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Kapitel 6

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Die Wochen bis Weihnachten vergehen wie im Flug. Ich habe im Krankenhaus viel zu tun und auch Max ist beruflich viel unterwegs. Wir haben wenig Zeit uns zu treffen, die Woche vor Weihnachten sehe ich ihn gar nicht mehr, weil er bereits unterwegs nach Europa ist. Das passt mir zwar gar nicht, aber es lässt sich nicht ändern, er hat mir auch wiederholt angeboten ihn zu begleiten. Vielleicht hätte ich es doch tun sollen, sogar Lizzy hat mich ermutigt den Familienurlaub zu schwänzen, aber meine Beziehung zu Max ist noch frisch und so hat, wenn auch widerwillig, meine Familie Vorrang.

Am 23.12. breche ich gemeinsam mit meinem Vater und Alice in unseren Weihnachtsurlaub auf. Das Haus ist wirklich idyllisch gelegen und schmiegt sich romantisch in die weihnachtliche Landschaft. Alice und Lizzys Mum Betty machen sich gleich an die Vorbereitungen für das Weihnachtsessen, die zwei sind begnadete Köchinnen. Die Männer fahren in die Stadt um einige Einkäufe zu erledigen. Lizzy und ich übernehmen die Weihnachtsdekoration. Vor dem Abendessen lümmeln Andy und Matt mit einem Bier am Sofa, während wir den Baum fertig schmücken.

„Du bist sichtlich erfreut über unseren Familienurlaub heuer“, stichelt mich Andy an.

„So wie jedes Jahr“, antworte ich forsch.

„Wieso hast du deinen Lover nicht mitgebracht?“, legt Matt noch ein Schäufelchen nach.

„Also ich würde dich an seiner Stelle zu Weihnachten nicht allein lassen“, fügt er noch spitz hinzu.

Langsam werde ich sauer und Lizzy versucht die beiden zu bremsen. Scheinbar ist mein Liebesleben interessanter für Andy und Matt als ich vermutet habe.

„Deshalb hast ja du auch deine Freundin dabei, oder Matt?“

Sie blitzt ihn böse an. Matt ist einer der Sorte Männer die grundsätzlich keine fixe Beziehung anstrebt, so empfinde ich das zumindest. Da gibt es mal hier und mal da eine Freundin, die dann meist blond, langbeinig und sportlich durchtrainiert ist. Auch wenn Betty keine Gelegenheit auslässt ihrem Sohn zu sagen, dass es nun endlich an der Zeit wäre „die Richtige“ zu finden, frönt er weiter dem Junggesellenleben.

„Ich habe gar keine Freundin liebes Schwesterchen, aber Luisa hat ja einen Freund wie ich gehört habe.“

Er grinst mich an, ich ignoriere seine Ansage und drehe mich zum Baum.

„Der Engel muss noch auf die Baumspitze, hilfst du mir Andy.“

Lizzy wackelt mit dem Engel vor Andys Nase, er springt sofort auf um einer möglichen Auseinandersetzung mit ihr zu entgehen.

„Ihr schafft das ohne mich, ich brauche frische Luft.“

Ich habe das Gefühl mir platzt gleich der Kragen. Ich ziehe meine Jacke und Stiefel an und gehe nach draußen wo es gerade ausgelassen schneit. Lizzys Dad Robert und mein Dad hacken Brennholz im Schuppen und gönnen sich dazu einen Drink. Hier draußen haben sie es mit Sicherheit gemütlich denke ich mir und stapfe an ihnen vorbei.

„Wohin des Weges junge Frau?“, ruft mir Robert noch nach.

„Den Weihnachtsfrieden suchen“, entgegne ich sarkastisch.

Ich gehe ein paar Schritte durch den Schnee und genieße die Ruhe an der kalten frischen Luft, es wird schon dunkel. Ich schließe die Augen und atme tief durch. Wie gern würde ich jetzt Max Stimme hören, aber ich weiß dass er jetzt im Flugzeug sitzt, aber über eine Nachricht von mir freut er sich bestimmt:

Ich vermisse dich. Ich hätte doch mit dir kommen sollen. Ich hoffe die Tage vergehen schnell. Viele Küsse, ich umarme dich, Luisa.

