Читать книгу Der Prinz und das Mädchen - Junia Swan - Страница 11

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Die folgenden Wochen vergingen wie im Flug, da Rana von früh bis spät in ihre neue Rolle eingewiesen wurde. Sie durfte wundervolle Kleider anprobieren, die richtige Aussprache lernen und musste üben, würdevoll zu schreiten. Seit der Prinz sie aus ihrer Welt gerissen hatte, hatte sie sich verändert. Doch fremd wurde sie sich erst, als man sie in eine Prinzessin verwandelte. Wenn sie sich im Spiegel betrachtete, konnte sie nicht fassen, dass sie es war, die ihren Blick wie ein Fabelwesen mit großen Augen erwiderte. Ihre Haare schimmerten wie Seide und fühlten sich genauso an. Teurer Schmuck glänzte an ihrem Hals, an den Ohren, den Fußknöcheln, den Fingern und an den Handgelenken und, wenn sie den Arm hob, erklangen die hellen Töne winziger Glocken. Wenn sie sich bewegte, erscholl eine Wolke aus leisen Klängen. Zum Glück gewöhnte sie sich schnell daran, trotzdem pochte ihr Herz heftig, als man sie abholte und in einer Kutsche zurück in die Stadt und zum königlichen Palast brachte. Sie hoffte inniglich, sich an alle Regeln zu erinnern und ihre Unsicherheit überspielen zu können.

Ihr schien es, als ruhten hunderte Augenpaare auf ihr, als man sie einen langen Gang entlang führte, der vor einer überwältigend hohen Flügeltüre endete. Uniformierte Lakaien öffneten diese gleichzeitig und der Hofmeister trat beiseite, damit sie an ihm vorbeigehen konnte. Während sie in den Raum schwebte, registrierte sie nebenbei, dass die Tür hinter ihr geschlossen wurde. Nervös blieb sie stehen und sah sich um. Da fiel ihr Blick auf ihn, den einzigen Menschen, der außer ihr anwesend war.

„Oh“, hauchte sie, als sie ihn erkannte und machte einen zögernden Schritt in seine Richtung. „Seid Ihr es wirklich? Jetzt, da Ihr nicht mehr so verunstaltet ausseht, wie in jener Nacht, seid Ihr kaum wiederzuerkennen.“

Obwohl er nicht auf sie zukam, bemerkte sie, dass er lächelte.

„Ich bin es“, bestätigte er und sie wagte sich näher, während sie ihn neugierig musterte. „Auch du hast dich verändert.“

Sie kicherte. „Ja, kaum zu glauben, nicht wahr? Ich wollte Euch schon längst für das, was Ihr für mich getan habt, danken. Ich hätte nie zu träumen gewagt, dass jemand beim Prinzen höchstpersönlich ein gutes Wort für mich einlegen würde.“

Mittlerweile stand sie nur mehr wenige Schritte von ihm entfernt.

„Jene Nacht muss unser Geheimnis bleiben“, bat er und sie nickte.

„Selbstverständlich! Ich werde Euch niemals verraten!“

Verschwörerisch zwinkerte sie ihm zu, dann sah sie sich suchend um.

„Seid Ihr hier, um mich zum Prinzen zu begleiten?“, wollte sie nach einer Weile wissen, da er keine Anstalten machte, etwas zu unternehmen, sondern sie schweigend betrachtete. Sie vermochte sich seinen Augenausdruck nicht zu erklären. Ihr schien es, als schimmerte Bedauern darin. Aber das konnte genauso Einbildung sein. Sie hatte mit Männern seiner Schicht keinerlei Erfahrung.

„Ich habe mich dir nicht vorgestellt“, sagte er plötzlich, ohne auf ihre Frage einzugehen, und sie nickte leicht.

„Das stimmt, was sehr unhöflich von Euch war.“

Ihre komplette Aufmerksamkeit kehrte zu ihm zurück und sie beobachtete, wie er leise lachte.

„Gestatte mir, es jetzt nachzuholen.“

Sie machte eine übertriebene, ausholende Handbewegung. „Nur zu!“

Er verbeugte sich knapp und sie hielt den Atem an, da er vornehmer, als alle Männer wirkte, die sie je zuvor gesehen hatte.

