Читать книгу Seawalkers (2). Rettung für Shari - Катя Брандис - Страница 13

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Tiger und T-Shirts

Mein eigener Wille schien irgendwie verloren gegangen zu sein, mechanisch folgten meine Beine dem Befehl. Auch Jasper und Shari setzten sich in Bewegung.

Die Tigerzwillinge lotsten uns in die Garageneinfahrt eines Hauses, gleich würden wir hinter dem Ziergesträuch und von der Straße aus nicht mehr zu sehen sein. Dann würde niemand mehr bemerken, dass wir bedroht wurden! Aber wahrscheinlich hätte sowieso niemand geglaubt, dass diese schönen jungen Frauen gefährlich sein konnten, wahrscheinlich fragten sich die Leute eher, in welcher Fernsehshow sie die beiden schon mal gesehen hatten und ob sie ein Date mit ihnen bekommen konnten.

Ich blieb stehen, wollte irgendwelche Leute auf uns aufmerksam machen, doch als ich den Mund öffnete, funkelte Latisha mich an und fletschte die Zähne. »Denk nicht mal dran!«, fauchte sie und schubste uns voran, in die Deckung der Büsche. »Los, weitergehen!«

Shit, die meinten das ernst. Ein Grund mehr, trotz der Warnung irgendwie Hilfe zu organisieren. Auf keinen Fall durfte Shari etwas passieren – was war, wenn sie sich durch diesen Stress verwandelte?

Ich warf ihr einen ermutigenden Blick zu und sie verzog tapfer die Mundwinkel. Zum Glück wirkte sie noch halbwegs gefasst und kein delfinisch grauer Schatten war auf ihrer Haut zu sehen.

Ganz so leicht, wie die Tigerinnen sich das vielleicht gedacht hatten, war ich nicht einzuschüchtern, schließlich war ich am Liberty Square aufgewachsen, in einem der rausten Viertel der Stadt. Unauffällig ließ ich meine Hand in die Tasche meiner Shorts gleiten, in der mein Handy steckte. Tastete über das Display, versuchte blind, zu den Kurzwahlnummern zu kommen. Genau drei davon waren gespeichert – die von Onkel Johnny, die ich selbst eingegeben hatte, und die meiner Mutter und meines Vaters, die beide selbst gespeichert hatten, bevor sie mir das Handy geschickt hatten. Ich drückte irgendetwas und hoffte, dass ich wirklich eine Nummer erwischt hatte – irgendjemand musste uns helfen, und zwar schnell!

Welche Nummer auch immer ich angetippt hatte, niemand ging ran. Und leider hörten die Tigerinnen mit ihren scharfen Ohren das leise Tuten aus meiner Tasche.

»Lass das«, knurrte eine von ihnen, packte mich und riss mich dabei beinahe von den Füßen. Mein Handy schlitterte über den Boden und blieb halb unter einem Busch liegen, wo ich nicht mehr drankam.

Das Gesicht der Tigerin war ganz nah an meinem Hals, ich konnte ihren Atem auf der Haut spüren. Er roch nach rohem Fleisch und Jalapeño-Pfeffer. Wenn ich nach unten schielte, konnte ich sehen, dass sie ihre Fingernägel zu Krallen teilverwandelt hatte. »Wir haben gehört, dass ihr ein bisschen zu wissbegierig seid«, sagte Natascha.

»Neugier ist eine hässliche und lästige Eigenschaft«, fügte Latisha hinzu. »Bei Delfinen, Haien und Gürteltieren. Sie führt oft zu Verletzungen.«

Sie bohrte ihre Krallen durch mein T-Shirt hindurch, was saumäßig wehtat. Als mir ein Stöhnen entfuhr, gruben sich die Krallen nur noch tiefer in meine Haut. Ich biss mir auf die Unterlippe und hielt die Klappe.

»Wir haben nichts getan«, versicherte Jasper, seine Stimme klang ein bisschen quiekig.

