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Die Stadt lesen. Eine kleine Regensburger Literaturgeschichte

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Literatur in Regensburg? Und: Regensburg in der Literatur? Für die Gegenwart fallen einem da schon einige Autoren ein, zum Beispiel Eva Demski, Ernst-Wilhelm Händler, Benno Hurt, Barbara Krohn, Sandra Paretti und Albert von Schirnding. Diese sechs Schriftsteller stellt Gertrud Maria Rösch im letzten Beitrag zu einem Gemeinschaftswerk vor, das in nicht weniger als siebenunddreißig Mini-Essays das literarische Leben der Donaustadt zu beleuchten sucht. Für den, dem ein Kurzessay zu wenig ist, sind die nützlichen Lektürehinweise gedacht. »Es gibt bisher kein Kompendium zur Regensburger Literatur«, schreiben die Herausgeber im Vorwort zu ihrer demnach mehr als überfälligen Regensburger Literaturgeschichte, die ausdrückliche eine »kleine« sein möchte – und doch viel »Großes« bietet.

Worum es genau geht? »Unter Regensburger Literatur verstehen wir Werke, die entweder in Regensburg entstanden sind und/oder sich an zentralen Stellen inhaltlich mit der Stadt auseinandersetzen.« Weil dies, fasst man wie hier die Literatur als ein sehr weites Feld, auf wirklich viele Texte zutrifft, musste ausgewählt werden. Die Auswahl ist originell: Persönlichkeiten aus dem Mittelalter, von Otloh von Sankt Emmeram bis zu Andreas Mülner, dominieren die Szene, und keineswegs alle haben literarische Werke im engeren Sinne hinterlassen – der von Claudia Märtl porträtierte Mülner etwa, »Regensburgs Titus Livius«, gilt gemeinhin als »Stammvater der bayerischen Historiografie des 15. Jahrhunderts« und nicht als Dichter. Sein Werk wirkte bis weit in die Frühe Neuzeit hinein, die hier – ebenfalls ungewöhnlich – mehr Raum bekommt als das 18. und 19. Jahrhundert. Im Kapitel über das 16. und 17. Jahrhundert steht ein Geschichtsschreiber wie der berühmte Aventinus ganz selbstverständlich neben Catharina Regina von Greiffenberg, der tiefgläubigen Barocklyrikerin aus Niederösterreich, von deren »Regensburger Andachtsreisen« Rainer Barbey berichtet – ein weiter Literaturbegriff eben. Für die »Goethezeit« wartet die Essaysammlung mit großen Namen auf: Goethe selbst, Hölderlin, Arnim, Brentano, Eichendorff, Mörike – alles schön und gut, und doch muss man kritisch anmerken, dass die Stadt gerade hier mit Dichtern geschmückt wird, für die das ehrwürdige Regensburg kaum mehr als eine winzige Episode in Leben und Werk darstellte. Das gilt auch für Thomas Mann, dessen 1909 erschienene Erzählung Das Eisenbahnunglück, wie Sebastian Karnatz berichtet, auf ein unerfreuliches Erlebnis bei Regenstauf zurückgeht. Damit sind wir im 20. Jahrhundert und gleich bei Georg Britting, dessen heute fast in Vergessenheit geratenes Werk Thomas Zirnbauer auf bewundernswerte Art und Weise lebendig werden lässt – sechs Seiten nur, allerdings absolut herausragend! Florian Sendtner schreibt über »Regensburger NS-Literatur« – und über ihr Gegenteil, The Blue Danube von Ludwig Bemelmans. Thomas Bernhard, der alte Griesgram, der drei Tage in der »schrecklichen Stadt« am Donauknie verbracht hat und nie wieder dorthin zurückgekommen ist, durfte auch nicht fehlen. Nicht nur der Bernhard-Essay verdeutlicht, dass die Kleine Regensburger Literaturgeschichte bisweilen schon sehr weit ausholen musste, um Regensburg als Metropole bedeutender Literatur zu präsentieren. Sei's drum! Interessant ist dieses Buch allemal, anregend – und manchmal auch sehr spannend.

Rainer Barbey / Erwin Petzi (Hrsg.): Kleine Regensburger Literaturgeschichte. Regensburg 2014: Verlag Friedrich Pustet. 288 S.

BIERKÄMPFE, BAROCKENGEL UND ANDERE BAVARESKEN

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