine andere Wahl, als das Gesetz zu brechen. Da sie nicht verhungern wollte, musste sie das Risiko eingehen. Es war nicht das einzige. Ihr Leben glich einer Aufzählung an Verstößen gegen die herrschende Ordnung.
Rana holte tief Luft und bog in die Gasse ein. Lautlos eilte sie vorwärts, hielt sich im Schatten, und wich den Lichtkreisen der spärlichen Straßenbeleuchtung aus. Bald hatte sie es geschafft und sie könnte diesen Tag für sich abschließen, die Schminke abwaschen, ihren Körper reinigen und sich in ihrem Bett verkriechen.
Vor der nächsten Kreuzung blieb sie stehen und spähte um die Ecke. Hier war es ebenso still, wie auf dem Weg, den sie bisher zurückgelegt hatte. Am anderen Ende der Straße erwartete sie ihr Zuhause, welches aus einem kleinen Raum bestand, in den man direkt von der Gasse aus durch eine alte Holztür gelangte. Nichts rührte sich. Kein Mensch hielt sich im Freien auf und sie war dankbar dafür. Zumindest in den heruntergekommenen Vierteln der Stadt hatte man sich hinter die eigenen vier Wände zurückgezogen. Jetzt waren die Ehefrauen an der Reihe, ihren Männern zu geben, was diese verlangten und Rana hatte ihre Ruhe.
Da sie es nur mehr schwer erwarten konnte, endlich nach Hause zu kommen, setzte sie sich wieder in Bewegung. Wie zuvor war sie darauf bedacht, kein Geräusch zu machen. Ihre Zehenspitzen berührten die dunklen Pflastersteine kaum, als sie die Gasse entlang huschte. Jetzt war sie fast am Ziel. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Tür zu ihrem Zimmer, beschleunigte und war kurz davor, die Hand nach ihr auszustrecken. Doch im nächsten Augenblick verfing sich ihr Fuß an einem Hindernis, weshalb sie durch die Luft flog und hart auf dem gepflasterten Boden aufschlug. Obwohl ein stechender Schmerz sie sekundenlang lähmte, unterdrückte sie einen gequälten Aufschrei. Angsterfüllt lauschte sie, ob jemand etwas gehört hatte. Dann richtete sie sich auf und verengte die Augen, darum bemüht, besser zu erkennen, was sie zu Fall gebracht hatte. Ein dunkler Hügel lag wenige Meter von ihr entfernt, der ein Stöhnen von sich gab und sich bewegte. Sofort war ihr klar, dass es sich dabei um einen Menschen handelte, und sie überlegte panisch, ob sie ihm helfen oder doch lieber fliehen und sich in Sicherheit bringen sollte. Es bestand immer die Möglichkeit, dass derjenige, der hier lag, sie später den Wachen des Königs auslieferte und damit ihren Untergang heraufbeschwor. Insgeheim wusste sie, dass sie die Entscheidung längst gefällt hatte. Es war wie ein Zwang, der sie jedem schlüssigen Argument gegenüber taub machte. Dagegen war sie machtlos.
Schnell kam sie auf die Beine und ignorierte das heftige Pochen in ihren gestauchten Handgelenken. Nervös sah sie sich erneut um und hastete zu dem Elenden zurück. Neben ihm ging sie in die Knie und stupste ihn sanft an.
„Könnt Ihr mich hören?“, flüsterte sie und versuchte, den Liegenden auf den Rücken zu drehen. Er stöhnte und gab ihrem Drängen nach. Wie ein Blitz durchzuckte sie die Erkenntnis, dass es sich bei ihm um einen Mann handelte. Trotz der schwachen Beleuchtung erkannte sie, dass sein Gesicht angeschwollen und blutig war. Ihr Herz begann zu rasen.
Er blinzelte.
