Читать книгу Schattenspiele - Klara Kraus - Страница 7
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ОглавлениеDie nächsten Wochen waren mit sehr viel Arbeit ausgefüllt. Die letzten Klausuren wurden geschrieben und sie schloss das erste Semester mit gutem Erfolg ab.
Sie hatten schon vor zwei Wochen mit den Renovierungsarbeiten in der Wohnung begonnen. Als sie das erste Mal nach der Besichtigung wieder in das Haus kamen waren sie doch etwas erschrocken. Es war wirklich in einem erbärmlichen Zustand. Im Treppenhaus war der Putz von den Wänden gebrochen, am Treppengeländer fehlten einige Stäbe, welche durch einfache Schnüre ersetzt wurden. Aus manchen Wohnungen roch es sehr eigentümlich und man entschied sich besser nicht zu wissen was hinter den Türen so alles passiert.
Die Wohnung selbst hatte lange keine frische Farbe mehr gesehen. Die Teppichböden waren mit Flecken versehen und stanken nach Urin. Die vorherigen Mieter hatten mehrere Hunde, die wohl nicht regelmäßig Gassi geführt wurden. Das Badezimmer war lange nicht mehr geputzt worden und man konnte die Originalfarbe der Sanitärgegenstände nicht mehr wirklich erkennen.
Die Mädchen waren schockiert und verstanden nicht, dass ihnen das in diesem Maß bei der Besichtigung nicht aufgefallen war.
Sören fand als erster wieder seine Sprache:
„Mädels, alles kein Problem, das schaffen wir.“
Was sich wirklich als Problem herausstellte und woran eigentlich keiner gedacht hatte, waren die Kosten für das Material welches sie zur Renovierung brauchten. Den Mädchen war es nicht möglich, viel von ihrem Taschengeld beizusteuern.
Sören bot sich an, die Kosten vorerst zu übernehmen und die Mädchen sollten es ihm nach und nach zurückbezahlen. Sörens Vater war wohl nicht unvermögend und schickte seinem Sohn jeden Monat einen großzügigen „Überlebensscheck“, wie er es nannte.
Die Renovierungsabreiten nahmen sehr viel Zeit in Anspruch und sie mussten einen Zeitplan erstellen wer wann Sören zur Seite stehen musste.
Judith musste sich dringend einen Job suchen, was sich als sehr schwierig herausstellte da ja gerade Semesterferien waren und alle Job bereits vergeben waren.
Sie las jeden Tag die Anzeigen in der Zeitung und hielt sich nicht damit auf über das Telefon Kontakt aufzunehmen sondern machte sich gleich auf den Weg um persönlich vorzusprechen. Sie hatte inzwischen bei ca. 15 Firmen vorgesprochen, leider immer ohne Erfolg.
Sie hoffte auf die Wochenendausgabe mit einer größeren Auswahl an Stellenangeboten.
Am Samstagmorgen holte sie sich in aller Früh die Tageszeitung und studierte die Stellenanzeigen.
Juweliergeschäft in der Innenstadt sucht freundliche Aushilfe mit Freude an kreativer Arbeit zur Gestaltung der Schaufenster, Mithilfe in der Werkstatt und zur Kundenbetreuung. Interessenten bitten wir sich direkt bei uns im Geschäft vorzustellen.Juwelier Hoffmann, Marienplatz.
Judith machte sich sofort auf den Weg zur S-Bahn, dort angekommen fuhr gerade die Bahn ein die sie weiter bringen sollte, sie wertet das als gute Omen.
Sie fand die angegebene Adresse sofort und betrat das Geschäft.
Eine Frau mittleren Alters kam auf sie zu und fragte nach Ihren Wünschen
„ Ich habe Ihre Stellenanzeige gelesen und wollte mich gerne darauf bewerben.“
„Einen kleinen Moment bitte ich werde meinen Mann holen“,
ein freundliches Lächeln und die Frau begab sich in den hinteren Bereich des Ladens.
Judith schaute sich die Auslagen an und war wirklich beeindruckt. Das war kein Schmuck von der Stange sondern ausschließlich sehr gute Goldschmiedearbeiten. In solch einer schönen Umgebung zu arbeiten würde ihr schon sehr gut gefallen.
Nach ein paar Minuten kam Herr Hoffmann in den Laden.
Herr Hoffmann war ein großer Mann mit grauen, etwas längeren Haaren wie es gerade Mode war und einem warmen und herzlichen Lächeln im Gesicht. Er trug nicht wie erwartet einen dunklen Anzug, wie es dem Ambiente des Ladens entsprochen hätte, sondern Jeans und ein kariertes Hemd.
