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Kapitel 8
ОглавлениеHeute haben wir unser Ferienhaus verlassen und sind in die Stadt in eine schicke Suite im Stadthotel übersiedelt. Hier wird heute auch der Silvesterball stattfinden. Vorhin war ich noch einmal beim Arzt um meine Wunde ansehen zu lassen, er ist ganz zufrieden, dann bin ich es auch. Eine Narbe mehr, naja auch egal, in circa zehn Tagen soll ich mir die Fäden ziehen lassen. Das werde ich dann wohl am besten gleich selbst übernehmen. Im Hotel herrscht schon geschäftiges Treiben und die Vorbereitungen für den Abend laufen auf Hochtouren. Nigella ist beim Frisör während Max, Sam und Daniel an der Hotelbar sitzen als ich gerade zurückkomme.
„Und was sagt der Arzt?“
Max deutet auf den Barhocker neben ihm.
„Tja, muss wohl amputiert werden, mein Bein ist vermutlich nicht mehr zu retten.“
Ich zucke mit den Schultern und drücke ihm einen Kuss auf die Wange.“
„Freut mich, scheint also alles ok zu sein.“
Wie erwartet geht er nicht auf meinen Scherz ein. Ich setze mich auf den Barhocker und bestelle mir einen Tee.
Sam schaut auf die Uhr. „Nigella ist schon seit zwei Stunden beim Frisör, kann das wirklich so lange dauern? Was ist mit dir Luisa, keine Aufhübschung für heute Abend?“
„Mal sehen, lass dich überraschen“, entgegne ich in meiner Tasse rührend.
Ehrlich gesagt hab ich keine Lust den halben Tag beim Frisör zu sitzen, aber eine Hochsteckfrisur wie von der Verkäuferin empfohlen wäre schon toll.
„Brauchst du alles nicht, du bist sowieso schon so schön, dass ich alle Hände voll damit zu tun habe potentielle Rivalen von dir fern zu halten.“
Max küsst mich liebevoll hinterm Ohr.
„Ah da kommt sie ja, endlich, ich wollte schon einen Suchtrupp nach dir ausschwärmen lassen.“
Sam umarmt seine Frau, die ihn ob ihrer neuen Frisur zur Vorsicht ermahnt. Sie sieht wahnsinnig elegant aus, wie eine Hollywood Diva.
„Darauf trinken wir jetzt noch eine Runde.“
Daniel winkt den Barkeeper her. Ich höre mein Handy in der Tasche klingeln.
„Ich gehe nur kurz ran, es ist mein Dad.“ Ich hüpfe vom Barhocker und gehe in den Nebenraum.
„Hi Dad.“
„Hallo Luisa, ich wollte mich nur vergewissern ob bei dir alles in Ordnung ist. Du hast dich seit deiner Abreise nicht mehr gemeldet.“
„Danke, mir geht es gut, es ist wunderschön hier. Hattet ihr schöne Tage am See?“
„Ja, es hat geschneit. Ich wollte dir noch einen guten Rutsch in das neue Jahr wünschen.“
„Danke Dad, das wünsche ich dir auch. Geht es allen gut?“
„Natürlich.“
„Gut, wir sehen uns ja bald. Grüß alle von mir.“
„Bis bald Luisa.“
„Dad.“ Ich stocke kurz. „Es tut mir leid wegen unserem Streit.“
Kurz ist es ganz leise am anderen Ende.
„Das braucht es nicht. Ich habe einen Fehler gemacht.“
„Wir haben beide Fehler gemacht, ich war nicht immer fair zu dir“, falle ich ihm ins Wort.
„Luisa, du bist doch mein Mädchen.“
Ich fühle mich plötzlich wieder wie das kleine Mädchen von damals, als Dad mich in dem Arm nahm und sagte: „Luisa du bist mein Mädchen, meine Prinzessin auf dem schönsten Stern im Universum.“ Dann hob er mich hoch und wirbelte mich durch die Luft.
