Читать книгу Der Prinz und das Mädchen - Junia Swan - Страница 12
ОглавлениеNach dem Frühstück begleitete Rana die Königin und ihre Hofdamen durch die Gärten. In Gesellschaft der vornehmen Damen nahm sie das Mittagessen ein. Am Nachmittag fuhr sie als Teil einer Prozession an der Seite des Prinzen auf einem Wagen durch die Stadt. Es war ein alter Brauch, dass das königliche Brautpaar Münzen unter das Volk warf, welches jubelnd die Straßen säumte. Dabei näherten sie sich allerdings ihrem früheren Wohngebiet Mahalle-Tire nicht.
„Warum lassen wir es aus?“, fragte sie an Aren gewandt. „Die Menschen dort könnten das Geld dringend gebrauchen.“
Er wandte sich ihr nicht zu, sondern steuerte den Wagen konzentriert in der Spur des Gefährts vor ihnen.
„Viertel wie jenes, existieren offiziell in unserem Land nicht“, erklärte er knapp und Rana runzelte die Stirn.
„Dennoch sind sie da“, hielt sie fest dagegen und legte ihre Hand auf seinen Unterarm.
Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu.
„Ja.“ Er seufzte. „Jedoch nicht für den König und noch weniger für mich.“
„Aber für Victor.“
Mit einem Ruck zügelte er den Wagen und sofort kam die Schlange hinter ihnen zum Stehen. Entgeistert musterte er sie.
„Auch für ihn nicht.“
Rana hielt seinem Blick stand. „Aber für mich“, blieb sie fest. „Ich wünsche, dorthin zu fahren.“
Mittlerweile hatte die Vorhut ebenfalls angehalten, da die Wagenlenker bemerkt hatten, dass der Prinz zurückgeblieben war. Sekundenlang überlegte dieser, dann winkte er einen Diener näher.
„Wir werden durch Mahalle-Tire fahren. Informiere den Zugführer.“
„Sehrwohl, Hoheit.“
Der Untergebene verneigte sich und eilte davon. Überwältigt blickte Rana ihren zukünftigen Gatten an. Dieser Gesichtsausdruck ließ ihn lächeln.
„Ihr ändert Eure Pläne?“, fragte sie fassungslos.
„Ja, scheint so.“
Wärme dehnte sich wohlig in ihr aus und sie konnte nicht widerstehen und beugte sich vor. Dabei stellte sie sich auf die Zehenspitzen und berührte für einen flüchtigen Moment mit der Stirn zärtlich seine Wange. Das Volk jubelte angesichts dieser liebevollen Geste euphorisch und einen Flügelschlag lang verfingen sie sich im Blick des jeweils anderen.
„Ich danke Euch“, wisperte sie überwältigt.
Er nickte, richtete sich zur Straße hin aus und ließ die Zügel auf die Pferderücken sausen. Mit einem Ruck setzte sich das Pferdegespann wieder in Bewegung.
Nur schwer gelang es Rana, sich zurückzuhalten und nicht vom Wagen zu springen und zu der alten Frau zu laufen, die, wie immer, an einer Mauer neben dem Markt lehnte, zu entkräftet, um einen Schritt zu gehen. Sie wünschte, sie könnte zu ihr eilen und ihr eine Münze in die Hand drücken, doch wusste sie, dass sie mit einem solchen Verhalten das Entgegenkommen des Prinzen unnötig herausforderte. Für den Augenblick begnügte sie sich damit, sich zu versprechen, bald hierher zurückzukehren. Möglicherweise an Victors Seite.
