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Liebe Leserin und lieber Leser,

für ein Fachbuch beginnen wir jetzt sehr persönlich. Du wirst in diesem Buch neben konkreten Ideen, Werkzeugen und Methoden insgesamt viel über uns, Jasmine und Kai, erfahren – und das ist auch gut so. Denn man spürt ein Konzept am besten aus dem Blickwinkel derer, die es leben. Wir experimentieren seit Jahren mit Agilität im Alltag, in unserem Elternsein, ja sogar in unserer Beziehung und (eben auch) im Berufsleben. Agilität ist nicht die Lösung für alles, aber oft ein guter Kompass.

Wir brennen dafür, das Miteinander und damit auch die Arbeitswelt menschlicher und besser zu machen und genau das auch in unseren Seminaren vermitteln zu können.

Dieser Weg war auf so vielen Ebenen ein wichtiger Schlüssel für uns als Agile Coaches, dass wir dieses Wissen nun einfach mit dir teilen müssen. Aber lass uns kurz in die Vergangenheit schauen, wie es eigentlich dazu kam:

Es war im Frühjahr 2014, als ich ziemlich ausgebrannt die Koffer packte und mit meiner damaligen Freundin nach Neuseeland fuhr.1 Über sieben Jahre war ich zu dem Zeitpunkt bereits als freiberuflicher Agile Coach und Interim Scrum Master unterwegs. Ich hatte Dutzende Teams und Unternehmen gesehen, in den unterschiedlichsten Branchen, mit den unterschiedlichsten Menschen. Doch irgendwie fühlte ich mich leer. Der Aufwand, als Selbstständiger Aufträge zu akquirieren, in digitale Sichtbarkeit zu investieren und Tage gegen Tagessätze zu tauschen, war aus der Balance gekommen.

Ich begab mich auf eine Art Suche: Wie könnte es gehen, in der Arbeitswelt positive Veränderung zu bewirken, ohne dabei Schritt für Schritt auszubrennen? Was wäre ich auch für ein Beispiel für eine Kultur von »New Work«, wenn ich selbst keine nachhaltige Version derselben leben würde? Kann man wirklich ausbrennen, wenn man »sustainable pace«2 lebt?

Ich stieß bei meiner Suche auf eine Handvoll Menschen, die irgendwie glücklicher schienen, irgendwie ausgeglichener, irgendwie erfolgreicher. Sie hatten mehr Zeit für Kreatives und weniger Zwang zur Akquise. Sie hatten mehr Sichtbarkeit am Markt und andere finanzielle Möglichkeiten. Sie hatten Familien und Zeit für diese. Trotzdem waren sie ebenfalls im gleichen agilen Markt unterwegs – teils unternehmerisch, teils als Berater angestellt. Irgendwas machte ich wohl falsch.

Ich musste einfach tiefer verstehen, wie genau diese Menschen handelten. Sie traten als Coaches, Trainer und Berater auf und machten doch vieles anders als ich, der täglich irgendwo in Deutschland oder der Schweiz als Coach arbeitete, teils bei zwei unterschiedlichen Kunden in der Woche. Langsam, aber sicher ging der Spaß an der Sache verloren und wenn ich es mir eingestand, fing ich auch an, den Sinn zu hinterfragen. Und ich war doch genau für dieses Ziel angetreten: für Sinn und Spaß bei der Arbeit!

In Neuseeland begriff ich wie nie zuvor, wie groß meine Liebe zur Freiheit eigentlich ist. Bei meinem Wertequartett wäre das wohl »mein Supertrumpf«, die Karte, die alles sticht. Umso mehr ich mit ein wenig Abstand mein Berater-Hamsterrad wahrnahm, in dem ich mich seit Jahren zerrieb, desto mehr wusste ich: So geht es nicht weiter.

Doch das Schicksal hatte ein nettes Ass im Ärmel. Ich fand eine neue berufliche Heimat in der kleinen Schweizer Unternehmensberatung DasScrumTeam, die von Menschen geführt wurde, die auf ihrem Weg weiter als ich waren. Während der kommenden fünf Jahre lernte ich dort, dass ein großer Schlüssel zur Freiheit als Agile Coach in der Kraft hervorragender Trainings liegt: Scrum-Seminare sind nicht nur inhaltlich und menschlich hochinteressant, sie sind auch der ideale Ort, um neue Aufträge zu akquirieren. Durch die Bindungen, die bereits in einem Seminar entstehen, und das gemeinsame Wissensgebäude macht eine Fortführung im Kontext des eigenen Unternehmens häufig Sinn. Dabei fällt es sowohl leichter, durch das gemeinsam Erlebte anzuknüpfen wie auch Pläne für ein besseres Morgen in der Organisation oder Abteilung zu schmieden. Die Frage »Bietet ihr auch Coaching an?« hörte ich oft in meinen Kursen.

