Читать книгу Vulkanjäger - Катя Брандис - Страница 6
Schwarzes Wasser
ОглавлениеErst jetzt, in der Nacht, wich die brütende Hitze langsam aus der Stadt.
Ich stand wartend auf dem Bürgersteig, der nach Hundepisse stank, und hielt Ausschau nach Giulia.
Ein weißer japanischer Motorroller hielt neben mir. „Steig auf“, sagte die kleine Gestalt auf dem Sitz und warf mir einen Helm zu. Ich setzte ihn auf und schwang mich auf den hinteren Sitz. Dann gab Giulia kräftig Gas. Ich suchte mit den Händen nach einem Halt, aber es gab nirgendwo einen Griff. Und dass ich die Arme um Giulias Taille schlang, kam natürlich nicht infrage. Also hielt ich mich – wie die meisten anderen Italiener auf dem hinteren Sitz – gar nicht fest.
Giulias Haare, die unter ihrem Helm hervorlugten, flatterten mir ins Gesicht, während sie elegant Autos überholte und sich an einem kleinen Stau vorbeischlängelte. Dann kamen wir auf einen breiten Boulevard, und ihr motorini sauste immer schneller durch die Nacht, die selbst um diese Zeit noch voller Lichter und Autos und Menschen war.
Ich hatte erwartet, dass sie zu irgendeinem Strand fuhr, aber sie bremste erst, als eine kantige Burg vor uns auftauchte. Eine Festung im Meer vor Neapel, gegen die die Brandung donnerte. „Castel dell´Ovo“, sagte Giulia und parkte ihren Motorroller. „Man sagt, dass irgendwo in seinem Inneren ein Ei verborgen ist. Wenn es zerbricht, dann ist Neapel dem Untergang geweiht.“
„Da reicht wohl das nächstbeste Erdbeben“, sagte ich und gab ihr den Helm zurück.
„Wir hatten eins, aber das ist schon cinque anni, fünf Jahre, her. Ich fand´s aufregend, aber meine Großmutter ist unter den Esstisch gekrochen.“ Giulia schaute sich um – niemand in Sicht, die Ziegelbrücke, die zum Kastell führte, lag verlassen da. Rasch begann Giulia damit, sich auszuziehen und ihre Klamotten in eine Plastiktüte zu stopfen. Zögernd folgte ich ihrem Beispiel. Wo genau sollte man denn hier überhaupt ins Meer kommen? Über die Kalksteinfelsen vor der Promenade? Ich sah mich um und erkannte im schwachen Mondlicht die Silhouette des Vesuv, dessen Doppelgipfel auf der anderen Seite der Bucht aufragte.
Im Bikini sah Giulia atemberaubend aus, während ich mich im kalten Licht der Straßenlaternen einfach nur schlaksig und blass fühlte. Ein Junge, in den man sich unmöglich verlieben konnte. Viel zu uncool.
Trotz des warmen Nachtwinds überzog eine Gänsehaut meine Arme. Wollte sie wirklich in dieses nachtschwarze Wasser – und, noch wichtiger, wollte ich das?
„Jetzt schnell, bevor ein Carabinieri uns bemerkt!“, wisperte Giulia und sprintete los. Ich ganz instinktiv hinterher.
Die Burg aus gelblichem, vom Alter geschwärztem Stein ragte über uns auf, angestrahlt von Scheinwerfern. Giulia gönnte ihr keinen Blick, sondern kletterte behände über die abgrenzende Ziegelmauer, so dass sie an die Seitenwand der Burg herankam. Sie presste sich an die Mauer und schob sich zentimeterweise auf einem schmalen Sims voran; drei Meter unter ihr ragten Felsen aus dem Wasser, wenn sie fiel, würde sie sich das Bein brechen oder, noch schlimmer, den Hals!
„Kommst du?“, rief sie mir zu.
Tickte sie noch ganz richtig? Ich hatte keine Lust, mir hier sämtliche Knochen zu brechen! Erwartete sie wirklich von mir, dass ich ihr folgte?
Doch dann gab ich mir einen Ruck. Wenn ich mich nicht mal traute, an einer Burg herumzuklettern ... wie sollte ich es dann schaffen, mit meinem Vater Vulkane zu filmen?