„Ja ich bin dein Mädchen, gutes neues Jahr Dad.“
Wir verabschieden uns mit dem Versprechen uns bald in New York zu sehen und dann noch einmal in Ruhe über alles zu sprechen. An der Bar ist gerade die neue Runde Getränke eingetroffen, ich trinke den letzten Schluck von meinem Tee aus.
„Alles ok bei deinem Dad?“
Ich weiß, er merkt genau, dass mir das Telefonat nahe geht, ich möchte aber nicht darüber sprechen, ich habe meinen Sprechbedarf bereits gestern gesprengt.
„Er hat mir ein gutes neues Jahr gewünscht.“
Ich lächle ihn an, was mir nur recht verkrampft gelingt, es fällt mir wirklich schwer ihm etwas vorzumachen und das weiß er.
„Ich leg mich ein bisschen hin.“
Ich küsse ihn auf die Wange, er sieht mich verwundert an.
„Ist sicher alles in Ordnung Luisa?“
„Ja klar, es ist alles ok, ich habe nur keine Lust mehr hier zu sitzen, ich bin müde und es wird noch ein langer Tag heute.“
Ich streiche ihm über die Wange.
„Ich komme mit, warte auf mich.“ Er hält meine Hand fest.
„Bleib doch noch sitzen, ihr habt es doch gerade so gemütlich.“
„Bist du ganz sicher?“
„Ja sicher, aber trink nicht zu viel“, flüstere ich ihn sein Ohr und gebe ihm noch einen Kuss. Nigella verspricht mir auf die Jungs aufzupassen.
„Wenn du möchtest, helfe ich dir später mit deinen Haaren?“, ruft sie mir noch hinterher.
„Ja gerne!“ Ich nicke ihr zu und gehe zum Lift.
Als sich die Lifttür schließt atme ich tief durch. Ich war so viele Jahre weg von meiner Familie und doch fühlt es sich heute komisch an das erste Mal zum Jahreswechsel allein zu sein, aber manche Dinge ändern sich eben und jetzt ist Max da, alles ist anders. Ich lasse mich aufs Bett fallen und zappe durchs TV Programm, wo ich bei einem Liebesfilm hängen bleibe, ich kuschle mich in die Decke. Meine Naht zwickt unangenehm und ganz allgemein fühle ich mich nicht in Bestform. Schon seit ein paar Wochen habe ich das Gefühl etwas auszubrüten. Mir fallen gerade die Augen zu, als mich das Klacken der Tür wieder munter werden lässt. Max ist verwunderlicher Weise schon da und springt zu mir ins Bett.
„Schon da?“, frage ich überrascht, freue mich aber.
„Ich kann dich schließlich nicht allein lassen in dem großen Bett, ich hätte es keine Sekunde länger ausgehalten.“
Er küsst mich stürmisch vom Ohr bis zum Hals.
„Bitte Max, ich sehe gerade fern und ich bin müde.“
Ich deute zum Fernseher wo gerade Richard Gere unter der Dusche steht.
„Ernsthaft? Richard Gere?“
Er verdreht die Augen. Ich schmunzle frech, obwohl Richard Gere absolut nicht mein Typ ist, wofür ich einen kleinen Klaps auf den Hintern kassiere.
Das lasse ich mir nicht einfach so gefallen, ich befreie mich von meiner Decke, während ich mich auf ihn setzte halte ich seine Arme und Hände fest über seinem Kopf.
„Willst du Streit, wir hatten doch vereinbart keine Gewalt.“
Meine Ansage kostet ihn einen Lacher, auch ich muss lachen und drücke dabei seine Hände noch fester zurück, zur Strafe.
„Korrigiere mich bitte wenn ich mich täusche, aber ich habe das Gefühl du bist hier gerade gewalttätig.“
Er grinst breit, macht aber keine Anstalten sich zu wehren.
„Ja das kann schon sein…Jetzt lasse ich dich nicht mehr los.“
Ich küsse seinen Hals liebevoll, ohne locker zu lassen. Erst nach ein paar Augenblicken packt er meine Arme und rollt mich scheinbar ohne Mühe auf den Rücken und legt sich auf mich. Sein Gesicht ganz dicht neben meinem Ohr spüre ich seinen Atem in meinen Haaren, meine Arme drückt er fest an meinen Körper. Ich kann mich auf keinen Fall mehr bewegen, aber ich finde es keineswegs unangenehm, ganz im Gegenteil, ich versuche auch gar nicht mich zur Wehr zu setzen.
