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Kapitel 5

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Christiania, 1768

Mikael


Als wir den Hof erreichen, hilft man uns vom Pferd. Freya steht unsicher da, während ich Anweisungen gebe, um mein Pferd versorgt zu wissen. Der Stallbursche führt Saga am Halfter weg, und ich schaue ihnen noch einen Moment hinterher. Seit der König in Christiania hofiert, wird Saga von den Stallburschen verwöhnt – diesen Luxus hatte sie in Kopenhagen nicht. Die alte Dame wird traurig sein, wenn wir zurück sind und sie nicht mehr jeden Tag einen Apfel geschenkt bekommt.

Aber die Reise war anstrengend genug. Jetzt soll sie erst mal ein paar Tage Ruhe vor mir haben und sich von den jungen Männern verwöhnen lassen.

Ich wende mich Freya zu. »Bereit?«

»Nicht wirklich«, erwidert sie nervös, wehrt sich aber nicht, als ich ihr meinen Ellbogen anbiete, um sie zur Festung zu führen. Vom Myntgatekvartal führt uns der Weg vorbei an Provianthäusern und Magazinen durch den Festungsgarten. Viel gibt es hier im Januar nicht zu sehen, das letzte bisschen Grün verdecken die Überreste des Schnees.

»Ich weiß noch, wie ich mir als kleiner Junge immer gewünscht habe, zum Hof zu gehören«, erzähle ich Freya, während wir die Kieswege entlanggehen. »Meine Mutter war Schneiderin in Kopenhagen. Sie hat die schönsten Kleider für Hofdamen genäht und die robustesten Hemden für Ehrenmänner.«

Freya neigt den Kopf. »Wie kommt es, dass du jetzt dazu gehörst?«

»Das Schicksal wollte es so«, erwidere ich knapp. Die Wahrheit will ich ihr nicht erzählen. Die Umstände, die mich schließlich hergeführt haben, könnten nicht schlimmer sein. Und so kommt es auch, dass mich die Rückkehr nicht mit Freude erfüllt, sondern mit einer Nervosität, die ich nicht ablegen kann.

Was, wenn der König nicht zufrieden ist? Was, wenn ich nicht die Leistung erbracht habe, die er von mir erwartet?

Wir überqueren einen Graben und stehen im Innenhof des Schlosses. Ich überlege fieberhaft, ob wir jetzt schon Gehör suchen oder uns erst um unser Äußeres kümmern sollten. Mein Blick fällt auf Amalie, die mit zwei anderen Hofdamen in einer Ecke steht und uns tuschelnd beobachtet.

»Amalie!«, rufe ich und winke ihr. Sie kichert, bevor sie sich aus der Gruppe löst und auf uns zukommt. Vor uns angekommen, knickst sie. Ich erwidere ihre Begrüßung mit einer leichten Verbeugung.

»Es ist schön, Euch zu sehen, Mikael.« Sie lächelt mich an und schaut argwöhnisch zu Freya. Der helle Pelz über ihrem dunkelroten Kleid ist so groß, dass sie fast darin verschwindet. »Wer ist das?«

»Darf ich Euch Freya vorstellen?«, erwidere ich und wähle meine Worte vorsichtig. Amalie und ihre Klatschweiber verbreiten alles, was man ihnen in den Kopf setzt – so viel habe ich in der kurzen Zeit am Hof gelernt. Wann immer man möchte, dass etwas die Runde macht, erzählt man es einer der drei Frauen. Dennoch ist Amalie eine meiner wenigen Vertrauten am Hof. »Sie ist zu Besuch am Hof. Freya, das ist Amalie.«

Freya knickst leicht, die Augen abgewandt. Ich komme nicht umhin, festzustellen, dass sie sich bei mir anders gibt. Selbstbewusster.

»Freut mich sehr«, antwortet Amalie schließlich, und ich atme erleichtert aus. Wenn sie Freya in ihrer Runde akzeptieren, wird sie es am Hof um einiges leichter haben.

»Ich möchte Freya gerne dem König vorstellen. Aber wir sind auf dem Weg hierher in einen Hinterhalt geraten, und ich will erst meine Wunde versorgen lassen.«

Amalie macht große Augen, und mir wird erst zu spät bewusst, dass sie Freya für meine Verlobte halten könnte. Sie lässt ihren Blick an mir herabgleiten, und er bleibt an meinem zerrissenen Hemd hängen. »Wurdet Ihr angeschossen, Mikael?«

»Wir wurden von Dieben überfallen. Freya hat mich zusammengeflickt«, erkläre ich ihr. Freya tritt unruhig von einem Fuß auf den anderen, und ich lege ihr meine Hand auf den Rücken, um zu signalisieren, dass sie Amalie vertrauen kann. »Könntet Ihr Euch um sie kümmern, bis ich zurück bin? Nach der anstrengenden Reise hat sie ein Bad und frische Kleidung mehr als verdient.«

»Aber natürlich!« Amalie strahlt mich an, bevor sie Freya ihren Arm reicht. Behutsam lege ich Freyas Hand auf Amalies Arm und flüstere ihr ins Ohr: »Ich hol dich gleich wieder ab. Vertrau mir.«

Sie nickt stumm und wendet sich Amalie zu.

»Freya wird sich wie neugeboren fühlen, wenn Ihr sie wieder abholt«, verspricht diese begeistert.

