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Ein Dank an die Zivildienstleistenden

Bis 2011 gab es den Zivildienst. Wehrdienstverweigerer wurden dabei in sozialen Bereichen eingesetzt. Besonders gern in der Altenpflege. Jetzt stellen Sie sich mal vor, da kommt ein junger Mann, muss seinen Dienst antreten und hat eigentlich keine Ahnung, was ihn in der Pflege erwartet? Auch für uns war es jedes mal spannend zu erleben, wer als nächster kommt. Einige Zivis sind mir in Erinnerung geblieben. Manche kamen frisch von der Schule, andere hatten bereits einen Beruf. Es gab kleine Schulungswochen in denen die Grundpflege vermittelt wurde. Norbert war einer der ersten Zivildienstleistenden. Wir hatten viel Spaß zusammen. Mit einer gewissen Lockerheit arbeitete sich der gelernte Koch ein. Eines Tages kam es jedoch zu einem ,,Schock – Moment“. Bewohner Willi wusch sich am Waschecken selbst, am Becken nebenan saß Johann, unser blinder junger Mann, der von Norbert gepflegt wurde. Was Norbert jedoch nicht wusste, Johann bekam in Abständen Anfälle. Dabei entwickelten sich bei ihm ungeahnte Kräfte. Plötzlich war lautes Geschrei zu hören. Elisa und ich liefen schnell zum Bad, trauten unseren Augen nicht als wir die Tür öffneten. Johann hatte sich Willi geschnappt, würgte ihn, der zitternde Norbert stand hinter einem Handtuch versteckt in der Ecke, rief laut um Hilfe. Es war wieder einer von Johanns Anfällen. Gut, dass wir rechtzeitig dazwischen gehen konnten. Alles war gut ausgegangen. Norbert klärten wir auf und verordneten ihm eine Pause. Das folgende neue Personal wurde gleich zu Beginn des Einsatzes informiert, damit sie auf Johann`s Reaktionen richtig reagieren konnten.

Das alte Jahr wollten wir mit einer großen ,,Party“ ausklingen lassen. Norbert erklärte sich bereit, dass Buffet aufzubauen. Als Koch hatte er bereits Erfahrung. Toll wie festlich alles aussah. Der Speiseraum wurde geschmückt. Elisa, Norbert und ich erklärten uns bereit, nach dem Spätdienst zu bleiben, mit den Leuten zu feiern und sie anschließend bettfertig zu machen. Als besonderes Highlight fand eine Modenschau statt. Wir präsentierten den alten Leute die ,,neuste Mode“. Was haben wir gelacht, als Norbert im Jägerkostüm, Abendkleid, Nachthemd, Disco Outfit oder im Kleid für Schwangere auftrat. Mit seinen zarten Beinen und der schlanken Figur wirkte Norbert wie ein perfektes Model. Zum späten Abend wurde getanzt, wir machten Spiele und schauten später dem Feuerwerk zu. Das Ganze hat funktioniert, weil wir ein gutes Team waren und Norbert den Spaß gern mitmachte. Einmal sorgte Norbert für eine böse Überraschung. Ich werde nie vergessen wie er mir einen Joghurt reichte mit den Worten: ,,Hier, den schenke ich Dir.“ Ich öffnete und als ich die Spinne darin sitzen sah gab ich einen lauten Schrei von mir und das Ding wäre ihm fast um die Ohren geflogen. Solche Scherze hat er sich nicht wieder erlaubt. Ein anderer Zivi war bei seinem Einsatz ganz entspannt. Rainer kam als bekennender Veganer. Er war ruhig, in sich gekehrt, Stress ließ er nicht an sich heran kommen. Eine Zeit lang hatten wir auf unserem Wohnbereich ein großes Aquarium, welches von Zivis gesäubert wurde. Oftmals kümmerten sich die Freiwilligen in der Mittagszeit darum. Nicht Rainer! Während wir Früh die Bewohner waschen und zusehen, dass alle zum Frühstück kommen, sehe ich ihn am Aquarium stehen und er beginnt, dieses zu putzen. Im größten Stress ließ Rainer sich nicht aus der Ruhe bringen. Für ihn war es in diesem Moment wichtiger, dass Glas von Algen zu befreien, als sich um die Bewohner zu kümmern. Ich staunte nicht schlecht, als ich ihn barfuß durch den Wohnbereich gehen sah.

Als Veganer trug er keine Lederschuhe, aber irgendetwas musste er anziehen – das passte sonst mit dem Arbeitsschutz nicht zusammen. Nach dem Zivildienst ging Rainer 4 Jahre in ein Kloster. Völlig verändert und lockerer kam er später noch einmal als Pfleger zu uns zurück. Die Zeit im Kloster hatte ihn verändert. Dann kam Ragner. Als ich ihm den Wohnbereich zeigte, wir die Runde herum waren, sah er mich an und fragte: ,,Gibt es hier auch Internet?“ Zum damaligen Zeitpunkt hat mich die Frage völlig überrascht, denn das war kein Thema bei uns. Als wir Früh das erste mal zusammen zur Grundpflege gingen, stand Ragner mit Maske neben mir. ,,Was macht er? Wozu die Maske?“ dachte ich mir. Auf meinen erstaunten Blick meinte er: ,,Die Gerüche, ich kann es nicht riechen.“ Was für uns selbstverständlich ist, war für die neuen Zivildienstleistenden eine völlig neue Situation. Wir achteten nun um so mehr darauf, dass Früh gelüftet wurde, bevor Ragner mit der Pflege begann. So manch einem liegt der Pflegeberuf nicht. Beide Seiten waren froh als die Zeit um war und Ragner in einen Bürojob wechseln konnte.

Andere Zivildienstleistende lebten sich wunderbar in die Arbeit ein, kamen mit den Bewohnern/-innen gut zurecht und nicht wenige lernten später einen Pflegeberuf. Egal wie leicht oder schwer es jedem einzelnen Zivildienstleistenden, fiel sich auf die Pflege einzulassen, trotz allem waren wir sehr dankbar für jeden einzelnen der seinen Dienst bei uns absolvierte und uns unterstützt hat.

DANKESCHÖN!

Flach gelegt und kalt gemacht

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