Читать книгу Abenteuer Watzmann - Kathrin Thoma-Bregar - Страница 12
ОглавлениеPioniere des Watzmanns
Legenden der Berchtesgadener Berge
Sitz der Götter oder Fluch? Lange Zeit war den Menschen die Bergwelt nicht geheuer, auch der Watzmann nicht.
Fremd, feindlich, voller Gefahren, so stellte man sich bis weit ins 18. Jahrhundert die Bergwelt vor. Antike Religionen vermuteten hoch oben auf den Gipfeln den Sitz ihrer Götter.
Das Christentum übertrug die Motive von Schuld und Bestrafung auf die Berge, und so wurden ganze Almen von Gletschern deswegen begraben, weil die Sennerinnen Lebensmittel verschwendet hatten. Oder grausame Könige wie der Watzmann samt Familie versteinert. Erst Aufklärung und Romantik brachten ein neues Naturverständnis. Jetzt zog es die Menschen regelrecht ins Gebirge. Zunächst vor allem für wissenschaftliche Messungen und naturwissenschaftliche Beobachtungen. Um 1850 herum folgte dann die Generation, die das Bergsteigen um seiner selbst willen betrieben.
SPONTANE ERSTBESTEIGUNG
Auch den Erstbesteiger des Watzmanns trieb es für Studien in die Höhe. Valentin Stanič, Theologe, Philosoph und Kaplan am Salzburger Stift Nonnberg, lernte während seines Salzburg-Aufenthalts die Berge lieben. Gern bot er sich als physikalischer Gehilfe für Lagebestimmungen von Gipfeln oder für barometrische Höhenmessungen an. Wenige Tage nachdem Stanič 1800 auf dem Großglockner gestanden hatte, soll er als Erster den höchsten Punkt des Watzmanns, die Mittelspitze, erklettert haben. Der Slowene war mit einer Gruppe auf dem Hocheck, zu dieser Zeit ein bekannter Wallfahrtsort. Ein Marienbild mit Opferstock stand neben dem Kreuz. Spontan setzte Stanič, mit seinen Messinstrumenten beladen, den gefährlichen Weg fort, kraxelte hinunter und hinauf und über steile ausgesetzte Felsstufen hinüber zu Mittelspitze. Eine Gedenktafel an der Südseite des Watzmannhauses würdigt die Erstbesteigung Staničs.
Winzig klein in einem Meer aus Fels und Stein: das Watzmannhaus.
Während in den Schweizer und den französischen Alpen der Leistungsalpinismus zu dieser Zeit immer populärer wurde, blieb es im Berchtesgadener Land die nächsten 100 Jahre noch ziemlich ruhig. Nur vereinzelt brachen Pioniere auf, so wie Peter Carl Thurwieser, Müllerssohn und Geistlicher. Er erstieg 1832, vom Wimbachtal kommend, die Südspitze des Watzmanns, die damals nach dem alten Weideplatz des unteren Schönfelds auch als Schönfeldspitze bezeichnet wurde. Der Thurwiesersche Weg über die Südwestflanke stellt bis heute die schnellste Abstiegsmöglichkeit nach einer Ostwand-Durchsteigung oder der Watzmann-Überschreitung dar.
Über die Südwestflanke des Südgipfels führt der Abstieg ins Wimbachtal.
Bergsteiger auf dem Watzmanngrat vom Hocheck Richtung Südspitze.
Sonnenaufgang am Hocheck, dem niedrigsten der drei Watzmanngipfel.
KÖNIGE DER OSTWAND
Johann Grill, jene Bergsteigerlegende aus der Ramsau bei Berchtesgaden, stand 1852 gemeinsam mit Johann Punz als Erster auf dem Kleinen Watzmann, und 1868 gelang dem Duo die Überschreitung der drei Watzmann-Gipfel Hocheck, Mittelspitze und Südspitze. Die Erstbesteigung der Watzmann-Ostwand sicherte sich ebenfalls Johann Grill im Jahr 1881. Später war er bis zum Jahr 1905 der erste Hüttenwirt des Watzmannhauses. Es liegt nördlich unterhalb des Hochecks und ist ein wichtiger Stützpunkt für die Überschreitung des Gebirgsstocks.
So oft wie kein anderer durchstieg der Bergführer Heinz Zembsch die 1800 Meter hohe Watzmann-Ostwand: 410-mal ist er auf verschiedenen Wegen durch das unübersichtliche Felsenlabyrinth geklettert – »Hausmeister« und »König der Ostwand« wird er deshalb auch genannt. Zur wohl größten alpinistischen Leistung am Watzmann gehört die Winterbegehung von Hermann Buhl: Nur neun Stunden brauchte er über den anspruchsvollen Salzburger Weg durch die tiefverschneite Wand. Den Rekord für die schnellste Durchsteigung der Ostwand hält der Reichenhaller Trailrunner Philipp Reiter, und die schnellste Überschreitung sicherte sich der Ramsauer Profiskibergsteiger Anton Palzer.