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d. Die technische Rückständigkeit der Sklavenwirtschaft

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In der Landwirtschaft bedeutete der Großbetrieb damals noch nicht eine Bedingung höherer Leistungsfähigkeit, wie im Bergbau. Wohl erzeugte die zunehmende Warenproduktion eine fortschreitende gesellschaftliche Arbeitsteilung auch in der Landwirtschaft; manche Betriebe warfen sich auf Körnerbau, andere auf Viehzucht usw. Auch erstand mit dem Großbetrieb schon die Möglichkeit seiner Leitung durch wissenschaftlich gebildete Männer, die über die bäuerliche Routine hinausragten. In der Tat finden wir denn in den Ländern des landwirtschaftlichen Großbetriebs, so bei den Karthagern, dann bei den Römern, bereits eine Theorie der Landwirtschaft, die so hoch stand, wie die europäische im achtzehnten Jahrhundert. Aber es fehlten die Arbeitskräfte, die vermöge dieser Theorie den Großbetrieb über den bäuerlichen Betrieb hinaus erhoben hätten. Schondie Lohnarbeit steht hinter der Arbeit des freien Landeigentümers an Interesse und Sorgfalt zurück, so daß sie nur dort lohnend wird, wo der Großbetrieb technisch dem Kleinbetrieb bedeutend überlegen ist. Aber der Sklave im Großbetrieb, der nicht im patriarchalischen Familienverhältnis steht, ist ein noch weit unwilligerer, ja geradezu ein auf den Schaden des Herrn erpichter Arbeiter. Schon in der Haussklaverei galt die Arbeit des Sklaven nicht als ebenso ausgiebig, wie die des freien Eigentümers. Odysseus bemerkt bereits:

„Dienende, wenn nicht mehr ein gebietender Herrscher sie antreibt,

Werden sofort saumselig, zu tun die gebührende Arbeit.

Schon ja die Hälfte der Tugend entrückt Zeus waltende Vorsicht

Einem Mann, sobald nur der Knechtschaft Tag ihn ereilet!“

Wie ganz anders erst Sklaven, die täglich bis aufs Blut gepeinigt wurden, die voll Verzweiflung und Haß dem Herrn gegenüberstanden! Der Großbetrieb hätte dem Kleinbetrieb technisch gewaltig überlegen sein müssen, wollte er mit gleicher Arbeiterzahl dasselbe Resultat erzielen wie dieser. Aber er war ihm nicht nuir nicht überlegen, er stand ihm vielfach nach. Die Sklaven, selbst mißhandelt, ließen ihre ganze Wut an dem Arbeitsvieh aus, das nicht gedieh. Ebenso war es unmöglich, ihnen feinere Werkzeuge in die Hand zu geben.

Schon Marx hat darauf hingewiesen. Er sagt von der „auf Sklaverei gegründeten Produktion“:

„Der Arbeiter soll sich hier, nach dem treffenden Ausdruck der Alten, mir als instrumentum vocale (sprechendes Werkzeug) von dem Tier als instrumentum semivocale (stimmbegabtes aber sprachloses Werkzeug) und dem toten Arbeitszeug als instrumentum mutuum (stummes Werkzeug) unterscheiden. Er selbst läßt aber Tier und Arbeitszeug fühlen, daß er nicht ihresgleichen, sondern ein Mensch ist. Er verschafft sich das Selbstgefühl seines Unterschiedes von ihnen, indem er sie mißhandelt und con amore verwüstet. Es gilt daher als ökonomisches Prinzip in dieser Produktionsweise, nur die rohesten, schwerfälligsten, aber gerade wegen ihrer unbehilflichen Plumpheit schwer zu ruinierenden Arbeitsinstrumente anzuwenden. Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs fand man daher in den am Meerbusen von Mexiko liegenden Sklavenstaaten Pflüge altchinesischer Konstruktion, die den Boden aufwühlen wie ein Schwein oder ein Maulwurf, aber ihn nicht spalten oder wenden ... In seinem Sea Bord Slave States erzählt Olmstedt unter anderem: ‚Man zeigt mir hier (in diesen Sklavenstaaten) Werkzeuge, die bei uns kein vernünftiger Mensch einem Arbeiter, für den er Lohn zahlt, aufhalsen würde; deren außerordentliche Schwere und Plumpheit muß meines Erachtens die Arbeit mindestens um zehn Prozent größer machen, als die bei uns üblichen Werkzeuge. Aber ich bin auch überzeugt, daß, angesichts der Achtlosigkeit und Ungeschicklichkeit, mit der sie die Sklaven benutzen müssen, es unwirtschaftlich wäre, ihnen weniger schwere und rohe Werkzeuge in die Hand zu geben, und daß Geräte, wie wir sie ständig und mit Vorteil unseren Arbeitern in die Hand geben, nicht einen Tag in einem Kornfeld Virginiens aushalten würden, trotzdem der Boden dort leichter und freier von Steinen ist als bei uns. Auch wenn ich frage, warum dort überall Maultiere an Stelle von Pferden in den Farmen gehalten werden, wird mir als erster Grund dafür, und eingestandenermaßen der triftigste, angegeben, daß Pferde die Behandlung nicht aushalten, der sie von den Negern ausgesetzt werden. Pferde werden bei ihnen bald lahm oder steif, indes Maultiere es aushalten, wenn man sie mit Knütteln schlägt, oder sie hie und da ein- oder zweimal kein Futter bekommen, und sie erkälten sich nicht und werden nicht krank, wenn man sie vernachlässigt und überanstrengt. Aber ich brauche nur zum Fenster des Zimmers zu gehen, in dem ich schreibe, um fast jedesmal eine Behandlung der Tiere zu sehen, die in den Nordstaaten unfehlbar zur sofortigen Entlassung des Kutschers durch den Farmer führen würde.‘“ (Kapital, I, 2. Aufl., S. 185)

Unintelligeut, verdrossen, schadenfroh, darauf erpicht dem verhaßten Peiniger zu schaden, wo sich eine Gelegenheit bot, produzierte die Sklavenarbeit des Latifundiums weit weniger, als die bäuerliche Wirtschaft. Schon Plinius hat im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung darauf hingewiesen, wie fruchtbar die Äcker Italiens waren, als noch Feldherren es nicht verschmähten, sie selbst zu bebauen, und wie widerspenstig die Mutter Erde wurde, als man sie von gefesselten und gebrandmarkten Sklaven mißhandeln ließ. Diese Art Landwirtschaft mochte unter Umständen einen größeren Überschuß abwerfen, als die bäuerliche Wirtschaft, sie konnte auf keinen Fall ebensoviele Menschen im Wohlstand erhalten. Indessen, solange der Kriegszustand währte, in dem Rom die ganze Welt um das Mittelmeer herum in ständiger Unruhe erhielt, dauerte die Ausdehnung der Sklavenwirtschaft, aber auch der Niedergang des dadurch erdrückten Bauernstandes fort, da ja der Krieg den Großgrundbesitzern, die ihn leiteten, reiche Beute, neue Landstriche und Unmassen billiger Sklaven brachte.

Wir finden so im Römerreich eine ökonomische Entwicklung, die der modernen äußerlich auffallend gleicht: Rückgang des Kleinbetriebs, Fortschreiten des Großbetriebs und noch raschere Zunahme des großen Grundbesitzes, der Latifundien, die den Bauern enteignen und wo sie ihn nicht durch Plantagenwirtschaft oder sonstige Großbetriebe ersetzen, ihn doch aus einem freien Eigentümer in einen abhängigen Pächter verwandeln.