Bis nach dem Abendessen ergab sich keine Gelegenheit mehr, mit dem Prinzen unter vier Augen zu sprechen. Als Rana sich verabschiedete, vermutete sie, dass sie ihn erst wieder am folgenden Tag bei der Hochzeit treffen würde. Doch wurde sie überrascht, als man ihr mitteilte, dass er sie zu sehen wünschte. Sie zog sich einen Seidenmantel über das fließende Nachtkleid und betrat kurze Zeit später die Gemächer des Thronfolgers. Der Prinz war vollständig bekleidet und saß auf einem ausladenden Sofa, ein Glas in der Hand, welches mit einer goldenen Flüssigkeit gefüllt war, die leicht schaukelte, als er es auf den Tisch stellte. Seine Augen wanderten zu ihr und sein Blick prickelte auf ihrer Haut. Doch sein Gesicht blieb ausdruckslos, weshalb ihr nicht gelang, herauszufinden, was ihm durch den Kopf ging. Mit einer lässigen Geste deutete er auf das Sofa ihm gegenüber und sie setzte sich schweigend. Er beobachtete sie derart intensiv, dass Hitze in ihre Wangen stieg und diese zum Brennen brachte. Als sie seine Musterung kaum noch ertragen konnte, senkte sie den Blick. Da erhob er sich, schlenderte zu einem Regal und griff nach einem Beutel. Während er an seinen Platz zurückkehrte, warf er ihn locker in die Luft und fing ihn wieder auf. Es klirrte leise und Rana beobachtete ihn verunsichert. Nachdem er sich ihr gegenüber niedergelassen hatte, beugte er sich vor, öffnete das Täschchen und leerte den Inhalt auf den Tisch. Steine in unterschiedlichen Farben ergossen sich vor ihrem Auge und Rana suchte fragend seinen Blick.
„Es ist ein Spiel“, erklärte er. „Ich werde es dir erläutern. Es liegen viele Nächte vor uns, in denen wir uns die Zeit vertreiben müssen. Damit sollte es gelingen.“
Bis auf die wenigen Jahre in ihrer Kindheit hatte Rana nie gespielt und Vorfreude ließ sie in die Hände klatschen.
„Wie funktioniert es?“, wollte sie begeistert wissen.
„Es gibt sieben Farben. Davon steht eine jede für eine Zahl. Blau für eins, grün für zwei und so weiter.“
Rana lauschte ihm aufmerksam.
„Stell dir vor, dieser Tisch ist in vier Felder unterteilt.“ Sie nickte und hörte ihm konzentriert zu, stellte schnell fest, dass es in hohem Maße kompliziert war.
„Bedenke, dass die Zahl, zweier diagonaler Felder immer durch zwei teilbar sein muss und die andere durch fünf. Verstanden?“
Rana schwirrte der Kopf, doch sie nickte tapfer.
„Los, probieren wir es!“
In der nächsten Stunde verlor Rana jede Runde, trotzdem machte es ihr Spaß, mit dem Prinzen zu spielen. Wobei sie zunehmend mehr gegen die lähmende Müdigkeit ankämpfte, die unnachgiebig an ihren Augenlidern zog. Als er es bemerkte, schob er die Spielsteine zusammen und ließ sie zurück in den Beutel rieseln.
„Du kannst gehen“, teilte er ihr mit und sie erhob sich gähnend.
„Danke für den anregenden Abend“, murmelte sie und streckte sich, dann wandte sie sich um.
„Wir sehen uns morgen vor dem Traualtar“, rief er ihr nach und sie hielt sekundenlang inne.
„Ach ja, stimmt.“
„Gute Nacht.“
„Schlaft gut“, murmelte sie und begab sich zurück in ihre eigenen Gemächer.
Als sie weg war, klingelte Aren nach einem Diener.
„Hoheit, Ihr wünscht?“
„Bring mir eine der Sklavinnen.“
„Sehr wohl, Hoheit. Habt Ihr einen speziellen Appetit?“
„Schwarze Haare und dunkle, mandelförmige Augen“, orderte der Prinz und stellte entsetzt fest, dass diese Beschreibung vollkommen auf Rana zutraf. „Nein“, lenkte er schnell ein. „Blond. Blaue Augen.“
„Euer Wunsch ist mir Befehl.“
Als der Diener gegangen war, starrte Aren auf jenen Ort, an dem seine Braut vor wenigen Minuten gesessen war. Ein Muskel zog in seiner Brust und er wollte nicht daran denken, dass er sie nie würde haben können.
