Читать книгу Ulzanas Krieg - Karl H. Schlesier - Страница 14

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SECHS

Es war noch nicht ganz Vormittag, als Josanie und seine Männer die von Kezinne erwähnte Ranch passierten. Der Korral war leer, das Tor stand weit offen. Vor einer grob gezimmerten Blockhütte saß ein weißer Mann verwundet am Boden, und eine Frau in einem langen schwarzen Kleid kniete neben ihm. Als sie die Pferdeherde und die Apachen sah, stand sie auf und begann zu weinen. Aber die Männer schauten nur flüchtig hin und ritten weiter. Eine Meile weiter oben verengte sich der Canyon auf einer Strecke von ungefähr einhundert Yards zwischen hervorstehenden, gewölbten Felsen, bevor er wieder breiter wurde. Sie ritten durch die gewundene Spalte, und Josanie blickte zurück und hielt an. Er rief, und die anderen blieben ebenfalls stehen. Sein Pferd wendend, betrachtete er die Felsen rundum. Dann grinste er und machte eine ausladende Geste mit seiner linken Hand. „Seht euch diesen Ort an. Wir können hier warten und herausfinden, ob uns jemand folgt. Das ist der beste Platz für einen Hinterhalt, den ich je gesehen habe.” Und nach einer Pause sagte er: „Drei sollten mit den Pferden hier bleiben. Die anderen kommen mit mir.”

Nitzin, Nalgee, Galeana und Kezinne gingen mit Josanie in die Felsspalte und bezogen in der Nähe des Eingangs Stellung, wo sie ein freies Blickfeld auf den zerklüfteten Grund der Schlucht außerhalb hatten. Zwei Männer blieben auf dem Boden hinter Felsblöcken, während die anderen sich auf Simsen weiter oben Schusspositionen suchten.

Sie saßen da und lauschten geduldig. Nichts rührte sich, und eine Zeitlang waren keine anderen Geräusche zu hören als das Summen von Insekten und die Rufe von Vögeln. Hoch oben am blauen Himmel kreisten Bussarde. Dann bemerkten sie eine ferne Erschütterung, die stärker wurde und schließlich in ein vibrierendes Donnern überging, das von den Hufen vieler, schnell laufender Pferde verursacht wurde.

Die ersten Reiter kamen etwa vierhundert Yards entfernt in Sicht, wurden aber teilweise von Kieferngruppen und Ansammlungen von Felsen verdeckt. Dann kamen sie in den offenen Raum, etwa fünfzig Yards entfernt, und ritten so hart, wie es der Untergrund zuließ. Ein Schwall Männer tauchte auf, zwanzig, dreißig, dann mehr, immer mehr. Sie näherten sich schnell, Metall klirrte auf Metall, Steigbügel flatterten. Es war ein großes Aufgebot an Bergleuten und Rinderzüchtern, die kaum Kampferfahrung mit Apachen hatten, doch ihre große Zahl gab ihnen ein Gefühl der Sicherheit.

Die Krieger brauchten keinen Befehl. Sie erhoben sich aus ihren Verstecken, die Gewehre feuerten gleichzeitig, und die Spitze der Kolonne verschwand, als wäre sie gegen ein Stahlseil geprallt. Pferde fielen mit ihren Reitern, einige überschlugen sich und landeten mit dumpfen Geräuschen auf den Boden. Unfähig, die Kollision zu vermeiden, stürzten die folgenden Reiter kopfüber in das Gemenge vor ihnen. Die Krieger schickten einen Kugelhagel in das achtzig bis hundert Yards entfernte Gewirr aus Körpern. Sie standen frei, dem Feind zugewandt. Galeana, Kezinne und Nalgee trugen Repetiergewehre und sie schossen, so schnell sie die Hebel bedienen konnten. Als die Magazine leer waren, erhoben sie ihre Waffen und ließen den markerschütternden Kriegsschrei der Chokonen erschallen. Der Großteil der Schar galoppierte davon, doch zwischen den verendeten oder verletzten Pferden waren fünf Tote und einige Verwundete, die still dalagen oder versuchten wegzukriechen.