„Ich helfe Euch“, flüsterte sie und griff nach seinem Arm. „Vermögt Ihr aufzustehen?“
Statt einer Antwort entwich ihm ein Keuchen, als er versuchte, sich aufzurichten. Rana stützte ihn so gut wie möglich und führte ihn die restlichen Meter bis zu ihrer Haustür. Erleichtert, nicht entdeckt worden zu sein, öffnete sie diese und geleitete ihn in das winzige Zimmer und direkt zum Bett. Der Raum beinhaltete alles, was sie ihr eigen nannte und somit nur das Notdürftigste: einen kleinen Ofen, einen wackligen Tisch mit einem noch instabileren Stuhl, einen Nagel an der Wand, an dem die wenigen Kleidungsstücke hingen, die Rana besaß, einen Eimer, mit dem man hinter dem Haus untertags Wasser holen konnte und eine Waschschüssel. Die einzigen Luxusgegenstände in ihrem Besitz, bestanden aus Puder, Lippenrot und einem feinen Umhängetuch.
Schwerfällig ließ sich der Verwundete aufs Bett fallen und stöhnte dabei laut. Rana legte erschrocken eine Hand auf seinen Mund und hoffte, dass ihn niemand gehört hatte. Denn wenn jemand erfuhr, dass sie einem Mann Unterschlupf gewährte, wäre alles verloren. Dann würde man sie ohne Federlesens ins Gefängnis werfen, auspeitschen und andere grauenvolle Dinge mit ihr anstellen.
Aufgrund ihrer Berührung öffnete der Fremde die Augen. Eines davon war nahezu gänzlich zugeschwollen und Rana nahm an, dass er damit kaum etwas erkennen konnte.
„Pscht“, flüsterte die junge Frau und zog die Hand fort.
Er nickte unmerklich, musterte sie aber weiterhin. Sogar mit einem Auge wirkte er dabei gründlich und Rana befürchtete, er hätte sie längst durchschaut.
„Wollt Ihr etwas trinken, bevor ich Eure Wunden versorge?“, fragte sie schnell, um ihn abzulenken.
„Bitte.“ Seine Stimme war angenehm tief und klang überraschend kultiviert.
Rana eilte zum Tonkrug und goss Wasser in einen Becher. Als sie zu ihm zurückkehrte, bemerkte sie, dass er sich mühevoll aufgesetzt hatte.
Dankbar nahm er ihr das Trinkgefäß ab, roch daran und runzelte die Stirn. Dann musterte er sie misstrauisch. „Was soll das sein?“
Dafür, dass er ihr Gast war, gab er sich ungewöhnlich herrisch und Rana hob die rechte Augenbraue. „Wasser“, erwiderte sie schlicht. „Wenn es Euch nicht passt, könnte ich Euch noch Kuhpisse anbieten. Das dauert aber eine Weile. Müsste erst auf die Suche nach einer Kuh gehen.“
Von ihrer rüden Wortwahl sichtlich schockiert, runzelte er die Stirn und musterte sie streng. Allerdings misslang es ihm, ihr damit Angst zu machen. Trotzig, das Kinn gereckt, wich Rana seinem Blick nicht aus und verschränkte die Arme vor der Brust, um ihn ihre Unbeugsamkeit spüren zu lassen.
„Ich bin außerdem gerne dazu bereit, Euch jederzeit wieder zurück auf die Straße zu stoßen, wenn Ihr die Brühe der Pfützen meinem Angebot vorzieht.“
Ein ungläubiger Ausdruck breitete sich in seiner Miene aus und Rana überlegte, was ihm wohl durch den Kopf ging.
„Wasser tuts auch“, brummte er, setzte das Trinkgefäß an und leerte es.
Dann reichte er es ihr und sie stellte es beiseite. Sie goss Wasser in die Waschschüssel, tauchte ein Tuch ein und trat neben ihn. Schweigend legte er sich zurück und sie beugte sich näher.
„Das sieht mir nach einem Rattenschwanz an Problemen aus“, bemerkte sie und tupfte vorsichtig auf die Beule über seinem Auge. „Das hier schaut aus, wie ein Ei. Für ein paar Tage habt Ihr demnach drei davon.“
Entgeistert öffnete er den Mund, doch fehlten ihm zweifellos die Worte, denn er starrte sie sprachlos an. Das brachte sie zum Lachen. „Wieso seht Ihr mich so an?“, fragte sie amüsiert. „Denkt Ihr, ich weiß nicht, worüber Männer am liebsten sprechen?“
Er räusperte sich und es wirkte, als versuchte er, seine Haltung zurückzugewinnen.
