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1.4Plädoyer zweier Coaches für die Nutzung von Trainingsinterventionen

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Neben meiner Rolle als Certified Scrum Trainer® bin ich, Kai, einer von zwölf Beraterinnen und Beratern im deutschsprachigen Raum, die ebenfalls Certified Enterprise Coaches® sind. Ohne im Scrum-Alliance-Jargon zu sprechen, heißt das: Ich habe ziemlich viel gecoacht über die Jahre, auch in großen Umgebungen mit mehr als 18 Scrum-Teams.

In diesem Buch geht es um ein Handwerkszeug und eine Haltung als Agile Coach, die nur wenige intensiv ausgeprägt haben: Es geht um die Kraft herausragender Scrum-Trainings. Was bringt mir das nun als Coach? Wir haben es im letzten Abschnitt bereits angerissen: Früher oder später treffen wir auf Menschen, die nicht überzeugt davon sind, dass Scrum eine gute Idee ist. Das können Menschen sein, die einfach noch kein Vorwissen darüber haben, oder auch Mitarbeitende, die das Ganze für grundfalsch halten oder schlechte Erfahrungen damit gemacht haben.

Für alle – egal ob Skeptikerinnen, Neueinsteiger oder Neugierige – brauchen wir passende Interventionen, um eine Verhaltensänderung zu ermöglichen.

Nun sind wir leider der festen Überzeugung, dass man Menschen nicht ändern kann, das müssen sie schon selbst tun. Aber was man ändern kann, ist, wer man selbst ist und welche Erfahrungsräume man Menschen mit seiner eigenen Haltung aufspannt.

Für uns sind Seminarräume dabei viel mehr als ein paar Stühle und Tische und große Fenster. Es sind psychologische Räume, die das Sammeln relevanter Erfahrungen ermöglichen, das Entdecken zutiefst verändernder Grundglaubenssätze über das (Arbeits-)Leben. Nur wenn wir diesen Job gut hinbekommen, verdient unserer Meinung nach ein Training wirklich diesen Namen.

Was ist ein Seminar, bei dem ich so herauskomme, wie ich reinging? Verschwendete Zeit meinen wir. Nette Selbstbestätigung. Dann lieber ein Dankbarkeits-Tagebuch schreiben am Pool mit einem Cocktail in der Hand – das gibt auch Selbstwert.

Doch muss es immer ein Training sein, in dem diese Konzepte vermittelt werden? Viele der Übungen, die wir hier in diesem Buch beschreiben, haben wir auch außerhalb des Seminarraumes in unserer Praxis als Agile Coaches angewandt. Die ergebnisoffene Haltung eines Coaches ist in vielen Fällen sehr hilfreich für seine Kundinnen, um zu persönlichen Erkenntnissen zu gelangen und diese zu vertiefen. Manchmal sind wir aber in der Situation, dass schlicht zu wenig Wissen über die mit agilen Vorgehensweisen verbundene Haltung und Werkzeuge vorhanden ist und die Reflexion insbesondere im Gruppen- oder Teamkontext dann zu ungerichtet ist. Eigene Glaubenssätze können folglich nicht ausreichend verstanden und erkundet werden.

So ging es uns bei einem Kunden:

Es war eine brenzlige Situation, die dem Kunden die Existenz hätte kosten können. Das Projekt war gut angelaufen, aber nach und nach wurde es komplexer, das Team immer langsamer, zwischenmenschliche Beziehungen schwieriger und niemand hatte mehr das Gefühl, Herr der Lage zu sein. Eine Retrospektive ergab, dass die Verteilung der Verantwortlichkeiten unklar war und die drei Verantwortlichkeiten von Scrum auch unterschiedlich (miss-)verstanden worden waren. Die in diesem Buch beschriebene Verantwortlichkeiten-Übung führte bei allen Beteiligten zu der notwendigen Klarheit, um Veränderungen anzustoßen.

Unter anderem wurde erkannt, dass die Verantwortung des Product Owners mehrfach besetzt war und dies zu einer Diffusion dieser Verantwortlichkeit und Entscheidungen geführt hatte. Auch die Verantwortlichkeit des Scrum Masters war missverstanden worden und die Fähigkeiten, diese Verantwortung auszufüllen, waren zudem in dem Team (noch) nicht vorhanden. Die Entwickler hatten sich aus der Not heraus immer mehr in die jeweiligen Spezialisierungen »verkrochen«, statt zusammenzuarbeiten. Am Ende hat der geschriebene Quellcode weder zusammen- noch zu den Anforderungen gepasst. Notwendige Fragen konnten nicht gestellt werden und das für eine so große Herausforderung nötige Vertrauen zueinander fehlte. Zusammen wurde entschieden, die Scrum-Master-Verantwortlichkeit extern zu besetzen, die Product-Owner-Verantwortlichkeit neu zu schärfen und hier die Erwartungen vom Product Owner an die Entwickler und umgekehrt zu klären.

Anforderungen wurden des Weiteren nun so geschrieben, dass eine Zusammenarbeit erleichtert wurde. Auch die Rolle des Softwarearchitekten wurde nur noch übergangsweise so akzeptiert, wie sie war. Nach und nach sollte sie künftig als ein Mentor für das Team fungieren und das Team darin unterstützen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen.

Diese und weitere Maßnahmen waren das Ergebnis einer zweistündigen Trainingsintervention. Als direkt am Erkenntnisprozess Beteiligte wurden die Veränderungen vom Team mitgetragen. Das Team selbst hatte seine Dysfunktionen herausgearbeitet und Lösungsideen generiert. Eine ideale Ausgangsbasis für die weitere Coaching-Begleitung.

Also, wann auch immer du als Scrum Master, Agile Coach oder Beraterin andere Menschen in ihrer Haltung beeinflussen möchtest – und nichts anderes ist lernen –, legen wir dir als Interventionswerkzeug eine kurze oder längere Trainingssequenz ans Herz. Aus unserer Erfahrung dürfen wir im Gegensatz zu Ratschlägen sagen: Seminar-Sequenzen als gezielte Coaching-Interventionen funktionieren und liefern, was sie sollen: relevante Erkenntnisse, die die Menschen jetzt brauchen, mit denen wir arbeiten.

Scrum-Training

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