Der Stein war porös und hatte viele kleine Vertiefungen, in die ich die Finger schieben konnte. Aber mit meinen großen Füßen hatte ich es viel schwerer als Giulia, auf dem Sims Halt zu finden. Ein paar Sekunden später rutschte mein Fuß ab. Ich krallte mich noch fester an die Wand und schwankte einen Moment lang, kämpfte darum, mein Gleichgewicht zu halten und nicht rücklings auf die Felsen zu stürzen. Besorgt sah Giulia zu mir herüber und reichte mir eine Hand. Aber wenn ich die ergriff, würde ich den Halt verlieren!
„Ich schaff´s schon“, presste ich hervor und lehnte mich nach vorne. Der Stein fühlte sich rau und erstaunlich warm an gegen meine bloße Brust. Nach einem Moment hatte ich einen besseren Halt mit den Zehen gefunden, und es konnte weitergehen. Aber auf der hell angestrahlten Seitenwand fühlte ich mich sehr sichtbar und preisgegeben. Jeden Moment konnte uns jemand sehen! Was war, wenn es hier Wächter gab? Wurde man wegen so etwas verhaftet?
Wir kletterten um eine Ecke und gelangten auf einen breiteren Sims, auf dem wir uns problemlos bewegen konnten. Giulia sprang hinunter zu einem halb überspülten Mini-Strand am Fuß der Steinwand und winkte mir zu, ihr zu folgen. Wir wateten durch einen natürlichen Torbogen, den die Wellen aus dem Felsen gespült hatten, und waren auf der Seeseite des Kastells angekommen. Ich entspannte mich etwas. Jetzt konnte uns niemand mehr sehen.
Giulia ließ sich ins Wasser gleiten und wir schwammen los, um das Kastell herum. Es war ein unheimliches Gefühl, durch das dunkle Meer zu gleiten und nicht sehen zu können, was unter der Oberfläche lag. Mein Fuß stieß gegen irgendetwas Festes, zum Glück war es nur ein Stein. Eine Welle klatschte mir ins Gesicht, und das Salzwasser brannte in meinen Augen. Wie viele Haie gab es eigentlich im Mittelmeer, und waren schon ein paar in der Nähe? Unter uns, neben uns? Ich wusste, dass wir vor einem Angriff keine Flosse an der Oberfläche sehen würden, das gab es eher in Filmen ... Haie griffen genauso oft von unten an ... sollte ich nicht besser umkehren? Und was konnte ich tun, um Giulia zu beschützen, wenn tatsächlich ein Hai angriff? Es war scheußlich, auch nur daran zu denken! Wenn sie verletzt wurde, würde ich sie in den Rettungsgriff nehmen und zum Ufer ziehen ...
Giulia war schon ein paar Meter voraus, sie rief irgendetwas. Dann sah ich es auch selbst – da war eine kleine gemauerte Plattform aus schwarzem Stein, vielleicht eine Anlegestelle. Wir ließen uns von der nächsten Welle hinauf spülen und hockten uns nebeneinander. Vor uns lag das offene Meer, eine schwarze Fläche, die sich bis zum Horizont erstreckte. Ein paar Lichtpunkte verrieten, dass weiter draußen in der Bucht Schiffe unterwegs waren, und in der Ferne glitzerten die Lichter einer Küstenstadt. Hinter uns ... das gewaltige Kastell, hell erleuchtete und fast golden schimmernde Mauern, die in den Himmel ragten.
„Und, ti piace? Gefällt es dir?“, fragte Giulia fast schüchtern.
„Es ist großartig!“, sagte ich ehrlich begeistert, obwohl meine Beine sich noch immer puddingweich anfühlten. „Wie hast du das hier entdeckt?“
„Ich war mal mit meinen Eltern im Castel und habe von den Mauern ganz oben heruntergeschaut, da habe ich diese Stelle gesehen.“ Giulia stand auf und reckte sich. „Andiamo – los geht´s!“
Seite an Seite tauchten wir durch die nächste Welle, und das spülte meine Nervosität weg, als hätte es sie nie gegeben. Es war einfach nur noch aufregend, hier zu sein mit meiner wilden Elfe.