„Prinz Aren von Paishalom. Dein zukünftiger Gemahl.“

Ihr fiel die Kinnlade hinunter und sie starrte ihn mit großen Augen an, unfähig, sich zu bewegen. Entsetzten explodierte in ihr, während ihr all die Worte, die sie ihm gegenüber jemals geäußert hatte, in den Sinn kamen.

„Nun, wie ich sehe, bist du überrascht.“

Mit aller Kraft schloss sie den Mund und sank vor ihm in einen tiefen Knicks, wobei sie den Kopf demütig senkte.

„Verzeiht mein ungehöriges Auftreten“, murmelte sie verstört. „Ich wollte Euch nicht brüskieren und das mit der Kuhpisse, habe ich nicht so gemeint. Ich versichere Euch, dass ich sie Euch niemals zum Trinken gereicht hätte.“

Sein warmes Lachen beruhigte ihren rasenden Puls und seine Hand, die er ihr auffordernd anbot, geriet in ihr Blickfeld. Nervös legte sie ihre Hand in seine und er zog sie in die Höhe. Seine beunruhigend klaren Augen bohrten sich in ihre.

„Das ist ein Umstand, den ich wahrlich zu hoffen wage, obwohl ich mir trotzdem nicht sicher bin, ob du nicht ...“

Vehement schüttelte sie den Kopf und ihre dunklen Locken wippten. Er zog seine Hand zurück.

„Wie auch immer. Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet, weil du dich bereit erklärt hast, mir zum zweiten Mal zu helfen. Es ist von immenser Wichtigkeit, dass wir jeden am Hof von der Echtheit unserer Ehe überzeugen.“

Rana nickte und wieder stieg Beunruhigung in ihr auf, die von dem dunklen Schatten, der über seine Pupillen glitt, verstärkt wurde. Schnell, als wollte er seine Gedankengänge vor ihr verbergen, wandte er sich ab.

„Wir werden übermorgen heiraten“, erklärte er und sie blickte auf seine breiten Schultern, die das weite Hemd, welches er trug, kaum kaschieren konnte.

„Ich weiß“, erwiderte sie unbehaglich.

„Damit dich niemand erkennt, wirst du in der Öffentlichkeit einen Schleier tragen“, fuhr er fort.

„Auch das wurde mir bereits mitgeteilt.“

„Es darf keiner jemals erfahren, wer du in Wahrheit bist. Es wäre mein Untergang.“

Rana schluckte schwer, darum bemüht, sich den Schmerz über seine Worte nicht anmerken zu lassen. Für eine kurze Zeit hatte sie vergessen, woher sie kam. Hatte sie angenommen, eine Prinzessin zu sein. Aber das war sie nicht und sie durfte dies niemals aus den Augen verlieren.

„Heute Abend werde ich dich dem Volk und meinen Eltern präsentieren.“

„Ich bin bereit.“

Da drehte er sich wieder zu ihr und überwand die Distanz zwischen ihnen. Der Prinz griff nach ihren Händen und suchte ihren Blick. Als sie ihn scheu erwiderte, meinte er aufrichtig: „Du erweist dem Volk einen großen Dienst, auch, wenn nie jemand davon erfahren wird. Du sollst wissen, dass ich für immer in deiner Schuld stehe.“

„Aber nein, Hoheit“, entgegnete sie kopfschüttelnd. „Ihr werdet mich fürstlich entlohnen. Damit ist Eure Schuld abgegolten.“

Wieder verdüsterten sich seine Augen sekundenlang und das Lächeln, welches er ihr schenkte, wirkte gezwungen.

„Du bist überaus großzügig“, sagte er, gab ihre Hände frei und trat zu einer Klingelschnur, an der er zog.

Sofort öffnete sich die Tür und ein Diener kam herein.

„Führen Sie die Prinzessin in ihre Gemächer.“

Der Lakai verbeugte sich und wartete darauf, dass Rana ihm folgte. Sie drehte sich ein letztes Mal zum Prinzen und bemerkte, dass er sich abgewandt hatte. Die junge Frau holte tief Luft, kehrte um und eilte dem Diener hinterher.

