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III. Die Austrittsgeschichte

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[49] Mit dem Vertrag von Lissabon wurde im EU-Vertrag eine Austrittsklausel eingeführt, die es einem Mitgliedstaat erlaubt, die EU zu verlassen (Art. 50 EUV). Danach kann ein Mitgliedstaat im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften den Beschluss fassen, von seinem einseitigen und an keine weiteren Voraussetzungen geknüpften Austrittsrecht nach Art. 50 Abs. 1 EUV Gebrauch zu machen. Der Mitgliedstaat hat dann dem Europäischen Rat nach Art. 50 Abs. 2 S. 1 EUV seine Austrittsabsicht mitzuteilen. Erst mit der offiziellen Notifizierung des Rates wird das förmliche Austrittsverfahren und damit auch die Zwei-Jahres-Frist des Art. 50 Abs. 2 S. 1 EUV in Gang gesetzt. Der Europäische Rat beschliesst sodann nach Art. 50 Abs. 2 S. 2 EUV einstimmig verbindliche Leitlinien, die den nun folgenden Verhandlungen eines Austrittsabkommens zugrunde gelegt werden, über das er schliesslich mit qualifizierter Mehrheit entscheidet (Art. 50 Abs. 4 S. 2 EUV i.V.m. Art. 238 Abs. 3 lit. b AEUV). Der Abschluss eines Austrittsabkommens ist für die Wirksamkeit des Austritts allerdings nicht konstitutiv. Kommt es innerhalb von zwei Jahren nach der Ausübung des Austrittsrechts durch Notifizierung des Europäischen Rates nicht zu einem Austrittsabkommen, so wird der Austritt automatisch wirksam (sog. sunset clause), sofern die Zwei-Jahres-Frist nicht im Einvernehmen mit dem austrittswilligen Mitgliedstaat durch einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates verlängert wird (Art. 50 abs. 3 EUV). Im Rahmen der turbulenten Verhandlungen über den Brexit auch auf Vorlage durch ein schottisches Gericht der EuGH mit der Frage befasst, ob, wann und wie eine Notifizierung vor Ende der Zwei-Jahres-Frist einseitig zurückgenommen werden kann. Der EuGH hat hierzu entschieden40, dass eine einseitige Rücknahme der Austrittserklärung „in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen Notwendigkeiten“ im Vereinigten Königreich möglich sei. Dann bliebe das Vereinigte Königreich unter unveränderten Bedingungen Mitglied der EU. „Kein Staat kann gezwungen werden, gegen seinen Willen der Europäischen Union beizutreten und genausowenig kann er gezwungen werden, die Europäische Union gegen seinen Willen zu verlassen.“ Die Möglichkeit einer einseitigen Rücknahme besteht bis zum Ende der Zwei-Jahres-Frist bzw. einer entsprechend verlängerten Austrittsfrist. Mit der Wirksamkeit des Austritts durch Ablauf der Zwei-Jahres-Frist bzw. einer entsprechend verlängerten Austrittsfrist finden die EU-Verträge und damit auch das europäische Sekundärrecht auf den ausgetretenen Mitgliedstaat automatisch keine Anwendung mehr.

Eine Bestimmung über den Ausschluss eines Mitgliedstaates aus der EU wurde in Art. 50 EUV nicht aufgenommen.

Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union

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