„Für manche mag es wahrhaftig kein besseres Gesprächsthema geben, als das Geheimnis zwischen den Beinen eines Mannes. Doch lasst Euch gesagt sein, dass ich nicht dazugehöre.“
Rana lachte auf. „Gesprächsthema? Und Geheimnis zwischen den Beinen eines Mannes? So drückt Ihr das aus? Verflucht! Wo kommt Ihr denn her? Oder ist in Eurem Kopf etwas durcheinandergeraten?“
„Mag sein“, erwiderte er und schloss die Augen, als sie sich seinem geschundenen Mund widmete.
„Soll ich Euch Hoheit nennen, bis Ihr wieder bei Sinnen seid?“, spottete sie.
„Warum nicht?“
„Ihr träumt wohl schlecht! Vermutlich besteht Ihr darauf, das ich noch mehr für Euch tue. Aber das könnt Ihr gleich vergessen. Außer, Ihr bezahlt dafür. Dann bin ich möglicherweise bereit, meinen redlichen Lebenswandel abzulegen.“
„Wer’s glaubt“, erwiderte er. „Von einer lauteren Lebensführung hast du nicht die geringste Ahnung.“
Erschrocken hielt sie die Luft an und die gesunde Gesichtsfarbe wich aus ihren Wangen. „Was wollt Ihr damit andeuten?“
„Dass du eine Hure bist.“
Rana schrak vor ihm zurück, als hätte sie sich verbrannt.
„Das ist eine gemeine, niederträchtige Lüge! Ich bin so unschuldig wie die Jungfrauen des Prinzen!“
Da lachte er ungläubig auf. „Hältst du mich für weltfremd oder beschränkt? Aber hab keine Angst. Vor mir brauchst du dich nicht zu verstellen. Ich liefere meine Helfer prinzipiell nicht ans Messer. Egal, womit sie ihr Geld verdienen.“
„Sehr edel von Euch, Hoheit. Trotzdem vermute ich, dass Ihr dafür eine Gegenleistung erwartet.“
Verwundert stellte sie fest, dass seine Augen abschätzend über ihren Körper glitten und sie straffte sich unbewusst.
„Nein“, entgegnete er ablehnend. „Dahingehend bin ich bestens versorgt.“
„Heißt das, Ihr seid Euch zu vornehm für eine wie mich?“
„Ganz genau.“
Rana erblasste und warf das Tuch wütend in die Schüssel. „Na los, dann verschwindet doch zu Eurer Gefährtin! Wo ist sie denn, wenn´s darauf ankommt? Hat sich ohne Zweifel bei Eurem Anblick in die Hose gemacht und ist auf und davon.“
„Meine Frauen tragen keine Hosen.“
„Oh.“ Rana sank auf den Stuhl und musterte ihr Gegenüber. „Ihr treibt es offenbar ganz wild. Mit so einem will hingegen ich nichts zu tun haben.“
„Siehst du?“, schmunzelte er. „Somit ist ja alles in bester Ordnung. Reiche mir etwas zu essen und gestatte mir, diese Nacht hierzubleiben und mich zu erholen. Morgen bist du mich los.“
Rana zuckte mit den Achseln. „Meinetwegen.“
Sein Blick ruhte nach wie vor auf ihr. „Allerdings frage ich mich, wo du schlafen wirst“, überlegte er. „Das Gesetz verbietet, dass sich unverheiratete Frauen mit einem Mann im gleichen Zimmer aufhalten.“
„Vor der Tür. Das ist doch klar“, erwiderte sie und verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen. „Und dieses vermaledeite Gesetz kann sich der König in seinen Allerwertesten stecken. Das ist reine Schikane, mehr nicht. Deswegen breche ich es mehrmals täglich. So, jetzt kennt Ihr meine Meinung.“
Er verlor deutlich an Farbe. „Kaum zu glauben“, murmelte er, was sie empörte.
