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Kann und soll man Lyrik bearbeiten? Eine Frage, die sich heute wohl kaum mehr stellen wird, wenn man bedenkt, dass es sich dabei um das vielleicht Persönlichste eines dichterischen Œuvres handelt. 1932, als Johannes Nixdorf daran ging, die alten „Himmelsgedanken“-Fahnen mit Randbemerkungen zu versehen, war die Situation völlig anders. Man darf nicht vergessen, dass Mays Werk noch in den 1930er Jahren – wie die Person des Verfassers – heftig umstritten war. Der ‚Karl-May-Kampf‘ aus den Jahren nach 1900, der den Schriftsteller zeitweilig an den Rand einer persönlichen Tragödie gebracht hatte, hinterließ seine Spuren bis weit über dessen Tod im Jahre 1912 hinaus. So hielt es etwa Franz Kandolf, der kenntnisreiche und geniale May-Kenner und -Bearbeiter, gedrängt von Klara Mays persönlichem Berater, dem Kriminalpsychologen Erich Wulffen, noch 1927 für nötig, einen so relativ harmlosen Text wie die autobiografische Groteske „Freuden und Leiden eines Vielgelesenen“ einschneidend zu überarbeiten, um alle Widersprüche zwischen der realen Biografie des Karl May aus Ernstthal und des fiktiven ‚Dr. Karl May alias Old Shatterhand‘ zu tilgen und so möglichen neuen Angriffen gegen May von vornherein die Spitze abzubrechen.5

Ähnliches schien Johannes Nixdorf, dem Verehrer Mayscher Lyrik, auch im Fall der „Himmelsgedanken“ notwendig zu sein. So wurde unter tatkräftiger Mitarbeit von Dr. E. A. Schmid und dem Schriftsteller Fritz Barthel eine Neufassung erarbeitet, die die offenkundigen Schwächen der alten Gedichte behutsam retuschieren sollte. Dieses Unternehmen war nicht allein auf Bearbeitung gestellt; vielmehr hatte Johannes Nixdorf auch den Gedanken, die ursprünglich lose zwischen die Gedichte verstreuten Sinnsprüche zu einem eigenen Teil zusammenzufassen. „Babel und Bibel“, das einzige Drama Karl Mays, wurde durch die „Skizze zu Babel und Bibel“ ergänzt, und zu den Gedichten aus der Sammlung von 1901 traten die Nachlassfragmente wie „Kyros“, „Weib“, „Wüste“ und „Schejtana“, die bereits von Max Finke in den alten Karl-May-Jahrbüchern ediert worden waren.6

Da die Fahnen aus dem Jahre 1932 heute noch vorliegen, kann man sich auf Grund dieses authentischen Materials ein gutes Bild von den ernsthaften Bemühungen Johannes Nixdorfs, Dr. E. A. Schmids und Fritz Barthels machen, die oft ungeschliffenen lyrischen Produkte Mays sprachlich zu verbessern. Dabei muss man ohne Weiteres zugeben, dass Mays Lyrik unverhohlene Schwächen aufweist. Als Beispiel sei etwa das Gedicht „Meine Legitimation“ genannt, welches May als zweiten Text noch vor das Inhaltsverzeichnis der Sammlung von 1900 stellte. Hier nahmen Johannes Nixdorf und Fritz Barthel einige Änderungen in den ersten beiden Strophen und im Titel vor. Der Auftakt des Gedichts lautete danach folgendermaßen:

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