Pöhlmann zitiert in seiner Geschichte des antiken Kommunismus und Sozialismus unter anderem Die Klage des Armen gegen den Reichen aus der pseudoquintilianischen Sammlung von Deklarationen, in der das Anwachsen der Latifundien sehr gut geschildert wird. Es ist die Klage eines verarmten Bauern, der jammert:

„Ich bin nicht von Anfang an der Nachbar eines reichen Mannes. Rings um mich saßen auf zahlreichen Höfen gleich begüterte Besitzer, die in nachbarlicher Eintracht ihren bescheidenen Besitz bebauten. Wie ganz anders jetzt! Das Land, das einst alle diese Bürger nährte, ist eine einzige große Pflanzung, die einem einzigen Reichen gehört. Sein Gut hat seine Grenzen nach allen Seiten hinausgerückt; die Bauernhöfe, die es verschlungen hat, sind dem Erdboden gleichgemacht, und die Heiligtümer der Väter zerstört. Die alten Eigentümer haben vom Schutzgott des Vaterhauses Abschied genommen, sie mußten mit Frauen und Kindern in die Ferne ziehen. Einförmige Art herrscht über der weiten Fläche. Überall schließt mich der Reichtum wie mit einer Mauer ein, hier der Garten des Reichen, dort seine Felder. Hier seine Weinberge, dort seine Wälder und Triften. Auch ich wäre gerne fortgezogen, aber ich konnte keinen Fleck Landes finden, wo ich nicht einen Reichen zum Nachbarn gehabt hätte. Denn wo stößt man nicht auf den Privatbesitz der Reichen? Sie begnügen sich nicht einmal mehr damit, ihre Güter so weit auszudehnen, bis sie, wie ganze Völkerschaftsgebiete, in Flüssen und Bergen eine natürliche Grenze finden, sondern sie bemächtigen sich auch noch der entlegensten Gebirgseinöden und Wälder. Und nirgends findet dieses Umsichgreifen ein Ziel und eine Schranke, als bis der Reiche auf einen anderen Reichen stößt. Auch das gehört endlich zu der schimpflichen Mißachtung, welche die Reichen uns Armen zuteil werden lassen, daß sie es nicht einmal der Mühe wert finden, zu leugnen, wenn sie sich an uns vergriffen haben.“ (II, S. 582, 583)

