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Fünf Jahre zuvor

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Mit rotierendem Magen und verschwommenem Sichtfeld lehnte ich in tiefster Nacht mit dem Rücken an Greg Leroys Haus, um den Kopf, so schnell es ging, wieder klar und meine immer mehr aufsteigende Übelkeit in den Griff zu bekommen. Hier draußen war es deutlich angenehmer als da drinnen, wo die Luft mittlerweile so dick war, als könnte man sie durchschneiden. Außerdem dröhnte die Musik so laut und beinahe unheilvoll durch das Haus, dass ich wenigstens einen kurzen Moment Ruhe brauchte, um mich und meinen Körper zu beruhigen.

Ich schwitzte. Und der Alkohol in meinem Blut ließ meine Umgebung um meinen Kopf kreisen wie ein verdammtes Karussell. Alles drehte sich. Sogar die winzigen Glühwürmchen, die hier draußen zwischen zwei Büschen umherflogen, die Gregs Eltern erst im letzten Sommer in ihrem Garten gepflanzt hatten, sahen aus, als würden sie sich im Kreis drehen. Immer und immer wieder. Dabei war es nur mein verdammter Schädel, der mir einen Streich spielte und mir bewusst machte, dass ich ganz großen Mist gebaut hatte.

Verflucht, Mom wird mich morgen dafür umbringen!

Ich hatte ihr doch erst am Abend versprochen, Violet und auch Ivy nach der Party heil und unversehrt wieder zurückzubringen. Hatte versprochen, heute nichts zu trinken und meine Schwester und ihre beste Freundin mit meinem Wagen wie ein scheiß Chauffeur durch die Gegend zu kutschieren, so wie Mom es wollte. Das waren schließlich damals die Bedingungen, als sie und Dad mir meinen heiß geliebten Pick-up gekauft hatten.

Jetzt war ich sturzbetrunken und wusste nicht einmal, wo Violet und Ivy abgeblieben waren, geschweige denn, wie ich die beiden Mädchen jetzt nach Hause bringen sollte. Wenn es nach mir ginge, würde ich einfach laufen. Die paar Meilen waren kein Problem für mich, auch nicht in diesem Zustand. Doch das kam vor allem für meine kleine Schwester nicht infrage, schon gar nicht in den halsbrecherischen Schuhen, die sie heute Abend extra für diese Party angezogen hatte. Sie würde mich killen, wenn ich ihr verklickern würde, sie sollte darin fünf Meilen quer durch die Stadt laufen.

Stöhnend vor Übelkeit, die meinen Körper fest im Griff hatte und selbst mit der frischen Luft nicht schwinden wollte, stieß ich mich von der Hauswand ab und wollte gerade wieder zu den anderen hineingehen, als mein Blick plötzlich auf einem Schatten hängen blieb, der anscheinend zu einem von Gregs Partygästen gehörte, der ebenfalls hier draußen im Garten stand und genau wie ich die tanzenden Glühwürmchen aus der Ferne beobachtete.

Ohne sie in der Dunkelheit überhaupt richtig erkennen zu können, wusste ich instinktiv, dass es Ivy sein musste, die hier draußen allein und ausnahmsweise ohne meine Schwester in ihrer Nähe zu haben, auf der anderen Seite des Gartens an dem Geräteschuppen stand. Ich wusste es daher, weil sie so etwas häufiger einmal tat – während einer Party zu verschwinden und Ruhe zu suchen, weil ihr vielleicht der Trubel manchmal zu viel wurde.

Ich fand das sympathisch. Sie war in dieser Hinsicht vollkommen anders als die meisten Mädchen, die ich kannte. Und sie schätzte ganz offensichtlich die Natur ihrer Heimat, war recht häufig zusammen mit meiner Schwester in den grünblauen Fichtenwäldern von Lake Wood unterwegs – oder einfach nur draußen am See. Ivy hielt sich generell lieber draußen im Freien auf, statt drinnen im Haus eingesperrt zu sein. Egal ob bei einer Party oder bei sich zu Hause. Auch das fand ich sehr sympathisch und besonders an ihr.

»Was ist los mit dir, Banks? Auch zu viel getrunken?«, fragte ich sie und taumelte vorsichtig in ihre Richtung, auch wenn es hier draußen stockfinster war und ich kaum den Boden unter meinen Füßen sehen konnte. »Oder wollte dir einer der Typen da drin an die Wäsche? Soll ich irgendjemandem die Fresse für dich polieren?« Das war natürlich Bullshit. Ich wusste, Ivy brauchte keinen Grund, um allein hier draußen zu stehen. Zumindest keinen solchen. Trotzdem konnte ich mir die Frage nicht verkneifen.

Ich hörte Ivy leise lachen, als ich ihr näher kam, und erst als ich so nah bei ihr stand, dass ich ihr hübsches Puppengesicht sehen konnte, wurde mir bewusst, wie abstoßend ich auf sie vermutlich wirken musste. Ich war schließlich kein bisschen besser als die besoffenen Typen da drin.

»In deinem Zustand würdest du ganz sicher niemanden gezielt treffen, so betrunken, wie du gerade bist«, erwiderte sie auch schon prompt und bestätigte damit nur meine Theorie.

