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Pünktlich um 10 Uhr am nächsten Morgen stand Henrik vor der Tür um sie abzuholen.

Judith zog sich ihre dickste Jacke an, Handschuhe, Mütze und Schal, denn es war in der Nacht bitter kalt geworden.

Sie fuhren in Henriks Auto an die Stadtgrenze. Er stellte den Wagen an einem Feldweg ab und sie liefen eine Stunde auf Feldwegen und durch kleine Waldstücke. Die mit Reif überzogene Landschaft glitzerte wunderschön in der Sonne, die kalte Luft tat gut, nach der Woche in Werkstatt und Laden. Judith fühlte sich leicht und beschwingt, im Schnee waren Spuren der Waldtiere, und sie machten sich einen Spaß daraus zu erraten, zu welchem Tier welche Spur gehörte.

Henrik erzählte von seinen Eltern, der Firma die er einmal übernehmen sollte, seiner Begeisterung über den Segelsport und das Schilaufen.

„Kannst du Schilaufen?“

„ Na ja, für den Hausgebrauch reicht’s.“,

erwiderte Judith. Sie konnte sich schon beinahe gar nicht mehr erinnern wann sie zuletzt beim Schilaufen war.

„Was hältst du davon wenn wir am nächsten Wochenende in die Berge fahren? Wir fragen Sören ob er mitkommen will. Meine Eltern haben ein kleines Ferienhaus in den Bergen und wir könnten dort das ganze Wochenende verbringen.“

Judith fragte sich, warum sie sich ständig von ihm überrumpelt fühlte.

„Ich weiß nicht ob ich am Samstag arbeiten muss. Ich muss das erst klären.“

Eigentlich wollte sie zu ihren Eltern zu fahren da es ihrem Vater nicht besonders gut ging und sie und ihre Schwerster sich ab und zu mit der Betreuung abwechselten, um der Mutter auch mal ein freies Wochenende zu ermöglichen.

Die Demenz des Vaters war so weit fortgeschritten, dass man ihn nicht mehr alleine lassen konnte. Dies war eine enorme Belastung für ihre Mutter. Vielleicht konnte sie ja auch mit ihrer Schwester tauschen. Bevor Henrik sie wieder zu Hause absetze, tranken sie noch eine heiße Schokolade im Bistro um die Ecke.

„Ich ruf dich an wegen dem Wochenende, vielleicht kannst du ja frei machen. Ich würde mich sehr freuen.“

Judith versprach sich zu kümmern und sich dann zu melden.

Erstaunt über sich selbst und die Idee, die Schwester zu bitten, das Wochenende bei den Eltern zu verbringen, ging Judith in ihr Zimmer.

Judith verbrachte die Weihnachtsfeiertage zusammen mit der Schwester und den Eltern. Sie beschlossen für die Eltern in München, eine Wohnung zu suchen die an ein Seniorenheim angeschlossen war und somit professionelles Pflegepersonal der Mutter zu Seite stand.

Judith hat sich nach den Feiertagen umgesehen und hatte ein Haus gefunden, welches nicht zu weit von ihr entfernt war und sie so die Möglichkeit hatte, die Eltern regelmäßig zu besuchen. Die Trennung von der Wohnung und dem Garten in Heidelberg fiel den Eltern sehr schwer.

Judith und ihre Schwester organisierten den Umzug und Anfang März zogen die Eltern um.

Die ersten warmen Sonnenstrahlen erwärmten die Frühlingsluft und Judith legte den Weg zur Arbeit an diesen Tagen oft zu Fuß zurück.

Henrik holt sie am Abend meist ab und sie gingen noch einige Schritte durch den nahe gelegenen Park oder sie gingen ins Bistro um die Ecke um eine Kleinigkeit zu essen.

Henrik arbeitete an seiner Diplomarbeit und Judith zog es vor unter der Woche zu Hause zu übernachten damit Henrik in Ruhe arbeiten konnte.

Sie hatten sich nach dem Wochenende in den Bergen beinahe täglich gesehen. Henrik ließ keine Gelegenheit aus sie zu treffen. Anfängliche Zweifel lösten sich nach und nach in Luft auf und Judith fühlte sich in seiner Nähe sehr wohl, ja beinahe behütet.

Henrik hat sich rührend bemüht den Umzug von Judiths Eltern zu unterstützen in dem er sich um die Vermietung der Wohnung in Heidelberg gekümmert und alle Formalitäten für die neue Wohnung in München in die Hand genommen hatte.

Ostern stand vor der Tür und Henrik drängte Judith doch endlich einem Besuch bei seinen Eltern zuzustimmen.

Schon lange wollte er Judith seinen Eltern vorstellen.

„Du willst uns also die kleine Goldschmiedin vorstellen, du kennst meine Meinung dazu.“

Henrik saß mit seiner Mutter im Wintergarten und genoss die Wärme der Frühlingssonne die durch die Scheiben fiel.

