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Kapitel 4

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Das Schweigen lastete schwer auf Hark. Seit einer Ewigkeit ritten sie durch die Wälder von Fallnon und folgten der Hauptstraße, die sich als breite Schneise durch die dicht mit Bäumen bestandene Landschaft zog. Hatte Hark den Wald erst noch als friedlich und schön empfunden, so ging ihm das wuchernde Grün nun schon auf die Nerven. Dichtes Buschwerk zwischen den mächtigen Stämmen verhinderte die Sicht auf das, was sich in ihrer Nähe befinden mochte und bewirkte, dass er sich ständig nach eventuellen Beobachtern umsah. Dazu kam das beinahe ununterbrochene Rascheln und Tappen von unsichtbaren Füßen. Es mochten Mäuse oder Vögel sein, die sich hier unter den Blättern verbargen, aber wer wusste das schon. Nur zu deutlich erinnerte er sich an die Hütte der Erdmagierin, an das Leben in ihrer Behausung.

Hark hätte viel dafür gegeben, endlich wieder ein Stückchen Wiese zu sehen und einen Überblick zu haben, wo sie unterwegs waren. Oder endlich wieder ein Wort von seinem Bruder zu hören.

Seit Alfryd aus dem Heilschlaf aufgewacht war und feststellen musste, dass er sich fern von Berinward-Arn in der Gesellschaft einer Erdmagierin befand, grübelte er vor sich hin, ohne Hark eines Blickes zu würdigen. Natürlich hatte der ihm zu erklären versucht, dass er nicht mehr am Leben wäre, hätte er ihn nicht aus dem Befehl und der Gewalt Perwyns befreit. Das Problem bestand hauptsächlich darin, dass Alfryd sich bestimmt noch immer seinem König verpflichtet fühlte, obwohl der ihn eigenhändig auf das Grässlichste misshandelt hatte. Er machte sich auch sicherlich noch immer Vorwürfe, dass er Herrn Anthos nicht hatte schützen können, wie es sein Eid von ihm verlangte. Natürlich lastete der Tod des jungen Königssohnes auch auf Harks Seele. Aber er hatte sich einen gesunden Fatalismus zu Eigen gemacht, der ihn vor solchen Grübeleien bewahrte.

Hark seufzte tief und hielt sein Pferd an. „Ich muss mit dir reden“, stieß er hervor. Alfryd reagierte nicht.

„Hey, du Sturschädel. Bleib stehen!“

Das Pferd seines Bruders begann zu tänzeln, unruhig geworden durch die laute Stimme.

„Halt deinen Mund“, fauchte der junge Mann. Er hatte alle Mühe, das Tier unter Kontrolle zu halten. Hark bemerkte die Schweißperlen auf der Stirn Alfryds. Sein Gesicht war bleich vor Anstrengung.

„Du hättest besser daran getan, dich noch ein wenig auszuruhen, um wieder zu Kräften zu kommen, anstatt wie ein wildgewordener Gaul einfach davon zu preschen“, nörgelte Hark.

„Bist du jetzt meine Amme, oder wie?“, knurrte Alfryd. „Glaubst du, weil du mich hierher verschleppt hast, kannst du über mich bestimmen?“

„Ach! Du wärst wohl lieber in diesem dreckigen Loch verendet, hä?“

„Ein ehrenhafter Tod ist immer noch besser als feige Flucht!“

„Ehrenhafter Tod? Dass ich nicht lache! Was soll daran ehrenhaft sein? Der Irrsinnige hat dich ohne Grund halb totgeprügelt!“

Alfryd presste die Lippen zusammen und funkelte Hark an. „Er hatte einen Grund. Ich habe versagt.“

„Du bist wirklich ein blöder Esel! Was hättest du tun sollen? Erinnerst du dich nicht? Herr Anthos hat uns fortgeschickt, mit dem ausdrücklichen Befehl, ihn nicht zu stören. Er hat uns sogar freigegeben. Wir sollten uns amüsieren, oder?“