Noch einmal rasteten wir auf der Plattform. Einen Moment lang schauten wir beide schweigend zum Mond hoch, der wie eine halbe Apfelsine über der Bucht hing. Dann blickte Giulia über das Meer hinaus. „Weißt du, vor ein paar Tagen habe ich vom Boot aus Delfine gesehen ... sie sind einfach so durch die Wellen geglitten, völlig frei ... niemand hält sie auf oder befiehlt ihnen etwas ... am liebsten hätte ich sie begleitet. Weißt du, wie das ist?“
Frei sein. Ohne jede Sorge einfach voranstürmen in die blaue Unendlichkeit. „Ja“, sagte ich, und einen Moment lang trafen sich unsere Blicke, verstanden wir uns auch ohne Worte.
Als Giulia mich wieder vor dem Hotel absetzte, gab sie mir einen schnellen Kuss auf die Wange. „Wir können morgen Abend Eis essen gehen, wenn ich den Laden abgeschlossen habe.“
Zu dieser Zeit würde ich schon im Flugzeug nach Hawaii sitzen. Der Gedanke drehte mir den Magen um. „Geht es nicht auch am Vormittag? Ab Mittag ... bin ich nicht mehr in Neapel.“
Sie reckte das Kinn vor. „So.“ Einen Moment lang dachte ich, dass sie einfach knapp peccato! – Schade! sagen würde, doch dann wurde ihr Blick plötzlich weicher. „Na gut. Zehn Uhr.“
Gott sei Dank, einmal noch würden wir uns sehen, bevor ich abfahren musste. „Wollen wir in das Café gehen, das schräg gegenüber von deinem Laden ist? Das Eis ist richtig gut da.“
„Nein, nein, nicht dorthin“, erwiderte Giulia fast erschrocken, dachte kurz nach und schrieb mir eine Adresse auf. „Das hier. Also dann, bis morgen.“
Ich nickte, gab ihr den Helm zurück und sah ihr nach, als sie davonbrauste. Keine Ahnung, warum sie das Eiscafé nicht mochte, aber das war mir auch ziemlich egal. Nur noch ein halber Tag, das war alles, was uns blieb. In diesem Moment verwünschte ich sämtliche Vulkane der Welt – ich wollte hierbleiben und sie richtig kennenlernen!
„Na, wie läuft´s mit Giulia?“, fragte mein Vater beim Frühstück. „Was habt ihr gemacht?“
„Schwimmen gegangen“, sagte ich.
„In der Müllbrühe?“ Mein Vater verzog das Gesicht. Ich schwieg und widmete mich meinem Frühstücksei, entschlossen, das Thema nicht weiter zu vertiefen. Meine Erinnerungen an gestern waren heilig!
Während André und Fred ein letztes Mal unsere Ausrüstung kontrollierten, schlüpfte ich auf die Straße – mein Communicator wies mir den Weg. Im Eiscafé war Giulia allerdings nicht in Sicht, ich erspähte nur zwei alte Frauen, eine Touristenfamilie und jemanden, der sich hinter einem Ausflugsprospekt verschanzt hatte. Doch dann zuckte der Prospekt zur Seite und ich sah Giulia dahinter, die mich anstrahlte.
„Was ist mit dem Laden?“, fragte ich und Giulia seufzte.
„Ich habe ein Geschlossen-Schild ins Fenster gehängt. Wenn mein Vater das mitbekommt, ist die Hölle los. Ich weiß wirklich nicht, warum ich das mache ...“ Nervös zwirbelte sie sich eine Haarsträhne um den Finger.
Mein Herz schlug einen Trommelwirbel. Wegen mir. Sie tat es wegen mir!
Giulia nahm Pistazie, Erdbeere und Mango, ich Vanille, Zitrone und Kokos – meine Eiswaffel sah dadurch sehr langweilig aus, aber ich mag nun mal die weißen Sorten besonders. Wir saßen uns gegenüber, blickten uns an und lächelten hin und wieder verlegen. „Wie alt bist du eigentlich?“, fragte ich sie.
