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Form ist Leere, Leere ist Form

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Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wodurch Materie überhaupt erst für uns nutzbar wir?

Alles Materielle, das uns umgibt, erhält seine Funktionsfähigkeit erst dadurch, dass es sowohl Leere als auch Form ist. Der Leerraum zwischen den Molekülen, die dem Material seine Beschaffenheit verleihen, ist um ein Vielfaches größer als die Moleküle selbst. Eine Teetasse ist nur deshalb zu gebrauchen, weil sie eine äußere Begrenzung aus Porzellan oder Steingut besitzt, die einen leeren Raum umschließt, in den wir Tee gießen können. Ein Schuh hat eine äußere Form aus Leder oder Stoff, innen aber ist er leer. In diesen Leerraum können wir unseren Fuß stecken, die äußere Hülle gibt ihm Schutz und Halt. Ein Haus bietet Wohnraum, weil seine Wände, Böden und Decken Leere umschließen. In diesem leeren Raum bewegen wir uns frei und geschützt und können ihn nach unseren Vorstellungen nutzen und einrichten.

Würden wir aber Leere mit Form füllen, indem wir die Teetasse, den Schuh oder das Haus bis zur Oberkante mit Beton auffüllen, hätten sie ihren Sinn verloren, denn wir könnten sie ja nicht mehr nutzen. Das ist logisch. Bei genauerer Betrachtung stellen wir fest, dass diese einfachen Beispiele eins zu eins auf uns selbst übertragbar sind:

Denn, sind wir angefüllt mit schmerzlichen Erinnerungen, mit Angst, Scham, Schuld oder Wut, so ist kein Raum mehr in uns, in dem Schönes, Leichtes, Freudiges Platz fände. Geduld, Widerstandslosigkeit und Einverstandensein können nicht einziehen. Sind wir angefüllt mit einem raumgreifenden Ego, ist es dem Göttlichen verwehrt, in uns zu wirken. Wenn wir das Lebenswerte, Freudige und Göttliche in unser Leben einfließen lassen wollen, müssen wir selbst dafür Sorge tragen, dass wir ihm ausreichend Raum verschaffen. Das geschieht, indem wir loslassen, was nicht mehr zu uns gehört und annehmen, was wir nicht ändern können; wenn wir unser Ego auf ein für den Alltag notwendiges Maß reduzieren und unser Herz für die bedingungslose Liebe öffnen. Durch Loslassen von Ausgedientem schaffen wir Raum für neue Erfahrungen und machen durch das Annehmen des Unabänderlichen Platz für Hingabe und Präsenz im Augenblick. Raum für Gottvertrauen und geistige Führung entsteht, wenn wir unser Ego auf den ihm gebührenden Platz verweisen. Damit öffnen wir unser Herz für Liebe, Glück und Erfüllung.

Die intensive Auseinandersetzung mit Form und Leere führt letztlich dazu, Bewertungen und Beurteilungen fallen zu lassen.

Sind wir „Form“, sind wir automatisch in der Bewertung. Unserem mentalen Programm folgend setzen wir jedwede Form in Bezug zu unserem Leben und beurteilen auf Grundlage unserer Erfahrungen, ob sie uns dienlich, schön oder hässlich, passend, begehrenswert oder gar überflüssig ist.

Die Leere selbst wertet und beurteilt nicht, sie befindet sich sowohl zwischen den duftenden Blütenblättern einer Rose wie auch in Gräbern. Durch ihr Wesen des „nicht Seienden“ schafft nur sie allein die Grundlage für das differenzierte Sein der Materie und verhilft ihr damit zu dem ihr zugedachten Sinn.

Wenn es uns Menschen gelänge, wie die Leere zu sein, die ohne jegliche Bewertung anderen Raum bietet, ihre Kraft und ihre Potentiale zu entfalten und ihre Realität zu verwirklichen, hätten wir etwas Entscheidendes gelernt. Wenn uns das gelingt, tragen wir selbst ein Stück zur Sinnhaftigkeit der Existenz bei.

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