„Ich hoffe sogar sehr du lässt mich nie mehr los“, haucht er atemlos.
Meinen Körper durchströmt eine unglaubliche Wärme, ich drücke meine Nase an seinen Hals. Ich liebe seinen Duft, ich atme tief ein.
„Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr, dass es mir fast den Verstand raubt.“
Die Worte verlassen meine Lippen förmlich von selbst. Seine Augen strahlen zufrieden, dann presst er seine Lippen leidenschaftlich auf meine und drückt sich noch ein wenig fester an mich.
Im Fernsehen läuft gerade eine Talkshow die ich beiläufig ansehe inzwischen ich mir die Fingernägel lackiere. Max ist gerade im Bad und rasiert sich.
„Wirklich schade, dass wir morgen schon zurück nach New York müssen.“
„Ja, finde ich auch, ich hätte mich schon fast an dich gewöhnt“, entgegne ich.
Er schaut mit Rasierschaum im Gesicht aus dem Bad. „Du wirst dich noch so an mich gewöhnen, dass du dir nicht mehr vorstellen kannst ohne mich zu sein.“
„Ist schon passiert“, murmle ich konzentriert den Nagellack sauber aufzutragen und sicher dass er mich nicht hören kann.
„Ich weiß.“ Er steht plötzlich hinter mir und ich zucke vor Schreck zusammen.
„Du sollst mich nicht erschrecken.“
„Und du sollst nicht frech sein.“
Er streicht meine Haare zur Seite und gibt mir einen Kuss in den Nacken. Ich lege meinen Kopf zurück und bekomme noch einen Kuss auf den Mund.
Max zupft sich gerade seine schwarze Fliege zurecht, als es an der Tür klopft. Ich sitze noch immer im Bademantel da und experimentiere mit meinen Haaren. Nigella steht in ihrem Schneewittchenkleid in der Tür, um den Hals trägt sie eine außergewöhnliche Perlenkette mit einem diamantbesetzten Verschluss in Form einer Rose, bildschön.
„Du siehst unglaublich aus und diese Kette erst.“ Ich mustere sie bewundernd.
„Die habe ich von meinem lieben Bruder zu meinem vierzigsten Geburtstag bekommen, wenn es um guten Geschmack geht kann man ihm nichts vormachen.“
Sie zwinkert Max zu. Er streicht seiner Schwester liebevoll über die Schulter und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Da hat sie ohne Zweifel recht. Ich schaffe nicht einmal eine halbwegs plausible Frisur ohne fremde Hilfe, ich hoffe der gute Geschmack hat ihn bei mir nicht verlassen. Max steht bereits geschniegelt und gestriegelt da, er sieht so heiß aus in seinem Smoking, ich himmle ihn schon wieder an.
„Am besten du gehst mit Sam schon mal vor“, schlägt Nigella vor. „Wir haben hier noch zu tun.“
„Na gut, wie ihr wollt, wie es aussieht werde ich hier nicht gebraucht. Wir sehen uns dann unten.“
Im Gehen drückt er uns beiden noch einen Kuss auf die Wange.
„So und jetzt kümmern wir uns um deine Haare.“
Sie stürzt sich sofort auf Kamm, Glätteisen und Haarklammern und schafft mit wenigen Griffen was ich vermutlich in zwei Stunden nicht vollbracht hätte.
„Kein Frisör hätte das besser gemacht“, bewundere ich mich selbst im Spiegel. „Danke.“
Ich schlüpfe in Kleid und Schuhe und betrachte mich zufrieden im Spiegel. Es war wirklich eine gute Wahl das Kleid zu nehmen, an den Preis denke ich besser nicht mehr und ich hoffe, das Max bei seiner Kreditkartenabrechnung nicht der Schlag trifft.
„Perfekt, so können wir gehen“, stellen wir bei einem letzten Blick in den Spiegel prüfend fest.