Trotzdem erkannte ich ein feines Lächeln auf ihren Lippen, das mir Hoffnung gab. »Wie kommst du darauf, dass ich betrunken bin?«, fragte ich mit schwerer Zunge und wusste im selben Moment, wie hirnrissig diese Frage war.

Ivy kicherte erneut und musterte mich vorsichtig. »Glaubst du, es wäre besser, wenn ich meine Mom anrufe und sie frage, ob sie uns abholt und nach Hause fährt? Ich denke nämlich nicht, dass du heute noch fahren solltest, Oak.«

Nein, das sollte ich definitiv nicht. Sie hatte absolut recht. Dennoch schüttelte ich hastig und protestierend den Kopf, was meinem Magen allerdings so gar nicht gefiel. Er verwandelte sich augenblicklich in eine Waschmaschine, die in den Schleudergang wechselte und mich vorsorglich kopfüber vorbeugen ließ. Scheiße, ich wollte keinesfalls Ivy vor die Füße kotzen. Und doch wusste ich, ich stand gerade kurz davor.

»Und wie wäre es dann, wenn ich einfach fahre?«, hörte ich die beste Freundin meiner kleinen Schwester vorsichtig fragen, als sie mein Dilemma und das Elend in meinen Augen erkannte. Zum Teufel, ich fühlte mich schrecklich erbärmlich und wollte gar nicht erst wissen, was sie in diesem Moment über mich dachte. »Ich könnte doch Violet und dich mit deinem Pick-up fahren? Und von euch zu mir nach Hause sind es dann zu Fuß nicht mal mehr zehn Minuten«, schlug sie vor und lächelte erneut.

Mein Blick haftete wie Honig auf ihren süßen Lippen, und ich fragte mich nicht zum ersten Mal, ob sie wohl genauso schmeckten, wie sie aussahen. »Niemand fährt mein Biest außer mir«, presste ich mühevoll hervor und versuchte mich nur noch auf Ivy zu konzentrieren, um die Übelkeit auszublenden.

»Ich bin aber die Einzige von uns dreien und auch von deinen Freunden, die heute Abend nichts getrunken hat«, entgegnete sie hartnäckig und sah mich erwartungsvoll an. Das grünblaue Fichtengefilde in ihren Augen verschluckte mich mit Haut und Haaren, sodass ich nicht sofort reagieren konnte. »Außerdem weiß ich, wie man einen Pick-up fährt. Mein Dad hat es mir gezeigt, mit seinem eigenen Wagen.«

Ich schob abwehrend die Augenbrauen zusammen und brummte: »Meinen Pick-up fährt man aber nicht einfach, das Biest musst du erst mal zähmen können. Sie zickt und wehrt sich manchmal. Außerdem hast du doch noch gar keinen Führerschein.« Ivy war schließlich noch keine sechszehn. Erst in wenigen Monaten würde sie die Fahrschule gemeinsam mit meiner Schwester besuchen und anschließend, nach ihrem sechszehnten Geburtstag, die heiß begehrte Lizenz erhalten.

Doch das schien Ivy nicht sonderlich zu beeindrucken. Oder gar von ihrem Vorschlag abzuhalten. »Ohne Führerschein zu fahren ist allemal besser als betrunken zu fahren, finde ich«, sagte sie leicht gereizt. »Außerdem unterschätzt du meine Fähigkeiten, Oak. Ich verspreche dir, ich komme auch mit deinem Biest klar und bringe uns alle heil und ohne irgendwelche Vorfälle nach Hause. Ich kann das.« So wie sie mich jetzt ansah und lächelte, hatte ich kaum eine andere Wahl, als ihr zu glauben. Außerdem vertraute ich Ivy. In dieser Hinsicht sogar mehr als meiner kleinen Schwester. Doch die hatte ohnehin ebenso getrunken wie ich und schied als Fahrer daher aus.

Mein Blick flog von ihren wunderschönen Augen wieder zu ihren einladend feuchten Lippen, die anscheinend zu beschwören versuchten, Ivy eine Chance zu geben und ihr meinen Wagen und damit auch unser aller Leben anzuvertrauen. Und zur Hölle noch mal, sie ließen mich tatsächlich weich werden. Ivys Lippen hatten mich hypnotisiert und ließen meinen inneren Protest verpuffen.

Dabei hätte ich noch vor einiger Zeit meinen Arsch darauf verwettet, dass ich niemandem freiwillig das Steuer meines Wagens überlassen würde. Schon gar nicht irgendwelchen Mädchen, die noch nicht einmal den Führerschein besaßen. Doch Ivy war eben nicht irgendein Mädchen. Und so knickte ich ein, fischte meinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und warf ihn ihr zu.

»Ich will es nicht bereuen müssen, Cinnamon«, knurrte ich rau, zwiegespalten zwischen meinen Gefühlen und dem Kampf in meinem Inneren, den mein Körper gegen den Alkohol ausfocht.

»Wirst du nicht. Versprochen.« Ihr breites, aufgeregtes Lächeln brannte sich in mein Gedächtnis und ohne dass ich es wollte oder verhindern konnte auch gleichzeitig mitten in mein Herz – und ich wusste in diesem Moment zu tausend Prozent, sie würde mich nicht enttäuschen.

Two Moments

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