Pöhlmann sieht darin eine Zeichnung der Tendenzen „des extremen Kapitalismus überhaupt“. Aber die Ähnlichkeit dieser Entwicklung mit der des modernen Kapitalismus und seiner Konzentration der Kapitalien ist eine rein äußerliche und es führt völlig irre, wenn man beide einander gleichsetzt. Wer tiefer geht, findet vielmehr einen völligen Gegensatz der Entwicklung hier und dort. Vor allem schon darin, daß die Konzentrationstendenz, das Streben nach Verdrängung der kleineren Betriebe durch größere, sowie nach wachsender Abhängigkeit der kleinen Betriebe von den Besitzern großer Reichtümer heute vornehmlich in der Industrie zutage tritt, viel weuiger in der Landwirtschaft, indes im Altertum das Umgekehrte stattfand. Dann aber vollzieht sich die Überwindung des kleineren Betriebs durch den größeren heute namentlich durch den Konkurrenzkampf, der die größere Produktivität des mit mächtigen Maschinen und Anlagen ausgestatteten Betriebs zur Geltung bringt. Sie vollzog sich im Altertum durch die Lähmung der freien Bauern, die der Kriegsdienst erdrückte, und durch die größere Billigkeit der Arbeitskräfte, die bei massenhafter Sklavenzufuhr den Besitzern größerer Geldmittel zur Verfügung standen, endlich durch den Wucher, von dem wir noch reden werden, lauter Faktoren, die die Produktivität der Arbeit verminderten, statt sie zu heben. Für die Entwicklung und Anwendung des Maschinenwesens fehlten im Altertum die Voraussetzungen. Noch hatte das freie Handwerk sich nicht so hoch entwickelt, um massenhaft freie, geschickte Arbeitskräfte zu liefern, die bereit waren, sich um Arbeitslohn dauernd in großer Zahl zu verdingen, Arbeitskräfte, die allein imstande waren, Maschinen zu erzeugen und ihre Anwendung zu ermöglichen. Es fehlte daher auch der Antrieb für die Denker und Forscher, Maschinen zu erfinden, die doch ohne praktische Anwendung geblieben wären. Sobald aber einmal Maschinen erfunden sind, die in der Produktion erfolgreich wirken können, und zahlreiche freie Arbeitskräfte auftreten, die sich danach drängen, bei der Erzeugung und Anwendung der Maschinen beschäftigt zu werden, wird die Maschine eine der wichtigsten Waffen im Konkurrenzkampf der Unternehmer untereinander. Stete Vervollkommnung und Vergrößerung der Maschine ist die Folge, damit wächst die Produktivität der Arbeit, wächst der Überschuß über den Arbeitslohn, den sie liefert, wächst aber auch die Notwendigkeit, einen Teil dieses Überschusses anzusammeln, zu akkumulieren, um damit neue, bessere Maschinen anzuschaffen, wächst endlich auch die Notwendigkeit, den Markt ständig zu erweitern, da ja die verbesserte Maschinerie immer mehr Produkt liefert, das untergebracht werden soll. So führt das dahin, daß das Kapital ununterbrochen zunimmt, daß auch die Produktion der Produktionsmittel einen immer größeren Raum in der kapitalistischen Produktionsweise einnimmt, daß diese daher, um die mit den vermehrten Produktionsmitteln geschaffenen vermehrten Konsummittel profitabel loszuwerden, immer wieder neue Märkte suchen muß, so daß man sagen kann, sie habe sich im Laufe eines Jahrhunderts, des neunzehnten, die ganze Welt erobert.

Ganz anders war die Entwicklung im Altertum. Wir haben gesehen, daß man den Sklaven im Großbetrieb nur die plumpsten Werkzeuge in die Hand geben, daß man nur die rohesten und unintelligentesten Arbeiter dabei verwenden konnte, daß also nur die äußerste Billigkeit des Sklavenmaterials den Großbetrieb einigermaßen rentabel machte. Das erzeugte in den Unternehmern der Großbetriebe einen steten Drang nach Krieg, als denn wirksamsten Mittel, sich billige Sklaven zu verschaffen, und nach steter Ausdehnung des Staatsgebiets. Daraus erwuchs seit den Kriegen gegen Karthago einer der mächtigsten Antriebe der römischen Eroberungspolitik, die binnen zwei Jahrhunderten alle Länder um das Mittelmeer herum unterwarf und sich zur Zeit Christi anschickte, nachdem sie Gallien, das jetzige Frankreich, unterjocht hatte, auch Deutschland zu knechten, dessen kraftvolle Bevölkerung so treffliche Sklaven lieferte.

In dieser Unersättlichkeit, diesem steten Drang, sein Ausbeutungsgebiet zu erweitern, glich allerdings der antike Großbetrieb dem modernen, keineswegs aber in der Art und Weise, wie er die Überschüsse anwendete, die ihm die wachsenden Sklavenscharen lieferten. Der moderne Kapitalist muß, wie wir gesehen haben, seinen Profit zum großen Teil akkumulieren, zur Verbesserung und Erweiterung seines Betriebs anwenden, will er nicht von der Konkurrenz überholt und geschlagen werden. Das hatte der antike Sklavenbesitzer nicht nötig. Die technische Grundlage, auf der er produzierte, war keine höhere, eher eine niedrigere als die des Kleinbauern, den er verdrängte. Sie war nicht in steter Umwälzung und Erweiterung begriffen, sondern blieb sich stets gleich. Alle Überschüsse über die einmal gegebenen Kosten und die Ersetzung oder Abnützung von Werkzeugen, Vieh und Sklaven hinaus durfte daher der Sklavenbesitzer zum Genießen verwenden, auch wenn er kein Verschwender war.