„Was brabbelt Ihr da vor Euch hin? Denkt Ihr, Ihr seid besser als ich? Immerhin seid Ihr wie ein Stück Dreck auf der Straße gelandet.“
Einige Sekunden verzogen in angespanntem Schweigen, dann meinte er beschwichtigend: „Und ich bin überaus dankbar für deine Hilfe, obwohl du genau weißt, dass du damit gegen mehrere Regeln verstößt.“
Wieder erblasste sie. „Ihr werdet mich doch nicht verraten?“
„Nein. Wie gesagt, ich gebe niemanden preis, der mir hilft.“
Endlich wandte er den Blick von ihr ab und schloss die Augen. Nicht länger seiner durchdringenden Musterung ausgesetzt, entspannte sich Rana.
„Möchtet Ihr jetzt essen? Ich habe Gemüseeintopf.“
„Ich komme um vor Hunger“, gestand er und Rana öffnete die Tür, welche auf einen dunklen Gang führte. Sie stieg einige Stufen in einen kühlen, winzigen Raum hinab, in dem die Hausbewohner ihre kargen Lebensmittel lagerten. Sie nahm den letzten Rest des Mahles, das sie sich für den Abend aufgespart hatte, und kehrte damit ins Zimmer zurück. Auf dem Ofen erwärmte sie die Speise und füllte sie in den selben Becher, aus dem er zuvor getrunken hatte. Gemeinsam mit einem Löffel reichte sie ihm diesen. Da Hunger an ihren Eingeweiden zerrte, wandte sie sich ab. Um sich abzulenken, zog sie das Tuch von ihrem Kopf, wusch sich das Gesicht und tupfte die Schminke ab. Dann öffnete sie die Haare und strich mit einem dreizinkigen Kamm hindurch. Die ganze Zeit kehrte sie ihrem Gast den Rücken zu und verbannte seine Anwesenheit aus ihren Gedanken. Flink teilte sie die Haarsträhnen und flocht diese. Als sie fertig war, drehte sie sich zu ihm um. Verwirrt stellte sie fest, dass er sie beobachtet hatte.
„Wie heißt du?“, fragte er und reichte ihr den leeren Becher.
Rana wich seinem Blick aus. „Das werde ich Euch nicht verraten. Doch wenn Ihr mich weiterempfehlen wollt, schickt Eure Freunde zur Nachtigall.“
„Zur Nachtigall?“, wiederholte er erheitert.
„Das ist, weil ich so schön singen kann.“
„Ach ja?“
Sie senkte den Kopf, stellte den Becher auf den Tisch und wandte sich ab.
„Damit ist gemeint ...“, sie unterbrach sich und legte eine Hand an die Tür. Mit einem Ruck straffte sie die Schultern. „Die Männer nennen es singen, derweil ist es stöhnen. Versteht Ihr?“ Sie öffnete die Tür. „Ihr müsst nur rufen und ich komme“, erklärte sie, trat ins Freie und zog die Tür hinter sich zu.
Dann ließ sie sich zu Boden sinken. Rana hatte nicht geahnt, dass es ihr schwerfiel, über ihren Broterwerb zu sprechen, wenn sie den Schmutz des Tages abgewaschen hatte. Jetzt wusste sie es.
Mit den Armen umschlang sie ihre Beine und legte die Stirn auf die Knie. Sie schloss die Augen und erinnerte sich an den paradiesischen Garten, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte. Die schwirrenden Flügelschläge der Kolibris (ein vor vielen Jahren von einem Gesandten eines fernliegenden Landes überbrachtes Geschenk an den König. Seitdem hatten sich die Vögel prächtig vermehrt und waren aus Paishalom nicht mehr wegzudenken), welche an lauen Sommertagen die schläfrige Stille durchbrochen hatten, flüsterten wie ein fernes Echo in ihren Gedanken. Jenes Leben lag weit zurück und sie erkannte traurig, dass die Erinnerungen daran, mit jedem Tag, der verstrich, etwas mehr verblassten.
Rana erwachte, als die Tür am frühen Morgen geöffnet wurde. Aufgrund der unangenehmen Haltung schmerzte sie jeder Zoll ihres Körpers. Mit einem Ächzen rappelte sie sich auf und ergriff die Hand des Fremden, die dieser ihr hilfsbereit entgegenstreckte. Schon in der nächsten Sekunde stieß sie ihn zurück ins Innere, warf einen hektischen Blick über die Schulter und schloss die Tür.