Darüber hinaus erwirtschaftet ein gut besuchtes Training den gleichen Umsatz, den sonst viele Tage Coaching bedeuten. Das ist vielleicht an sich nicht so spannend, aber die Möglichkeiten, die in dieser Dimension liegen, sind wundervoll. Über Jahre hatte ich dadurch einen Kalender, der abseits der Seminare nachmittags ab 14 Uhr den Kindern gewidmet war. Unsere große Tochter kam mit dem städtischen Hort nicht zurecht und so konnte ich neben meinem Job gut abfedern, was sie in dieser Zeit brauchte. Und auch unsere Dreijährige ließen wir nur mit schlechtem Gewissen lange im Kindergarten, denn wir sahen, wie sehr sie durch unsere Nähe aufblühte.

Nun, das alles war für uns persönlich sehr angenehm – doch in diesem Buch geht es um dich. Wo stehst du gerade? Wie empfindest du deine Wirkung auf die Arbeitswelt? Was sind deine aufgeschobenen Träume? Was nagt seit Jahren an dir und sollte längst passieren?

Für uns war es in den letzten Jahren beispielsweise wichtig, die verschiedenen Achsen des Lebens integrieren zu können: Podcasten, Bloggen, Sport, Familien- und Paarzeit, musizieren, Freundschaften. All diese Dinge bereichern unser Leben auf wundervolle Art und Weise. Die Entscheidung, unser Coaching durch Seminare zu bereichern, hat dabei sehr geholfen. Was ist es bei dir? Was fehlt?

Wir zeigen dir in diesem Buch unsere konkreten Schritte, um die eigene Wirkung durch die Kunst herausragender Scrum-Seminare so zu verstärken, dass mehr Menschen von deiner Arbeit profitieren und du auf diese Weise mehr von der Freiheit findest, die du dir wünschst.

Du magst dich vielleicht fragen, weshalb wir dir all dieses Wissen so freigiebig anvertrauen. Nun, das hat gleich mehrere Gründe.

Mit diesem Buch suchen wir Verbündete auf unserer Reise, die Arbeitswelt menschlicher zu machen. Scrum und Agilität sind dafür ein starker Katalysator. Aber die Arbeitswelt von heute ächzt. Wir erleben immer mehr Menschen, die unzufrieden und unglücklich an ihrem Arbeitsplatz sind. Psychische Krankheiten nehmen zu – und spürbare Innovation im gleichen Maße ab. Die Anzahl der psychisch bedingten Krankheitsfehltage hat sich in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppelt, psychische Erkrankungen sind mit 16 % der drittgrößte Verursacher von Arbeitsausfällen [Marschall et al. 2019]. Die Veränderungen durch die Corona-Pandemie haben die Belastung unserer Gesellschaft dabei zusätzlich signifikant erhöht.

Scrum bietet unserer Erfahrung nach eine Chance, ein Umfeld zu schaffen, in dem ein Scrum Master aktiven Einfluss auf das psychische Wohlergehen eines Teams nehmen kann. Wir sind daher der Meinung, dass es mehr Menschen braucht, die in die Welt rausgehen und Agilität und Scrum auf eine nahbare und umsetzbare Weise vermitteln und Organisationen dabei helfen, dieses Wissen auch in der Praxis umzusetzen. Durch intensive Seminare wird jeder Agile Coach gleichzeitig auch Multiplikator und wir durchdringen mehr und mehr unsere aktuelle Arbeitskultur.

Ein weiterer, eher persönlicherer Grund treibt uns zusätzlich an: Wir hatten Lust, eine neue Tiefe in unsere Arbeit zu bringen. Dieses Buch zwang uns dazu, intensiv über die Art und Weise nachzudenken, wie und warum wir viele Dinge tun. Wir hoben so unser Lernen auf eine neue Ebene. Anders könnten wir dir gar nicht erklären, was wir tun und mit welcher Intention. Salopp gesagt könnte also gesagt werden: Wir hatten Lust darauf, dieses Buch zu schreiben, um uns weiterzuentwickeln. Unsere gemeinsame Firma heißt genau deshalb auch sehr absichtsvoll Agile Growth Academy. Wir mögen es einfach, andere und damit auch uns selbst im Wachstum zu begleiten. Und wir hoffen natürlich, dass dies auf dich abfärbt – zumindest haben wir das Buch die ganze Zeit mit dir als Leserin oder Leser im Hinterkopf geschrieben. Solltest du an Agilität interessiert sein oder als Agile Coach oder Scrum Master arbeiten, so ist dieses Buch für dich gemacht.

