Читать книгу Ömmes auf der krummen Straße - Klaus Blochwitz - Страница 3
Kapitel 1
ОглавлениеAm frühen Morgen schlurfte Herbert aus dem Haus. Er hatte mal wieder einen Job gefunden, Herbert war froh darüber und gleichzeitig stinksauer, dass ihn die Arbeit so kaputt machte.Obwohl er als ehemaliger Bergmann harte Arbeit gewohnt war, fiel ihm diese Arbeit wirklich schwer.
Ach, Scheiße, dachte Herbert, Hauptsache ist doch, dass die Olle mal nichts zu meckern hatte, weil ich keinen Job habe. Die Frau begreift einfach nicht, dass man in meinem Alter keine Chance mehr auf eine normale Arbeit hat. Wäre bloß der alte Pütt noch da,dachte Herbert bitter, was ging es mir damals gut. Arbeit satt und dickes Geld in der Tasche. Mit den Kumpels durch die Straßen gezogen und die Ischen angemacht. Mensch, was hatten wir jungen Kerle Geld verdient – und heute? Heute haben wir einen sauberen und blauen Himmel über uns, abe keine Maloche.
Mann, war das damals eine Schau, als er seine Elli kennen lernte, er, der immer ein bisschen im Abseits stand, wenn es um Mädchen ging. Sicher, er war kein Supermann,spindeldürr war er und mit flotten Sprüchen hatte er es auch nicht so drauf. Aber irgendwie kam er mit Elli zusammen und seine Kumpels staunten anfangs nicht schlecht,Herbert und Elli, wer hätte das gedacht. Denn Elli war zu der Zeit so das Mädchen überhaupt, schick, ein bisschen kess, ein einhunderttausend Volt Wirbelwind.
Was haben die beiden für verrückte Sachen angestellt, so dass selbst seine Freunde meinten, allen voran Wilhelm, sie sollten es mal etwas ruhiger angehen lassen.
Den Bogen hatten Herbert und Elli dann mit ihrer Tramp-Tour nach Italien überspannt. Herbert hatte einfach sein Zelt und ein paar Klamotten eingepackt, Elli ebenso und ab ging es Richtung Süden.
Vom Gardasee schickten die beiden Ansichtskarten, von Rimini, von Genua und Alassio,eine noch aus der Schweiz und schon waren sie wieder zuHause.
Jetzt bekamen die beiden Ärger mit ihren Eltern;Hermann und die anderen schüttelten nur im stummen Erstaunen die Köpfe.
Stubenarrest, Elli durfte Herbert vorläufig nicht sehen, das ganze Geld zu Hause abgeben – so etwas gab es damals noch. Mann, oh Mann, was ist bloß aus seiner Elli geworden, gerade mal zehn Jahre verheiratet und man hat nichts als Ärger mit seiner Frau.
Es fing eigentlich schon kurz nach ihrer Hochzeit an, irgendwie war Elli immer mit allem unzufrieden, ständig sprach sie von der verrückten Zeit, da war was los gewesen, da hatte man noch Spaß, aber was ist jetzt? JedenTag zur Arbeit, Essen kochen, putzen, waschen.
Nein, dachte Herbert, so hatte er sich das verheiratet sein nicht vorgestellt. Dabei wollte Elli unbedingt heiraten, Herbert lachte immer und sagte zu ihr: „Mädchen, wir heiraten bestimmt, aber wir sind noch so jung, lass uns die Zeit genießen.“
Als sich dann der Nachwuchs einstellte, hoffte Herbert, dass es mit ihrem ersten Kind besser wird. Aber es blieb, wie es war, es wurde eher noch schlimmer. Elli war und blieb mit ihrem Leben einfach unzufrieden, keiner wusste, was mit der Frau passiert war.
Früher kochte hier das Leben, es war dreckig, laut und sicher auch ungesund, aber die Menschen konnten sich was leisten, bauten sich ihr Häusken und tranken ihr Bierken und konnten in den Urlaub fahren. Bella Italia, jeder Kumpel konnte da mitreden.
Herbert strampelte auf seinem alten Fahrrad zur Firma und hing seinen Gedanken nach. Auf Ickern war es, als er mit seinen Kumpels die Gegend unsicher machte. Wenn Samstag keine Schicht war, trafen sich alle in Renates Tanzschuppen und schwoften und soffen bis zum Umfallen. Die Mädchen kreischten und taten auf vornehm und verschwanden ruckzuck mit den jungen Kerlen um die Ecke.
Jupp und Karl hatten was mit zwei Schwestern angefangen, die eine von denen hatte ein Auge, ein sehr ernstes Auge, auf Jupp geworfen, aber Jupp lachte nur und dachte gar nicht daran, etwas ernstes daraus zu machen. Je mehr das Mädchen versuchte, den Jupp an sich zu binden, umso mehr flitzte Jupp durch die Mädchen.