„Wir müssen vorsichtig sein“, flüsterte sie und sah zu dem Schurken ihr gegenüber empor.
Eindringlich musterte er sie mit diesem beunruhigenden Ausdruck in dem Auge. Ihre Handflächen wurden feucht und Nervosität vibrierte in ihr.
„Was du für mich getan hast, übersteigt das normale Maß der Hilfsbereitschaft. Dies ist mir bewusst und ich werde mich dafür erkenntlich zeigen.“
Verwirrt rümpfte sie die Nase, dann machte sie eine abwehrende Handbewegung.
„Ich habe einen verflixten Hang, Menschen in Not zu helfen. Bildet Euch nichts ein“, brummte sie, verschränkte die Arme vor der Brust und hoffte, dass er ihre Selbstsicherheit zur Kenntnis nahm.
Seine Mundwinkel zuckten, im nächsten Moment lächelte er, dabei riss eine seiner Verletzungen auf und füllte sich mit Blut.
Rana stellte verwundert fest, dass sie sein Lächeln mochte. Wie in Trance trat sie zögernd zu ihm, hob ihre Hand und wischte vorsichtig mit ihren Fingerspitzen über die blutende Stelle. Es war eine zärtliche Geste und dies erschütterte sie. Sie zuckte zurück und strich mit den Handflächen verlegen über ihren Rock. Nicht eine Sekunde lang hatte er die Augen von ihr genommen, beobachtete sie schweigend.
„Wie dem auch sei“, stellte er nach einer Weile fest. „Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet. Leider trage ich momentan kein Geld bei mir, das haben mir die zwielichtigen Gestalten gestern abgenommen. Deswegen bleibt mir nur, dich zu vertrösten.“
„Zwielichtigen Gestalten?“, wiederholte sie und ihre Lippen verbogen sich spöttisch und zugleich verwundert.
Doch er ging darauf nicht ein und streckte sich nach der Tür aus. „Du wirst von mir hören“, versprach er und nickte ihr zu. „Bis dahin, sei vorsichtig, kleine Nachtigall!“
„Natürlich, Hoheit!“, spottete sie. „Und grüßt bei Gelegenheit den König von mir!“ Rana sank in einen übertriebenen Knicks.
„Besser nicht“, erwiderte er ungerührt, wandte sich um, öffnete die Tür und lugte prüfend ins Freie.
Im nächsten Moment war er verschwunden.
„Beim Diamanten des Sultans von Mardascha“, keuchte Tarek und starrte seinen Herrn entsetzt an. „Wie seht Ihr denn aus?“
Aren schälte sich aus den zerrissenen Kleidern und knurrte schlecht gelaunt: „Diese verflixten Gauner haben mich bestohlen.“
„Nicht nur das, wie man sieht.“ Tarek musterte den dreckigen Stoffberg und kehrte dann mit seiner Aufmerksamkeit zum Gesicht des Prinzen zurück. „Ich habe das schlimmste befürchtet und war kurz davor, die Wachen zu schicken.“
„Zum Glück hast du dich an unsere Abmachung gehalten.“
Aren trat vor den meterhohen Spiegel und musterte sich, was nicht sonderlich gut gelang, da er sein rechtes Auge kaum zu öffnen vermochte. Doch ihm genügte, was er erkennen konnte. „Verflucht, es ist unmöglich, mich in diesem Zustand zu zeigen.“
„So ist es, Hoheit. Ich schlage vor, dass Ihr Euch auf die Sommerresidenz zurückzieht, bis Ihr Euch selbst wieder ähnlich seht.“
Aren seufzte und stieg ins Wasserbecken hinab.
„Fernerhin gehe ich davon aus, dass Ihr in Eurem jetzigen Zustand weiblicher Gesellschaft entsagt.“
„Gut kombiniert“, brummte der Prinz mürrisch, weil er auf sein Vergnügen verzichten und sich selbst waschen musste. „Veranlasse alles für meine Abreise und schreibe meinem Vater diesbezüglich eine Nachricht.“
„Wie Ihr wünscht, Hoheit.“
Tarek verbeugte sich und zog sich zurück.