„Guten Tag, junge Frau, wie ich höre wollen sie sich um die von uns ausgeschriebene Stelle bewerben. Was machen Sie denn, wenn sie nicht auf Jobsuche sind?“
„Ich studiere Kunstgeschichte und Malerei an der Uni hier in München.“
„Interessantes Studium, könnte mir auch gefallen.“
„Wenn es sie interessiert zeige ich Ihnen die Werkstatt und erkläre ihnen welche Aufgaben zu erledigen sind. Dann können sie entscheiden ob ihnen die Arbeit gefallen könnte“
„Ja sehr gerne.“
Herr Hoffmann ging voraus und wie Judith vermutet hatte, befand sich hinter der Tür im hinteren Teil des Ladens die Werkstatt und das Büro.
„Wissen sie ich bin der Handwerker und meine Frau betreut den Laden. Jeder von uns macht seine Aufgabe mit Liebe und somit sind wir das ideale Team. Was uns fehlt ist eine Kraft, die hier und da einspringen kann, wenn es viel zu tun gibt. Das würde heißen, der Job wäre keine Tätigkeit mit einer regelmäßigen Stundenzahl. In den Wochen vor Weihnachten gibt es natürlich bedeutend mehr zu tun als zum Beispiel in den Sommermonaten.“
„Ich denke, das sollte gehen wenn es möglich ist, dass wir uns zeitlich absprechen können.“
Herr Hoffmann zeigte Judith die Werkstatt, das angrenzende Büro und erzählte ihr, dass er überwiegend Auftragsarbeiten anfertigte. Die Kunden konnten ihre Vorstellungen äußern und er fertigte Skizzen an, machte Materialvorschläge und errechnete den Preis.
Man einigte sich auf einen Stundenlohn der für Judith akzeptabel war und auf Arbeitsbeginn zu Beginn des nächsten Monats. Sie gingen wieder nach vorne in den Laden
„Darf ich dir unsere neue Mitarbeiterin vorstellen“,
sagte Herr Hoffmann zu seiner Frau.
„Herzlich willkommen, ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen“,
sagte diese und reichte Judith zum Abschied die Hand.
Guter Laune verließ Judith den Laden. Eigentlich wäre ihr jetzt nach einem Einkaufsbummel gewesen aber ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie sich beeilen musste um Sören beim Streichen zu helfen.
In der Wohnung angekommen war sie überrascht wie weit die Renovierung schon fortgeschritten war. Sören hatte sich wirklich unglaublich viel Mühe gegeben und sehr viel Zeit investiert.
„Ob wir das jemals wieder gut machen können bei dir?“
fragte Judith
„ Mach dir nur mal keine Gedanken, mit drei Mädels die Wohnung zu teilen ist doch schon wie der erste Preis. Aber jetzt ran an die Tapete, wir haben besprochen, dass jeder sein Zimmer selbst streicht. Ist das o.k. für dich?“
„Ja gerne, ich bin zwar nicht unbedingt der Profi aber wenn du mir ein paar Tipps gibst, werde ich das bestimmt hinbekommen.“
Sören gab Judith eine Kurzeinweisung in die Kunst des Streichens und sie legte los.
Am Abend kamen Rosalie und Hanne dazu und brachten Brezeln und eine Flasche Rotwein mit. Hanne funktionierte den Tapeziertisch zum Esstisch um und sie genossen den ersten, gemeinsamen Abend in ihrer Wohnung auch wenn hier noch alles Baustelle war, wusste Judith, es war die richtige Entscheidung.
Sie erzählte von ihrem gelungenen Vorstellungsgespräch und die anderen gratulierten ihr zu dem neuen Job.
Nach vier Wochen harter Renovierungsarbeit war die Wohnung fertig und hatte sich zu einem echten Schmuckstück verändert.
Judiths Vater hatte mit der Tante Marie gesprochen und diese hat nach anfänglichem Grollen angeboten, dass Judith sich einige Möbel aussuchen könnte für ihr neues Zimmer und somit war ein Möbeltransport aus Heidelberg auch hinfällig.
Judith war Tante Marie sehr dankbar für ihre Großzügigkeit und hat sich vorgenommen, sie mindestens alle 14 Tage zu besuchen.
Die Arbeit bei Hoffmanns machte ihr sehr viel Spaß, außerdem war es ein gutes Gefühl eigenes Geld zu verdienen. Die Welt war in Ordnung und sie war dankbar, so viel Glück gehabt zu haben.