Uns beschäftigte vor der Veröffentlichung auch die Frage, inwieweit die Konzepte und Ideen dieses Buches auch in Zukunft, in einer Welt mit und nach dem Corona-Virus relevant bleiben. Lass uns dazu zwei Punkte beleuchten:

1 Agilität ist mittlerweile unstrittig zu einem Mainstream-Thema in der IT geworden.Bei der Frage, wie sie sich weiterentwickelt, haben wir leider keine Glaskugel, doch frage dich selbst: Wird die IT-Branche zukünftig eher wachsen oder schrumpfen? Wie sieht es in anderen Industrien aus? Werden wir in Zukunft mehr Fließbandarbeit oder mehr Wissensarbeit in Europa haben? Welches Potenzial siehst du für den Einsatz von Agilität bei Branchen fernab der IT-Industrie? Welche Auswirkung hatte das Corona-Virus auf die Notwendigkeit von Unternehmen, erfolgreich auf Veränderungen zu reagieren? Du merkst an unseren Fragen: Wir sind der Überzeugung, dass die digitale Transformation anhält und der Bedarf an Scrum Mastern und Agile Coaches steigt. Gut für alle, die das mögen. Gut für alle, die ihre Erfahrungen auch in Seminaren weitergeben wollen.

2 Die Arbeitswelt kann noch an sehr vielen Stellen von echter Agilität profitieren.Was ist dein Eindruck? Wie oft gibt es echte Agilität in Unternehmen? Wir sprechen hier also von Unternehmen, die ihre Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt stellen und erfolgreich auf Veränderungen reagieren und dabei noch die Mitarbeitenden begeistern können. Wir meinen: Es gibt viel zu wenige. Das ist sehr schade angesichts der immensen Wirkung, die Scrum auf die Menschen in Unternehmen hat. Gerade im deutschsprachigen Raum haben wir nach wie vor einen großen Nachholbedarf, was eine echte Innovationskultur und menschenfreundliche Arbeitsbedingungen angeht. Schritt für Schritt könnten wir so das Rennen um Technologieerfolge und Experten oder Expertinnen global gedacht verlieren – was sich langfristig auch auf den Wohlstand und unseren Einfluss in der Welt auswirken wird.

Wenn nun mehr Branchen profitieren können und es noch viel zu tun gibt, bis wir echte Agilität vermehrt leben, stellt sich die Frage: Wer soll dieses notwendige Wissen in alle Branchen und in alle Nischen verbreiten?

Viele Kolleginnen und Kollegen in der Agile Community teilen mit uns diese Mission einer neuen Arbeitswelt. Wir selbst sind jetzt schon viele Jahre dabei, dies mit und in verschiedenen Firmen umzusetzen – und doch ist das meiste noch ungetan.

Wir sind überzeugt, dass es mehr branchenspezifische Experten und Expertinnen braucht, um einen nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel unserer Arbeitskultur zu erreichen: Menschen, die aus ihrem einzigartigen Blickwinkel auf Scrum schauen. Menschen, die die agilen Ideen adaptieren und so dazu beitragen, die Arbeitswelt nachhaltig zu verbessern – für uns alle und nicht zuletzt für die Generationen nach uns.

Die Bühne ist also für dich bereitet: Welche Facette trägst du zum Thema Scrum bei? Was ist deine einzigartige Vorprägung, deine Vorerfahrung? Finanzwesen? BWL? Mechatronik? Philosophie? Unsere Arbeitswelt braucht Menschen mit spezieller Nischenexpertise, die Scrum nicht nur verstehen – sondern auch vermitteln können. In genau ihrer jeweiligen Version, mit genau ihrer Haltung und ihrem Wissen. Gesell dich dazu! Es wird dich und die Welt bereichern. Und die intensiven Kontakte aus einem mehrtägigen Seminar helfen dabei, deinen Wirkungskreis Stück für Stück zu erweitern.

Wir sind überzeugt: Wenn du nur zwei, vielleicht drei Trainings im Jahr in deinen Koffer als Agiler Coach packst, dreht sich das Spiel schon zu deinen Gunsten. Und falls du schon jetzt Seminare gibst, wird unser Konzept dich sicher inspirieren, wie du deine Teilnehmer noch gezielter erreichst und deine innere Haltung weiterentwickeln kannst.

Viel Spaß beim Eintauchen!

Jasmine Simons-Zahno und Kai H. Simons, Mannheim, Juli 2021

PS: Sende uns gerne nach der Lektüre dein Feedback3 zu. Wir freuen uns schon darauf!

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