Ein hellblauer Himmel spannte sich seit dem frühen Morgen über Massada und Rana wünschte insgeheim, der Tag wäre schon vorbei. All die Blicke, die auf ihr ruhen würden, das leere Versprechen, das sie geben musste, die Menschen, die sie betrog – nichts davon nützte ihr dabei, sich besser zu fühlen. Teil dieses Geheimnisses zu sein, lag ihr schwer im Magen. Man brachte ihr das Frühstück in die Gemächer, doch sie hatte keinen Hunger und knabberte nur an der Ecke des klebrigen Gebäckstückes, das vor ihr auf einem Teller lag. Erst nach dem Mittagessen half man ihr in das türkisfarbene, golddurchwirkte Brautkleid. Ein passendes Tuch wurde ihr um die Schultern gelegt, welches später an den Seiten einer Tiara befestigt wurde, um ihr Gesicht zu verbergen. Schon vor Tagen hatten die Diener das Gerücht ihrer überwältigenden Schönheit und von der Eifersucht des Prinzen, diese mit niemandem teilen zu wollen, gestreut. Dem Jubel nach zu urteilen, der seit Stunden bis in ihre Gemächer geweht wurde, hatte das die Fantasie der Bürger angeregt. Rana hasste den Umstand, sich verstecken zu müssen, doch hatte sie keine andere Wahl, wenn sie ihrem zukünftigen Mann helfen wollte. Und das war ihr ein Herzensanliegen.
Sie atmete tief ein, als die Hofdamen sie abholten, in ihre Mitte nahmen und vor den Palast führten. Man setzte sie in eine offene, goldene Kutsche, vor die sechs weiße Pferde gespannt worden waren. Bis auf den eindrucksvoll gekleideten Pferdelenker musste sie den Weg bis zur Zeremonien-Kuppel allein bewältigen. Sie zitterte und konzentrierte sich auf die verschwommenen Gesichter, die sie umringten. Versuchte, sie voneinander zu unterscheiden und ihnen persönlich zuzuwinken. Doch es gelang ihr nicht. Die Minuten strichen an ihr vorbei und gaukelten ihr vor, sich in einem märchenhaften Traum zu befinden.
Trompetenschall empfing sie, als sie sich dem wuchtigen Gebäude näherte, und sie umklammerte den opulenten Blumenstrauß, den man ihr irgendwann in die Hand gedrückt hatte. Man deutete ihr, die Festhalle zu betreten, und sie gehorchte. Um die tausenden Blicke, die auf ihr ruhten, zu vergessen, starrte sie geradeaus auf der Suche nach Prinz Aren. Hoch aufgerichtet in einer staatsmännischen Uniform mit Goldepauletten auf den Schultern, erwartete er sie am Ende des Saals, kam ihr sogar ein paar Schritte entgegen. Kurz bevor sie ihn erreichte, streckte er einen Arm in ihre Richtung und lächelte sie freundlich an. Mehrere Herzschläge lang vergaß sie alles um sich herum und ihre Knie wurden weich. Schon legte sie ihre Hand in seine und, noch bevor sie sich vor dem Zeremonienmeister einfanden, wusste sie, dass jenes Versprechen, das sie ihm in wenigen Minuten geben würde, so echt war, wie ihr Kleid, der Jubel und das Gebäude. Für den Rest ihres Lebens wollte sie sich an ihn binden, mit einem Schwur, der die Unvergänglichkeit in sich trug. Es tat nichts zur Sache, dass er gedachte, sie in naher Zukunft zu verlassen. Bei dem Gedanken durchzuckte sie stechender Schmerz und sie klammerte sich fester an ihn. Er lenkte seine Aufmerksamkeit auf sie und die Art, wie er sie ansah und die Worte betonte, die er feierlich wiederholte, ließen sie hoffen, dass er ebenso empfand. Während des Ehegelübdes löste eine der Hofdamen eine Seite des Tuches, damit Zeremonienmeister und Bräutigam sichergehen konnten, dass es tatsächlich sie war, die die Ehe mit dem Prinzen einging. Dann wurde es wieder befestigt und Rana verließ neben ihrem frisch angetrauten Mann die altehrwürdigen Mauern und wurde Augenblicke später von Sonnenschein und Jubel verschluckt.
Es ergab sich keine Möglichkeit für einen Wortwechsel, nicht einmal während der langen Kutschenfahrt zurück zum Palast. Dort angekommen wurden sie voneinander getrennt und Rana in ihre Gemächer gebracht, wo sie umgezogen wurde. Zum Glück durfte sie für die restlichen Feierlichkeiten den Schleier ablegen. Es bestand kein Grund anzunehmen, dass einer der Gäste sie erkennen könnte.
