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Hasenrein eingemiezelt

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Immer wieder lernt man neue Wörter kennen. Die meisten verraten nur eine gewisse Sprachfaulheit oder absichtliche Unschärfe, wie »runterzeichnen« oder »hochpreisig«. Ganz schrecklich ist natürlich das Kauderwelsch bei unserem täglichen Umgang mit der Technik, das man eigentlich auch »daunloden« und »abdäten« schreiben könnte. Während andere Wörter, die ähnlich zusammengestoppelt sind, den Charme des Rotwelsch haben: »Ich bin ziemlich abgebastelt und wenn wir noch weg wollen, muss ich mich erst aufbrezeln«, sage ich manchmal aus Freude an seltsamen Wörtern ohne eindeutigen Sinn und aus gegebenem Anlass. Auch das Verb »abflattern« gefällt mir. Es hat weder etwas mit Geflügel noch mit einem zügigen Abgang zu tun, sondern meint das Absperren mit rot-weiß gestreiftem, sogenanntem Flatterband. »Kein Thema«, sagt der nette Techniker, »ich flatter Ihnen das ab, dann kann der Ü-Wagen nachher hier parken.« Klasse! Verträumt denke ich an »Zwiebelfische« und »Hurenkinder« aus der Zeit, als es noch »Schweizer Degen« gab. Die ersten hat der auch schon wieder antiquierte Fotosatz uns genommen, die zweiten gibt es heute um so mehr, weil der strenge Blick der Dritten auf Satz und Umbruch fehlt.

Manche sehr brauchbaren Wörter sind einfach nicht mehr geläufig oder aus der Hochsprache verbannt worden, wie zum Beispiel »einmiezeln«. Sich einzumiezeln kann schön sein, dass sich etwas »so einmiezelt« eher nicht. Ein anderes Wort dieser Kategorie ist »hasenrein«. Als ich es zum ersten Mal hörte, musste ich an ein kleines Bilderbuch denken, das ich als Kind besaß: »Familie Osterhase«. Bei denen war es in der Tat sehr adrett zugegangen. Es bezeichnet aber einen Jagdhund, der auf Vögel abgerichtet ist. Immerhin, keine Gefahr für Familie Osterhase, die allerdings unter dringendem Klischeeverdacht steht und selber nicht ganz hasenrein zu sein scheint.

Ich habe es gerne, wenn jemand etwas barocker mit unserer Sprache umgeht und Wörter neu zusammensetzt oder erfindet. Schattenlichtspiele gibt es an Hausfassaden bei Karl-Heinz Ott. Galaxiendotter, Schleierwuseln und herabbelfernde Schneeflocken finden sich bei Thomas Rosenlöcher. Auch wenn heute ein sparsamerer, nüchterner Stil überwiegt – der auch von bestechender Melancholie sein kann – ich lese das andere lieber: mehr Wagnis und eine lebhaftere Sprachmusik.

Neulich musste ich eine Amtsperson überzeugen: »Ich kann Ihre Shareware nicht downloaden, Update geht nicht ohne neue Hardware und die ist nicht drin.« »Das kennen wir«, hieß es, »der Costcut nimmt überall zu.« Wir haben uns gleich verstanden. Da hat sich wohl in unseren Wortschatz einiges nicht ganz hasenrein eingemiezelt.

2006

Hasenrein eingemiezelt

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