„Mutter, Judith ist eine wundervolle, kluge Frau und es spielt ja wohl keine Rolle was sie beruflich macht.“

Henriks Vater, Paul Jacobsen, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„ Mein Sohn, für deine Mutter ist nicht der Beruf des Mädchens wichtig, es geht ihr darum, dass die junge Frau aus Sicht deiner Mutter nicht standesgemäß ist.“

„Paul, du weißt so gut wie ich, dass mit der Aufgabe, die auf Henrik zukommt, auch gewisse gesellschaftliche Verpflichtungen verbunden sein werden. Da braucht er eine Frau die damit groß geworden ist.“

„Ich bin damit auch nicht groß geworden und denke ich habe seit 40 Jahren die Sache gut im Griff. Oder bist du anderer Meinung?“

„Das ist doch etwas ganz anders, du hast dich in der Firma von Vater etabliert und bist in diese Aufgabe hineingewachsen aber die Frau von Henrik hat repräsentative Aufgaben zu übernehmen das muss einem gegeben sein.“

„Luise, Henrik will das Mädchen zum Essen mitbringen und nicht die Hochzeit planen.“

„Ich muss mich dem ja wohl fügen auch wenn ich es für keine gute Idee halte. Wir erwarten dich dann am Sonntag pünktlich zum Essen.“

Henrik hatte diese Diskussion erwartet und es berührte ihn nicht weiter, seine Mutter war der Meinung es wäre ihre Aufgabe die richtige Frau für ihn zu suchen, damit hatte er sich abgefunden.

„Wir sehen uns dann am Sonntag.“ Er küsste seine Mutter auf die Stirn und ging zur Tür.

„Du kennst ja deine Mutter, ich freue mich auf das Mädchen und bin sicher du hast die Richtige ausgesucht.“ Sein Vater klopfte ihm auf die Schulter und ging in Richtung Garten davon.

Das Ostergeschäft bei Hoffmanns lief sehr gut und Judith war außerordentlich eingespannt um alle Aufträge zu erledigen.

Nach Geschäftsschluss versuchte sie so oft als möglich bei den Eltern vorbeizuschauen. Sie hatten sich gut eingelebt und die Mutter kam langsam wieder zu Kräften.

Die Versorgung und Pflege für den Vater war sehr gut organisiert und die Mutter konnte auch mal für ein paar Stunden Besorgungen erledigen, zum Friseur gehen oder einfach einmal einen Spaziergang machen ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Judith hatte am Ostersamstag bei Henrik übernachtet und so konnten sie am Sonntag gleich von seiner Wohnung aus zu seinen Eltern fahren.

Sie war sichtlich nervös, sie hatte sich für ein einfaches schwarzes Kleid entschieden und hatte nun Zweifel ob das nicht zu trist wäre, aber sie hatte nichts anderes eingepackt und musste sich nun damit abfinden.

Henrik sah amüsiert zu wie sie sich anzog und war von ihrer Unsicherheit berührt.

Noch nie vorher hatte er solch liebevolle Gefühle für eine Frau

Judith ist das Beste was mir je passiert ist, dachte er immer wieder.

Er stand auf und nahm sie in den Arm.

„ Na, aufgeregt?“

„Ja, ich glaube schon“, sagte Judith und ärgerte sich nicht doch die Schuhe mit den Absätzen mitgenommen zu haben.

„Bist du fertig? Können wir starten? „

„Ja, es kann losgehen.“

So muss der Gang zum Schafott sein, dachte Judith.

Sie wusste, dass Henriks Familie sehr vermögend war, sie zählten zu den größten Industriellen in der Region. Seine Eltern kannte sie nur aus der Presse, wenn mal wieder irgendwo eine Wohltätigkeitsveranstaltung war oder ein öffentliches Gebäude eingeweiht wurde, dann konnte man die Jacobsens unter den Gästen ausmachen.

Wenn Henrik mit ihr zusammen war, war nichts von dieser, für Judith fremden Welt, zwischen ihnen.

Sicherlich hatte er das etwas schnellere Auto wie seine Kommilitonen und er hatte die etwas größere Wohnung. Sie hatte sich darüber aber bis jetzt nie wirklich Gedanken gemacht. Er war ihr gegenüber immer sehr zuvorkommend, ja, er trug sie auf Händen.

Er war ein sehr zärtlicher und verständnisvoller Liebhaber. Sie bewunderte ihn für seine Gabe mit anderen Menschen sofort ins Gespräch zu kommen, er fand meist die richtigen Worte und Judith gestand sich gelegentlich ein, stolz zu sein wenn er sie als seine Lebensgefährtin vorstellte. Sie wusste, da gab es einige Mädchen die hätten viel dafür gegeben diesen Platz einnehmen zu können.

Aber Henrik ließ nie einen Zweifel daran, dass sie seine „kleine Traumfrau“ war, wie er es ausdrückte.

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