Josanie und die Männer sammelten die Waffen und Patronengurte ein: drei Revolver, Büchsen, Sättel. Als sie den Gewehrriemen eines Verletzten lösten, starb er mit einem Seufzen und wildem Blick. Vielleicht starb er aus Angst, weil er erwartete, gefoltert zu werden und nicht wusste, dass Apachenkrieger einen lebenden Feind nur selten oder wenn, nur aus besonderen Gründen verstümmelten und das Skalpieren verabscheuten, weil sie fürchteten, dass durch das Haar und die Haut des Toten eine Geisterkrankheit auf sie übergehen könne.

Niemand berührte die Toten und Verwundeten. Sie erschossen die verletzten Pferde, kümmerten sich aber nicht um eines, das allein und ruhig etwas entfernt stand. Josanie betete wieder mit Pollen und zog eine Linie zwischen sich und seinen Männern und den toten Weißen. Vielleicht konnten ja auch weiße Männer jene, durch deren Hand sie gefallen waren, mit Geisterkrankheit strafen.

Die Apachen schnürten Bündel mit den erbeuteten Waffen, Gurten und Sätteln und packten sie auf drei der Pferde, die sie von der zweiten Ranch geholt hatten. Am Stand der Sonne konnten sie erkennen, dass es fast Mittag war. Sie folgten dem Biber Bach weitere zwei Meilen stromaufwärts, dann wandten sie sich nach Süden und durchquerten ein hohes, zerklüftetes Gelände bis zum Fuß der Webster Mesa und zum Pine Canyon. Vorbei am Park Berg ging es weiter am Fuß der Mesa entlang bis zum San Francisco Fluss etwa vier Meilen südlich von Alma. Dort überquerten sie die weite, kiesbedeckte Ebene und den Fluss, dessen Wasser nicht höher als bis zum Bauch der Pferde reichte. Sie ritten unter riesigen Cottonwood Bäumen hindurch und überquerten eine gewundene Staubpiste oberhalb des Ostufers, die Silver City und Fort Bayard mit den Bergbaudistrikten von Cooney und Alma sowie der Rinderstadt Frisco und der Schafstadt Luna im Norden verband.

Auf der Straße verwischten sie ihre Spuren so gründlich wie möglich, doch sie wussten, dass sie die Apachenscouts der Armee trotzdem nicht würden täuschen können. Bald würde auf der Straße ein reger Militärverkehr herrschen. Sie ritten in das Tal des White-Flusses in den Mogollon Bergen, auf dem Weg, den die restliche Gruppe genommen hatte, und wandten sich an der Mündung des Little Whitewater Bachs nach Osten. Dort fanden sie das Camp in einem Hain von Espen und mächtigen Ahornen, umgeben von Ponderosa-Kiefern und Tannen. Zwei Männer aus Nanas Gruppe bewachten den Eingang.

Kezinne, der an der Spitze geritten war, zügelte sein Pferd und ließ Jungen aus dem Lager die gefangenen Tiere auf die Lichtung am Bach führen. Diese liefen nervös herum, einige mussten aus den Bäumen gescheucht werden. Sie wurden festgehalten und stromaufwärts gebracht, wo die Herde unter den Bäumen graste.

Die Leute hatten sich in zwei Reihen aufgestellt, und die Krieger ritten langsam und schweigend hindurch, berührt von ausgestreckten Armen. Am Rand des Lagers stiegen sie ab, und ihre Pferde wurden schnell weggeführt. Es gab keine Feuer. Neben den provisorischen Unterkünften, in der Nähe des massiven Stammes eines alten Ahornbaumes, befand sich eine unebene Grasfläche, die groß genug war, dass die Menschen beider Gruppen dort sitzen konnten.