Wohl konnte man Geld im Handel und Wucher oder in neuen Grundstücken anlegen und so vermehrten Gewinn daraus ziehen, aber auch dieser konnte schließlich keine andere Verwendung finden, als den Genuß. Das Aufhäufen von Kapital zum Zwecke der Produktion neuer Produktionsmittel über das gegebene Maß hinaus, wäre sinnlos gewesen, weil diese vermehrten Produktionsmittel keine Verwendung gefunden hätten.

Je mehr die Latifundien die Bauern verdrängten, je größere Massen von Grundbesitz und von Sklaven sich in einer Hand vereinigten, um so mehr wuchsen die Überschüsse, die Schätze, die einzelnen zur Verfügung standen und mit denen diese nichts anderes anzufangen wußten, als sie zum Genießen zu verwenden. Kennzeichnet der Drang nach Anhäufung von Kapital den modernen Kapitalisten, so die Genußsucht den vornehmen Römer der Kaiserzeit, der Zeit, in der das Christentum entstand. Die modernen Kapitalisten haben Kapitalien aufgehäuft, denen gegenüber die Reichtümer der reichsten antiken Römer winzig erscheinen. Als der Krösus unter diesen gilt Neros Freigelassener Narziß mit einem Vermögen von fast 90 Millionen Mark. Was will das sagen gegenüber den 4.000 Millionen, die einem Rockefeller zugeschrieben werden? Aber die Verschwendung, welche die amerikanischen Milliardäre treiben, läßt sich bei aller Tollheit kaum vergleichen mit der ihrer römischen Vorgänger, die bei ihren Mahlzeiten Nachtigallenzungen auftrugen und kostbare Perlen in Essig auflösten. Mit dem Luxus stieg natürlich auch die Zahl der Haussklaven, die man zur persönlichen Bediemmg brauchte, um so mehr, je billiger das Sklavenmaterial wurde. Horaz meint in einer seiner Satiren, das geringste, was ein in leidlichen Umständen Lebender brauche, seien zehn Sklaven. In einem vornehmen Haushalt konnte ihre Zahl in die Tausende steigen. Steckte man die Barbaren in die Bergwerke und Plantagen, so die feiner gebildeten, namentlich griechischen Sklaven in die „städtische Familie“, das heißt den städtischen Haushalt. Nicht nur Köche, Schreiber, Musiker, Pädagogen, Schauspieler, sondern auch Ärzte und Philosophen wurden als Sklaven gehalten. Im Gegensatz zu den Sklaven, die dem Gelderwerb dienten, hatten diese meist nur eine geringe Arbeitslast zu tragen. Der größte Teil von ihnen waren ebenso große Tagediebe, wie nunmehr ihre Herren. Aber die zwei Umstände gingen verloren, die ehedem dem Familiensklaven in der Regel gute Behandlung verschafft hatten: sein hoher Preis, der ihn zu schonen hieß, und das kameradschaftliche Verhältnis zum Herrn, mit dem der Sklave zusammen arbeitete. Jetzt, bei dem großen Reichtum des Herrn und der Billigkeit der Sklaven, legte man sich nicht den geringsten Zwang mehr ihnen gegenüber an. Für die große Masse der Haussklaven hörte aber auch jedes persönliche Verhältnis mit dem Herrn auf; dieser kannte sie kaum. Und wenn Herr und Diener nun einander persönlich näher traten, geschah es nicht bei der Arbeit, die gegenseitige Achtung erzeugte, sondern bei Schwelgereien und Lastern, die der Müßiggang und Übermut erzeugte und die den Herrn wie den Dienern gegenseitige Mißachtung beibrachten. Müßig, noch gehätschelt, waren die Sklaven des Hauses doch schutzlos jeder üblen Laune, jedem Zornesausbruch preisgegeben, die für sie schnell gefährliche Dimensionen annahmen. Bekannt ist die Untat des Vedius Pollio, dessen Sklave ein Kristallgefäß zerschlagen hatte, wofür jener ihn den Muränen zum Fraß vorzuwerfen befahl, als Leckerbissen geschätzten Raubfischen, die er in einem Teiche hielt.