Das brachte unsere Gegnerinnen zum Lachen – sie hatten ein leises, weiches Lachen, in dem ein leichtes Grollen mitklang.

Shari war furchtbar blass geworden. »Lasst ihn los!«, sagte sie. »Sofort. Ich bin gerade in Gedankenverbindung mit Jack Clearwater, er weiß, was hier vorgeht.«

»Ach wirklich?« Latisha lächelte, aber ihre Augen glänzten gefährlich. »Ich glaube fast, du lügst uns an. Eure Leute sind zu weit entfernt, das schafft nur ein gut ausgebildeter Wandler. Und ihr? Ihr seid höchstens Kaulquappen.«

»Warum gebt ihr euch dann überhaupt mit uns ab?«, wagte ich zu fragen und ärgerte mich darüber, dass meine Stimme so atemlos klang.

Dann sah ich etwas, das mich sehr beunruhigte. Natascha zückte ihr Handy und drückte eine Kurzwahltaste – ich konnte mir schon denken, wen sie anrief.

Auch Jasper war das sicher klar, denn ganz plötzlich schrie er mit aller Kraft: »HILFE! Wir sind hier!«

Shari und ich waren ebenso verdattert wie die Tigerzwillinge, besonders als plötzlich das Garagentor wie von Geisterhand auffuhr. Jemand hatte die Fernbedienung gedrückt … der Besitzer des Hauses kam zurück! Hatte er Jasper gehört? Latishas Griff lockerte sich fast unmerklich. Das nutzte ich, um mich loszureißen und mit ganzer Kraft gegen sie zu werfen. Es ist sehr unangenehm, geschubst zu werden, wenn man auf High Heels durch die Gegend läuft. Latisha fand ihr Gleichgewicht zwar rekordverdächtig schnell wieder, aber weil eben ein silberfarbener BMW in die Einfahrt bog, hatten Jasper, ich und Shari trotzdem die Chance loszurennen. Ich beugte mich im Laufen herunter, griff mir mein Handy und rannte weiter. Geschickt wich Shari Natascha aus, die sie packen wollte, und sprintete an ihr und dem Auto vorbei Richtung Straße.

Einen Moment hatten wir einen guten Blick auf das verblüffte Gesicht des Fahrers, dann waren wir auf der 17th Street und rannten, so schnell wir konnten. Verfolgten uns die Tigerzwillinge? Oder hätte das zu viel Aufsehen erregt? Zur Sicherheit hielten wir nicht an, nahmen Umwege, hetzten durch Seitenstraßen.

Ich und Shari rannten ohne Probleme – Haie und Delfine haben ordentlich Ausdauer –, aber es machte mir Sorgen, dass Jasper immer stärker keuchte und einen roten Kopf bekommen hatte. Klar, Gürteltiere laufen normalerweise keine größeren Strecken. Ich passte mich seinem Tempo an, damit wir ihn nicht abhängten, und blickte mich nervös um. Niemand in Sicht … oder hielten sich die Zwillinge geschickt in Deckung?

Zum Glück erreichten wir kurz darauf den Treffpunkt und Jasper durfte einen Moment verschnaufen. Er war krebsrot im Gesicht und schnaufte.

Wie wunderbar beruhigend es war, die anderen zu sehen: Finny und Chris kauften sich gerade einen Frozen Yogurt, Ralph schaute einem Straßenjongleur zu und die beiden Neuen – Jerome und Tomkin – hockten im Café, hatten die Köpfe (einer blond, der andere dunkel) auf den Tisch gelegt und pennten. Eindeutig von den neuen Eindrücken überanstrengt. Schließlich hatten sie vor Kurzem noch als Tiere in einem Sumpf gelebt.

Noah und Blue saßen unter einer Palme auf einer Bank und gönnten sich eine kalte Limonade und Jelly Beans mit Popcorn-Geschmack. »Na, wie viele Leute wollten euch zerfleischen?«, fragte Noah grinsend.

»Ach, nur zwei«, meinte Shari und ihren Delfinfreunden fielen fast die Augen raus.