Neben mir taucht plötzlich Matt auf, scheinbar hat er jetzt doch ein schlechtes Gewissen, ich kenne ihn. Er stellt sich dicht neben mich.

„Ich habe schon vergessen wie schön es hier ist.“

Er atmet ein und mit einem lauten Seufzer aus.

„Und ich habe vergessen dass du ein Arsch bist“, entgegne ich trocken.

Er ist es zwar gewohnt das ich mir kein Blatt vor dem Mund nehme, dafür kennen wir uns zu lang, damit hat er jetzt aber sichtlich nicht gerechnet. Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Und du bist eine Zicke. Ich hab das nicht so gemeint. Warum bist du so unentspannt?“ „Doch du hast das so gemeint, und leider hast du ja auch irgendwie recht, aber ich wollte hier mit euch sein und ich bin keine ZICKE.“

Er legt seinen Arm freundschaftlich um meine Schulter.

„Tut mir leid, aber ich will nicht, dass er dich unglücklich macht. Bist du sicher du verrennst dich da nicht in etwas, ist er nicht zu alt für dich?“

„Ich bin mir auf jeden Fall sicher dass dich das gar nichts angeht.“ Ich boxe ihm freundschaftlich in die Seite, was ihn nur einen kurzen Lacher kostet. Schnell drückt er mir einen Kuss auf die Wange. Alice ruft uns bereits zum Abendessen, wir stapfen im Schnee zurück zum Haus.

Ich liege schon im Bett als ich eine Nachricht bekomme.

Max: Habe vor dem zu Bett gehen einen Brief an den Weihnachtsmann geschrieben. Den habe ich in meinen alten Weihnachtsstrumpf gesteckt. Ich hab mir gewünscht dass du bei mir bist. Vielleicht erhört er meinen Wunsch ja noch. Ich umarme und küsse dich. Max.

In Irland ist es jetzt mitten in der Nacht, deshalb verkneife ich mir einen Anruf, obwohl ich es wirklich gern tun würde, aber ich antworte noch auf die Nachricht.

Warum bist du noch wach? Ich hoffe du bist in keiner Bar und scharst die Damen um dich und tröstest dich, weil ich nicht bei dir bin? Ich zumindest liege schon im Bett, Gute Nacht, ich vermisse dich, vergiss mich nicht. L.

Ich knipse gerade die Nachttischlampe aus, als ich prompt eine Antwort erhalte.

Max: Keine Bar, keine Damen. Nur DU Luisa. Ich liege auch im Bett. Schlafen kann ich aber nicht. Der Gedanke von dir im Bett hilft mir nicht weiter. Gute Nacht? Ohne dich nicht möglich, Ich küsse dich. Max.

Ich muss einfach noch zurück schreiben.

Mach deine Augen zu und träum von mir. Ich mache das jetzt auch. Schlaf gut Liebster. Eine Million Küsse, deine Luisa.

Ich kuschle mich fest in meine Decke und stelle mir vor wie er mich festhält und schließe meine Augen.

Heute ist Heiliger Abend. Alice und Betty haben sich ein feudales Weihnachtsmenü vorgenommen. Alle haben Küchenverbot, sogar Lizzy und ich. Darüber bin ganz froh. Der Rest der Familie hat sich für einen Spaziergang im Wald entschieden und so machen wir uns auf den Weg. Als wir auf dem Rückweg sind geht mein Dad ein Stück mit mir.

„Warum sprichst du nicht mit mir Luisa?“, fragt er mich.

Ich schaue ihn verwundert an.

„Ich spreche doch mit dir, warum?“

„Ich meine du erzählst mir nichts.“

„Ich wüsste nicht was es zu erzählen gibt, vor allem nichts was dich interessiert, Dad.“

„Du glaubst das mich nicht interessiert was meine Tochter macht? Ich wäre froh wenn du mit mir sprechen würdest wie eine Tochter mit ihrem Vater.“

Ich sehe ihn stumm an, bevor ich ihm antworte.