»Ich danke Euch von ganzem Herzen.« Ich verbeuge mich noch einmal vor Amalie, und dann hat sie Freya auch schon mit sich geschleift. Ich hoffe, Freya kommt mit der Situation zurecht. Am Hof kann ich sie unmöglich die ganze Zeit mitnehmen. Das würde Gerüchte schüren, die ich nicht gebrauchen kann. Ich mag es, dass mich bisher niemand mit Frauengeschichten und Ehegerüchten verknüpft hat.

Besorgt schaue ich ihnen hinterher, während sie im Inneren des Schlosses verschwinden. Erst, als sie nicht mehr zu sehen sind, mache ich mich auf den Weg zum Arzt, um meine Wunde untersuchen zu lassen. Ich finde Gunnar in seinen Räumen. Ausnahmsweise komme ich sofort an die Reihe.

»Was machst du nur immer?«, fragt er mich, während ich auf der Holzliege Platz nehme und mich unter Schmerzen aus meinem Hemd schäle. Ich rümpfe die Nase. Selbst der Alkohol kann den Geruch von Verwesung in seiner Stube nicht übertünchen. »Meinst du nicht, dass du deinem Körper mal eine Auszeit gönnen solltest?«

Der ältere Mann schaut mich ernst an, bevor er den notdürftigen Verband löst, um die Wunde zu begutachten. Seit ich am Hof bin, sitze ich regelmäßig hier. Was vielleicht daran liegt, dass ich ständig die Aufträge übernehme, die keiner der anderen machen möchte. Aber eine Wahl habe ich nicht. Zumindest nicht, solange der König mich nicht von meiner Schuld erlöst.

Ich erzähle ihm, was geschehen ist, lasse dabei aber Freyas magische Fähigkeiten aus. Die meisten Hofleute würden sie wohl auf der Stelle ausgrenzen, wenn sie wüssten, wozu sie imstande ist. Ich kann es ihnen nicht verübeln. Wenn ich nicht ihre Schwäche gesehen hätte, hätte ich vermutlich auch Angst vor ihr.

»So, wer ist also diese geheimnisvolle Freya?«, hakt er nach, während er eine Kräuterpaste auf der Wunde verstreicht.

»Bloß eine Frau.« Ich winke ab.

»Eine Frau für dich?«

Ich lache auf. Die Idee ist absurd. »Nein, bestimmt nicht.«

»Meinst du nicht, es wird Zeit, zu heiraten, Mikael?« Er wackelt vielsagend mit den Brauen, bevor er meine Wunde verbindet. »Ich rede viel mit den Menschen am Hof, und sie wundern sich alle darüber, dass du noch keine der Damen zur Frau genommen hast.«

Ich schüttle den Kopf. »Ich bin glücklich mit meinem Leben, so wie es ist.«

»Ach ja?«

Ich verenge die Augen zu Schlitzen. Verdammter Gunnar, immer habe ich das Gefühl, dass er direkt in mein Herz blicken kann. »Sie ist blind und ein einfaches Bauernmädchen.«

»Also hast du tatsächlich darüber nachgedacht, sie zu heiraten.«

Ich rolle die Augen und springe von der Liege, um mich wieder anzuziehen. Natürlich habe ich darüber nachgedacht, aber eine Frau wie sie verdient etwas Besseres als mich. Sie verdient jemanden, der ihr ein Zuhause bieten kann, und eine Familie. »Denk nicht mal drüber nach, dass ich irgendwann verheiratet sein könnte.«

Er lacht und reicht mir ein Glas mit der Paste. »Einmal täglich auftragen und neu verbinden. Heute sollten neue Binden angekommen sein, du solltest mal im Provianthaus vorbeischauen.«

»Danke, das mache ich.« Ich drücke seine Hand zum Abschied und bin froh, dass er nicht noch ein weiteres Mal von Freya spricht. »Bis bald.«

»Ich hoffe nicht«, ruft er mir hinterher und entlockt mir damit ein Lachen. Mir wäre es auch lieber, ich würde ihn nicht so häufig besuchen – aber so wie ich den König kenne, wartet er bereits mit dem nächsten Auftrag auf mich.

Auf dem Weg zu meiner Kammer halte ich am Provianthaus an und besorge neues Verbandsmaterial, danach gehe ich zum Schneider und bestelle mir ein neues Hemd. Die Frau bietet mir einen Tee an und erinnert mich damit an meine Mutter. Ich wünschte, sie wäre hier. Dann könnte ich sie um Rat bitten, um aus dieser Zwickmühle herauszukommen. Sie hätte sicher eine Idee.

Und wenn nicht, hätte sie mir Tee, Kekse und eine warme Umarmung gegeben. Das allein hat schon so manches Mal ausgereicht, um meine Probleme zu beseitigen.

Zurück in meiner Kammer wasche ich mich und wechsle in helle Hosen und mein bestes Hemd, bevor ich den dunkelblauen Wrack überziehe und in meine Hofschuhe schlüpfe. Reitstiefel sind mir eindeutig lieber als diese feinen Treter, aber für den König mache ich mich besser zurecht. Ich kämme mein Haar, binde es zu einem tiefen Zopf und schaue noch einmal in den kleinen Spiegel über meinem Waschtisch, bevor ich schließlich meine Kammer verlasse, um mich auf die Suche nach Freya zu machen.

Black Heart - Die gesamte erste Staffel

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