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Menschen auswählen
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arum Mitarbeiter auswählen? Gute Frage, einfache Antwort: Immer dann, wenn ein Unternehmer die anstehenden Aufgaben nicht allein bewerkstelligen kann! Sei es mangels Kapazität oder mangels Kompetenz. Wenn es allein nicht geht, müssen Mitarbeiter her. Mitstreiter, Kollegen, Angestellte, Beschäftigte, Helfer, Assistenten usw. Unterschiedliche Bezeichnungen gibt es genug. Eines jedoch haben alle diese Menschen gemeinsam: Es geht nicht ohne sie! Immer wenn Sie sich in Zukunft über Mitarbeiter ärgern oder gar deren Daseinsberechtigung in Frage stellen, machen Sie sich bewusst: Für jeden Mitarbeiter gibt oder gab es einen guten Grund. Ist dieser gute Grund nicht mehr gegeben, müssen Sie daraus anständige Konsequenzen ziehen.
Für Mitarbeiter gibt es einen guten Grund!
Dazu später mehr im Kapitel „Menschen führen“.
Kennen Sie das Sprichwort „Wenn etwas gut gemacht werden soll, muss man es selbst machen“?
Wenn ja, verbannen Sie es in die tiefsten Tiefen im Mülleimer Ihres Gedächtnisses. Am besten so tief, dass es nicht mehr zum Vorschein kommen kann.
Das Sprichwort mag richtig sein, wenn Sie ein aus-gesuchter Experte in einer seltenen Disziplin sind. Wenn Ihnen wirklich niemand „das Wasser reichen kann“.
Im anständigen Umgang mit Mitarbeitern hat diese „Weisheit“ nichts zu suchen.
Wenn eine Ihrer Führungskräfte mit diesem Sprichwort prahlt, so sollten Sie sich umgehend das Persönlichkeits profil dieser Führungskraft in Erinnerung rufen und den Konflikt suchen, ein Commitment herbeiführen oder den Konflikt entscheiden. Tun Sie das nicht, werden die Probleme, die durch die Sichtweise dieser Führungskraft entstehen, größer und größer. Sie werden sich nicht von allein auflösen. Aber auch dazu mehr in den Kapiteln „Menschen führen“ und „Konflikte entscheiden“.
Früher nannte man die Menschen im Unternehmen auch gerne mal das menschliche Kapital. Die menschen- verachtende Variante davon ist das Menschenmaterial. Heute sprechen wir in Unternehmen gerne von Human Resources und alle Mitarbeiter und Führungskräfte, die sich mit dem Personalwesen beschäftigen, sind HR- Manager. Ich bevorzuge die aus dem Lateinischen abgeleitete Bezeichnung Kollege5. Die dazugehörige Wikipedia-Definition lautet: „Ein Kollege ist im deutschen Sprachgebrauch die Bezeichnung, die sich Mitarbeiter desselben Unternehmens oder derselben Institution untereinander geben.“
Klingt verständlich, vermittelt Zugehörigkeit und ist zunächst wertneutral. Im Sinne der gemeinsamen Unternehmung sind wir alle Kollegen. Auf Augenhöhe und durch den gemeinsamen Sinn und Zweck der Unter-nehmung, der wir angehören, miteinander verbunden.
Nun haben wir die Basis geschaffen, auf der wir die Menschen, mit denen wir verbunden sein wollen, auswählen können.
5 Wikipedia: Kollege, https://de.wikipedia.org/wiki/Kollege, 05.10.2020
Wir haben einen Grundwert für Zusammenarbeit festgelegt. Den sollten alle zukünftigen Kollegen ver-stehen und akzeptieren wollen. Ich schreibe absichtlich akzeptieren wollen. Akzeptieren können reicht nicht aus. Wenn jemand etwas akzeptieren kann, bedeutet das noch lange nicht, dass er es auch dauerhaft akzeptieren wird. Deshalb sollten Sie zunächst prüfen, ob die grund- sätzliche Bereitschaft und Fähigkeit zur Akzeptanz vorhanden sind. Um dauerhafte Verbundenheit, dauerhaftes Commitment mit diesem Grundwert der Zusammenarbeit zu erreichen, bedarf es immer- währender, andauernder Beziehungsarbeit. Im Unter- nehmen Führung genannt.
Menschen arbeiten in erster Linie mit anderen Menschen zusammen. Danach kommen die Dinge und die Prozesse. Wählen Sie Ihre Kollegen so aus, dass sie mit den anderen Kollegen harmonieren. Versuchen Sie, soweit es eben geht, die Verhaltensmuster von Menschen zu berück- sichtigen, wenn Sie Abteilungen, Teams und Projekt- gruppen zusammenstellen. Menschen, die sich nicht von vornherein abgrundtief unsympathisch sind, arbeiten einfach besser zusammen.
