Читать книгу Flach gelegt und kalt gemacht - Katja Landmann - Страница 7

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Ein bekannter Musikkritiker lebte Anfang der 90er Jahre im betreuten Wohnen. Zu dieser Zeit war ich in diesem Bereich eingeteilt. Nachdem ich einigen Bewohnern bei der Grundpflege geholfen hatte, teilte ich das Frühstück aus. Herr Blum hatte Morgens besonders Gesprächsbedarf. Ich schaute auf die Uhr. ,,Na gut, ein paar Minuten habe ich.“ Wenn es ihm wichtig ist, nehme ich mir etwas Zeit um seinen Worten zu lauschen. Oft wurde aus ,,ein paar Minuten“ eine Viertelstunde. Ich erfuhr vieles aus dem Leben von Herrn Blum, von seiner Arbeit sowie über seine an Demenz erkrankte Frau, die in einem anderen Pflegeheim lebte. Eines Tages sprach mich Herr Blum direkt an. Er meinte: ,,Schwester Katja, ich habe zwei Ehrenkarten für ein Konzert bekommen und würde mich freuen, wenn Sie mich begleiten.“ Das überraschte mich sehr. Ich war gerade 20 Jahre alt und ein hochbetagter Bewohner lädt mich zum Konzert ein. Irgendwie auch toll, denn scheinbar schätzt Herr Blum meine Arbeit. Ich entschloss mich, die Einladung anzunehmen. Als wir im Festsaal ankamen und ich mich setzen wollte, stoppte mich Herr Blum. ,,Eines müssen Sie wissen, die Frau sitzt immer rechts neben dem Mann.“ Oh, das wusste ich nicht. Ein Kavalier der alten Schule. Herr Blum tauschte die Plätze, ich setzte mich, bevor auch er seinen Platz einnahm. Wir erfreuten uns an einem klangvollem Konzert. Auf die Frage, warum er gerade mich zum Konzert mit genommen hat antwortete Herr Blum: ,,Wissen Sie, Sie haben immer viel zu tun, aber Sie nehmen sich Zeit für die Bewohner. Auch wenn es nur ein paar Minuten sind, Sie hören mir zu und dafür bedanke ich mich mit diesem Konzert.“

Flach gelegt und kalt gemacht

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