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2. Austritt Vereinigtes Königreich (Brexit)

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[51] Drei Jahre nach dem britischen Referendum über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU vom 23. Juni 2016 (51,9% dafür – 48,1% dagegen bei 72,2% Beteiligung) und nach äußerst turbulenten Verhandlungen über das Austrittsabkommen42 wurde der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU nach 47 Jahren der Zugehörigkeit zur EU zum 31. Januar 2020 endgültig besiegelt.

Im Hinblick auf den Achterbahn ähnlichen Verlauf der Verhandlungen soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die wichtigsten Stationen bis zum Austritt am 31. Januar 2020 23h GTM (24h CTM) gegeben werden:

29.3.2017: Die Austrittserklärung des Vereinigten Königreichs aus der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft wird dem Europäischen Rat formell durch die damalige Premierministerin May notifiziert43. Damit wurden die Fristen für die Ausarbeitung des Austrittsabkommens in Gang gesetzt. Das Vereinigte Königreich verlor das Recht auf Mitwirkung im Europäischen Rat und im Rat der EU; es behielt aber weiterhin seinen britischen Kommissar und seine Mitglieder im EP. In den Arbeitsgruppen des Rates und der Kommission konnten Vertreter des Vereinigten Königreichs im Einzelfall zugelassen werden.

29.4.2017: Der Europäische Rat mit 27 Mitgliedstaaten gibt noch an demselben Tag die Verhandlungsposition der EU bekannt und bestätigt Michel Barnier als Verhandlungsführer auf Seiten der EU; er ist zugleich der Leiter der bei der Kommission eingerichteten Task Force Artikel 5044.

[S. 61]

22.5.2017: Der Rat ermächtigt die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen und gibt unter Berücksichtigung der Verhandlungsposition des Europäischen Rates die Leitlinien für die Verhandlungen vor45.

19.6.2017: Auftakt der Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.

14./25.11.2018: Abschluss eines vorläufigen Austrittsabkommens, das den Verbleib des Vereinigten Königreichs in einer Zollunion mit der EU vorsieht bis in einem weiteren Abkommen über die zukünftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU eine Lösung für die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland gefunden wird (sog. „Backstop“).

11.1.2018: Beschluss des Rates über die Unterzeichnung des Austrittsabkommens46.

15.1.2019: Ablehnung des vorläufigen Austrittsabkommens durch das britische Unterhaus mit 432 Nein- gegenüber 202 Ja-Stimmen.

11.3.2019: Kommissionspräsident Juncker versichert der Premierministerin May, dass der „Backstop“ nicht dazu missbraucht werden wird, das Vereinigte Königreich in der Zollunion zu binden, um so eine weitere Abstimmung über das Austrittsabkommen zu ermöglichen (sog. „Straßburger Vereinbarung“).

12.3.2019: Erneutes Scheitern der Abstimmung über das Austrittsabkommen im Unterhaus trotz der „Straßburger Vereinbarung“ mit 391 Nein- gegenüber 242 Ja-Stimmen.

13.3.2019: Das Unterhaus lehnt einen Austritt aus der EU ohne Abkommen (sog. „harter Brexit“) ab und befürwortet am nächsten Tag die Beantragung einer Fristverlängerung.

20./21.3.2019: Premierministerin May stellt den Antrag auf Fristverlängerung beim Präsidenten des Europäischen Rates Tusk, worauf der Europäische Rat die Frist bis zum 12.4.2019 verlängert, was eine eventuelle Teilnahme des Vereinigten Königreichs an den Wahlen zum EP im Mai ermöglicht. Falls das Unterhaus das Austrittsabkommen bis Ende März genehmigen sollte, wird eine Fristverlängerung bis zum 22.5.2019 in Aussicht gestellt.

25.–27.3.2019: Das Unterhaus zieht den Brexit an sich und kündigt Alternativen zum vorgelegten Austrittsabkommen an.

29.3.2019: Das Unterhaus lehnt das Austrittsabkommen zum dritten Mal mit 344 Nein- gegenüber 286 Ja-Stimmen ab.