Als sie den Festsaal betrat, stellte sie fest, dass Prinz Aren ausgezeichneter Laune war. Er bemerkte sie und winkte sie zu sich. Wieder kam er ihr lächelnd entgegen.
„Da bist du endlich“, raunte er ihr ins Ohr, umrahmte ihr Gesicht mit seinen Händen. Vor allen Anwesenden und ungeachtet der Regeln der Etikette beugte er sich vor und küsste sie.
Augenblicklich begann sich die Welt um Rana zu drehen und sie befürchtete von dem Wirbelsturm, der in ihrem Inneren aufbrandete, mitgerissen zu werden. Sie klammerte sich an seine Schultern, während sie ihm ihren Mund öffnete und von der Hitze seiner Leidenschaft verbrannt wurde. Als er sich von ihr löste, fing er ihren Blick auf und sie meinte, zu erkennen, dass es ihn einige Anstrengung kostete, in die Gegenwart zurückzukehren.
„Das wollte ich tun, seit ich dich unter der Zeremonien-Kuppel gesehen habe“, flüsterte er und gab sie frei.
Verwirrt zog sie ihre Hände zurück, Gefühle wie diese kannte sie nicht. Was hatte er nur mit ihr angestellt? Verunsichert sah sie sich um. Da spießte sie, scharf wie die Schneide eines Säbels, der Blick eines Mannes auf. Es war ihr unmöglich, ihm zu entrinnen, deswegen blickte sie in die Richtung, aus der sie ihn fühlte, und zuckte zusammen, als sie Tarek erkannte. Er musste nichts sagen, um äußerst bedrohlich zu wirken, und ein inneres Zittern machte sie bewegungsunfähig. Da zog der Prinz sie mit sich zu ihren Plätzen und sie zwang sich, die Anwesenheit des Beraters zu vergessen.
Es war noch nicht spät, als man sie wieder in ihre Räumlichkeiten führte, um sie für die Hochzeitsnacht vorzubereiten. Innerlich starr, da sie nicht wusste, was sie zu erwarten hatte, ließ sie alles über sich ergehen. Um ihre Unsicherheit zu verbergen, senkte sie den Kopf, während sie nach einiger Zeit einem Lakaien zu den Gemächern ihres Gemahls folgte. Verwirrt stellte sie fest, dass der Prinz nur mehr eine Hose trug und sein Oberkörper im warmen Schein der Lampen schimmerte. In einer Hand hielt er einen Krummsäbel. Als der Diener gegangen war, winkte er sie näher.
„Was habt Ihr vor?“, wollte sie leise wissen und ihre Augen sogen sich an dem Messer fest.
„Komm!“, befahl er ihr und schritt ihr in das angrenzende Zimmer voraus.
Zögernd folgte sie ihm in sein Schlafzimmer. Ein riesiges Bett dominierte den Raum, der trotzdem so weitläufig wirkte, als könnte man sich in ihm verlaufen.
„Leg dich hin“, forderte er knapp und sie versuchte in ihm zu lesen. Doch nichts an seinem Gesichtsausdruck deutete darauf hin, was er vorhatte.
Angstvoll tappte sie zum Bett und legte sich nieder. Schloss die Augen. Was plante er nur? Warum hatte er sie hierher bestellt, obwohl er nicht beabsichtigte, sie zu der Seinen zu machen?
Die Matratze senkte sich, als er sich neben ihr niederließ. Mit einer Hand schob er ihr Nachthemd höher. Jetzt war ihr alles klar: Der Berater hatte gelogen. Der Prinz würde die Ehe mit ihr vollziehen und sie dabei wie eine Hure behandeln. Nicht wie seine unschuldige Prinzessin, die nie zuvor einen Mann gesehen hatte. Tränen brannten in ihren Augen und sie schluckte, um sie zu unterdrücken. Als ihr Unterleib seinem Blick preisgegeben war, forderte er sie auf, die Beine zu spreizen. Sie biss die Zähne zusammen, leerte ihren Kopf und tat, was er von ihr verlangte. Dann spürte sie seine Hände, die sie überall berührten, nicht zärtlich oder liebevoll, sondern als würde er etwas zwischen ihren Schenkeln und darauf verstreichen. Verwirrt öffnete sie die Augen und schrie erschrocken auf, als sie Blut entdeckte, das ihre Haut und das Bettlaken rot färbte. Sein Blick glitt zu ihr und er nickte. Im nächsten Moment erhob er sich.