Um die Personalauswahl zu operationalisieren, sollten Sie sich einiger Werkzeuge bedienen. Hierfür gibt es unzählige Möglichkeiten, Verfahren, Vorlagen und umfangreiche Lehrbücher zu dem Thema. Wählen Sie die für Sie und Ihre Organisation geeigneten Werkzeuge aus, und gestalten Sie Ihren Prozess. Schreiben Sie den Prozess nieder, und leben Sie ihn konsequent. Überprüfen Sie die Wirkung regelmäßig, und passen Sie den Prozess gegebenenfalls an.
Kein Prozess ist für die Ewigkeit gemacht. Vielmehr müssen Prozesse immer wieder hinterfragt und den sich laufend ändernden Gegebenheiten angepasst werden. Je treuer Sie dem jeweils aktuellen Prozess ergeben sind, umso größer wird Ihre Treffergenauigkeit werden.
Achten Sie jedoch darauf, dass Sie Prozesstreue nicht mit Prozesshörigkeit verwechseln. Speziell der Umgang mit Stellenbeschreibungen birgt diese Gefahr. Umso tiefer Sie die Bewerbung faktisch auf Übereinstimmung mit der Stellenbeschreibung prüfen, umso mehr verlieren Sie den Menschen, der gerade vor Ihnen sitzt aus den Augen. Allzu oft werden dann offensichtliche Verhaltensmuster ignoriert, die sich im Nachhinein als KO-Kriterium erweisen. Um die Investition in den neuen Kollegen vollständig zu ruinieren, fällt das meist erst nach der Probezeit auf. Jetzt ist eine anständige Konsequenz schon fast ausgeschlossen und es beginnt das „Herumdoktern“ mittels vermeintlicher Mitarbeiterentwicklung und enger Führung. Wo kluger Umgang mit diesem Konflikt gefragt wäre, findet Schadensbegrenzung statt. Der Konflikt wird verschoben, hinausgezögert, bis er, für alle Beteiligten, nicht mehr auszuhalten ist und es unvermeidlich zur Trennung kommt. Jährlich werden so unzählige Millionen Euro in deutschen Unternehmen vernichtet.
Fertigen Sie aus dem Mülleimer Ihres Gedächtnisses dazu einen Rückblick für Ihr Unternehmen an. Gewinnen Sie die Erkenntnis, dass auch Sie schon in diese Falle getappt sind, und bereiten Sie dem ein Ende. Definieren Sie Ihren eigenen Prozess für die Mitarbeiterauswahl, in dem Sie den Menschen in den Vordergrund stellen. Passt der Mensch mit seinen Fähigkeiten zum Unternehmen, so muss dieser Mensch nur noch bereit sein, seine Eigen- schaften und Fähigkeiten zum Wohle des Unternehmens einzubringen und schon sind Sie dem FLOW ein Stück nähergekommen.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auf die Verantwortung eines jeden Unternehmers hinweisen, für ausreichenden Kollegennachwuchs durch Ausbildung zu sorgen. Kinder sind die Erwachsenen von morgen.
Auszubildende von heute sind die Kollegen von morgen!
Auszubildende sind die Kollegen von morgen. Zukunftssicherung im Unternehmen beginnt bei der Ausbildung junger Menschen. Ein Unternehmer hat mir erzählt, wie wichtig es ihm ist, dass neue Kollegen den „Stallgeruch“ der Firma annehmen und dass es ihm immer zu lange dauert, bis dies der Fall ist. Wenn Sie einen Auszubildenden nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung übernehmen, ist eines gewiss: Der „neue“ Kollege und die „alten“ Kollegen können sich bereits riechen!
Wenn Sie nun noch dafür sorgen, dass die ehemaligen Auszubildenden sich für eine Weile in anderen Unter- nehmen „umsehen“ können, dann haben Sie die perfekte Kombination von Aus- und Weiterbildung sowie Einblick und Ausblick. Sie ermöglichen den Kollegen, ohne den „Schoß der Familie“ ganz verlassen zu müssen, die Entwicklung von Weitblick durch andere Sichtweisen. Einen Zugewinn an Wissen und Fähigkeiten zur Stärkung der kognitiven Leistung. Daraus resultiert, in der Summe aller Erfahrungen, ein gesteigertes Selbstvertrauen und ein gesundes Selbstwertgefühl.