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5. Szene
ОглавлениеAm Ballhausplatz
Graf Leopold Franz Rudolf Ernest Vinzenz Innocenz Maria: Das Ultimatum war prima! Endlich, endlich!
Baron Alois Josef Ottokar Ignazius Eusebius Maria: Foudroyant! No aber auf ein Haar hätten sie's angenommen.
Der Graf: Das hätt mich rasend agassiert. Zum Glück hab'n wir die zwei Punkterln drin ghabt, unsere Untersuchung auf serbischem Boden und so – na dadrauf sinds halt doch nicht geflogen. Haben 's sich selber zuzuschreiben jetzt, die Serben.
Der Baron: Wann mans recht bedenkt – wegen zwei Punkterln – und also wegen so einer Bagatell is der Weltkrieg ausgebrochen! Rasend komisch eigentlich.
Der Graf: Dadrauf hab'n wir doch nicht verzichten können, daß wir die zwei Punkterln verlangt hab'n. Warum hab'n sie sich kapriziert, die Serben, daß sie die zwei Punkterln nicht angnommen haben?
Der Baron: No das war ja von vornherein klar, daß sie das nicht annehmen wern.
Der Graf: Das hab'n wir eben vorher gewußt. Der Poldi BerchtoldBerchtold – Leopold Graf Berchtold, 1912/1915 österr. Außenminister, formulierte das Ultimatum an Serbien is schon wer, da gibts nix. Da is auch nur eine Stimme in der Gesellschaft. Enorm! Ich sag dir – ein Hochgefühl! Endlich, endlich! Das war ja nicht mehr zum Aushalten. Auf Schritt und Tritt war man gehandicapt. No das wird jetzt ein anderes Leben wern! Diesen Winter, stantepeh nach Friedensschluß, fetz ich mir die Riviera heraus.
Der Baron. Ich wer schon froh sein, wenn wir uns die Adria herausfetzen.
Der Graf: Mach keine Witz. Die Adria ist unser. Italien wird sich nicht rühren. Ich sag dir, also nach Friedensschluß –
Der Baron: No wann glaubst wird Frieden sein?
Der Graf: In zwei, allerspätestens drei Wochen schätz ich.
Der Baron: Daß ich nicht lach.
Der Graf: No was denn, mit Serbien wern wir doch spielend fertig, aber spielend, mein Lieber – wirst sehen, wie gut sich unsere Leute schlagen. Schon allein die Schneid von unsere Sechser-Dragoner! Ein paar von der Gesellschaft soll'n schon direkt an der Front sein, du! No und unsere Artillerie – also prima. Rasend präzis arbeitend!
Der Baron: No und Rußland?
Der Graf: Der Ruß wird froh sein, wenn er a Ruh hat. Verlaß dich auf'n Conrad, der weiß schon, warum er sie in Lemberg hineinlaßt. Wenn wir erst in Belgrad sind, wendet sich das Blatt. Der PotiorekPotiorek – Oskar Potiorek, österr. General, Herbst bis Dez. 1914 Oberkommandierender der Balkanstreitkräfte is prima! Ich sag dir, die Serben gehn rasend ein. Alles andere macht sich automatisch.
Der Baron: No wann glaubst also im Ernst –
Der Graf: In drei, vier Wochen is Frieden.
Der Baron: Du warst immer ein rasender Optimist.
Der Graf: No also bitte, wann?
Der Baron: Vor zwei, drei Monat nicht zu machen! Wirst sehn. Wenns gut geht, in zwei. Da muß 's aber schon sehr gut gehn, mein Lieber!
Der Graf: No da möcht ich doch bitten – das wär aber schon grauslich fad. Das wär aber charmant, du! Ginget ja schon wegen der Ernährung nicht. Neulich hat mir die Sacher gsagt – Also du glaubst doch nicht, daß sich das mit die Ernährungsvorschriften halten wird? Sogar beim Demel fangen s' schon an mit'n Durchhalten – das sind ja charmante Zustände – man schränkt sich ohnedem ein, wo man kann, aber auf die Dauer – Lächerlich, gibts nicht! Oder meinst?