„Du kannst dich wieder bedecken“, sagte er im Hinausgehen. Vollkommen durcheinander kam sie auf die Beine und rannte ihm nach.
„Woher habt Ihr das Blut? Ich habe nichts gespürt“, rief sie und beobachtete, wie er die Klinge des Dolches reinigte.
Er öffnete seine linke Handfläche und sie bemerkte einen tiefen Schnitt darin. Sie keuchte entsetzt.
„Hätte es keine andere Möglichkeit gegeben?“, fragte sie bleich.
„Keine, die so leicht umzusetzen war“, erwiderte er und legte das Messer beiseite.
Dann wandte er sich zu ihr um. „Wie steht es? Bist du bereit, wieder gegen mich zu verlieren?“
Verstört versuchte sie, zu begreifen, dass er sie an ihrer intimsten Stelle berührt hatte, ohne etwas dabei zu empfinden. Sein Benehmen stand im krassen Gegensatz zu dem glühenden Kuss, mit dem er sie vor allen Anwesenden verschlungen hatte. War es nur Schauspiel gewesen? Dazu gedacht, den Hof von seinen Gefühlen für sie, zu überzeugen? Ihr Mut sank. Wie betäubt nickte sie und er holte den Beutel mit den Steinen.
Spät in der Nacht kehrte sie in ihr Schlafzimmer zurück und kuschelte sich in die flauschigen Kissen. Todmüde schloss sie die Augen. Viel zu schnell wurde sie geweckt und die Erste Hofdame beobachtete sie dabei, wie die Zofen ihr das Nachthemd auszogen. Wieder musste sie sich, diesmal nackt, aufs Bett legen und die Blicke der Zeugen ertragen, welche die Blutspuren registrierten und zufrieden nickten. Dann war es endlich vorbei und sie durfte baden.
Die Feierlichkeiten setzten sich fort. Eine Festrede folgte der nächsten und die Feier wurde am Abend mit einem gewaltigen, chinesischen Feuerwerk abgeschlossen. Nie zuvor hatte Rana etwas dergleichen gesehen und sie legte überwältigt eine Hand über ihr Herz.
„Prinzessin, mir kam zu Ohren, dass Ihr den Festzug bis nach Mahalle-Tire ausgedehnt habt“, stellte eine Stimme neben ihr fest und sie drehte ihr Antlitz von dem märchenhaften Schauspiel fort und zu ihrem Nachbarn.
„Das ist richtig, Victor“, erwiderte sie lächelnd.
„Weshalb, wenn ich fragen darf?“
„Weil die Menschen dort die Münzen nötiger haben, als jene in den reichen Vororten.“
Seine Augen verengten sich sekundenlang. „Ihr habt den Prinzen dazu überreden können?“
„Das war nicht schwer. Es war ihm ebenfalls ein Anliegen.“
„Tatsächlich?“ Victor musterte sie, als würde er ihr kein Wort glauben.
„Ja! Der Prinz hat ein großes Herz.“ Sie lächelte ihn offen an. „Genauso, wie Ihr, habe ich recht?“
Er wandte sich ab und starrte in den Himmel. „Ich frage mich, wo Ihr einander begegnet seid, Prinzessin. Es muss ein weit entfernter Ort gewesen sein.“
Rana strich sich mit den Handflächen über die Oberarme und blickte ebenfalls wieder zu den explodierenden Farbschnüren empor.
„In meinem Heimatland“, sagte sie leise und in Gedanken versunken.
„Wie mir scheint, war dies eine ausgezeichnete Fügung des Schicksals.“
Sie kam nicht umhin, strahlend zu lächeln, als sie sich daran erinnerte, wie der Prinz auf ihrem alten Bett gelegen war und was sie zu ihm gesagt hatte.
„So wirkt es“, stimmte sie Victor zu. „Und ich freue mich, dass Ihr ebenfalls so empfindet.“