Читать книгу Vorsicht Stufe (E-Book) - Katharina Krall - Страница 11
1.2.4Schwellen verleiten zum Stolpern
ОглавлениеWenn wir über eine Schwelle oder ein Hindernis schreiten, machen wir in der Regel Personen, die hinter uns gehen, darauf aufmerksam, damit sie behutsam weitergehen. Weshalb sollte dieses Prinzip an der Schwelle zum Übergang von der obligatorischen Schule zur Berufsfachschule seine Gültigkeit verlieren? Unserer Ansicht nach wird noch zu wenig unternommen, um die Berufslernenden auf Rahmenbedingungen an den Berufsfachschulen vorzubereiten. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören für uns unter anderem:
•Schulstruktur
•Fächerkanon
•Schulkultur
•Verbindlichkeit
•Disziplinarwesen
•Absenzenwesen
Aus Sicht der mit den Abläufen einer Berufsfachschule vertrauten Akteure mag diese Auflistung trivial erscheinen. Hingegen können diese Rahmenbedingungen aus der Perspektive von Berufslernenden, die sich erstmals an einer Berufsfachschule zurechtfinden müssen, bereits eine Herausforderung darstellen. Diese Erfahrung haben wir jedenfalls bei den Versuchen mit unserem Konzept «Schnuppertage an der Berufsfachschule» gemacht.
Für die Jugendlichen ist der Eintritt in die Berufsfachschule mit verschiedenen Stolperfallen verbunden. Es stellt sich natürlich die berechtigte Frage, inwieweit es die Aufgabe der Berufsfachschulen ist, die Berufslernenden vor diesen Stolperfallen zu bewahren. Wie der Einstieg ins Erwachsenenalter birgt auch der Start in die Berufswelt gewisse Risiken. Die Konfrontation mit diesen Unsicherheiten gehört zum Prozess des Erwachsenwerdens dazu. Die damit verbundenen Erfahrungen, welche die jungen Menschen sammeln, sind von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Daher ist es unerlässlich, dass sie ihre eigenen Erfahrungen machen können. Wie sollen sie eigenständig in diese neuen Lebensabschnitte hineinwachsen, wenn ihnen bereits im Vorfeld die Chancen auf solche Erfahrungen genommen werden?
Ein gezieltes und strukturiertes Einstiegsarrangement in die Berufsfachschule soll eine eigenständige und selbstständige Entwicklung der Persönlichkeit der Jugendlichen fördern. Es geht dabei in erster Linie um eine Orientierung, Vorentlastung sowie eine Übersicht über die wesentlichen Unterschiede zu ihrem bisher gewohnten schulischen Kontext. Mit einer entsprechenden Planung wird der Übergang an der Schnittstelle kalkulierbarer, wovon die verschiedenen Akteure gleichermassen profitieren können. Die Berufslernenden finden sich im neuen schulischen Umfeld rascher zurecht, und die Beteiligten an der Berufsfachschule können sich bereits früh mit den eigentlichen Kernaufgaben befassen. Eine Möglichkeit beschreiten wir im Rahmen unseres Projekts, und weitere Vorgehensmöglichkeiten sind im Kapitel «Visionen» zu finden. Eine wichtige Forderung sollte nach unserem Dafürhalten eingehalten werden: «Keine Schnupperlehre ohne Kontakt zur entsprechenden Berufsfachschule». Darauf gehen wir im vierten Kapitel ein, indem wir darlegen, wie wir uns eine systematische Lernortkooperation zwischen Betrieb und Berufsfachschule vorstellen, die bei einer Schnupperlehre auch den theoretischen Teil der dualen Berufsausbildung berücksichtigt.