Читать книгу Der tote Prinz - Katherina Ushachov - Страница 7
4. Felix
ОглавлениеAlles war perfekt.
Er hatte es geschafft, unter Aufbietung seines Charmes, seines strahlenden Lächelns und etwas Geld aus der Kasse des Hauses Lue – Ausgaben, die Alixena mit Sicherheit genehmigen würde – eine Bahre aus schwarzem Glas aufzutreiben.
Die Leiche von Lord Gero verschwand nahezu unter den Bergen aus Rosen, weiß wie Schnee und rot wie Blut. Schade um das schwarze Glas, aber vermutlich würde das die Einäscherung ohnehin problemlos überleben und Felix würde einen Weg finden, die wertvolle Ressource wieder an sich zu bringen. Vollkommen schwarzes Glas war zu kostbar, um es in einer Gruft zusammen mit etwas Asche verschwinden zu lassen. Davon konnte er mit Sicherheit selbst eine trauernde Witwe überzeugen. Natürlich erst, nachdem er sie charmant empfangen hatte und sie Zeit bekam, die Situation zu verarbeiten.
Wie aufs Stichwort fuhr Alixenas Dampfmobil direkt in den umzäunten und abgetrennten Innenhof ein und füllte alles mit ölig-rußigem Dampf, der sich auf die ohnehin schon geschwärzten Mauern legte. Felix unterdrückte ein Husten und lobte sich innerlich für die Entscheidung, an diesem Tag seine schwarzblaue Uniform und nicht die leuchtend roten Trauerkleider zu tragen. Es würde reichen, sie für die Zeremonie anzulegen.
Die Warlady ließ sich vom Fahrer aus dem hohen Gefährt helfen und wirkte dabei schwach und zerbrochen. Als hätte jemand etwas sehr Hübsches genommen und absichtlich fallen gelassen. Und hübsch, das war sie. Das erkannte er in diesem Augenblick, in dem er sie zum ersten Mal ohne eine ihrer formellen Rüstungen, ohne Helm und ohne Atemschutzmaske oder Schutzbrille sah. Große Augen, volle Lippen und eine schmale Taille. Vermutlich war sie unter dem dunkelgrünen Reiseanzug muskulös, wie es sich für eine Frau gehörte, die an die dreißig Einheiten Metall an ihrem Körper trug. Eine wirklich würdevolle Warlady und eine, an deren Seite seine eigene Schönheit noch stärker strahlen würde.
Wenn er sich ausreichend bemühte, konnte er noch vor dem Ablauf der gesetzlichen Trauerzeit der neue Lord Lue werden.
»Ich übernehme von hier an.« Er verbeugte sich vor Alixena und scheuchte mit einer kleinen Handbewegung den Fahrer von ihr fort.
Sofort näherten sich einige Jungknechte und machten sich daran, den Wagen zu waschen und zu desinfizieren, ehe er in die Stallungen gefahren werden würde.
»Felix, nicht wahr?« Sie nahm dankbar seine Hand und lehnte sich leicht in seine Richtung, als wäre ihr nach der langen Fahrt schwindelig.
Vorsichtig hielt er sie am Ellenbogen fest – sie um die Hüfte zu fassen, wagte er noch nicht – und führte sie ins Innere von Palast Lue. »Felix M’nao. Ich war der oberste Kammerknecht von Lord Gero und Ihr Verlust trifft mich tief. Schließlich stand ich ihm sehr nahe und war an seiner Seite, als er plötzlich starb.«
Sie atmete tief durch, lehnte ihren Kopf an ihn. »Wie ist er gestorben?«
»Eine Unverträglichkeit. Haben Lady Alixena gewusst, dass Lord Gero keine Nüsse essen kann? Er hat von einer Erdnuss genascht.« Von einer, die er unter das feinkörnige Teepulver gemischt hatte. Aber natürlich hatte man neben dem Toten eine Schale Erdnüsse gefunden.
»Nein, das wusste ich nicht. Ich wusste, dass er keine Bohnen essen darf. Aber Erdnüsse? Das ist mir neu.« Sie drohte fast zu stolpern und Tränen schimmerten in ihren Augen.
Felix konnte sich nicht vorstellen, wie diese schwache Frau in der Lage sein sollte, Krieg zu führen. So sentimental, wie sie auf den Tod ihres Lords reagierte, konnte sie unmöglich hart genug sein, um Menschen zu töten. Sie machte es ihm geradezu lächerlich leicht.
»Ich habe mir die größte Mühe gegeben, ihm einen Abschied zu geben, der in Erinnerung bleiben wird. Wollen Lady Alixena ihn vor der Zeremonie sehen?«
Lady Alixena richtete sich gerade auf. »Ja. Aber zuerst möchte ich meinen Sohn sehen. Wo ist er?«
»Er ist bei mir. Gehen wir.« Es war gut, dass sie in sein Zimmer kommen wollte. So konnte er ihr Gesicht unauffällig von Narzissa betrachten lassen. Wer wusste schon, wofür das nützlich sein mochte?