Читать книгу Fürstin des Nordens - Trilogy - Juryk Barelhaven - Страница 11
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ОглавлениеEs wurde noch ein langer Abend.
Getränke wurden gereicht, Lieder wurden gespielt und munter dazu gesungen. Die Fürstin schüttelte betrübt den Kopf, nickte aber wacker zum Verlust ihres Vermögens und ging von Tisch zu Tisch, um den Männern zu ihrem Sieg zu beglückwünschen. Alles in allem, so meinten die Leute, nahm sie es gut auf. Die Werwölfe waren besiegt- jene verhassten Feinde, die man all der Zeit ertragen musste. Kein blutiger Kampf, sondern durch ein Spiel, das überwiegend von Glück und Kalkulation bestimmt wurde. Es schien nur passend, dass die Hohen Herren durch die Intelligenz der Menschen besiegt wurden. Aber was noch wichtiger war als der Goldschatz in jedermanns Beutel: die Fürstin hatte sich zu einem Wettstreit von ihrem Thron zu ihnen bemüht und fair gespielt. Natürlich fair. Wer spielte schon falsch, nur um zu verlieren?
Wenn man den richtigen Ansatzpunkt gefunden hatte, war alles ein Kinderspiel. Bei den Bürgern war es die Würde.
Der Morgen graute fast, als Claudile mit dröhnenden Schädel zu Pater Brain hinübersah. Er lächelte knapp ihr zu, und nickte wissend.
Er weiß es, dachte sie und nickte zurück. Er weiß es genau, aber er sagt nichts.
Natürlich war es ein gut geplantes Schauspiel. Wo die Münzen herkamen, gab es noch viel mehr und irgendwie schien das jeder zu wissen, aber keiner sprach es laut aus. Denn das hätte den Traum zerstört.
Sie erwachte mit den schlimmsten Kopfschmerzen ihres Lebens und auf dem Rücken liegend auf dem Bett. Sie hatte noch immer die Soldatenhose an, die mittlerweile Löcher und Risse aufwies – und getrocknetes Erbrochenes – das war das erste, was sie registrierte. Das Licht brannte, und jemand saß auf der Kante ihres Bettes und presste ihr ein angefeuchtetes, eiskaltes Tuch über Stirn und Augen.
Als sie die Lider hob, lief ihr Wasser in die Augen. Sie blinzelte, hob den Arm und versuchte das Tuch samt der Hand, die es hielt, beiseite zu schieben.
„Bleibt liegen, Herrin“, sagte Francesco, als sie sich automatisch in die Höhe stemmen wollte. Die Sorge in seiner Stimme war echt, ebenso wie die Besorgnis in seinem Blick, die nicht geschauspielert war.
In ihrem Kopf erwachte, ein grausamer, pochender Schmerz, der so heftig war, dass ihr für einen Moment übel wurde.
„Ich habe kein Mitleid mit euch“, stellte ihr Freund klar und verschränkte die Arme vor der Brust. „Heute haben wir etwas gelernt. Ihr vertragt keinen Alkohol. Nach dem Geruch, der an Euch haftet, möchte man meinen, Ihr hättet darin gebadet.“
„Kein Wort mehr“, befahl sie schwach mit belegter Stimme und fühlte Schwindel und Übelkeit. „Ich will sterben…“
Sein Blick wurde etwas versöhnlicher. „Das habt Ihr gut gemacht. Obwohl ich der Meinung bin, dass einige Leute durch die Tür kamen, sich das Geld holten, dann aus dem Toilettenfenster klettern – nur, um sich dann wieder anzustellen. Der Verlust hält sich in Grenzen. Aber wir sollten das nicht jeden Abend machen, denn sonst ist das Fürstentum am Ende des Monats bankrott.“ Zufrieden stand er auf, ging zum Fenster und riss die schweren Vorhänge beiseite. „Nun, ein neuer Tag bricht an. Was habt Ihr heute vor?“
Hinter Claudiles Stirn wirbelten Bilder und Erinnerungsfetzen durcheinander, ohne im ersten Moment einen Sinn ergeben zu wollen.
