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FALSCHE FREUNDE

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NIEDERLÄNDISCH-DEUTSCHEVERWECHSLUNGSGEFAHREN

Anne läuft weiter geradeaus, dann steht sie am Ufer der Maas, vor einer Brücke, die nur von Fußgängern passiert werden darf – die Sint Servaasbrug (Sankt-Servatius-Brücke), die den Stadtteil Wyck mit dem Stadtzentrum und der Altstadt verbindet. Sie mischt sich unter die zahlreichen großen und kleinen, alten und jungen Fußgänger, die eilig oder bummelnd, in Gruppen, als eng umschlungene Paare oder alleine über die Brücke in Richtung Zentrum streben, und kramt ihren Reiseführer aus dem Rucksack. Die Steinbrücke mit ihren sieben Rundbögen wurde – so liest sie – schon im 13. Jahrhundert erbaut und ist damit die älteste Brücke der Niederlande.

In der Mitte der Brücke bleibt Anne stehen und blickt hinüber auf das bunte, vom Sonnenlicht angestrahlte Ufer der Maas, wo viele alte Steinhäuser stehen, eng aneinandergebaut, schmal oder breit, mit Verzierungen oder schlicht, gelb, braun, blau oder grau. Dann beugt sie sich über das Brückengeländer, sieht hinunter auf den Fluss, der eine ordentliche Strömung hat, und lässt sich eine Weile vom warmen Frühlingswind durchpusten. Plötzlich merkt sie, dass sie müde und hungrig ist. Erschöpft legt sie den Kopf auf ihre Arme. Das frühe Aufstehen heute Morgen und die lange Fahrt … Eigentlich möchte sie jetzt nur noch etwas essen und trinken und dann schnell in ihr Hotel einchecken – und schlafen.

In diesem Moment raunt ihr eine rauchige Stimme ins rechte Ohr: »Zal ik u even helpen?«

Anne richtete sich erschrocken auf und blickt in ein fremdes Gesicht. Sie tritt einen Schritt zurück und schüttelt den Kopf. Warum ist der Mann – offensichtlich ein Einheimischer – so nah an sie herangetreten? Er hat sie sogar geduzt!

Zweifelnd schaut sie zuerst auf die Bartstoppeln und die leicht zittrigen Lippen, dann auf die ziemlich zerzausten Haare des Niederländers, der nun seine Frage wiederholt: »Zal ik u even helpen?«

Anne schüttelt erneut den Kopf, hakt entschlossen ihre Arme in die Träger des Rucksacks und dreht sich mit einem Ruck um. Da fällt es ihr plötzlich auf: Der Mann hat sie ja gar nicht geduzt! Im Gegenteil, seine Frage war sehr respektvoll formuliert (»Kann ich Ihnen helfen?«).

Anne beeilt sich nun, den Mann freundlich anzulächeln und etwas Nettes zu antworten – und sagt in holprigem Niederländisch: »Dank je wel, alles okay! Maar ik moet iets eten.« (Danke, alles okay! Aber ich muss wohl etwas essen.)

»De Limburgse toert moet je echt proberen« (Du musst unbedingt Limburger Torte probieren), antwortet der Mann und lächelt zurück.

»Oh ja, Limburgse toert met zoete, roode vulling!« (Oh ja, Limburger Torte mit süßer, roter Füllung), will Anne antworten. Und sie bemüht sich sehr, alle Wörter richtig auszusprechen. Dabei rollt sie das »r« in roode ein wenig und sagt mit Schwung »rotte«, sodass das Wort nicht zu weich, sondern ganz flott und – wie sie findet – richtig niederländisch klingt.

Der Niederländer zieht die Augenbrauen hoch und mustert sie kurz, dann antwortet er: »Over de brug is een gezellig café, waar zich deftige mensen treffen. Tot ziens!«

Ein Café, wo sich »deftige« Menschen treffen? Anne kickt einen kleinen Stein ins Wasser und überquert die Brücke. Lieber sucht sie sich ein anderes Café, denkt sie, denn nach dem langen Tag sehnt sie sich nicht nach einer lauten Kneipe mit womöglich betrunkenen Leuten, die deftige Witze machen.

Ein paar Minuten später steht sie vor einem kleinen, sehr einladend wirkenden und äußerst geschmackvoll eingerichteten Café – da, wo eigentlich die Kneipe voll raubeiniger, laut schreiender Gesellen sein sollte. Egal! Hier gibt es original Limburgse toert. Und was für eine leckere! Anne erinnert sich, früher einmal diese Limburger Spezialität probiert zu haben. Aber diese hier, mit knusprig-süßem Teig und leuchtend roter, klebrig-fruchtiger Beerenfüllung ist noch viel besser! Das also ist Limburg, denkt Anne, lehnt sich gemütlich in den samtweichen Sessel und bestellt zufrieden ein zweites Stück.

Fettnäpfchenführer Niederlande

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