Als sie Stunden später auf dem Weg war, um der Königsfamilie, deren Beratern und zu guter Letzt dem Volk vorgestellt zu werden, befürchtete Rana, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Sie konnte sich an keine Situation in ihrem Leben erinnern, die sie mehr beängstigt hatte, als die Minuten, die ihr bevorstanden. Der Schleier, der in absehbarer Zeit ihr Gesicht verhüllen würde, lag locker um ihren Hals. Das aufwendig bestickte Kleid, welches ihren Körper wie in ein Gespinst aus feinem Gewebe bettete, wehte um ihre Gestalt und wurde von einem gedrehten Gürtel aus einer Goldfaser zusammengehalten. Bevor sie die hohen Türen erreichte, wurden diese geöffnet und ein riesiger Saal erstreckte sich vor ihren Augen. Jetzt war der Moment gekommen, in dem sie bewusstlos herniedersinken würde. Da trat jemand an ihre Seite und als sie aufsah, erkannte sie den Prinzen, der ihr freundlich zulächelte und einen Arm bot. Dankbar hängte sie sich ein und bohrte ihre Finger angespannt in sein Fleisch, was er nicht kommentierte. Er war so muskulös, deshalb vermutete sie, dass er ihre feste Umklammerung nicht bemerkte. Höflich beugte er sich näher und raunte ihr zu: „Du siehst bezaubernd aus und gereichst mir zur Ehre!“

Dieses freundliche Kompliment ließ sie erröten und sie erwiderte sein Lächeln. Dann begleitete sie ihn weiter in den Saal hinein.

„Prinzessin Rana von Azurien“, schallte eine Stimme hinter ihr und sämtliche Anwesenden drehten ihre Köpfe und musterten sie neugierig, wobei sie alles daran setzten, gelassen auszusehen. Prinz Aren hielt mit ihr vor einer Balustrade und gestattete es seinem Hofstaat, sie zu betrachten. Dann wandte er sich dem Herrscherpaar zu.

„Darf ich vorstellen, meine Braut, Prinzessin Rana von Azurien. Rana, das sind meine Eltern, König Lexis und Königin Alyssa von Paishalom. Sie konnten es kaum erwarten, dich kennenzulernen.“

Rana löste ihre Hand von ihrem Verlobten und sank in einen tiefen Knicks. Die Finger des Herrschers umschlossen ihr Handgelenk und zogen sie in die Höhe, um sie eindringlich zu betrachten.

„Aren hat aus Euch das bestgehütete Geheimnis bei Hofe gemacht. Keiner von uns ahnte, dass er sich schon vor einem Jahr für Euch entschieden hatte. Aber so war er immer, stets für eine Überraschung gut.“

Rana wagte ein zaghaftes Lächeln.

„Mir scheint, er hat eine ausgezeichnete Wahl getroffen.“

Er gab sie frei und sie knickste vor der Königin.

„Schenkt meinem Sohn noch in diesem Jahr einen Erben und Ihr habt Eure Pflicht erfüllt“, riet die Mutter ihres Verlobten und Rana nickte, obwohl sie sich die rätselhaften Worte nicht zu erklären vermochte. Der Berater hatte ihr auseinandergesetzt, dass der Königssohn sich ihr nicht auf diese Weise nähern würde. Jetzt trat der Prinz wieder neben sie und führte sie weiter.

„Meinen engsten Vertrauten kennst du mittlerweile: Tarek Haaleh.“

Ihr Herz krampfte sich so fest zusammen, dass sie es nicht verhindern konnte und zusammenzuckte. Die Augen des verhassten Mannes ruhten spöttisch auf ihr und ihr war bewusst, dass er ihre Reaktion wahrgenommen hatte. Schnell neigte sie den Kopf.

„Erfreut, Euch wiederzusehen“, presste sie mühsam hervor.

„Die Freude liegt bei mir“, erwiderte er glatt und wandte sich dem Prinzen zu. „Victor ist erpicht darauf, Eure Braut kennenzulernen.“

„Wo ist er?“, wollte der Prinz wissen und Rana bemerkte, dass sich sein Körper verspannte.

„Hoheit“, schallte plötzlich eine Stimme hinter ihnen und sie drehten sich gleichzeitig um.

