Читать книгу Im Rhythmus der Elemente - Katrin Maren Schulz - Страница 11

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Tag 5 Erde. Verwurzelung. Rabe.

Vollmond! Er strahlte mitten in der Nacht direkt in mein Schlafzimmer hinein, fantastisch klar und rund in seiner Fülle. Ich konnte nur schwer einschlafen dabei, denn ich habe seine Klarheit genossen und konnte mich kaum sattsehen daran.

Als ich aufwache stelle ich fest, dass ich an jedem Morgen Muskelkater habe, seit ich hier bin. Obwohl ich in der Stadt auch viel Sport treibe, ist diese viele Bewegung hier anders. Bewegung ist immer und überall: auf dem Weg zum Strand mit dem Fahrrad, badend im Wasser, am Strand entlang gehend, dazu die tägliche Yoga-Praxis. Ich liebe es, die Lebendigkeit meines Körpers zu spüren!

Heute habe ich Rückenwind auf dem Weg zur Yogastunde in der Surfschule am frühen Morgen. Ein strahlend blauer Himmel leuchtet förmlich über mir, es ist schon so früh sehr warm. Und es riecht bereits am Deich intensiv nach Meer.

Ob es am Vollmond liegt? Er intensiviert alles. Die Kraft des Windes. Das Blau des Himmels. Die Wärme des Sommers. Den Geruch des Meeres. Die Sinne. Die Wahrnehmung.

Zum ersten Mal in meiner Yogapraxis erlebe ich, wie ich auf Grund des starken Windes das Gleichgewicht verliere in den stehenden Haltungen auf einem Bein. Eine zusätzliche Herausforderung, wie so oft an dieser Küste das Wetter auch Herausforderung sein kann.

Wind wirbelt durcheinander.

Erdung und Verwurzelung helfen, bei mir zu bleiben und in meiner Aufrechten.

Wenn der Körper das kann, dann kann der Geist es auch: aufrecht stehen bleiben, auch wenn ihm von außen etwas entgegenweht. Wahrscheinlich müssen beide es eben üben. Mit viel Geduld.

Bei der Endentspannung sollen wir unsere Körperrückseite noch tiefer auf den Boden sinken lassen – und spüren, wie sich dadurch das Herz automatisch Richtung Himmel hebt. Ich merke es, wie mit der Erdung der gesamten Körperrückseite auf den Holzplanken der Plattform liegend, wie mein Herz da dem Himmel näher kommt. Ein geerdeter Körper führt zu einem offenen Herzen.

Meine Erde ist hier der Strand. Feinste Körnchen von der See zermahlener Muscheln und Steine. Samtweich.

Samtweiche Erde. Mich verwurzeln darin.

Die Verwurzelung während der Yogastunde geschieht auf Holzplanken, die 2 Meter über dem Boden schweben. Holz gehört zum Element Luft in der Elementelehre. Holz in der Luft. Erdung im Wind.

Ich wanke noch.

Wann werde ich wieder fester stehen in meinem Leben?

Nach der Yogastunde will ich mich weiterhin tragen lassen, nun vom Wasser. Es ist warm, die Sonne scheint, die See ist nahe genug, um darin baden zu können.

Der ablandige Wind ruft einen leichten Wellengang hervor und lässt mich Wasser schlucken. Es ist salzig, so salzig, und ich denke an Mineralien und Salze, wie sie nur Wasser lösen und transportieren kann. Ohne Mineralien kein Leben. Sie versorgen Pflanzen, Tiere und Menschen mit Lebensnotwendigem aus dem Erdinneren. Ich fühle mich versorgt von der See mit allem Lebensnotwendigen.

Die Sonne brennt im Zenit, es ist Mittagszeit inzwischen, sie verbrennt das Wasser auf meiner Haut und hinterlässt weiße Salzkrusten darauf, die sich mit Flugsand vermengen. Ich fühle mich eingetaucht in den Elementen.

Nach einem ruhigen Nachmittag in meinem Garten spaziere ich abends noch einmal durch das Watt. Die Hitze des Tages macht einer frischen Abendluft Platz. Die Fülle dieses wundervollen Tages hallt in mir nach, während ich durch die Stille des Watts gehe und eine tiefe Ruhe mich erfasst. Es ist, als könne ich diese Ruhe greifen. Ein greifbarer Frieden der Seele.

Ob auch diese Intensität der Seelenwahrnehmung vom Vollmond beeinflusst ist?

In den Salzwiesen sitzt ein Rabe auf dem Geländer des Stegs, den ich gleich überqueren möchte. Er beobachtet, wie ich ihm näher komme. Er bleibt. Er äugt mit schräg geneigtem Kopf und harrt aus. Wir betrachten uns Auge in Auge, nur noch wenige Schritte liegen zwischen uns. Dann fliegt er krächzend davon.

Rabenschwarz. Manchmal ist es in der Tiefe der Seele so, und das ist gut. Ein tiefer ruhender schwarzer Grund wie in der Tiefe der See.

Mir ist, als hätte ich bei meinem Spaziergang durch das Watt in meine Seele gesehen. Sie ist da, immer, zuverlässig. Es gilt, sie nicht zu sehr zu überlagern. Ich weiß, dass ich sie in den letzten Monaten überlagert habe – regelrecht verhüllt und zugehängt, mit falschen Verpflichtungen, denen nachzukommen nicht meinem Wesen entspricht.

Was nun? Was wird kommen?

Ich würde es gerne wissen. Aber wahrscheinlich ist gerade noch nicht die Zeit für Zukunft gekommen. Es ist noch die Zeit der Gegenwart, der Verwurzelung im neuen Jetzt.

Körperübung: Vierfüßlerstand mit Dynamik

Begebe dich in den Vierfüßlerstand. Die Hände sind unter den Schultern platziert, die Knie unter den Hüftknochen. Der Rücken befindet sich in einer neutralen Geraden.

Nun strecke das rechte Bein gerade und waagerecht nach hinten aus, und den linken Arm nach vorne. Halte diese Position für einige Atemzüge. Dann gehe in eine Dynamik über, indem du das rechte Knie beugst und nach vorne führst, während du den linken Ellenbogen in Richtung rechtes Knie ziehst. Der Rücken rundet sich automatisch dabei. Ziehe dich so ausatmend zusammen, und strecke dich einatmend wieder in die Ausgangsposition. Wiederhole einige Male, und wechsle dann die Seiten.

Genieße, wie du dir mit jeweils einem Arm und Bein festen Halt am Boden gibst, während du dich mit dem jeweils anderen Arm und Bein in einer ausholenden Dynamik bewegst.

Verwurzelung schenkt dir Bewegungsfreiheit.

Im Rhythmus der Elemente

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