Читать книгу Der tote Prinz - Katherina Ushachov - Страница 5
2. Felix
Оглавление»Es ist wirklich beängstigend, was man mit einem hübschen Gesicht alles erreicht, nicht wahr, Narzissa?« Er lächelte seine eigenen Gesichtszüge im Spiegel an.
»Ja, Felix.«
Er war sich nicht sicher, ob der Spiegel ihn wirklich verstand oder lediglich darauf programmiert war, auf »nicht wahr?« mit einer Bestätigung zu antworten. Aber es war ihm egal. Er hielt den winzigen Dario im Arm und starrte auf das schlafende Babygesicht.
Es wäre so einfach, den Jungen zu töten. Er musste ihn nur versehentlich fallen lassen, das allein würde genügen, um sein zartes Genick zu brechen. Wie ein Unfall würde es aussehen. Man würde Verständnis haben. Als oberster Knecht des toten Lord Gero, war Felix einfach von seinen neuen Pflichten als Ersatzvater überfordert. Er nickte im Gehen ein. Einem Mann – und somit einem ohnehin niederen Geschöpf – würde man Nachsicht entgegenbringen.
Irgendetwas hielt ihn jedoch davon ab. Vielleicht das Gefühl, dass der Kleine ihm lebend mehr nutzen würde als tot. Vielleicht auch bloß, dass das Kind ein hübsches Gesichtchen hatte. Und er mochte es nicht, schöne Dinge kaputtzumachen.
Felix legte Lord Dario wieder in seine Wiege und zog die Kette mit der blauen Glasscherbe hervor, die er seit einigen Jahren um den Hals trug. Er hatte es nie übers Herz gebracht, das Glas zu verkaufen, sondern stattdessen sein weniges Geld ausgegeben, um es fassen zu lassen. Für ihn bedeutete es Freiheit. Freiheit von Aino.
Er wusste, dass Lady Alixena mit dem schnellsten Dampfmobil drei Tage brauchen würde, um aus Jundi nach Acniv zu gelangen. So lange hatte er also Zeit, um für den verstorbenen Lord Gero eine rührende Geleitzeremonie zu komponieren, die der Lady zeigen würde, was für ein wundervoller, umsichtiger Mensch er war und an was er alles dachte.
Felix steckte die Halskette wieder ein. »Narzissa? Wer ist der schönste Mann im Land?«
»Du bist es, Felix.«
»Und bald werde ich ein Lue sein.«
»Felix Lue, der schönste Mann im Land.«
»Exakt, Narzissa.« Einer plötzlichen Eingebung folgend, nahm er das Baby wieder aus der Wiege und hielt es so vor den Spiegel, dass sich das Gesichtchen von Lord Dario genau in der Mitte des Spiegels befand. »Merke ihn dir gut Narzissa. Das ist Dario Lue.«
Ein grünes Leuchten glitt über den Bildschirm und wurde bald durch eine Schrift ersetzt, die entfernt an Plain erinnerte. Was immer sie bedeutete, er wusste es nicht. Hauptsache, Narzissa war fertig und er konnte das Baby wieder ablegen. Schließlich hatte er noch eine Abschiedsfeier zu organisieren und dafür brauchte er Blumen aus dem Gewächshaus. Rosen, weiß wie Schnee und rot wie Blut. Nur die schönsten für den leider verstorbenen Lord Gero.
Bei der Gelegenheit sollte er auch gleich die Phiole mit dem Gift verschwinden lassen, ehe jemand unangenehme Fragen stellen konnte. Dafür hatte er nämlich gar keine Zeit.