„Aber …“

„Was – aber? Befehl ist Befehl. Er hat irgendetwas ausgeheckt, der junge Herr. Das sah man doch auf den ersten Blick. Der hatte etwas vor, bei dem er nicht gestört werden wollte. Und das ist ihm eben zum Verhängnis geworden. Dafür können wir nichts, das war einfach Schicksal.“

„Ich weiß.“ Alfryd seufzte tief. „Das sage ich mir ja auch ständig. Aber es hilft nicht viel. Und dann noch diese Sache mit der Königin. Ich habe mich überrumpeln lassen wie ein Neuling.“

Hark schnaubte. „Sag mir – was hättest du gegen zwei Magierinnen ausrichten können?“

„Gar nichts“, murmelte sein Bruder. „Doch dann solltest du mir erklären, warum du nichts Besseres zu tun hast, als mich zu so einer zu schleppen!“

„Nun - sie hat dir geholfen, oder etwa nicht? Ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Vielleicht solltest du mal darüber nachdenken!“

Hark hieb mit der Faust auf den Sattelknauf. Sein Pferd machte einen erschrockenen Satz zur Seite. Beinahe wäre er aus dem Sattel gerutscht. Geistesgegenwärtig klammerte er sich an einen Ast, der über den Weg hing.

Alfryd grinste. „Du warst schon immer ein mieser Reiter.“

Ein Lachen befreite sich aus Harks Brust. „Und du warst schon immer ein fürchterlicher Dickschädel. Aber vielleicht merkst du ja irgendwann einmal, dass ich es nur gut mit dir meine, kleiner Bruder!“

Schlagartig wurde der junge Mann ernst. „Ich schätze, ich habe mich ziemlich ekelhaft benommen. Dabei hast du alles aufs Spiel gesetzt, um mich zu retten.“ Er schwankte leicht, kalkweiß im Gesicht.

Sofort glitt Hark vom Pferd, war bei ihm und fing ihn auf. „Und ich schätze, wir sollten eine kleine Rast einlegen“, brummte er. Alfryd nickte, zu schwach, um zu protestieren.

Kurzerhand legte Hark sich seinen Bruder über die Schulter, ignorierte Alfryds abwehrenden Laut und bettete ihn abseits der Straße auf den Boden. Er führte die Pferde tiefer in den Wald, um sie an einen Baum zu binden. Dann nestelte er die Flasche vom Gürtel, die ihm die Erdmagierin mitgegeben hatte und hielt sie an Alfryds Lippen. Der schüttelte angewidert den Kopf, als er den süßlichen Duft roch, der dem Behältnis entstieg und beäugte es misstrauisch. „Was ist das?“

Hark grinste. „Keine Ahnung. Aber es schmeckt nicht schlecht, verwandelt dich bestimmt nicht in eine Kröte und hilft dir wieder auf die Beine. Also sei ein lieber Junge und vertraue mir einfach!“ Kurzerhand setzte er die Flasche an den Mund des Jüngeren. Dem blieb nichts Anderes übrig, als einen großen Schluck zu trinken. Hark nahm die Flasche erst weg, als er das Gefühl hatte, Alfryd genug von dem stärkenden Trank eingeflößt zu haben.

„Na siehst du. Geht doch. Und jetzt ruh dich aus. Du solltest einigermaßen gut aussehen, wenn wir in Halfyd-Arn ankommen. Schließlich kann die Königin bestimmt keine Jammergestalten brauchen.“

Der entsetzte Ausdruck in Alfryds Augen und die Tatsache, dass plötzlich flammende Röte die Blässe aus dem Gesicht seines Bruders vertrieb, entlockte ihm ein Glucksen. „Weißt du, so schlimm sind Magierinnen gar nicht“, sagte Hark vergnügt. „Ich könnte mir vorstellen, dass manche von ihnen wirklich nett sind.“

„Du bist total verrückt“, murmelte Alfryd noch, bevor ihm die Augen zufielen.

Diener des Feuers

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