Mit diesen Haussklaven wuchs die Zahl der unproduktiven Elemente in der Gesellschaft sehr stark an, deren Scharen gleichzeitig durch das Anwachsen des großstädtischen Lumpenproletariats geschwellt wurden, in dem die Mehrheit der freigesetzten Bauern unterging. Und das vollzog sich, während gleichzeitig die Ersetzung der freien Arbeit durch Sklavenarbeit in vielen produktiven Tätigkeiten die Produktivität der Arbeit stark herabsetzte.

Je mehr Mitglieder aber ein Haushalt zählte, desto leichter wurde es, für diesen Produkte von eigenen Arbeitern herstellen zu lassen, die der kleine Haushalt hatte kaufen müssen, manche Kleidungsstücke und Hausrat. Das führte zu einer erneuten Ausdehnung der Produktion für den Selbstgebrauch in der Familie. Aber man darf diese spätere Form der Familienwirtschaft der reichen Leute nicht mit der ursprünglichen einfachen Familienwirtschaft verwechseln, die auf dem fast völligen Fehlen der Warenproduktion begründet war, und die gerade die wichtigsten und unentbehrlichsten Bedarfsmittel selbst erzeugte, nur Werkzeuge und Luxusmittel kaufte. Die zweite Form der Produktion für den Selbstgebrauch in der Familie, wie wir sie am Ende der römischen Republik und zur Kaiserzeit in den Haushaltungen der Reichen finden, beruhte gerade auf der Warenproduktion, der Produktion der Bergwerke und Latifundien für den Markt; sie selbst diente vornehmlich der Luxusproduktion.

Durch diese Art Ausdehnung der Produktion für den Selbstgebrauch wurde das freie Handwerk geschädigt, dem die mit Sklaven in Gang gehaltenen Industriebetriebe der Städte und der Latifundien ohnehin Abbruch taten. Relativ mußte es abnehmen, das heißt, es mußte die Zahl der freien Arbeiter im Verhältnis zu den Sklaven auch im Handwerk stark zurückgehen. Absolut mochten indes trotzdem in manchen Gewerben die freien Arbeiter zunehmen, dank der Zunahme der Verschwendung, die eine wachsende Nachfrage nach Gegenständen der Kunst, des Kunsthandwerks, aber auch bloßer Üppigkeit, wie Salben und Pomaden, erzeugte.

Wer den Wohlstand der Gesellschaft nach dieser Verschwendung beurteilt, wer sich also auf den beschränkten Standpunkt der römischen Cäsaren und Großgrundbesitzer und ihres Anhanges an Höflingen, Künstlern und Literaten stellt, dem erscheint freilich zur Zeit des Kaisers Augustus die gesellschaftliche Situation als glänzend. Unendliche Reichtümer strömten in Rom zusammen, einzig zu dem Zwecke, dem Genießen zu dienen; genußfrohe reiche Prasser taumelten von Fest zu Fest, mit vollen Händen mitteilend von ihrem Überflusse, den für sich allein zu verbrauchen ihnen ganz unmöglich war. Viele Künstler und Gelehrte erhielten von den Mäzenaten materielle Mittel in ausgiebigem Maße, riesige Bauten entstanden, deren ungeheure Größe und künstlerisches Ebenmaß wir heute noch anstaunen, die ganze Welt schien Reichtum aus allen Poren zu schwitzen – und doch war diese Gesellschaft damals schon dem Tode geweiht.

Der Ursprung des Christentums (Eine historische Untersuchung in 4 Bänden)

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