Rosalie und Hanne hatten während der Semesterferien auch die Stundenzahl ihrer Jobs erhöht, das hatte natürlich zur Folge, dass die Mädchen sich immer nur zwischen Tür und Angel sahen.
Sören verbrachte die Semesterferien auf dem Tennisplatz oder mit Freunden am Tegernsee beim Segeln. Er war jede Nacht unterwegs und hatte immer irgendwelche Verabredungen.
Damit er den arbeitenden Mädchen gegenüber ein nicht allzu schlechtes Gewissen haben musste schmiss er den Haushalt der WG praktisch alleine. Die Mädchen waren ihm sehr dankbar dafür.
Als sie es einmal schafften, einen Abend alle gemeinsam zu Hause zu sein, saßen sie in der Küche zusammen und beschlossen ein Einweihungsfest zu veranstalten. Rosalie war sofort Feuer und Flamme, das war ganz nach ihrem Geschmack. Sie holte Stift und Papier.
„Wir müssen das genau planen. Wie viel Leute darf jeder einladen?“ Sie überlegten, dass jeder sein Zimmer offen lässt und somit Platz für eine größere Anzahl von Leuten ist.
„Ich denke, jeder kann 5 Leute einladen, dann müsste es gut funktionieren und in der Küche können wir ein Buffet aufstellen. Die Musikanlage stellen wir in den Flur damit wir alles beschallen können“, begeisterte sich Rosalie.
Judith konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, keiner außer Rosalie kam bisher zu Wort.
„Rosalie, vielleicht können wir auch mal was dazu sagen“,
sagte Judith. Rosalie schmollte ein wenig
„Na seid doch froh wenn ich euch das alles abnehme.“
„Ich übernehme das Buffet“, bot sich Sören an. Er wusste schon, dass er besser kochen konnte als aller drei Mädels zusammen und diese waren ihm dankbar, dass sie das nicht übernehmen mussten.
„Judith besorgt die Getränke, Hanne besorgt Teller, Besteck und Gläser und Rosalie kümmert sich um die Musik und die Deco“, entschied Sören um weitere Diskussionen im Keim zu ersticken.
Sie tranken noch eine Flasche Wein zusammen und gingen dann zu Bett.
Judith schlief in dieser Nacht unruhig und beschloss am Wochenende die Tante zu besuchen, ihren Schreibtisch endlich aufzuräumen und längst überfällige Anrufe in die Heimat zu tätigen.
Die Arbeit bei Hoffmanns lief gut, sie hatte das Gefühl die Hoffmanns hatten sie sehr gerne um sich und die Stundenzahl war, trotz der eigentlich ruhigeren Zeit in der Branche, ganz zufriedenstellend.
Sie arbeitet an drei Tagen vormittags und zwei volle Tage.
Die Aufgaben waren vielfältig, am Morgen saugte Judith den Laden, sie tippte Briefe, pflegte die Homepage, rief Mails ab. Sie räumte die Werkstatt auf und war für den Kaffee zuständig. Wenn es gerade mal nicht so viel zu tun gab, setzte sie sich neben Herrn Hoffmann und schaute ihm bei der Arbeit zu. Judith konnte sich für dieses Handwerk begeistern und bestaunte voller Bewunderung die Schmuckstücke die Herr Hoffmann fertigte.
Das Einweihungsfest der WG sollte am kommenden Wochenende stattfinden und die Vorbereitungen waren in vollem Gange.
Judith schleppte jeden Abend Getränke nach Hause damit sie nicht alles am letzten Tag vor sich hatte. Sören hatte das Büffet geplant und die Zutaten bestellt.
Rosalie war ganz in ihrem Element, sie hatte schon Tage vorher die Stereoanlage im Flur aufgebaut und sie mussten jeden Abend bei der Auswahl der Musiktitel ihre Meinung abgeben.
Judith hatte zwei Mädchen aus ihrem Semester eingeladen mit denen sie ab und zu in die Mensa ging, außerdem ihre Schwester, auf die sie sich besonders freute.
„Du hast doch zwei weniger als geplant, darf ich dann zwei mehr einladen?“ rief Rosalie über den Flur.
„Nur wenn ich mitentscheiden darf wer das sein wird“, rief Judith zurück.
„ O.k. das erleichtert mir die Entscheidung.“
Als die ersten Gäste eintrafen war die ganze Vorbereitungsarbeit vergessen. Jeder begrüßte seine Gäste und stellte sie dann den anderen vor.