Chihuahua umarmte seinen Bruder und deutete dorthin. Als sie sich mit Nana niederließen, bildeten die Krieger beider Gruppen einen Kreis um sie. Insgesamt waren sie zwanzig, einschließlich der Häuptlinge Nana und Chihuahua, aber ohne die beiden Wächter stromabwärts. Hinter den Kriegern formten die Frauen, Kinder und zwei alte Männer einen zweiten Kreis. Sie waren dreiundfünfzig. Nana wurde immer noch als Krieger gezählt, obwohl er schon achtzig Jahre alt war.

Die Frauen brachten kaltes Fleisch und den letzten Vorrat an Mescal, den sie bei ihrem Aufbruch vom Turkey Bach mitgenommen hatten. Als alle gegessen hatten, stand Chaddi auf und ging in die Mitte des Kreises. Er sprach ein Gebet und sang zu den Berggeistern. Beginnend im Osten, grüßte er den Führer der schwarzen Berggeister, dann, in Richtung der Sonnenwanderung, den blauen Häuptling des Südens, den gelben des Westens und den weißen des Nordens. Sie waren die Hüter, die Schutzgeister. Er endete mit einem tiefen Ton, schritt zu seiner Decke und setzte sich.

Nach einigen Minuten des Schweigens erhob sich Chihuahua. Der Siebenundfünfzigjährige ließ den Blick seiner für einen Apachen ungewöhnlichen, blaugrauen Augen über die beiden Kreise der Menschen schweifen, schaute dabei jeden einzelnen an. Er sprach mit fester, klarer Stimme.

„Heute sind wir glücklich. Wir sind zurück in unseren Bergen. Hierher zu gelangen war schwer. Dies sind die Berge unserer Völker, Chokonen und Chihenne. Der Schöpfer, die Weißbemalte Frau und Kind des Wassers, das geheimnisvolle Kind, gaben sie uns. Sie lehrten uns, was wir wissen, wie wir leben und wie wir einst lebten.”

Er machte eine Pause, kämpfte mit seinen Gefühlen.

„Wenn wir jetzt hierher kommen, finden wir das Land von Fremden besetzt. Es werden immer mehr. Wo vor drei Jahren keine oder nur wenige waren, sind jetzt viele. Überall”, er deutete in die vier Himmelsrichtungen, „im Osten, Süden, Westen, Norden gibt es jetzt Minen, neue Städte, neue Ranches. Rinder und zahme Schafe werden in unsere Berge getrieben. Vielleicht gibt es hier jetzt mehr zahme Schafe als Wild. Ist dies noch unser Land, oder gehört es ihnen?”

Er verstummte, und in die schweigenden Kreise kam Bewegung. „Als wir die Reservation verließen, den toten Boden, auf dem sie uns aushungern und töten, mussten wir uns den Weg hinaus erkämpfen. Als wir in diese Berge kamen, mussten wir uns den Weg hinein erkämpfen. Sie zwingen uns ständig zum Kämpfen. Wenn wir hier sind, müssen wir uns wie Diebe verstecken. Aber wir sind keine Diebe. Sie sind Diebe. Sie haben uns fast alles genommen. Sie wollen unseren Tod, denn in der Erde schweigen unsere Stimmen, und wir können nicht mehr die Wahrheit sagen. Diese Weißen sind schlimmer als jeder Feind, den wir jemals hatten.”

Ein deutliches, zustimmendes Murmeln war zu hören. Ein Baby weinte, aber seine Mutter beruhigte es schnell, verbarg es in ihrem Kleid und stillte es.

„Ich sage: Dies ist immer noch unser Land”, fuhr Chihuahua fort, „auch wenn die Weißen es scheinbar genommen haben. Wir kennen die besonderen Orte, die Wohnstätten der Berggeister, die geheimen Kraftplätze. Sie sprechen zu uns, aber die Weißen erkennen sie nicht. Sie sind Fremde hier und werden immer Fremde sein. Sie sind nichts, und nichts spricht zu ihnen. Nichts, das ist es, was sie sind.”

