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ACHT

Das Klettern war beschwerlich, und oft gingen die Reiter zu Fuß und führten die Pferde. An den Hängen standen Espendickichte, umgeben von Tannen und prächtigen Ponderosa-Kiefern. Die Luft war kühl und der Himmel wolkenlos. Der Wind wehte aus Südwest. Zwischen der Quelle und einem Riss im Felsen, aus dem das erste Rinnsal der mittleren Gabelung des Whitewater tröpfelte, befand sich eine dreieckige Senke. Dort schlugen sie ihr Lager auf.

Zwei Männer und die älteren Jungen gingen mit Bogen auf die Jagd und brachten zwei Wapitis und ein Deer. Mit dem übrig gebliebenen Fleisch der Rinder vom Blauen Bach war das genug Nahrung für den Abend. Erst nach der Dämmerung zündeten sie Feuer an und nahmen dazu trockenes Holz, das nur wenig Rauch verursachte. Am zweiten Tag schlachteten sie ein Pferd.

Am Morgen des dritten Tages zogen Nana und seine kleine Gruppe weiter.

Der alte Mann umarmte Chihuahua und Josanie. Sein zerfurchtes Gesicht war traurig und die Obsidianaugen unter der perlenbestickten Kriegshaube lächelten nicht. „Lebt wohl, Freunde”, sagte er. „Seid wachsam.”

Er drehte sich schnell um und ergriff den Zügel seines Pferdes, den ihm einer seiner Männer reichte. Sie schritten davon, ohne zurückzublicken. Mit Nana gingen vier Krieger und zehn Frauen und Kinder. So wenige, so erbärmlich wenige waren seit Victorios Zeit vor nur fünf Jahren von den Chihenne übrig geblieben. Chihuahua und Josanie sahen zu, wie sie zwischen den Bäumen verschwanden, hörten das Klappern von Hufen, dann Stille. „Wir sollten auch aufbrechen”, sagte Chihuahua.

Sie brachen das Lager ab und gingen auf einem anderen Chokonenpfad nach Westen. Fünf Meilen weit durchquerten sie ein sehr raues Terrain und erreichten dann in achttausend Fuß Höhe, einen Wasserfall und eine Höhle unter einer Klippe.

Sie suchten den Boden ab, fanden aber nur die Abdrücke von Deer, Pumas, Stachelschweinen und Waschbären.

Es gab keine Spuren von Menschen. Seit einiger Zeit schien hier niemand mehr gewesen zu sein. Der etwa vierzehn Fuß hohe Wasserfall war nur noch ein Rinnsal, das Ergebnis einer Jahreszeit ohne Regen, aber das kleine, im Gestein darunter eingebettete Bassin war mit klarem, kalten Wasser gefüllt. Einige Männer kletterten über die Felsen, die von der Decke der Höhle und der Klippe darüber gefallen waren und einen Großteil des Eingangs abschirmten. Ein gutes Versteck, aber auch eine gefährliche Falle. Sie durchsuchten den Innenraum, der sich vierzig Fuß tief erstreckte, entdeckten auf der weichen Oberfläche des Bodens jedoch nur die Spuren von Pumas, die diesen Platz zu bevorzugen schienen.

Weiße Wolken drifteten aus Südwest heran und die Menschen wussten, dass es bald regnen würde. Sie lagerten entlang des winzigen Bachs, der den Anfang des Shelter Canyon bildete, und brachten die Pferde in die weniger als eine Meile entfernte Holt Gulch. Im Feindesland behielten sie die Herde niemals in der Nähe des Lagers, sondern versteckten sie an einem abgelegenen Platz. Sollte das Camp angegriffen werden, könnten sie zu den Pferden fliehen; falls man aber die Tiere einfing, würden sie dagegen zu Fuß entkommen und später neue Pferde erbeuten. Zwei Wächter wurden bei der Herde gelassen, um sie zusammen zu halten und vor Pumas und umherziehenden Grizzlys zu schützen.

Männer und Jungen gingen mit Pfeil und Bogen hinaus, um zu jagen und nach Spuren von Pferden und Menschen Ausschau zu halten. Die ersten Jäger kamen noch vor dem Mittag zurück, die letzten am späten Nachmittag. Sie hatten ungefähr eine Meile um das Lager herum erkundet und nichts Verdächtiges gefunden. Der Fang bestand aus einem Wapiti und einem Deer. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde mit trockenem Holz Feuer gemacht. Es war eine ruhige Nacht, nur von den Geräuschen der Berge erfüllt. Einmal heulten Wölfe gen Westen. Nach Mitternacht brannten die Feuer nieder. Beim ersten Morgenlicht gingen zwei Männer den Pfad entlang, um die Wächter abzulösen, und andere standen auf, um sich auf eine weitere Jagd vorzubereiten. Das Camp erwachte.

Ohne Warnung durchbrach das Krachen von Gewehren die Stille. Der schmale Canyon war erfüllt mit dem ohrenbetäubenden Lärm der Schüsse, die von der nördlichen Berghöhe kamen. Schwere Bleikugeln schlugen wie Hagel um die Menschen herum ein, die auf der Suche nach Deckung davonhasteten oder -krochen. Die Männer feuerten verzweifelt auf die blitzenden Waffen hoch über ihnen. Einige Frauen und Kinder rannten nach Süden, an der Klippe entlang Richtung Höhle, die meisten bewegten sich im Schutz des Abhangs und zwischen Felsblöcken stromaufwärts, um den erbarmungslosen Gewehren zu entkommen. Nur Chaddi saß, vollkommen entrückt von dem Blutbad um ihn herum, auf seiner Decke in der Mitte des Lagers, bemalte sich und sang ein heiliges Lied, das den Lärm übertönte. Überall um ihn herum gingen Geschosse nieder. Chihuahua stürmte vorwärts und zog ihn weg. In der Schlucht lagen zerschmetterte Körper. Als die stromaufwärts fliehenden Menschen einen Sattel erreichten, wo sie vor den Feuerwaffen sicher waren, folgten die Männer und bildeten einen Schutzschild hinter ihnen.