Der Baron: Du kennst ja meine Ansicht. Ich halt nicht viel vom Hinterland. Wir sind schließlich keine Krobatin, also ein Patriot prima – sagt er, wann man einen Verteidigungskrieg anfangt – verstehst, der hat sich das nämlich speziell entetiert, das mit'n Verteidigungskrieg –
Der Graf: No – bitte – is es vielleicht kein Verteidigungskrieg? Du bist ein Hauptdefaitist, hör auf! In welcher Zwangslage wir waren, hast du schon vergessen, daß wir Temes-Kubin angreifen zu lassen, um –
Der Baron: Wieso?
Der Graf: Wieso? Geh, stell dich nicht – also du weißt doch selber am besten, daß ein serbischer Angriff bei Temes-Kubin notwendig war – ich mein', wir hab'n doch losschlagen müssen –
Der Baron: No das selbstredend!
Der Graf: No also, hätt man das sonst nötig? Grad so wie die Deutschen mit die Bomben auf Nürnberg!Nürnberg – Falschmeldung der deutschen Kriegspropaganda, die Franzosen hätten in der Umgebung Nürnbergs am 2. August Bomben abgeworfen Also – erlaub du mir – also wenn das kein Verteidigungskrieg is, du!
Der Baron: Aber bitte, hab ich was gsagt? Du weißt, ich speziell war von allem Anfang für die Kraftprobe, notabene wann s' eh die letzte is. Der Ausdruck dafür is mir putten. Verteidigungskrieg – das klingt rein so, als ob man sich so gwiß entschuldigen müßt. Krieg is Krieg, sag ich.
Der Graf: No ja, da hast recht. Was, der Poldi Berchtold! Er is und bleibt ein rasend fescher Bursch. Da kann man sagen, was man will. Oho, auch zu unserm Gschäft ghört Schneid, und die muß man ihm lassen! Wie er den Herrschaften nach Ischl ausgrutscht is – die hätten womöglich noch das Ultimatum verhindern wolln! Er aber – also das war enorm! Ein Treffer nach'm andern!
Der Baron: Epatant! Hätt nicht geglaubt, daß 's ihm so gelingen wird. Er haltet sich die Leut vom Leib. Dem Poldi Berchtold seine Politik war schon bei der Reduzierung vom Begräbnis zu spüren, wie er den russischen Großfürsten ausgeschaltet hat.
Der Graf: Natürlich. Daß sich dann Rußland doch hineingemischt hat, war nicht seine Schuld. Wann 's nach ihm gegangen wär', wär' der Weltkrieg auf Serbien lokalisiert geblieben. Weißt, was der Poldi Berchtold hat? Der Poldi Berchtold hat das, was ein Diplomat in einem Weltkrieg vor allem haben muß: savoir vivre! Das hat mir rasend imponiert, wie er den Vorschlag von die englischen Pimpfe einfach zwischen die Rennprogramm steckt – also daß wir Belgrad mit ihrer gütigen Erlaubnis besetzen soll'n – heuchlerische Söldnerbande das – und wie er drauf in den Klub hinaufkommt, weißt noch, schaut uns so gwiß an und sagt: Jetzt hat die Armee ihren Willen! Damals war er dir montiert, du! Das wirst du mir zugeben – eine Kleinigkeit war das nicht, nämlich in so einer schicksalsschweren Stunde –
(Man hört aus dem Nebenzimmer ein Klingeln und hierauf)
Die Stimme Berchtolds: Aähskaffee! (Man hört eine Tür schließen.)
Der Baron: Also bitte – um halb zwölf! Also bitte – um halb zwölf verlangt er schon seinen Eiskaffee! Nein, das tentiert mich, daß ich einmal – also bitte, da muß ich schon sagen – Eiskaffee is wirklich seine starke Seite!
Der Graf: Das is vielleicht die einzige Schwäche, die er hat! Er adoriert Eiskaffee! Aber das muß man auch zugeben, der Eiskaffee vom Demel – also ideal!
Der Baron: Du, eine Sonne is heut draußen – also prima!
Der Graf (öffnet ein Kuvert des Korrespondenzbüros und liest): – Noch ist Lemberg in unserem Besitze.
Der Baron: No also!
Der Graf: Der Poldi Berchtold – verstehst du (indem er den weiteren Text der Nachricht murmelt) – zurückgenommen – ach was, immer dasselbe – agassant – wachst einem schon zum Hals heraus – (zerknüllt das Papier) – was ich sagen wollte – je länger ich die Situation überlege – alles in allem – heut könnt man mit der Steffi draußen soupieren.
(Verwandlung.)