Er verfiel in Schweigen. Endlich blickte er auf, und langsam erhellte sich sein Gesicht.

„Wir müssen heute glücklich sein. Zwei Mal kämpften unsere Männer heute gegen viele. Sie kämpften gut, und wir haben niemanden verloren. Ihretwegen sind wir sicher. Wir danken ihnen.”

Nach einer Pause sagte er: „Mein Bruder soll sprechen.” Dann setzte er sich.

Josanie stand langsam auf, neunundfünfzig Jahre alt, die schlanke Gestalt völlig entspannt. „Wir kämpften zwei Mal”, sagte er einfach, „und heute haben unsere Feinde sich selbst ans Messer geliefert. Sie rannten in unsere Gewehre, als wären sie verrückt, vor allem der zweite Trupp. Sie waren blind.“

Er suchte kurz die Reihe der sitzenden Männer ab und gab ein Zeichen. Kezinne und Galeana standen auf, trugen die Bündel herbei und nahmen wieder Platz.

„Hier sind acht Gewehre und drei Handfeuerwaffen, die wir von der zweiten Gruppe erbeutet haben”, sagte er. „Sättel, Munition. Wer eine Büchse möchte, sollte sie nehmen. Die Patronen müssen unter uns allen aufgeteilt werden.”

So wurde es gemacht. Man rief die beiden Wächter heran, einige Männer inspizierten die Gewehre, und vier suchten sich eines aus. Die anderen und zwei Revolver gingen an die Frauen. Die Munition wurde in drei Stapeln aufgehäuft, 44er Kaliber Rimfire und Kaliber 44-40 und Kaliber 45-70 Centerfire, und dann gleichmäßig verteilt.

Nana hob seine Hand und die Gespräche verstummten.

„Wir hatten heute einen guten Tag”, sagte er. „Dank an unsere Männer. Die Geister waren heute gut zu uns.” Er machte eine Pause. „Wohin gehen wir nun? Ich will nach oben und hinüber zur Gabelung des großen Flusses, dorthin, wo die Klippenhäuser der Alten sind, dann zur Black Range. Es ist sicherer für uns, wenn wir uns trennen. Was wirst du tun?” Er sprach mit Chihuahua, aber fast jeder hörte ihn.

„Ich möchte in diesen Bergen bleiben”, sagte Chihuahua. „Leben, wie wir zu leben pflegten. Wapitis, Deer und Bighornschafe jagen. Es gibt hier viele Quellen. Vielleicht sollten wir uns im Herbst, bevor der Schnee kommt, östlich von hier an der Stelle bei den Klippenhäusern treffen. Wenn alles gut geht, können wir den Winter zusammen in dem hochgelegenen Grasland und im Wald nordwestlich der Klippenhäuser verbringen.”

Er schaute sich um und seine Männer nickten zustimmend.

„Ja”, sagte Nana, „lasst uns das tun. Wir werden es versuchen. Wir werden euch noch zwei Tage begleiten.”

So wurde es beschlossen. Die Nacht verbrachten sie im Hain am Little Whitewater Bach, bei Sonnenaufgang brachen sie auf. Sie kletterten in die grandiose Stille der Mogollon Berge und folgten dem alten Chokonen Weg, der den schmalen Pfad oberhalb des Bachs verließ und sich nordwärts zum Nabours Berg wand. Dann ritten sie unterhalb des kleinen Plateaus seines Gipfels in neuntausend Fuß Höhe vorbei und bewegten sich ostwärts in Richtung der Quellen des großen Whitewater Bachs zur Rock Spring. Manchmal hatten sie eine klare Sicht über das Tal und die Bergkette im Westen bis zum Bären Berg in Arizona, fünfundvierzig Meilen entfernt.

Ulzanas Krieg

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