Ein mittelgroßer, sehr dünner Mann verbeugte sich vor ihnen und heftete seine Augen auf Rana, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte.

„Victor, darf ich Euch meine Braut, Prinzessin Rana, vorstellen?“

Sein Blick bohrte sich in sie und fraß sich bis in ihr Inneres durch. Dabei befürchtete sie, dass er sie augenblicklich durchschaute. Ein weiteres Mal verstärkte sie den Griff um des Prinzen Unterarm. Es würde schwer werden, vor Victor ihre wahre Herkunft zu verbergen.

„Dies ist der mächtigste Mann nach dem König“, erklärte Prinz Aren und seine Stimme klang unbeteiligt, was Rana insgeheim wunderte. Ihr Bräutigam war ihr immer als überschäumend leidenschaftlich erschienen. „Leider ist er von mir nicht sonderlich angetan.“

Überrascht musterte die Prinzessin ihren Begleiter, um dann wieder zu ihrem Gegenüber zu sehen.

„Der Prinz missversteht meine Kritik“, entgegnete Victor. „Meine Position erfordert ein Nachfragen in Bezug auf verschiedene Anweisungen. Ich diene Eurem zukünftigen Gatten mit aufrichtigem Herzen.“

Dabei blitzte etwas in seinen Augen auf, das Rana nicht entschlüsseln konnte. War es Hinterlist?

„Und was genau, wenn ich nachfragen darf, erregt Euer Missfallen?“, vermochte sich Rana nicht zurückzuhalten und stellte ihre vorwitzige Frage.

Überrascht über ihre offensichtliche Missachtung der Etikette, schossen seine Augenbrauen in die Höhe. Ein Räuspern des Prinzen ließ sie erkennen, dass sie zu weit gegangen war. Doch da sie unverkennbar bis zum Hals im Fettnäpfchen steckte, konnte sie sich darin getrost für eine weitere kurze Weile aufhalten. Anstatt sich abzuwenden, sah sie ihn herausfordernd an.

„Ihr wollt wissen, was ich an Eurem Verlobten kritisiere?“

„Ja.“

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass der Prinz und sein engster Berater einen schnellen Blick austauschten, während Victor über die Schulter sah, um sich zu vergewissern, dass niemand sie belauschte.

„Es ist seine Sorglosigkeit. Seine Weigerung, sich mit den ernsten Problemen des Königreiches auseinanderzusetzen.“

Es war mutig, einen derartigen Tadel an einem Ort wie diesem zu äußern und ausgerechnet gegenüber der Braut des Prinzen. Rana wusste es instinktiv, genauso wie sie fühlte, dass viel mehr hinter seinem Vorwurf steckte. Schon als Kind hatte sie gelernt, unterschwellige Spannungen zu bemerken. Deswegen entging ihr nicht, dass sie sich auf gefährlichem Terrain bewegte.

„Wie mir scheint, hat sich der Prinz Eure Warnung zu Herzen genommen“, erwiderte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Denn ich bin bekannt für meinen Einsatz, das Leben der entmachteten Glieder der Gesellschaft zu verbessern. Demnach bin ich Eure Verbündete.“

Erleichtert beobachtete sie, wie sich Victors Züge glätteten. Dann lächelte er sie schmal an.

„Ich bin gespannt“, erwiderte er. „Nach Ende der Hochzeitsfeierlichkeiten würde ich mich über Eure Begleitung beim Besuch des königlichen Kranken-Asyls freuen.“

„Es wäre mir eine Ehre.“ Rana lächelte ihr Gegenüber offen an.

Victor verbeugte sich und warf, bevor er sich abwandte, einen letzten, prüfenden Blick auf den Prinzen. Als sie wieder allein waren, wandte sie sich ihrem Verlobten mit schuldbewusster Miene zu.

„Es tut mir leid“, flüsterte sie zerknirscht. „Ich wollte Euch nicht bloßstellen. Es hat mich nur ernstlich interessiert, was ihm an Euch missfällt.“

Prinz Aren lächelte nicht, während er sie mit gerunzelter Stirn studierte.

„Mir scheint, du hast ein diplomatisches Händchen“, stellte er nach einer Weile fest, die ihr Unbehagen verstärkt hatte.

„Wie bitte?“ Perplex erwiderte sie seinen Blick.