Das Schießen hörte auf. Auf dem Bergrücken befanden sich vielleicht sechzig oder mehr Schützen. Einige Männer in blauen Uniformen versuchten, zum Camp hinunterzuklettern. Sie kamen in Reichweite der Büchsen der Chokonen, und Soldaten fielen. Die, die noch konnten, liefen zurück und außer Sichtweite, dann war es vorbei.

Plötzlich herrschte eine tödliche Stille. Als die Frauen und Kinder über den Pfad zu dem Platz gingen, an dem die Pferde versteckt waren, blieben die Männer zurück. Die Kavallerie folgte dem Rückzug der Apachen nicht.

Aus der Richtung der Höhle war ein kurzes Aufflackern von Gewehrfeuer zu hören. Josanie und einige Männer kletterten um den Felsen herum, kamen an der Südseite der Klippe herunter und näherten sich dem Wasserfall und der Höhle. Dort fanden sie den alten José Second. Er lag tot in der Nähe, zwei Mal in den Kopf getroffen. Unbewaffnet hatte er versucht, die Kavalleristen von der Höhle abzulenken, aber sie hatten ihn eingeholt und getötet. Auf dem Boden vor und in der Höhle waren Hufspuren und Blut, und einige leere Patronenhülsen lagen herum.

Wer immer versucht hatte, sich hier zu verstecken, war entführt worden.

In den Trümmern des Lagers fanden sie drei Frauen und ein siebenjähriges Mädchen. Auch sie waren tot. Eine der Toten war Chihuahuas alte Mutter. Zwei verwundete Soldaten wollten sich über den Kamm des Bergrückens wegschleichen, aber Nitzin kletterte ihnen nach und erstach sie mit einer Lanze.

Es waren Negersoldaten wie jene, die in Fort Bayard stationiert waren, keine weißen Soldaten aus San Carlos oder Fort Apache. Sie starben schreiend. Als die Pferde herbeigebracht wurden, zählte man die Überlebenden. Fünf Frauen fehlten, darunter auch Chihuahuas Ehefrau Coro, außerdem zwei Jungen, Chihuahuas Sohn Eugene und Josanies Sohn Nachi. Sie waren zuletzt gesehen worden, als sie südwärts gerannt waen. Viele waren leicht verletzt, hauptsächlich durch herumfliegende Gesteinssplitter, aber zwei Männer und ein Kind hatten Fleischwunden von Kugeln.

Josanie und eine Handvoll grimmiger Krieger ritten hinter dem Trupp her, hielten sich aber außer Reichweite. Sie folgten dem Canyon fünf Meilen weit und kamen an die Stelle, wo er sich zum Tal verbreiterte. Nahe der kleinen Mormonenstadt Pleasanton, die drei Meilen entfernt auf der Straße nach Silver City am Rand der Flutebene des San Francisco Flusses lag, sahen sie die Kavalleriekolonne ziehen. Durch Galeanas Fernglas konnten sie erkennen, dass die Soldaten die Gefangenen über ihre Sättel geworfen hatten, um schneller vorwärts zu kommen. Die Männer wollten hinunter zum Feind, aber Josanie hielt sie zurück.

„Zu viele Gewehre für uns”, sagte er. „Bevor wir sie erreichen können, haben sie die Gefangenen längst getötet. Wir werden ihnen später folgen.” Also wendeten sie ihre Pferde und ritten zurück in die Berge.

Alle Augen richteten sich auf sie, als sie ins Lager kamen. Josanie suchte den Blick seines Bruders und schüttelte den Kopf. Sie stiegen ab. Die Toten waren gewaschen, gereinigt und nebeneinandergelegt worden. Dann begann das Wehklagen, der traurige, durchdringende Trauergesang. Er hallte über die Berghänge und endete mit einem Schrei wie der Ruf des Wanderfalken am Himmel, schroff und rau. In Decken gewickelt wurden die Toten von ihren nächsten Verwandten getragen. Die Träger entfernten sich vom Camp, Chaddi begleitete sie. In einer Nische an der Rückseite der Höhle, wo die Wände stark abfielen, wurden die Körper mit einigen persönlichen Dingen bestattet. Der Begräbnisplatz wurde mit Felsen verschlossen.

Die Arbeit dauerte einige Zeit. Chaddi hatte außerhalb ein kleines Feuer errichtet, und als die Träger heraus kamen, legte er eine Handvoll Salbei auf die brennenden Zweige, Geistermedizin. Sie badeten ihre Hände im Rauch und rieben sich von den Mokassins bis zum Kopf ein, um sich zu reinigen. Im Camp wurde das lange schwarze Haar derer, die nahe Verwandte der Verstorbenen waren, auf Schulterlänge gekürzt. Josanies Frau Jaccali schnitt das Haar ihres Ehemannes, Chihuahuas und ihr eigenes.

Chihuahua sprach kurz. Er nannte die wahren Chokonen-Namen der Toten zum letzten Mal. Sie würden nie wieder ausgesprochen werden. Die Toten wollten Frieden. Würden ihre Namen von den Lebenden geatmet werden, könnten ihre Geister, durch diese Worte gerufen, aus der anderen Welt kommen und diese Welt stören.

Ulzanas Krieg

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