1.4.2019: Das Unterhaus lehnt vier Alternativvorschläge zum Austrittsabkommen ab und verwirft abermals die Möglichkeit eines „harten Brexit“.

[S. 62]

5./11.4.2019: Premierministerin May beantragt eine erneute Fristverlängerung, dieses Mal bis zum 30.6.2019. Der Europäische Rat optiert dagegen für eine „Flextension“, wonach der Brexit spätestens zum 31.10.2019 oder frühestens mit Annahme des Austrittsabkommens erfolgen soll. Das Vereinigte Königreich wird verpflichtet, an den Wahlen zum EP im Mail teilzunehmen.

23.5.2019: Die Brexit-Partei von Nigel Farage wird mit 30% stärkste Kraft in den Europawahlen im Vereinigten Königreich und erhält 29 der 73 britischen Sitze im EP, während die Konservativen um Premierministerin May nur 4 Sitze erringen.

24.5.2019: Premierministerin May erklärt ihren Rücktritt zum 7.6.2019.

23.7.2019: Boris Johnson tritt die Nachfolge als Premierminister an.

28.8.2019: Premierminister Johnson kündigt seine Absicht an, das britische Parlament für die Zeit vom 9.9. bis zum 14.10.2019 zu suspendieren.

4.9.2019: Das Unterhaus beschließt einen Text, der es Premierminister Johnson untersagt, einen „harten Brexit“ zu provozieren und verlangt die Beantragung einer weiteren Verlängerung, falls es zu keinem Einverständnis über das Austrittsabkommen kommt.

1.10.2019: Premierminister Johnson legt seinerseits einen Entwurf für ein Austrittsabkommen vor, der jedoch vom Europäischen Rat abgelehnt wird, allerdings mit dem Hinweis, dass durchaus Fortschritte in der britischen Haltung zu erkennen seien.

17.10.2019: Premierminister Johnson und Kommissionspräsident Juncker kündigen die Einigung über den Austrittsvertrag an, der insbesondere eine neue Lösung des Problems der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland enthält47.

19.10.2019: Das Unterhaus lehnt auch diesen Kompromiss in einem beschleunigten Verfahren ab. Premierminister Johnson ist gezwungen, in Brüssel um eine erneute Fristverlängerung zu beantragen.

28.10.2019: Der Europäische Rat gewährt eine Fristverlängerung bis zum 31.1.2020.

29.10.2019: Nach dieser Fristverlängerung beschließt das Unterhaus mit den Stimmen der oppositionellen Labour Partei Neuwahlen für den 12.12.2019, die Premierminister Johnson relativ klar gewinnt.

9.1.2020: Das Unterhaus stimmt dem Austrittsabkommen mit 330 Ja- und 231 Nein-Stimmen endgültig zu. Das Oberhaus schließt sich diesem Votum an.

24.1.2020: Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die EU in Brüssel und Premierminister Boris Johnson für das Vereinigte Königreich in London unterzeichnen das Austrittsabkommen.

[S. 63]

29.1.2020: Das Europäische Parlament erteilt seine Zustimmung zum Austrittsabkommen (621 Ja – 49 Nein – 13 Enthaltungen).

30.1.2020: Der Rat nimmt den Beschluss über den Abschluss des Austrittsabkommens im schriftlichen Verfahren an.

31.1.2020 23h GMT/24h MEZ: Das Vereinigte Königreich verlässt die EU.

2.3.2020: Beginn der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU, die bis zum 31.12.2020 abgeschlossen sein müssen, wenn keine Fristverlängerung für die Übergangszeit beantragt wird.

1.7.2020: Letzte Möglichkeit der Beantragung einer Fristverlängerung für die Übergangszeit um maximal zwei Jahre.

Kernstück des Austritts ist das Austrittsabkommen (dazu unter a)), mit dem die Grundlagen des Austritts geregelt werden. Es wird ergänzt durch eine Politische Erklärung (dazu unter b), die den Rahmen der Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU vorzeichnet (dazu unter c)).

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