„Du hast ihn um den Finger gewickelt“, erläuterte er und deutete auf das Tuch. „Und jetzt verhülle dich! Wir werden vor das Volk treten.“

Die Freude über sein Lob ließ sie strahlen und sie kam seiner Aufforderung aufgeregt nach. Doch als ihr Blick auf Tarek fiel, der sie finster taxierte, erstarb ihre Euphorie und sie schluckte, kämpfte darum, die Erinnerungen an seine forschen Lippen zu verdrängen. Und an seine großen Hände, die sie erbarmungslos gehalten hatten.

Der Prinz deutete ihr Unbehagen zweifellos falsch, denn er legte eine Hand an ihren Rücken und schob sie mit sich. Tarek blieb hinter ihnen zurück und, als die Terrassentüren aufgerissen wurden, verstärkten sich die Jubelrufe zu ihren Füßen. Rana meinte, von einer Woge aus Menschen und Freudenschreien mitgerissen zu werden. Sekundenlang war es ihr unmöglich, sich zu bewegen. Doch dann hob sie ihre Hand und winkte anmutig, genau so, wie Zan Merizadi es ihr beigebracht hatte.

Bevor ihr die Arme abfielen, zogen sie sich vom Balkon zurück und es folgte ein opulentes Bankett. Rana war mittlerweile so erschöpft, dass sie befürchtete, nicht bis zum Ende durchhalten zu können. Es war überaus anstrengend, permanent konzentriert zu sein oder zu spielen, dass man es war, dabei alle Verhaltensregeln im Hinterkopf durchzugehen und sich nach ihnen zu richten. Zum Glück wurde von ihr vorrangig erwartet, den Mund zu halten und nur zu sprechen, wenn man eine Frage an sie richtete. Wie ungewöhnlich ihr Wortwechsel mit Victor gewesen war, wurde ihr erst im Laufe des Abends immer deutlicher bewusst.

Sie war dankbar, als man ihr gestattete, sich in ihre Gemächer zurückzuziehen, und schlief fast ein, als die Zofen sie für die Nacht umkleideten und ihre Haare flochten. Ihre Augen fielen in dem Moment zu, als sie das Kopfkissen berührte.

„Hast du das gesehen?“, fragte Aren seinen engsten Berater, nachdem sich die Männer in das Wohnzimmer des Prinzen zurückgezogen hatten, um bei einem letzten Glas Wein den Abend ausklingen zu lassen. „Sie hat ihn in den Ärmel gesteckt. Mit einem einzigen Satz.“

Tarek schüttelte den Kopf. „Man kann nur hoffen, dass sie es lernt, sich angemessen zu verhalten.“

„Unter Umständen ist aber genau ihre unverkrampfte Art der Weg, den dieses Land braucht?“

„Paishalom benötigt einen besonnenen Herrscher, der sich seiner Pflicht bewusst ist.“

„Meine Verpflichtung ist mir gegenwärtig“, fauchte Aren, doch schon in der nächsten Sekunde hellte sich seine Stimmung auf. „Victors Überraschung war außerordentlich komisch und wie er sich darum bemüht hat, diese zu überspielen. Wenn meiner Prinzessin dergleichen öfter gelingt, werde ich sie vielleicht rechtzeitig in Sicherheit bringen und somit behalten.“

„Das könnt Ihr nicht“, entgegnete Tarek streng. „Es wäre ein Sakrileg, außerdem würde es unseren Plan gefährden.“

Aren zuckte mit den Schultern und seufzte. „Ja, du hast recht. Wir werden sehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln.“

Tarek trank das Glas in einem Zug leer und stellte es ab. Dann wandte er sich der Tür zu.

„Benötigt Ihr noch etwas?“

„Nein, danke, du kannst gehen.“

Der Berater des Prinzen warf einen prüfenden Blick über seine Schulter, dann zog er sich leise zurück.

Rana hatte sich daran gewöhnt, früh geweckt zu werden. In den letzten Wochen hatte man ihren Lebensrhythmus vollkommen umgestellt. Ein klein wenig vermisste sie es, nicht mehr bis spät in den Morgen schlafen zu können, und stattdessen stundenlang gebadet, eingecremt, frisiert und angekleidet zu werden. Aber die weichen Stoffe auf ihrer noch weicheren Haut zu fühlen, entschädigte sie für den Aufwand.

