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Menschen integrieren

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S

agt der Unternehmer zum Bewerber: „Wenn Sie zu uns kommen, müssen Sie zuerst den Stallgeruch annehmen.“

Wir alle kennen diesen Wunsch in dieser oder ab- gewandelter Formulierung. Ich bin mir sicher, dass wir jedoch unterschiedliche Auffassungen davon haben, was damit gemeint ist.

Zunächst ist es der verständliche Wunsch nach Zu- gehörigkeit. Der Chef möchte, dass der neue Kollege mit den vorhandenen harmoniert. Das ist gut so und wichtig. Die Frage ist nur, um welchen Preis? Um herausragende Leistungen zu vollbringen, muss man zwangsläufig aus der Masse herausragen! Zumindest muss man etwas anders sein als die anderen. Vielleicht sogar etwas „verrückt“. Und wenn es nur der Standpunkt ist, der da etwas verrückt ist.

Damit will ich Sie davor warnen, mit der Anpassung zu weit zu gehen. Sorgen Sie dafür, dass neue Kollegen, außer Stallgeruch anzunehmen, auch noch an die „frische Luft“ kommen. Sie werden es Ihnen durch Kreativität und Leistungsbereitschaft danken.

In vielen Unternehmen, die ich kennenlernen durfte, findet in den ersten circa 180 Tagen, die ein neuer Kollege im Unternehmen verbringt, Erstaunliches statt.

Da gerät der „Neue“ zwischen zwei Mühlsteine: Der eine Stein hat den Namen „So machen wir das immer“. Der andere Stein heißt: „So ist das nun mal bei uns“.

Noch ehe der neue Kollege verinnerlicht, was da mit ihm passiert, wird jedes auch noch so kleine Samenkorn der Innovation, Kreativität und alles Sonstige, Andersartige zu Staub zermahlen. Abschließen wird der Neue mit dem Prädikat „So, jetzt bist du einer von uns“ versehen und der abgeschlossene Vorgang als geglückte Anpassung gefeiert.

Ich verwende diesen Superlativ nur ungern, in diesem Fall scheint es mir jedoch angemessen. Als Unternehmer und Führungskraft müssen Sie diese Form der Anpassung „um jeden Preis“ verhindern!

Aus diesem Grund können wir, gerade in der Startphase einer Zusammenarbeit, nicht alles dem Zufall überlassen. Das Kollektiv als einziges Regulativ ist in diesem Fall ungeeignet. Die Probezeit, so lange sie auch vereinbart sein mag, bedarf eines ordentlichen Prozesses. Heute wird das gerne „Onboarding“ genannt. Ich glaube, die Probezeit als die Zeit der „Eingewöhnung“ zu bezeichnen, trifft es im deutschen Sprachgebiet besser. Im Wort Eingewöhnung steckt auch die Gewohnheit. Damit meine ich das, was man immer wieder tut, sodass es selbstverständlich wird. Oder wie schon Aristoteles wusste: „Wir sind, was wir ständig wiederholen.

„Wir sind, was wir ständig wiederholen. Exzellenz ist somit keine Handlung, sondern eine Angewohnheit!“

Aristoteles

Exzellenz ist somit keine Handlung, sondern eine Angewohnheit.“ Diese Form der Angewohnheit gibt dem Kollegen Ausgeglichenheit, Selbstvertrauen und Sicherheit. Genau die Eigenschaften, die dringend benötigt werden, um in zunehmend unsicheren Zeiten und zunehmender Mehr- und Doppeldeutigkeit (Ambiguität) geistig gesund zu bleiben.

Diese Definition von Exzellenz ist die Grundlage für die Operationalisierung der Interaktion von Menschen, Dingen und Prozessen. Ob Operationalisierung dauerhaft funktioniert und somit nachhaltig wird, hängt in hohem Maße davon ab, wie stark sich Exzellenz unter den Kollegen verbreitet. Exzellenz ist die einzig wünschens-werte Form eines Virus. Möge es möglichst viele Unter- nehmen befallen!

In meinen Augen hat es sich bewährt, während der Eingewöhnungsphase regelmäßige Gespräche mit dem Kollegen zu führen. In dieser Phase besteht noch die Möglichkeit, gegenseitige Erwartungshaltungen zurecht- zurücken oder gar grundlegend zu formulieren. Grundsätzlich sollte der Abgleich der jeweiligen Erwartungshaltungen in den ersten gemeinsamen Gesprächen stattfinden. Leider geschieht das in den meisten Bewerbungsgesprächen und Einstellungs-verhandlungen viel zu wenig. Deshalb wird Versäumtes während der Probezeit nachgeholt. Nutzen auch Sie den Zugewinn an Erkenntnis, um eine gute Kollegenauswahl bereits in dieser frühen Phase der Zusammenarbeit zu sichern und eine weniger gute Wahl erst gar nicht zur dauerhaften Belastung werden zu lassen.

Ein schlechter Indikator, ob Sie die richtige Wahl getroffen haben, ist die Stimmung der Stammbelegschaft gegenüber dem „Neuen“. Leider können Sie sich als Führungskraft nicht auf die direkten Äußerungen Ihrer Kollegen verlassen. Alles, was da gesagt und geschrieben wird, ist in der Regel von Eigennutz getrieben und gibt die Wirklichkeit nur sehr bedingt wieder. Sie wissen schon, Mühlsteine und so weiter. Dass der neue Kollege soeben seine Kollegen unverfroren dazu aufgefordert hat, die kollektive Komfortzone zu verlassen und sich auf eine neue Idee einzulassen, werden Ihnen die wenigsten Kollegen freiwillig erzählen.

Die Stimmung müssen Sie „erspüren“. Die dafür not-wendigen Antennen müssen Sie selbst entwickeln. Ein Patentrezept dafür gibt es nicht. Erfahrung hilft ungemein. Sind Sie als Führungskraft oder Chef noch sehr jung an Jahren und bar jeder Erfahrung, so sollten Sie sich professionelle Hilfe holen. Aber bitte nicht aus dem eigenen Unternehmen. Wie schon erwähnt, die Wirklich- keit erfahren Sie dadurch äußerst selten bis gar nicht.

Lassen Sie sich nicht entmutigen. Je mehr sie üben, je mehr Sie spüren, umso empfänglicher und treffsicherer werden Sie in der Einschätzung der Stimmung in Ihrem Unternehmen, Ihrem Team oder Ihrer Abteilung. Achten Sie auf das, was nicht gesagt wird! Achten Sie auf die nonverbalen Signale. Die verstehen wir alle intuitiv.


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