„Siebzehn, und du?“
Sollte ich ihr wirklich gestehen, dass ich jünger war als sie? Besser nicht. „Ich auch“, murmelte ich. „Du hast jetzt bestimmt Ferien, oder? Verdienst du dir im Laden was dazu?“
Sie nickte, und ihr Blick schweifte unruhig durchs Eiscafé, wieso war sie so nervös? „Meine Familie hat noch ein paar andere Shops. Manchmal arbeitet auch mein Cousin Luca dort, aber dem macht es noch weniger Spaß als mir.“ Wenn sie lächelte, erschienen Grübchen in ihren Wangen, und in ihren Augen tanzte ein vergnügter Funke.
Plötzlich hatte ich Lust, den Spieß herumzudrehen. Sie hatte mich getestet, jetzt war ich dran. „Stell dir mal vor ...“, begann ich langsam, und Giulia zog fragend eine Augenbraue hoch. Hoffentlich fand sie das jetzt nicht total blödsinnig. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und fuhr fort: „Stell dir vor, eine große Spinne krabbelt direkt vor dir durch eure Wohnung. Was machst du? Schreien und rausrennen? Sie totschlagen? Oder sie rausbringen?“
Giulia grinste. „Weder noch. Ich rufe nach meinem kleinen Bruder, der sperrt sie in ein Glas und findet sein neues Haustier toll.“
Ich musste lächeln, ihre Antwort gefiel mir.
„War das jetzt ein Test? Hab ich bestanden?“, fragte Giulia neugierig und schon deutlich entspannter als zu Anfang.
„Hundert Punkte“, sagte ich und Giulia lächelte verschmitzt.
„Na, dann bin ich ja wieder dran. Wie heißt bei einem Boot das vordere Ende?“
„Bug. Das war aber leicht, denkst du, ich bin die totale Landratte?“ Ich war ein kleines bisschen gekränkt. „Und du hast wahrscheinlich den Bootsführerschein oder so was?“
„Sì.“ Giulia runzelte die Stirn und schaute zur Decke. „Gut, wenn die Frage zu leicht war, darf ich noch eine stellen. Du gräbst in deinem Garten ein Loch und findest dabei eine Scherbe. Schmeißt du sie weg, haust du mit dem Hammer drauf oder zeigst du sie jemandem im nächsten museo?“
„Das kommt ganz drauf an, wo das Loch sich befindet“, meinte ich. „In München würde ich mit dem Hammer draufhauen, weil sie wahrscheinlich von einem alten Blumentopf stammt.“
„Oh. Und in Rom?“
„Behalten. Könnte ein Stück vom Nachttopf irgendeines Kaisers sein.“
Giulia tat so, als würde sie übertrieben aufatmen. „Jetzt hast du auch hundert Punkte.“
„Du interessierst dich also für Archäologie“, schlussfolgerte ich, und zum ersten Mal fiel mir auf, dass sie eine der wenigen Frauen in Neapel war, die kurze, unlackierte Fingernägel hatte.
„Ab und zu schaue ich bei Ausgrabungen zu und manchmal darf ich mithelfen“, erzählte Giulia, ihre Augen begannen zu leuchten. „Leider erlauben meine Eltern bisher nicht, dass ich Archäologie studiere. Sie finden das zu hart und anstrengend – in der sengenden Sonne Knochen ausgraben ist keine Arbeit für eine Frau und solche Sprüche eben. Aber ich habe keine Angst vor harter Arbeit.“ Kämpferisch sah sie mich an. „Und was ist mir dir, was willst du mal machen?
„Irgendetwas mit Tieren und der Natur“, sagte ich, das hatte sie sich nach meiner Testfrage wahrscheinlich schon gedacht. Giulia verzog den Mund zu einem breiten Lächeln. „Was ist?“, fragte ich irritiert.