Als sie fertig war, brachte man sie zum Prinzen, den sie auf seiner Terrasse antraf. Genaugenommen saß er auf der Steinbrüstung, ein Bein angezogen, auf dessen Knie er seinen Arm lässig abgelegt hatte. Er starrte über die Gartenanlagen und die pulsierende Stadt, die von diesem Ort aus vollkommen ruhig wirkte, hinweg. Rana überlegte, woran er wohl dachte und hielt unschlüssig inne.

„Mein Prinz, ich bin hier“, sagte sie nach einer Weile leise und er drehte sich zu ihr.

Mit einer fließenden Bewegung glitt er von der Mauer und schritt ihr entgegen.

„Guten Morgen, Prinzessin“, grüßte er freundlich, ergriff ihre Hand und beugte sich galant darüber. Dann neigte er sich tiefer und seine Lippen drückten sich warm auf ihren Handrücken. Rana hielt überrascht die Luft an. „Hast du angenehm geruht?“

„Vielen Dank, ausgezeichnet, wie auf Wolken! Und Ihr?“

„Zu lange“, stellte er fest und richtete sich wieder auf.

„Was meint Ihr damit?“

„Damit wollte ich ausdrücken, dass mir meine Abenteuer fehlen. Seit ich mir das letzte Mal ein drittes Ei geholt habe, sind Monate vergangen!“

Rana sog erschrocken die Luft ein und errötete. Wie gemein von ihm, sie mit ihrem einstigen Fehlverhalten zu konfrontieren! Aber sie würde seine Neckerei nicht auf sich sitzen lassen.

„Seid nicht traurig“, tröstete sie ihn und Schalk blitzte in ihren Augen auf, „zwei stehen Euch besser.“

Diesmal war es an ihm, sie entgeistert anzusehen, dann begann er zu lachen.

„Du charmante Person!“

Er löste sich von ihr und strich sich mit einer Hand durchs Haar.

„Abgesehen davon bin ich nicht mehr dort, um Euch zu retten“, fuhr sie mutig fort. „Wer, außer mir, soll Euch denn sonst von der Straße auflesen?“

„Dergleichen wird nicht wieder vorkommen. Ich lerne aus meinen Fehlern.“

„Ah, dann bin ich beruhigt.“

Seine Augen funkelten, als er sie genauer betrachtete. „Trotzdem überlege ich, wie lange eine derart tollkühne Person, wie du es bist, am Hof überleben wird. Nicht jeder vermag es so gut wie ich wegzustecken, wenn seine Ehre mit Füßen getreten wird.“

Sie spielte aufrichtige Reue. „Tut mir leid, ich wollte Euch nicht kränken.“

Sein Blick ruhte auf ihr und wieder umwölkte ein dunkler Schatten sekundenlang seine Stirn. Er überwand die Distanz zwischen ihnen, hob eine Hand und legte sie an ihre Wange. Sein Daumen strich sanft darüber.

„Niemals hätte ich angenommen, mich auf die Ehe zu freuen. Doch jetzt tue ich es. Das ist mir ein Rätsel, noch dazu, da sie eine Farce ist.“

Verunsichert wich sie ihm nicht aus, bemerkte, wie seine Zärtlichkeit sie in ihrem Inneren berührte und etwas in ihr löste. Er beugte sich tiefer, kam ihrem Gesicht langsam näher.

„Rana“, flüsterte er sanft.

Seine Lippen waren nur mehr einen Fingerbreit von ihren entfernt und sie schloss die Augen, öffnete ihm ihren Mund und erwartete seine zärtliche Übernahme. Doch plötzlich gab er sie frei und trat zurück.

„Nein“, stieß er hervor, „das führt zu nichts.“

Die junge Frau riss die Augen auf und sah ihn an. Ein merkwürdiges Gefühl hatte sich mit seinem Zurückweichen über sie gestülpt und es misslang ihr, es zu definieren.

„Gehen wir“, sagte er, wieder Herr der Lage, und sie hängte sich bei ihm ein.

Der Prinz und das Mädchen

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