»Sieht fast so aus, als hätten wir irgendwas richtig gemacht bei unseren Nachforschungen«, verkündete Jasper stolz – er hatte schon fast wieder eine normale Gesichtsfarbe. »Sonst hätte die Lennox uns ja nicht ihre Bodyguards auf den Hals geschickt, oder?«

»Äh, ja, kann sein«, sagte ich. Leider war meine Lust aufs Detektivspielen vorerst verdampft. »Es war so ein Glück, dass du dich trotz der Gefahr nicht verwandelt hast, Shari! Du hast es wirklich besser im Griff als vorher.«

Verlegen zuckte Shari die Schultern und griff tief in die Tüte mit den Jelly Beans. »Hab geübt in letzter Zeit.«

»Was? Ihr wart in Gefahr?« Chris hatte anscheinend mitbekommen, was wir redeten, er umarmte Shari und checkte sie von oben bis unten ab. »Gott sei Dank, du bist unverletzt!«


»Beachtet mich einfach nicht, ich bin nicht wichtig«, brummte ich und schaute weg. Ich wollte nicht sehen, wie gut diese beiden sich verstanden. Es machte mir spontan noch weniger Lust darauf, mit diesem Kerl zusammen ein Referat zu halten.

»Oh, Tiago … dein T-Shirt hat Blutflecken«, sagte Shari und blickte mich mit ihren honigbraunen Augen besorgt an. Chris war vergessen. Manchmal lohnt es sich, verletzt zu sein!

»Tut fast gar nicht weh«, log ich verlegen. In Wirklichkeit brannte es ziemlich. Aber immerhin hatten die Krallenwunden aufgehört zu bluten und die Blutflecken fielen durch das bunte Graffiti-Muster auf meinem Shirt kaum auf. Außer man schaute genau hin, so wie unsere Klassensprecherin.

»Wenn Mr Clearwater das sieht, gibt’s Ärger und peinliche Fragen«, sagte Juna, die ebenfalls hinzugekommen war. Sie hatte zwei neue Bücher unter dem Arm, die sie sich gekauft hatte. »Komm, wir gehen dir schnell ein neues T-Shirt besorgen, wir haben noch zwanzig Minuten bis zur Abfahrt. Was ist eigentlich passiert?«

»Willst du nicht wissen«, meinte Shari mit einer Grimasse und zum Glück bohrten unsere Klassenkameraden nicht weiter nach.

»Ich komme auch mit«, kündigte Mara an. »Neulich habe ich mein letztes gutes Top bei einer Verwandlung geschrottet.«

Juna gab ihre neuen Romane Noah, der ein Herz für Bücher hatte, zur Aufbewahrung, dann eskortierten sie und ihre Freundin mich in einen Klamottenladen, der günstige Sachen hatte. Sofort verstrickten sie sich in eine Diskussion darüber, welche Farben besonders gut zu meiner braunen Haut passten. »Gelb! Gelb steht ihm garantiert gut«, meinte Mara.

»Aber das harmoniert nicht mit seinen blauen Augen«, wandte Juna ein.

Ich verdrehte die besagten blauen Augen. »Ist mir doch egal. Ich will nur irgendein stinknormales T-Shirt.«

»Jaja, das finden wir schon – macht schon mal weiter, ich bin gleich wieder da«, sagte Juna und verschwand im hinteren Bereich des Ladens, wahrscheinlich um aufs Klo zu gehen. Mara nutzte die Chance und drückte mir drei gelbe T-Shirts in die Hand, die ich anprobieren sollte. Gegenwehr zwecklos.

Als ich gerade Kopf und Arme in einem Stück Stoff hatte, hörte ich einen Schrei – den Schrei eines Mädchens. Sofort befreite ich mich, warf das Shirt über irgendeinen Klamottenständer und blickte mich um.

»Das klang nach Juna!«, sagte Mara erschrocken.

»Ja, leider«, meinte ich.

Wir eilten in Richtung Damenklo.

Seawalkers (2). Rettung für Shari

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