„Wir sind wirklich sehr unterschiedlich“, erklärte Giulia. „Du beschäftigst dich gerne mit lebenden Dingen, ich mit toten.“
Ich musste lachen. „Das klingt, als würdest du Zombies dressieren.“
„Dio mio!“ Giulia verzog das Gesicht. „Die sind ja nur halb tot. Also nicht tot genug für mich.“
„Ach so. Hätte ja sein können, schließlich magst du Kastelle und das Meer bei Nacht ... Ausgrabungsstätten auch?“
Giulia hob elegant eine Augenbraue. „Ausgrabungsstätten sind bei Nacht nicht besonders interessant, außer für dich, wahrscheinlich magst du ja Fledermäuse, oder?“
Ich vergaß die Zeit, während wir herumalberten, aber nach und nach merkte ich, dass irgendetwas Giulia beschäftigte. Sie schaute mich so seltsam an, als würde sie gerne etwas fragen, traue sich aber nicht ganz. Schließlich rückte sie damit heraus. „Findest du mich eigentlich nicht hübsch?“
„Doch, natürlich – warum?“, erwiderte ich fast erschrocken.
Sie lachte. „Na ja, italienische Jungs sagen das auch, weißt du ... sie schwärmen von deinen Augen, deiner Figur und so weiter ... aber du? Du bist irgendwie so ganz anders als alle, die ich kenne.“
Verlegen zuckte ich die Schultern und versuchte mir auf die Schnelle etwas auszudenken. Heraus kam Kitsch pur. Aber es gab tatsächlich etwas, was ich ihr sagen wollte. „Du bist genau richtig, wie du bist. Außerdem hast du Mut, das gefällt mir.“
Das brachte sie noch einmal zum Lächeln, ich hatte mich nicht blamiert. „Meinst du das Schwimmen am Castel? Aber das habe ich schon oft gemacht, dafür brauche ich keinen Mut mehr. Du hast welchen gebraucht.“ Ihre Finger spielten mit der Korallenkette, die sie trug. „Ich mag dich, weißt du?“
„Ich dich auch“, brachte ich irgendwie heraus, und unsere Blicke trafen sich, hielten sich fest. In ihrem Blick las ich Neugier auf mich, und das ließ meine Knie noch weicher werden, als sie ohnehin schon waren. Hatte mich schon mal ein Mädchen so angeschaut? Wenn ja, dann konnte ich mich nicht daran erinnern.
Doch dann verschloss sich ihr Gesicht wieder, sie wandte sich ab und warf den Rest ihrer Eiswaffel in den Mülleimer neben dem Tisch. „Aber das ist egal, oder? Morgen bist du schon nicht mehr da. Du bist nur ein Tourist. Was soll ich mit einem Touristen anfangen?“
Nur ein Tourist. Das tat weh. Weil es stimmte.
„Wir könnten uns schreiben“, schlug ich verlegen vor, kritzelte meinen vollen Namen und meine Web-Adresse auf eine Papierserviette und schob sie ihr hin. Giulia betrachtete die Serviette, nahm sie aber nicht.
„Wo fliegst du hin?“, fragte sie einfach nur und stand auf. „Zurück nach Deutschland?“
Sie hatte mich abgehakt. Und ich konnte es ihr wirklich nicht verdenken.
„Nach Hawaii – mein Vater dreht einen Dokumentarfilm über Vulkane“, sagte ich, stand ebenfalls auf und zahlte für unser Eis.
„Über Vulkane? Veramente?“ Giulia wirkte verblüfft.
Dann sah ich auf die Uhr und erschrak. In zehn Minuten stiegen André und Fred ins Taxi – womöglich ohne mich!
„Giulia ...“, sagte ich, doch dann wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte. „Ich muss los. Leider.“
„Ich auch“, sagte Giulia mit flammenden Augen. „Arrivederci, Tourist. Und nächstes Mal ziehst du nicht so eine miese Nummer ab und sprichst ein Mädchen an, das du sowieso nie wiedersiehst! Sowas macht nämlich nur ein coglione, ein Arsch!“ Abrupt drehte sie sich um und marschierte aus dem Café.
Was für ein beschissener Abschied. Mir war elend zumute, als ich durch die Straßen hetzte. Das Taxi stand schon vor der Tür, als ich keuchend vor dem Hotel ankam. Fred war gerade dabei, die Arri vorsichtig im Kofferraum unterzubringen.
Mein Vater war nicht einmal wütend. Er sah mich nur mitleidig an. „Schwer?“, fragte er.
„Ja“, sagte ich und schaute den Rest der Fahrt schweigend aus dem Autofenster.