Sie blickte ihn an, bekam plötzlich große Augen und schaffte es gerade noch den Kopf zur Seite zu drehen.
„Gute Güte“, schniefte Francesco. „Das mache ich nicht weg.“
Um zwölf Uhr fand Claudile die nötige Kraft und die Energie, um endlich aufzustehen und sich zu waschen. Als sie zurück in ihr Zimmer kam, war das Malheur bereits verschwunden – nur ein feuchter Fleck auf dem Teppich zeugte von ihrem ungezügelten Nachtleben. Auf dem frisch gemachten Bett lagen frische Klamotten, ein Tablett mit einem Kräutertee und frisches Brot vom Vortag. Sie schnüffelte kurz.
Sie hatte Fritz richtig eingeschätzt. Der Mann überlebte, weil er ein Wetterhahn war und immer darauf achtete, wohin der Wind wehte, und derzeit wehte er in ihre Richtung. Er hatte sogar an Socken und Unterhose gedacht, obgleich das nicht zu seinen Aufgaben gehörte. Eine aufmerksame Geste.
„Möchtet Ihr Frühstück, Herrin?“ Fritz sah sie von der Tür freundlich an und deutete hinter sich auf die Treppe nach unten. „Ich kann euch etwas zubereiten, wenn Ihr wollt.“
„Danke, Fritz. Aber ist das nicht eher die Aufgabe von Bettina?“
„Darüber wollte ich mit Euch reden“, sagte der Haushalter. „Die Glückliche Bettina ist wohl kaum die Richtige. Ich würde mich mit einem Schreiben nach Hrolung aufmachen, um dort an der Städtischen Schule für Zofen und Hebammen eine geeignete Magd mit tadellosem Ruf suchen zu lassen. Es würde nur zwei Wochen dauern, …“
„Ich sehe dazu keine Veranlassung.“
„Sie ist eine Bürgerliche…“
Ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Brust.
„Das sind Mägde im Allgemeinen“, wies Claudile zurecht. „Ich brauche keine Küchenmagd mit blauem Blut, ich brauche jetzt eine geeignete Kraft. Die Glückliche Bettina wurde von Francesco gestern eingestellt.“ Sie besah sich im Spiegel und zupfte an ihren roten Locken. „Schockiert, Fritz?“
„Erstaunt, Herrin.“ Sein Lächeln löste sich allmählich auf. „Wir müssen an der Etikette festhalten. Und diese vielen Kinder! Empfindet Ihr das nicht als störend?“
Die Art, wie er „Kinder“ sagte, gefiel ihr nicht.
Ganz und gar nicht.
„Nein.“
„Warum?“
Claudile richtete sich kerzengerade auf. Langsam ging ihr Fritz wirklich auf die Nerven.
„Wenn ich Francesco richtig verstanden habe, haben wir gestern viele aus der Stadt eingestellt. Ich beabsichtige nicht in nächster Zeit eine Dinner-Party zu geben, nur um dann mit dem Finger auf die Küchenmagd zu zeigen und zu sagen: Wusstest ihr schon, dass unser Personal eine tadellose Ausbildung hat? Es kümmert mich nicht.“
„Nein, offensichtlich nicht“, murrte Fritz und versuchte es sogleich anders: „Dürfte ich in einer delikaten Angelegenheit mit Euch sprechen?“
Claudile schmerzte noch immer der Kopf. „Nein, Fritz. Jetzt gerade nicht. Ich gehe nach draußen auf den Markt. Bisschen frische Luft schnappen.“
„Ihr würdet mit den gewöhnlichen Bürgern auf einem Platz sein“, platzte es aus ihm heraus.
Claudile wandte sich vom Spiegel ab. „Keine Sorge, Fritz. Sie werden mich schon nicht auf ihr niedriges Niveau herabziehen. Du musst lernen, die Angelegenheit etwas entspannter zu sehen.“
Sie wandte sich um, doch da war Fritz schon verschwunden. In der Ferne hörte sie ihn immer schneller gehen.