Heute gehe ich nicht die Treppe hinunter, nein ich schreite. Etwas vorsichtig um nicht hinten auf das Kleid zu treten und womöglich noch einen ungewollten Stunt hinzulegen. Max und Sam plaudern unten in der Empfangshalle und sehen uns zuerst gar nicht hinunter kommen. Dann aber schaut Max zufällig zur Treppe und ich bemerke wie er ein zweites Mal zu uns blickt, als ob er seinen Augen nicht trauen kann. Er kommt mir ein paar Schritte entgegen und reicht mir seine Hand.
„Ich bin sprachlos. Du siehst atemberaubend aus.“
„Danke, du aber auch, ich bin mir nicht sicher ob du noch so voller Bewunderung bist wenn du den Preis von dem Kleid siehst.“
„Um mit der schönsten Frau des Abends Silvester feiern zu dürfen, ist mir kein Preis zu hoch.“
„Darf ich Sie zu ihrem Tisch begleiten?“
Ein im Butlerstyle gekleideter Kellner mit weißen Handschuhen führt uns zu unserem Tisch. Ich fühle mich heute wie eine Prinzessin, mit einem traumhaften Prinzen an meiner Seite. Meinem Prinzen. Während der Kellner die Vorspeise aufträgt, lege ich meine Hand auf Max Oberschenkel der links von mir sitzt. Er neigt sich ein wenig zu mir und zwinkert mir zu. „Willst du mich aus der Verfassung bringen?“
Ich schenke ihm mein schönstes Strahlelächeln um ihm zu zeigen wie gut es mir geht. „Meinst du das gelingt mir?“
„Ja zweifellos.“
„Mir hätte in diesem Jahr nichts Besseres als du passieren können.“
Ich nehme seine Hand und gebe einen Kuss darauf.
„Das geht mir genauso Luisa.“
Kurz vor Mitternacht tanzen wir gerade und ich schmiege mich fest an ihn, als er auf seine Uhr blickt.
„Wir müssen jetzt los.“
„Wohin müssen wir jetzt noch?“
„Überraschung, komm.“
Grundsätzlich bin ich nicht so der Typ für Überraschungen, aber er hat ein Händchen dafür und bislang hat mir auch immer alles gefallen. Wir verlassen den Saal und steigen in den Lift. Der Page im Lift lächelt verlegen als wir einsteigen, er weiß scheinbar schon Bescheid wohin die Reise geht. Wir fahren bis ganz nach oben, als wir aussteigen ist das ganz Stockwerk dunkel. Es sind nur einige Kerzen am Gang angezündet die uns den Weg weisen. Wir sind ganz allein, Max nimmt mich an der Hand und führt mich weiter. Ich folge ihm bis wir einen großen Raum erreichen in dem einige große Tische und Stühle stehen, auch hier sind mehrere Kerzen entzündet. Auf einem Tisch stehen eine Flasche Champagner und zwei Gläser, alles sieht sehr romantisch aus.
„Von hier oben hat man einen wunderschönen Blick auf das Feuerwerk. Ich dachte es wäre schön wenn wir das ganz allein genießen können, wir gehen nach draußen auf den Balkon.“ Er gießt den Champagner ein. Auf einem Sessel hängt mein Mantel.
„Du denkst auch wirklich an alles“, stelle ich bewundernd fest.
„Damit du dich nicht auch noch erkältest, eine Verletzung für diese Woche reicht aus.“
Wir gehen nach draußen, ich lehne mich mit dem Glas in der Hand an ihn. Um Mitternacht startet das Feuerwerk, ich komme mir vor als wäre ich mittendrin. Max nimmt mich ganz fest in den Arm.
„Ich wünsche dir, das alles was du dir je gewünscht hast in Erfüllung geht. Ein glückliches neues Jahr Luisa.“
Ich streiche durch seine Haare. „Ich wünsche dir auch ein gutes neues Jahr. Ich habe jetzt schon mehr als ich mir je gewünscht habe, ich habe dich.“
Wir küssen uns lange und er hält mich ganz fest in seinen Armen.
Ich würde diesen Moment am liebsten einfrieren, ich war noch nie im Leben so glücklich wie heute.