Sören hatte ein phantastisches Büffet kreiert, die Mädels und die Gäste waren beeindruckt.
Es bildeten sich kleine Gruppen unter den Gästen und wie bei jedem guten Fest war der Treffpunkt immer wieder in der Küche.
Judith beobachtete die Gruppen und stellte belustigt fest, dass die Freunde von Sören sich alleine durch ihre Kleidung und ihr Aussehen schon von den anderen abhoben.
Sören hatte nur Jungs eingeladen.
„Wegen der Quote“,
wie er sagte.
Diese Jungs waren ausnahmslos aus seinen „Kreisen“, braun gebrannt von den Stunden auf dem Tennispatz und auf dem Boot, modisch gekleidet und sehr redegewandt.
Judiths Schwester war schon am Nachmittag angekommen und hatte bei den Vorbereitungen mitgeholfen.
„Judith hast du mal einen Moment? Ich möchte dich meinem besten Freund vorstellen“, rief Sören.
Judith stand auf und ging in die Küche, in der totale Enge herrschte. Die Luft war zum Schneiden, aber das schien niemanden zu stören.
Sie arbeitet sich zu Sören durch.
„ Judith, darf ich dir Henrik Jacobsen vorstellen? Wir Segeln zusammen schon seit unserer Zeit auf dem Internat.“
Judith dachte: Schau an, Internat, wusste ich gar nicht.
Neben Sören stand ein junger Mann, Judith schätze ihn zwei bis drei Jahre älter als sie selbst, natürlich braungebrannt und insgesamt sehr ansehnlich.
„Henrik, das ist Judith, eine meiner Mitbewohnerinnen, sie studiert Kunstgeschichte und Malerei und ich finde, sie ist sehr begabt. Du musst dir unbedingt ihre Bilder ansehen.“
Judith schoss das Blut in die Wangen, wofür sie sich hätte ohrfeigen können.
„Hallo Henrik freut mich, dass du gekommen bist. Ich hoffe es gefällt dir bei uns.“
„Es gefällt mir sogar sehr, ihr habt euch wirklich sehr viel Mühe gegeben.“ „Judith, zeig Henrik doch mal deine Bilder, er ist sehr kunstinteressiert und ich bin mir sicher sie gefallen ihm.“
Judith fand das etwas aufdringlich und nahm sich vor, Sören morgen darauf anzusprechen. Aber sie wollte nicht unhöflich sein….
„Ich geh mal vor, folge mir einfach.“
Als sie bei ihrem Zimmer ankam stellte sie erleichtert fest, dass sich dort eine kleine Gruppe Leute eingefunden hatte und sie nicht alleine mit Henrik sein musste.
Henrik lobte ihre Bilder mit einem Überschwang, dass es ihr wirklich peinlich war.
„Henrik“
rief eine Mädchenstimme vom Flur,
„kommst du bitte, ich fühle mich nicht so besonders und möchte gerne nach Hause.“
Ein großes Mädchen, mit langen blonden Haaren, und für Judiths Geschmack, mit zu viel Schmuck für ihr Alter, stand in der Tür.
„Esther, darf ich dir Judith vorstellen, wir betrachten gerade ihre Bilder und ich bin wirklich begeistert.“
Esther warf einen kurzen Blick in die Runde, sagte guten Abend und drängte Henrik zu gehen.
Ist wohl nicht so ganz dein Stil hier, dachte Judith
„Schade, dass ihr schon gehen müsst aber vielleicht trifft man sich ja ein andermal wieder.“
Henrik war schon voraus in die Küche zu Sören geeilt um sich von ihm zu verabschieden.
„Schade Alter, dass du schon gehst, aber da kann man halt nichts machen. Komm doch einfach morgen vorbei und wir vertilgen hier die Reste.“
„Ich melde mich bei dir. Mach‘s gut Judith, wir sehen uns.“
Judiths Stimmung war mit einem Mal am Boden, sie war verärgert. Ihre Schwester hatte sie beobachtet und nahm sie in den Arm.
„Schwesterchen, lass dich doch von solch einer bornierten Nuss nicht ärgern, die soll die Feste unter ihres Gleichen feiern wo sie hingehört.“
„Hast recht, ich weiß auch gar nicht warum ich mich so ärgere. Wirklich bescheuert.“
Judith holte eine Flasche Rotwein und setzte sich neben ihre Schwester auf den Fussboden.
„Erzähl, was gibt es Neues daheim….“