Herbert schüttelte ob solchen Glückes nur mit dem Kopf, das müsste ihm auch mal passieren. Aber bei ihm lief es meistens so, dass, wenn er mal ein Mädchen kennen lernte, schon ein anderer Kerl da war und er dann im Regen stand. Die anderen Jungs hatten einfach einen besseren Dreh drauf als er. Er war nicht unbeliebt oder gar ein Außenseiter, in seiner Clique war er voll drin, auch mit den Mädchen hatte er keine Probleme,solange sie alle zusammen in der Gruppe waren. Aber mit einer Verabredung haute es einfach nicht hin, die anderen waren immer schneller als er. Bis es mit Elli schnackelte, keiner wollte oder konnte es glauben, Herbert und Elli?
Aber die beiden wurden ein Pärchen, allen Unkenrufen zum Trotz. Es fing eigentlich ganz normal an mit den beiden, die üblichen Verabredungen, Kinobesuche, treffen mit der Clique, rumhängen mit allen an der alten Parkbank. Fast unmerklich veränderte sich dann das Verhalten von Elli und Herbert, die ersten Sachen wurden von den beiden durchgezogen, was beiden anderen ungläubiges Staunen hervorrief.
Elli machte in dem Brunnen auf dem großen Platz mitten in der Stadt die schwedische Filmschauspielerin nach, was natürlich den Unwillender Passanten auslöste und die Polizei auf den Plan rief. Klatschnass und laut lachend fuhren sie auf Herberts Moped weg, zu Hause wartete schon die Polizei!
Kaum war die Geschichte vorbei, brachten die beiden den nächsten Klops. Sie hatten ein paar Bierflaschen dabei und setzten sich damit in eine Milchbar. Der Bedienung sagten sie, sie wollten nichts bestellen, sie hätten richtige Getränke dabei!
Herbert und Elliwaren schon ein Kapitel für sich. Selbst die härtesten Strafen ihrer Eltern bremsten die beiden nicht, sie waren außer Rand und Band. Das einzig Gute war bloß, dass beide ihrer Arbeit nach gingen.
Herbert quietschte auf seinem Fahrrad um die Ecke, als er angerufen wurde: „Heute Abend bei Ömmes?“
Grüßend hob Herbert den rechetn Arm.
Schnaufend und stöhnend schleppte Herbert die Schweinehälften vom Tiefkühllader ins Kühlhaus, die Viecher waren beinhart gefrorenund ließen sich ganz schlecht packen, die rutschten immer wieder von der Schulter, dass war eine Scheiß-Plackerei.
Ein Arbeiter gab Herbert dann einen Metalllappen, mit kleinen Haken auf der Oberfläche. Mit einer Schlaufe konnte dieser Metalllappen um den Hals gelegt und befestigt werden. Die halben Schweine waren immer noch Scheiße schwer und saukalt, aber jetzt rutschten sie nicht mehr von seiner Schulter.Es ging so jetzt etwas einfacher für Herbert.
Endlich konnten sie Pause machen, ein heißer Topf Kaffee und eine Stulle, was tat das gut. Gequatscht wurde während der kurzen Pause über alles und nichts, selbst der kleine, aber bullige Spanier gab seinen Teil dazu.
„Noch zwei Stunden“, stöhnte Herbert, als er beim Reinschleppen der halben Schweine an der großen Uhr vorbei lief. Ich fress’ nie mehr im Leben was von Schwein, dachte er grimmig, was mich die Viecher quälen.Aber dann musste er laut lachen, was wären wir damals froh gewesen, wenn wir das Schweinefleisch zu essen gehabt hätten,was ich heute noch nicht mal mitnehme, weil es für uns mittlerweile zu fettig geworden ist. Ab und zu nahm Herbert mal ein Eisbein oder schon mal ein paar Koteletts mit im Personalkauf.
Manchmal fragte einer der Nachbarn, ob er etwas mitbringen könnte, vor allem während der Grillzeit waren die Koteletts, Holzfäller Steaks, Würstchen und Spießchen sehr begehrt und sie waren preiswerter als beim Metzger.
Herbert holte für heute die letzten Schweinehälften ins Kühlhaus,freute sich auf die warme Dusche und auf seine Kumpels heute Abend und hoffte, dass seine Frau spät genug nach hause kam, damit er ohne Palaver verschwinden konnte.
Rudi hatte das Haus direkt neben Herbert und im Laufe der vielen Jahre hatte sich so etwas wie eine gute Nachbarschaft entwickelt. Anfangs taten sich die Anwohner der krummen Straße schwer mit Rudi, er war ihnen irgendwie fremd. In Rudis Haus wohnte vorher ein allseits beliebtes Ehepaar, Günter und Beate, aber Günter starb und Beate zog zu ihrer Tochter ins Bergische.
Günter war ein alter Hauer und seine Kumpels wohnten alle in der nächsten Umgebung in der krummen Straße. Die Grillsamstage von Beate waren rings um sehr beliebt und keiner fehlte dabei. Und dann war mit einem Schlag alles zu Ende, Günter weg, Beate weg und dafür kam dann wenig später Rudi. Er stellte sich bei seinen Nachbarn vor, aber jeder ließ den Krawatten Träger spüren, dass alle auf ihn verzichten können.