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Die Atmosphäre ist aufgeheizt, spannungsgeladen.

Voller Energie.

Jetzt würde ein einziger Funke genügen und die Massen würden ausflippen.

Ich habe es in der Hand, in welche Richtung das ganze geht.

Ich habe die Macht dazu. Mir folgen sie.

Noch zwei Minuten, dann ist der Song zu Ende.

Was würde passieren?

Die Lichter gehen aus.

Ich stehe im Dunkeln.

Die Leute beginnen zu toben.

Tosender Applaus beherrscht die Szenerie, der noch weiter anzuschwellen scheint, je länger ich in völlige Dunkelheit getaucht bin.

Während der Beifall sich mit Jubel, Pfiffen und hysterischem Kreischen vermischt, stehe ich reglos und total erschöpft, aber auch in völliger Euphorie da. Ins Unendliche hochgepusht.

Adrenalin jagt mir durch meine Adern.

Es ist viel zu warm und stickig.

Ich atme schnell und gehetzt.

Die Lichter gehen wieder an. Alle gleichzeitig.

Ich bin wie blind, denn die vielen Spots mit ihrem grellen weißen Licht sind genau auf mich ausgerichtet und blenden mich so stark, dass ich noch Minuten später, als sie längst wieder erloschen sind, nichts sehen kann. Außerdem läuft mir der Schweiß die Stirn herab in meine Augen, die davon anfangen zu brennen.

Mein Hemd klebt mir am Rücken, ich habe mich total verausgabt.

Aber es hat sich gelohnt. Das alles war es wert, meinen ganzen Einsatz einzufordern und zu bekommen.

Ich bin wie ausgeknockt, weiß überhaupt nicht, wo ich gerade bin. Ein kurzer Augenblick bleibt mir noch Zeit, um mich wiederzufinden, bevor das Licht ein weiteres Mal angeht.

„Danke Leute“, sage ich nur, „Ihr wart großartig. Kommt gut nach Hause!“

Mir ist immer noch nicht eingefallen, wo wir uns gerade befinden, wo wir sind. Aber das ist ja nun wirklich nicht verwunderlich, ständig auf Achse, immer in anderen Hotels, Städten, Ländern.

Erst durch Tyler, dem wir den Spitznamen Edward verpasst haben, seiner Frisur und seiner Ähnlichkeit zum Hauptdarsteller im Film „Edward mit den Scherenhänden“ wegen, der mir anerkennend seine Hand auf die Schulter haut, werde ich zurück in die Gegenwart versetzt.

„Du warst wieder einsame Spitze, Jo-Jo! Du hast die Massen richtig gepackt. Sie fressen dir aus der Hand. Ich frag mich echt, wie du das machst?“ Ich kann den unverhohlenen Neid aus seiner Stimme heraus hören.

Fast im selben Moment kommt Dexter von der Seite hinzu und stößt mir kurz, aber heftig, seine Faust in die Rippen, so dass es weh tut. „Klasse Gig, Mann!“

Und als ich darauf nicht reagiere, kommt ein: „Eh, träumst du noch? Du siehst aus, als wärst du völlig weggetreten! Hast du etwa was genommen?“ von ihm hinterher.

Ich schüttele den Kopf. Ich hatte noch genug vom letzten Mal.

Außerdem werden mir schlagartig einige der Momente bewusst, als ich neuerliche Texthänger nur durch meine Coolness und die Einlage einiger neuer Dancemoves überspielen kann und sie deswegen niemandem auffallen. Niemandem eben, außer mir.

Aber ich kann sie nicht länger ignorieren. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, weiß ich längst, dass das gar nicht gut ist. Wie lange würde das Kartenhaus noch halten, bevor es über mir zusammenbricht?

Ferner weiß ich bereits, dass dies Auswirkungen unseres intensiven Alkohol- oder sogar des Drogenkonsums sind. Die kurzzeitigen Aussetzer sind erste Anzeichen dessen, dass ich bereits dabei bin, einen Teil meines Gehirns unwiederbringlich zu schädigen. Doch, solange ich dies verbergen kann, ist doch alles okay, rede ich mir ein. Oder etwa nicht?

Ich habe richtiggehend Angst davor, es irgendwann nicht mehr im Griff zu haben, weil ich nicht weiß, was dann passiert. Ich kann mir mein Leben nicht mehr anders vorstellen, als so wie es ist.

Ich bin süchtig nach Anerkennung und Erfolg.

Ich brauche den Jubel und den Beifall wie die Luft zum Atmen. Dies treibt mich immer wieder neu an.

„Guck mal, die kleine Blonde da vorne, die neben der Schwarzhaarigen, die hat nur Augen für dich, Jo-Jo. Ich glaub, die steht total auf dich...“ schreit mir Bubble ins Ohr.

Ich rücke ab von ihm. Heute ist mir irgendwie alles zu laut.

Er zwinkert mir zu: „Willst du nicht mal hin gehen...? Aber sag Bescheid; wenn du die nicht willst, mach ich sie klar…“ und schon lässt er wieder eine seiner Kaugummiblasen platzen.

„Leute, vergesst nicht, in `ner Stunde steigt unsere kleine Privatparty, um wieder runterzukommen?!“ Stick, unser Schlagzeuger, sieht in die Runde und überzeugt sich davon, dass es auch wirklich jeder von uns gehört hat.

Erst als wir ihm unsere Zustimmung durch Nicken kundtun, ist er zufrieden und haut als erster ins Hotel ab, im Schlepptau eine Hammerbraut mit roten Lederstiefeln.

Aufgespürt

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