„Dad, hast du nicht schon vor vielen Jahren entschieden, dass ich niemals deinen überzogenen Ansprüchen gerecht werde? Nach dem Tod von Mum war zwischen uns nichts mehr wie zuvor. Du hast mich allein gelassen mit meinen Gefühlen. Weder das was ich tue, noch mit wem ich zusammen bin ist und war jemals richtig. Was willst du denn von mir hören? Es würde dir sowieso nicht gefallen und dir würden ein dutzend Gründe dagegen einfallen. Du hast Ben gehasst und kein Mann den ich liebe wird jemals deinen Vorstellungen entsprechen.“

Er schüttelt mit enttäuschtem Blick den Kopf.

„Glaubst du das wirklich? Ich habe so viele Jahre versucht zu dir durchzudringen. Gib nicht mir die ganze Schuld daran dass es ist wie es ist.“

„Ich gebe dir keine Schuld, ich bin selbst schuld. Ss gab eine Zeit da habe ich alles falsch gemacht und das werde ich nie wieder gut machen können.“

Ich weiß nicht ob ich jetzt traurig, oder wütend sein soll. Ich stapfe energisch durch den Schnee und lasse meinen Vater hinter mir zurück.

„Luisa, lauf nicht weg.“

Er ruft mir hinterher, aber ich drehe mich nicht mehr um, ich will nicht mehr reden. Im Haus duftet es schon herrlich und der Tisch ist festlich gedeckt. Ich gehe noch auf mein Zimmer um mich umzuziehen,

„Die Kerzen müssen noch angemacht werden“, bittet mich Alice, als ich nach unten komme.

„Ach Luisa, ruft sie mir nach, vorhin war ein Bote da, der hat etwas für dich abgegeben. Es liegt da drüben am Schrank.“

Ich gehe zum Schrank wo ein braunes Paket liegt. Ich öffne es, darin finde ich ein Kuvert und ein kleines Päckchen. Auf dem Kuvert steht geschrieben:

Bitte erst nach dem Abendessen öffnen. Ich wünsche dir frohe Weihnachten, in Liebe Max.

Obwohl ich das Kuvert und das Päckchen am liebsten vor Neugier sofort aufreißen würde, gehe ich nach oben und lege es auf mein Bett. Das ist wieder typisch Max, er amüsiert sich bestimmt darüber, dass ich jetzt keine Sekunde mehr still sitzen kann. Alice und Betty haben sich wirklich alle Mühe mit dem Essen gegeben. Es ist ein schöner Abend, wir sitzen noch lange gemütlich zusammen. Lizzy, Andy, Matt und ich haben uns bereit erklärt den Abwasch zu übernehmen. Einen Schlummertrunk mit den anderen habe ich ausgeschlagen, endlich in meinem Zimmer bin ich schon so neugierig auf den Inhalt des Päckchens das ich fast platze. Was mache ich jetzt zuerst auf? Kuvert oder Päckchen. Ich entscheide mich für das Paket. Ich öffne es ganz vorsichtig. Aus einer türkisenen Schachtel eines New Yorker Traditonsschmuckhauses blitzt mir eine rosegoldene Kette mit einem kleinen Herzanhänger komplett mit glitzernden Steinen besetzt entgegen. Ich nehme die Kette aus der Schachtel und bin überwältigt, sie sieht einfach bezaubernd aus. Dann öffne ich das Kuvert. Darin sind ein Brief und ein Flugticket. Auf der Karte steht:

Liebste Luisa,

da es meine Pflicht als Weihnachtsmann ist ALLE Wünsche zu erfüllen, überbringe ich dir dieses Flugticket. Alle Liebenden sollen an Weihnachten vereint sein.

Frohe Weihnachten, der Weihnachtsmann

Das Ticket ist für morgen am späten Abend ausgestellt. Zielflughafen Keflavik, Island. Damit habe ich nicht gerechnet. Obwohl ich meine Entscheidung schon gefällt habe, beschließe ich noch eine Nacht darüber zu schlafen. Zuvor schreibe ich aber noch eine SMS:

Lieber Max, frohe Weihnachten, ich hoffe alle deine Wünsche gehen in Erfüllung. Der Weihnachtsmann hatte einen weiten Weg zu mir, aber er hat mich erreicht, die Kette ist wundervoll. Gute Nacht, Luisa.

Novemberrosen

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