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2.3.3 Bedürfnisse: ihre Strukturierung und ihre Befriedigung

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Analyse und Befriedigung von Bedürfnissen sind schwierig – gerade auch bei Säuglingen und Kleinkindern, die sich noch nicht äußern können. Die Bedürfnisstrukturen können bei der Analyse von Situationen helfen, problematische Alltagsroutinen zu hinterfragen und mehrere Handlungsalternativen zu erwägen.

Wenn ein Säugling oder Kleinkind weint, ist die Ursache dafür zunächst meist unklar: Hat es Hunger oder Durst, ist die Windel gefüllt, hat es Bauchschmerzen? Diese Gründe würden auf physische Grundbedürfnisse hinweisen. Das Kind kann aber auch durch eine Situation erschreckt worden sein und Angst haben, es kann über das Nichtgelingen eines Vorhabens wütend sein, sich aus einer Gruppe ausgeschlossen fühlen, soziale Nähe suchen, Beachtung von anderen wünschen etc. Damit wäre letztlich eine Vielzahl der Bedürfnisse betroffen.

Jede Ursache verlangt eine andere Bedürfnisbefriedigung. Wird den Kindern immer zuerst Essen angeboten ( Kap. 2.2), dann können Kinder nur schwierig lernen, in Spannungssituationen oder bei Unzufriedenheit anders zu reagieren. Werden Hunger und Durst nicht beachtet, kann es auch lernen, seine Körpersignale zu ignorieren. Vor allem in Stresssituationen wird es erschwert, die Bedürfnisse differenziert wahrzunehmen und sie angemessen zu befriedigen. Häufig ist (vor allem in »außer Haus-Situationen«) zu beobachten, dass zunächst die Abfolge der »oralen« Angebote (Essen, Trinken, Schnuller) genutzt wird, das Kind aber erst aufhört zu weinen, wenn es auf den Arm genommen wird.

In der Diskussion um Essen und Ernährung wird oft nur der physische Bedarf thematisiert. Dabei wird ausgeblendet, dass von Geburt an Fütter- und Esssituationen idealtypisch immer die Befriedigung mehrerer Bedürfnisse beinhalten:

• Als physische Grundbedürfnisse werden Hunger und Durst gestillt, bei Füttersituationen kann zugleich die körperliche Nähe (z. B. auf dem Schoß) wärmen und Sicherheit geben.

• Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit sowie Autonomie und Selbstbestimmung ist für Kinder möglich, wenn ihr Hunger erkannt und ernst genommen wird, Präferenzen und Aversionen akzeptiert werden oder das selbstständige Essen gefördert wird.

• Der gemeinsame Esstisch, das Teilen der Nahrung, die gegenseitige Unterstützung etc. bieten die Erfahrung von sozialer Eingebundenheit und Zugehörigkeit.

Die Analyse und Befriedigung von Bedürfnissen setzt eine gute Beobachtung und Responsivität voraus (Gutknecht, 2015b; Gutknecht & Höhn, 2017; Kasten 2.1). Esssituationen sind ein Beispiel dafür, wie unterschiedliche Bedürfnisse zusammentreffen. Dies erklärt auch, warum über das Essen viele Konflikte ausgetragen werden können. Für Erziehung und Bildung älterer Kleinkinder ist zu beachten, dass in der Konsumgesellschaft, z. B. durch Werbung, Bedürfnisse geweckt und auf bestimmte Produkte gelenkt werden, mit denen diese geweckten Bedürfnisse befriedigt werden sollen – so werden Motivationen geschaffen. Die beworbenen Produkte müssen nicht wirklich zur Bedürfnisbefriedigung geeignet sein: So lässt sich bei Einsamkeit keine soziale Eingebundenheit über Schokolade herstellen – es sei denn, man bietet sie anderen an. Mit der Aktivierung des Bedürfnisses im Zusammenhang mit dem Angebot eines Produktes werden jedoch Motivationen gelenkt und mit Wünschen verbunden, die in der Situation die Hoffnung auf Bedürfnisbefriedigung versprechen. Diese Marketing-Strategie wird auch bei der Werbung eingesetzt, die sich an Kinder richtet (Methfessel, 2020; Methfessel et al., 2020).

Essen und Ernährungsbildung in der KiTa

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