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2.1 Den gamle Rabbin – Kontext und Einstieg

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IngemannIngemann, Bernhard Severin wird oftmals als als einer der progressiven Autoren seiner Zeit bezeichnet, als derjenige, der „indfører tysk romantiks fantastik i Danmark [die Phantastik der deutschen Romantik in Dänemark eingeführt hat]“ (Lundgreen-Nielsen/Harding 2017). Insbesondere Ludwig Tieck und E. T. A. HoffmannHoffmann, E. T. A. waren prägend für sein Schreiben, aber auch die zeitgenössische englische Literatur beeinflusste ihn stark, vor allem Sir Walter ScottsScott, Sir Walter neue Gattung des historischen Romans und die Gothic Novel, beziehungsweise der Schauerroman (vgl. hierzu Müller-Wille 2016: 153–182). Dabei überschritt Ingemann in seinem eigenen Schreiben Gattungsgrenzen, er experimentierte mit Neumodischem, Populärliterarischem und Autofiktivem, dichtete auch etliche religiöse Psalmen und gilt nicht zuletzt als einer der einflussreichsten Autoren für den eine knappe Generation jüngeren Hans Christian AndersenAndersen, Hans Christian, mit dem Ingemann freundschaftlich verbunden war (vgl. Kofoed 1992). Im Gegensatz zu Andersen ist Ingemann jedoch recht wenig beforscht. In den 1980er und 1990er-Jahren sind einige Aufsätze erschienen, die sich mit Ingemanns Schreiben und den literarischen Einflüssen befassen, die in seine Dichtung Eingang fanden (vgl. z.B. Albertsen 1989; Eriksen 1999; Glauser 1987; Lundgreen-Nielsen 1989; Rossel 1990). Seit Beginn der 2000er-Jahre hingegen ist es in der literaturwissenschaftlichen Forschung stiller um Ingemann geworden, eine Biographie über ihn erschien gar zuletzt 1949 (Langballe, C. 1949). Hier nun soll es um eine Novelle gehen, die 1827 veröffentlich wurde und die erste in einer Reihe von Texten ist, in denen jüdische Figuren Eingang in die dänische Erzählliteratur finden.

Die Novelle Den gamle Rabbin von IngemannIngemann, Bernhard Severin scheint auf den ersten Blick wenig bemerkenswert. Dem Auge der heutigen Leserin stellt sich eine Figurenkonstellation dar, die stereotyper und klischeehafter kaum sein könnte. Ein alter Jude, der tiefreligiöse Rabbiner Philip Moses, und seine wunderschöne, fromme, duldsame und fürsorgliche Enkeltochter Benjamine haben bei den säkularisierten und zum Teil bereits fast vollständig assimilierten Juden ihrer Hamburger Gemeinde keine Heimat mehr. Sowohl geistig als auch räumlich sind sie innerhalb der jüdischen Gemeinde heimatlos. Benjamine hat weder Vater noch Mutter. Ihre Onkel, die beiden Söhne des alten Philip Moses, sind ein skrupelloser und reicher Juwelenhändler (Samuel) und ein in der bürgerlichen Ehe mit einer Christin assimilierter Kleiderhändler (Isaak), die ihre Herkunft und Religion weitestgehend abgestreift haben. Als Retter in mehrfacher Hinsicht erweist sich ein junger Christ und Künstler, Veit, der die beiden Heimatlosen bei sich aufnimmt, und den Benjamine mit dem posthumen Segen ihres Großvaters, der auf dem Totenbett endlich vom Heiligen Geist heimgesucht wird, ehelichen darf und dessen Religion sie im Herzen bereits längst angenommen hat.

So zusammengefasst stellt die Novelle tatsächlich eine idealtypische Anhäufung von Klischees dar, die kaum den Ruf IngemannsIngemann, Bernhard Severin als progressivem und experimentierfreudigem Autor zu rechtfertigen scheinen. In ihrer Schablonenhaftigkeit erscheint die Novelle vielmehr altbacken, bieder und vorhersehbar. Betrachtet man die literarische Landschaft der Zeit aber genauer und sucht nach den literarischen Vorgängern und Vorgängerinnen des alten Rabbiners und seiner schönen Enkelin in der dänischen Literatur, findet man – fast nichts. So verdient der Text als erster seiner Art in Dänemark eben doch Beachtung.

Philosemitische Schwärmereien. Jüdische Figuren in der dänischen Erzählliteratur des 19. Jahrhunderts

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